Deutsche Bischöfe zu Besuch beim Papst: Bei Franziskus abgeblitzt
Kein Entschluss zu Woelki, keine Annäherung beim Thema synodaler Weg. Die Reise der Amtsträger war erfolglos. Ein Kirchenrechtler geht den Papst deshalb heftig an.
Die Bischöfe waren von Montag bis Freitag zu einem so genannten Ad-limina-Besuch in Rom, zu den 62 Teilnehmern zählte auch Woelki. Woelki steht wegen Vertuschungsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal der katholischen Kirche seit langem in der Kritik.
Bätzing sagte, Franziskus wolle keine Entscheidung unter Druck treffen. Es müsse aber auch berücksichtigt werden, dass der Druck in Deutschland unerträglich werde und „nicht mehr auszuhalten“ sei. Der Papst habe sich trotz der offenen Gespräche aber nicht dazu geäußert, wie er im Fall Woelki entscheiden wolle.
Der Besuch der deutschen Bischöfe fand vor dem Hintergrund massiver Angriffe aus dem Vatikan auf den synodalen Weg statt. Bätzing sagte zwar, es habe sich bei dem Treffen nicht um einen „Showdown“ gehandelt. Allerdings räumte er ein, dass die Positionen einer Mehrheit der deutschen Bischöfe und des Vatikan sich unauflösbar gegenüber stünden.
Zum Abschluss der Gespräche verspüre er aber Erleichterung, dass alle Themen in den Gesprächen mit den Kardinälen und dem Papst auf den Tisch gekommen seien. Dabei habe Franziskus deutlich gemacht, dass Spannungen in der Kirche notwendig seien, unter welchen Spannungen er selbst stehe und dass zur Lösung „Mut und Geduld“ nötig seien. „Wir haben in Rom hart in der Sache und verbindlich im Ton diskutiert“, sagte Bätzing.
Bei konkreten Reformforderungen kamen die Deutschen allerdings kein Stück voran. Zur Frage, ob Frauen auch Weiheämter übernehmen können, habe der Vatikan signalisiert, das Thema sei „geschlossen“ – „wir sagen, es geht weiter“, sagte Bätzing. So seien rote Linien ausgetauscht worden.
Wie unvereinbar sich die Positionen gegenüberstehen, zeigte sich allerdings bei einem Treffen am Freitag. Dort brachten führende Kardinäle ein Moratorium – also ein Aussetzen – des synodalen Wegs ins Gespräch, womit de facto die seit 2019 laufenden Arbeiten nichtig wären. Die deutschen Bischöfe wehrten sich aber mehrheitlich dagegen.
Nach Darstellung Bätzings fürchtet Kardinal Marc Ouellet, der Präfekt der Bischofskongregation, der synodale Weg in Deutschland könne einen Flächenbrand in der Weltkirche entzünden. Die deutschen Bischöfe hätten aber klar gemacht, dass die Kirche in einer Zeit lebe, in der Blockaden, Verbote oder Einschüchterungen nicht mehr möglich seien.
Auch in der deutschen Kirche gibt es allerdings mehrere Bischöfe, die den Reformweg nicht mitgehen wollen. Der zu den dezidiert Konservativen zählende Passauer Bischof Stefan Oster zeigte sich sehr zufrieden damit, dass der Vatikan bei den in Deutschland am intensivsten diskutierten Fragen oder zur Ökumene „deutlichen Widerspruch“ formuliert und einige Themen als „nicht verhandelbar“ dargestellt habe.
„Wir sind Kirche“ fordert regelmäßigen Dialog
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ fordert einen regelmäßigen Dialog zwischen dem Vatikan und der deutschen Kirche. Die offenen und kontroversen Gespräche mit deutschen Bischöfen in Rom hätten gezeigt, dass die Missverständnisse und Bedenken des Vatikans noch lange nicht ausgeräumt seien, teilte die Bewegung am Samstag mit. Bei den Unterredungen müssten aber auch die Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken eingebunden werden.
Derweil hat der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller Papst Franziskus vorgeworfen, für die deutschen Katholiken nur Geringschätzung übrig zu haben. „Der Papst ist ein peronistischer Populist. Er kokettiert mit den Armen und er sagt, deren Glauben ist entscheidend“, so Schüller. Dass Franziskus den Gesprächen am Freitag kurzfristig ferngeblieben war, nannte er einen Affront. „Das ist ein erkennbares Desinteresse. Der Papst verachtet die katholische Kirche in Deutschland“, fügte der Kirchenrechtler hinzu.
Zu dem Vorschlag führender Kardinäle, den synodalen Weg auszusetzen, kommentierte Schüller: „Das vorgeschlagene Moratorium ist ein Fiasko, eine Klatsche.“ Dies bedeute nichts anderes, als den Deutschen zu signalisieren, so könnten sie gesichtswahrend aus dem synodalen Weg aussteigen. Die Intervention zeige aber auch die große Sorge des Vatikan vor dem synodalen Weg. Ihm sei bewusst, „eine Idee kannst du nicht aus der Welt schaffen, wenn sie gut ist“.
Schüller sagte, trotz der verhärteten Positionen sei der Besuch in Rom bemerkenswert, „weil die deutschen Bischöfe diesmal nicht gekuscht haben“. Er erwarte nun kritische Rückfragen der Laien. Reformen werde es angesichts der starren Haltung in Rom nur auf ganz kleiner Flamme geben, etwa wie die bereits beschlossene Reform des kirchlichen Arbeitsrechts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter