Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte: Fürs Militär ist Kohle da
Der Haushaltsausschuss hat 21 Milliarden Euro schwere Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr bewilligt. Schade, dass von Armut betroffene Kinder keine U-Boote sind.
E rinnert sich noch jemand an jene legendäre Kindergrundsicherung, mit der SPD, Grüne und FDP laut ihrem Koalitionsvertrag „mehr Kinder aus der Armut holen“ wollten? Eigentlich eine ganz gute Idee, immerhin ist jedes fünfte Kind und jede:r vierte Jugendliche in Deutschland von Armut betroffen oder armutsgefährdet.
12 Milliarden Euro veranschlagte die grüne Familienministerin Lisa Paus ursprünglich für das nach ihrer eigenen Aussage „zentrale sozialpolitische Projekt dieser Ampelregierung“. Das ließ sie sich dann auf 2,4 Milliarden Euro runterkürzen. Nach dem Ampel-Aus ist von dem hehren Vorhaben schließlich gar nichts mehr übriggeblieben. Dumm gelaufen. Von Armut betroffene Kinder sind halt blöderweise keine U-Boote.
Ist das bloß eine polemische Feststellung? Nein, leider traurige Realität. Auch wenn der derzeitige Bundestag ansonsten nicht mehr viel hinbekommt, zeigt er sich doch weiterhin erstaunlich handlungsfähig und -bereit, wenn es um die militärische Aufrüstung Deutschlands geht. So hat am Mittwoch der Haushaltsausschuss 38 Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr mit einem Gesamtvolumen von 21 Milliarden Euro bewilligt.
Darunter befindet sich auch die Bestellung von vier neuen U-Booten für rund 4,7 Milliarden Euro. Bei allen sonstigen demonstrativen Streitereien: Für das deutsche Militär scheuen SPD, CDU, CSU, FDP und Grüne in trauter Eintracht keine Kosten und Mühen.
Das lässt sich auch an den bisher vorliegenden Bundestagswahlprogrammentwürfen ablesen. Mit Ausnahme der Linken überbieten sich die Parteien darin in ihren Bekundungen, auf welche Höhen sie die deutschen Militärausgaben steigen lassen wollen. Die Union sieht das aktuelle Zwei-Prozent-Ziel der Nato „als Untergrenze“, auch die SPD spricht sich für „mindestens zwei Prozent“ des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, die Grünen fordern „dauerhaft deutlich mehr als 2 Prozent“ und die FDP will perspektivisch sogar 3 Prozent – oder noch mehr: „Wenn die Nato höhere Ziele vereinbart, werden wir auch diese erfüllen und noch mehr in unsere Sicherheit investieren.“
Schon die bloße Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels würde nach dem Wegfall des Bundeswehr-„Sondervermögens“ künftig eine zusätzliche jährliche Haushaltsbelastung von mehr als 30 Milliarden Euro bedeuten. 3 Prozent des BIP hieße nach derzeitigem Stand Verteidigungsausgaben in Höhe von rund 120 Milliarden Euro. Davon könnte man noch einige U-Boote mehr kaufen. Für die Bekämpfung von Kinderarmut und ähnlichen „Sozialklimbim“ könnte es jedoch knapp werden. Aber für notleidende Kinder gibt es ja immerhin noch die Spendenaktion „Ein Herz für Kinder“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands