CSU-Politikerin Bär zu Abtreibungen: Kein Grund für Paragraf 218
CSU-Politikerin Dorothee Bär ist klar gegen eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Auf die Frage, warum am §218 festhalten, hat sie keine Antwort.
I n Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche eine Straftat. Unter bestimmten Umständen wird diese Straftat nicht geahndet. Auf die Frage, warum Abbrüche nicht genauso gut legal sein könnten, antwortet CSU-Politikerin Dorothee Bär im Interview mit dem Deutschlandfunk: gar nicht. Bär, Vize-Chefin der Unionsfraktion im Bundestag, hält die Expertenkommission der Ampel, die eine vollständige Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten 12 Wochen fordert, für zu einseitig besetzt.
Die Union hätte gerne Vertreter*innen von Kirchen eingeladen. Warum in Gottes Namen sollte eine Person aus der Kirche Expert*in für einen medizinischen Eingriff sein? Religion darf hier doch genau keine Rolle spielen. Bär bietet im Radiogespräch noch mehr rätselhafte Einblicke: Wir hätten seit 30 Jahren eine befriedete Situation, die keinem passe und damit fair sei. Die Ampel würde nun ohne Not diesen Konflikt nach Deutschland holen.
Dieser Konflikt ist allerdings seit 30 Jahren da – und Millionen Frauen hätten ihn gerne endlich einmal gelöst. Viele von ihnen kommen übrigens aus einem Land, in dem Abtreibungen schon längst legal sind. Außer Bär betonen auch andere Unionspolitiker*innen nun, dass es wichtigere Probleme in diesem Land gebe. Tja, es gibt immer viele Baustellen. Willkommen im Leben! Erkennbar hat die Union kein einziges inhaltliches Argument zur Hand und appelliert verzweifelt an die FDP.
Gerade die FDP als liberale Partei kann aber schlecht Selbstregulierung von Wirtschaft und Gesellschaft fordern, 50 Prozent der Bevölkerung aber die Selbstbestimmung über den eigenen Körper verwehren. Mit §218 bleibt diese eingeschränkt. Dass der Paragraf bleibt, fordern nur reaktionäre Kräfte, wie die Veranstalter*innen des alljährlichen Marschs für das Leben.
Noch 2010 schickte Dorothee Bär ein Grußwort an die radikalen Abtreibungsgegner*innen, die – wie sie – vom Schutz des ungeborenen Lebens sprechen. Warum sollte §218 bleiben? Darauf hält die Union schlicht keine Antworten parat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin