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Rechte Kampagne in den USAEin Kampf der Narrative

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Claudine Gay, die erste Schwarze Präsidentin Harvards, ist zurückgetreten. Sie hatte sich unklar zu antisemitischen Äußerungen positioniert.

Claudine Gay bei der Anhörung im Kapitol am 5. Dezember 23 Foto: Michael Brochstein/SOPA Images/imago

C laudine Gay ist von der Präsidentschaft der Universität Harvard zurückgetreten. Am Dienstagnachmittag US-Ostküstenzeit veröffentlichte sie einen entsprechenden Brief an den Aufsichtsrat von Harvard. Gay beendete damit eine wochenlange Auseinandersetzung über ihre Person, die mit einer Kongressanhörung zu antisemitischen Vorfällen an mehreren US-Universitäten begonnen hatte. Gay war die erste Schwarze und erst die zweite weibliche Harvard-Präsidentin in der rund 400-jährigen Geschichte der Elite-Uni. Jetzt ist sie diejenige mit der kürzesten Amtszeit je.

So weit sind die Fakten klar – fast. Denn schon die Frage, ob tatsächlich jene Kongressanhörung am 5. Dezember der Ausgangspunkt für Gays Rücktritt war, ist umstritten. Nach heftigen Auseinandersetzungen über den Israel-Gaza-Konflikt an den US-Unis hatte die republikanische Abgeordnete Elise Stefanik die Präsidentinnen der Universitäten von Pennsylvania, des MIT und eben Harvards in inquisitorischer Manier gefragt, ob es ihrer Meinung nach gegen die Standards ihrer Unis verstoße, wenn auf dem Campus zum Völkermord an Juden aufgerufen würde.

Gay, wie auch die anderen Präsidentinnen, verweigerten eine einfache Ja-oder-Nein-Antwort. Kommt auf den Kontext an, sagte Gay. Die 90 Sekunden aus der 6-stündigen Sitzung gingen viral. Gay entschuldigte sich später, sagte, das hätte sie besser beantworten müssen – aber der Schaden war angerichtet. Liz Magill, die Präsidentin der University of Pennsylvania, trat am 9. Dezember zurück. „One down, two to go“, schrieb Stefanik, eine Trump-Anhängerin, die am 6. Januar 2021 gegen die Bestätigung des Wahlsieges von Joe Biden stimmen wollte, da auf Twitter.

Nur einen Tag nach Magills Rücktritt setzte eine Kampagne ein, die Gay vorwarf, sowohl in ihrer Dissertation von 1997 als auch in einigen ihrer später veröffentlichten wissenschaftlichen Publikationen plagiiert zu haben. Sie habe ganze Sätze, mitunter nur leicht abgewandelt, aus anderen Publikationen übernommen, ohne das kenntlich zu machen, so der anonym lancierte Vorwurf. Harvard nahm sich dessen an und kam nach einigen Wochen zu dem Schluss, zwar gäbe es ein paar nicht ganz der Form genügende Zitierungen, das sei aber weit unterhalb des Plagiat-Vorwurfes anzusiedeln. Auch die Urheber der mutmaßlich abgeschriebenen Originaltexte winkten ab.

Das hat geklappt

Dennoch ging damit die Debatte weg vom Vorwurf ungenügenden Vorgehens gegen Antisemitismus zu sehr viel Grundlegenderem: War Claudine Gay, so der Vorwurf von rechts, niemals aufgrund ihrer wissenschaftlichen Leistungen, sondern nur als Schwarze und Frau an den Posten gekommen?

In die Öffentlichkeit getragen wurden die Plagiatsvorwürfe zuerst von Christopher Rufo – einem Rechtsaußen-Aktivisten gegen „Wokeness“, der als Berater von Floridas Gouverneur Ron DeSantis dafür gesorgt hatte, den Kampf gegen das Aufnehmen der Critical Race Theory in die Lehrpläne zur nationalen konservativen Sache zu machen. Am 19. Dezember schrieb Rufo auf X, vormals Twitter: „Wir haben die Plagiatsgeschichte von rechts initiiert. Der nächste Schritt ist, sie in den linken Medienapparat einzuschmuggeln, also das Narrativ für linksliberale Akteure legitim zu machen, die die Macht haben, sie zu stürzen. Dann zuziehen.“ Gays Rücktritt zwei Wochen später suggeriert: Das hat geklappt.

Es ist tatsächlich ein Kampf der Narrative. Für viele Linke ist Gay das Opfer eine rechten und rassistischen Mobbing-Kampagne gegen die erste Schwarze Havard-Präsidentin. Für Rechte ist Gay überhaupt nur an den Posten gekommen, weil die Uni den Anspruch an Diversity, equity, and inclusion (DEI – Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion) über akademische Qualifikation gestellt habe. Für viele jüdische Aka­de­mi­ke­r*in­nen waren ihre uneindeutigen Aussagen bei der Kongressanhörung ein Schlag ins Gesicht. Für andere, wie den langjährigen Präsidenten der jüdischen Campus-Vereinigung Hillel, Bernie Steinberg, zeigt sich in der gesamten Diskussion ein schrecklicher Missbrauch des Antisemitismusvorwurfs, der zu Inquisitionen im Stil der McCarthy-Ära führe.

Vermutlich war Claudine Gay tatsächlich nicht mehr zu halten – die Rechte kann hier einen Triumph feiern. Aber es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich Elise Stefanik, Christopher Rufo oder auch der im Hintergrund agierende Financier Bill Ackman damit zufriedengeben. Sie werden nicht ruhen, bis African-american studies, Gender Studies oder alles, was sie als Wokeness diskreditieren, aus den Unis verbannt ist.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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71 Kommentare

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  • Mittlerweile haben sich nicht nur Plagiatsjäger ihre Papers angesehen, sondern auch Statistiker, und die sind auf krasse Ungereimtheiten gestoßen. Es steht mittlerweile ein starker Verdacht der systematischen Datenfälschung hin zu vorbestimmten Ergebnissen im Raum (oder alternativ komplette mathematische Inkompetenz).

    • @TheBox:

      Quelle?

  • Was soll die Ablehnung einer völlig inakzeptablen Antwort, dass je nach Kontext auf einem Uni Campus der Aufruf zum Völkermord an Juden akzeptabel sei, von der Hautfarbe abhängig sein?

    Jede/r! Unipräsident/in ist mit solch einer Antwort absolut fehl am Platz.

    Wer dann noch fordert, dass jemand gerade wegen seiner Hautfarbe auf dem Posten bleiben soll, der muss sich dann nicht wundern über Debatten, dass der Posten wegen der Hautfarbe besetzt wurde.

    Es ist eine Frechheit, jenen, die sich gegen solch einen offensichtlichen antisemitischen Bullshit wenden, Rassismus in die Schuhe zu schieben.

  • Genau die sogenannten Narrative sind das, was überwunden werden muss. Sie sind nichts weiter als Legenden und damit letztendlich nichts als Bollwerke gegen offene Diskurse. Es zählt, was Gay gesagt, getan und unterlassen hat. Ihr Geschlecht oder ihre Hautfarbe mögen ihren Rücktritt beschleunigt oder verzögert haben, auf jeden Fall aber sollten wir eine Gesellschaft anstreben, in der dies keine Rolle spielt.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Menschliche Gesellschaften funktionieren nur auf Grund von Narrativen.

      Weil Menschen zur flexiblen Kooperation auf Grund von Narrativen fähig sind.

      Die Existenz eines Staates, einer Firma, der Menschenrechte, einer Nation sind alles nur Narrative. Reine Fiktion.

      Ohne Narrative würden wir noch immer in Kleingruppen durch Steppen ziehen.

      • @rero:

        Das ist Quatsch. Die Gesellschaft basiert eben grade nicht auf Narrativen. Genau dieser postulierte Zusammenhang ist ja das Problem.



        Ein Narrativ ist eine Erzählung. Wenn das Narrativ von der Wirklichkeit abweicht, dann erodiert die Gesellschaft und spaltet sich in eben jene Gruppen.



        Eine Gesellschaft funktioniert eben nur aufgrund der Realen Wahrheit und nicht einer Fiktiven Wahrheit.

        Ein reales Problem löst sich nicht in Luft auf, weil man ein Narrativ verbreitet, welches sich in Gesellschaft durchsetzt.



        Wäre dem so, dann bräuchte bspw. man nur das Narrativ verbreiten, das der Klimawandel kein Problem sei. Die Gesellschaft sollte dann ja funktionieren. Dem ist aber nicht so, die Menschen leiden am Klimawandel, denn es ist egal welches Narrativ sich durchsetzt.

        Genau diese Denke, dass es nur bessere Narrative bräuchte treibt die Politik zurzeit gen Abgrund. Denn die Narrative passen nicht zur Realität. Deswegen wählen die Menschen Protest!

        • @Walterismus:

          Gut, dann reden wir also nicht über Narrative, sondern über Agenda-Setting und vor allem davon, wer denn die Agenda jeweils bestimmt.



          Bei Zustimmungswerten von 22% für die AfD muss ich nicht erst darüber rätseln, warum Migrationspolitik derzeit ganz oben auf der gesellschaftspolitischen Agenda steht und nicht etwa Themen wie Vermögensabgabe oder Reichensteuer, geschweige denn Klimapolitik.



          Dass das alles nicht zur Realität passt, ist uns beiden wahrscheinlich bewusst … aber erzählen Sie das mal den gehalsten Bauern und Bürgern in den Überflutungsgsgebieten.



          Aber destruktives Verhalten, Pöbeln, Gewalt und Rechtsbrüche sind - bei allem Verständnis für die Sorgen und die Wut in der Bevölkerung - auch nicht akzeptabel. Und genau DAS den Leuten zu sagen, erwarte ich auch von unseren Politikern. Ohne Rumgeeiere.

        • @Walterismus:

          "Ein Narrativ ist eine Erzählung."

          Ein Narrativ ist die medial aufbereitete Version von Tatsachen, Vermutungen oder Lügen zwecks Pushen oder Schutz dezidierter politischer Standpunkte, Personen oder Gruppen.

  • "Für viele Linke ist Gay das Opfer eine rechten und rassistischen Mobbing-Kampagne gegen die erste Schwarze Havard-Präsidentin. Für Rechte ist Gay überhaupt nur an den Posten gekommen, weil die Uni den Anspruch an Diversity, equity, and inclusion (DEI – Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion) über akademische Qualifikation gestellt habe."

    Ich bin politisch eher links eingestellt und wundere mich über die schlichte Einfachheit dieser beiden Sätze. Für mich war der Rücktritt Claudine Gays überfällig. Sie mag sich beklagen über eine ihr gestellte "Falle" bei besagter Anhörung. Als Leitung einer der renommiertesten Universitäten der Welt muss sie allerdings auch damit zurechtkommen und das Mantra des Kontextes einmal beiseitelassen. Das hat sie nicht bewerkstelligt, eventuell auch nicht bewerkstelligen wollen. Insofern ist/war sie m.E. auf ihrem Posten fehl am Platz.

  • Was bitteschön ist nach Ansicht der Autorin eine "inquisitorische Manier"? Im Rahmen der Inquisition des Mittelalters wurden Fragen in der Marnier gestellt, dass von deren Beantwortung die Anwendung fürchterlichster Folterinstrumente abhing. Ansonsten lässt sich Gays Auftritt im Zusammenhang antisemitischer Vorfälle an Universitäten nur als rücktrittswürdig bezeichnen. Sie hat dies eingesehen. Somit ist die Sache doch gut gelaufen und rund.

  • Die Antwort von Frau Gay ist inakzeptabel und ein Skandal aber dies ist kein Grund die weiteren Nuancen des Vorgangs zu ignorieren.

    Bei den Demos am US Universitäten wurde nicht zum Judenmord aufgerufen, sondern lediglich gegen den Massenmord an Palästinensern demonstriert. Daher ist die Frage "ob es ihrer Meinung nach gegen die Standards ihrer Unis verstoße, wenn auf dem Campus zum Völkermord an Juden aufgerufen würde" unredlich und an den Haaren herbeigezogen. Dies geschieht offensichtlich aus taktischen Gründen und nicht aus der Motivation heraus Juden und Jüdinnen zu schützen.

    Die Rechten verdrehen hier ganz bewusst die Wahrheit. Tatsächlich handelt es sich vielmehr um eine Kampagne, bei der mithilfe konstruierter Antisemitismus-Vorwürfe, politische Gegner aus öffentlichen Ämtern entfernt werden.

    • @Nacktmull:

      "Daher ist die Frage "ob es ihrer Meinung nach gegen die Standards ihrer Unis verstoße, wenn auf dem Campus zum Völkermord an Juden aufgerufen würde" unredlich und an den Haaren herbeigezogen. Dies geschieht offensichtlich aus taktischen Gründen und nicht aus der Motivation heraus Juden und Jüdinnen zu schützen."

      --> Genau das macht die Antwort aber noch viel skandalöser. Hätte Frau Gay (oder auch nur eine einzige der anderen Präsidentinnen) zur Antwort durchgerungen:

      "Natürlich verstoßen Aufrufe zum Genozid gegen unseren Code of Conduct und werden als ebensolche verfolgt. Allerdings gab und gibt es solche Aufrufe nicht und dass wissen genau Mrs. Stefanik. Können wir bitte bei den Wahrheiten und Fakten bleiben und keine hypothetische Strohmänner und Fake News besprechen."

      Die Präsidentinnen wären "siegreich" von dannen gezogen und Representative Stefanik wäre gedemütigt gewesen.

      Haben sie aber nicht. Keine einzige der Präsidentinnen konnte sich zur Verurteilung hypothetischer Genozid-Aufrufe durchringen. Angesichts dessen, dass es (so wie es derzeit aussieht) gar keine Genozid-Aufrufe gab, sind die Antworten sogar noch skandalöser.

      Man hat das Freund-Feind-Denken offenbar so verinnerlicht, dass man noch nicht einmal hypothetischen Antisemitismus verurteilen kann oder will. Das dürfte dann wohl (in Anlehnung an den post-strukturalistischen Diskurs) internalisierter, struktureller Antisemitismus der Uni-Präsidentinnen sein.

    • @Nacktmull:

      "Bei den Demos am US Universitäten wurde nicht zum Judenmord aufgerufen, sondern lediglich gegen den Massenmord an Palästinensern demonstriert."



      Inwiefern der Spruch "From the river to the sea" NICHT zur Austilgung der Juden aufruft, wurde glaub ich mittlerweile hinreichend thematisiert, so dass derartige Behauptungen ohne weiteren Zusatz unappetitlich zu werden beginnen.

    • @Nacktmull:

      WENN das so gewesen wäre, hätte Gay auch entsprechend antworten können (also z. B. " Natürlich unter keinen Umständen, aber das ist ja auch nicht passiert"). Die Frage war aber konkret, OB Aufrufe zum Völkermord aus Sicht der Uni zu dulden seien, und nicht, ob es die gegeben hat.

      Zudem malen Sie die "Nuancen des Vorgangs" schon etwas rosarot. Natürlich wurden auf diversen Demos weitergehende Forderungen gestellt wie z. B. die Befreiung (ganz) Palästinas von Israel "From the River to the Sea" und die ganz klar genozidalen Massaker der Hamas als "Freiheitskampf" etc. verherrlicht.

      • @Normalo:

        Möglicherweise jedoch war Frau Gay bei der Kongressanhörung bewusst, dass es sich dabei um eine gesteuerte rechte Kanpagne im inquisitorischen Stil handelte, bei der der Antisemitismus-Vorwurf gegen US-Hochschulen nur als Mittel zum Zweck dient, zum Angriff gegen alles Woke/Liberale/Linke zu blasen. Die Einordnung von Bernd Pickert legt das jedenfalls nahe.



        Insofern war die etwas „bockige“ Reaktion von Frau Gay vor dem US-Kongress sogar verständlich und nachvollziehbar, taktisch unklug war sie dennoch. Und in Verbindung mit den Plagiats-Vorwürfen absolut tödlich, zumindest was ihre akademische Karriere betrifft.



        Vielleicht haben die Linksliberalen in den Staaten aber einfach noch nicht begriffen, dass sich auch im universitären Bereich der Wind wieder nach rechts dreht und diese Affäre nur ein Vorgeschmack dessen ist, was passiert, falls der nächste US-Präsident wieder Donald Trump heißt.



        Die Einbettung bzw. Instrumentalisierung des Antisemitismus-Diskurses in eine rechte Kulturkampf-Kanpagne zeichnet sich in Ansätzen ja auch hierzulande ab. Ziemlich perfide und unappetitlich, wie da verfahren wird. Jedenfalls würde ich mich auch weigern, ausgerechnet Typen wie Maaßen, Aiwanger oder Reichelt Rede und Antwort zu stehen, warum ich KEIN Antisemit bin, wenn ich die israelische Besatzung im Westjordanland oder deren Vorgehen in Gaza kritisiere.



        Ihnen gegenüber stehe ich darüber jedoch gerne Rede und Antwort, denn ich unterstelle, dass Sie keine vergleichbaren Absichten wie die oben genannten Herrschaften verfolgen. Kommt also tatsächlich auf den „Kontext“ an.

        • @Abdurchdiemitte:

          Verdammt. Sie auch??

          Danke für die Blumen, aber Punkt ist der: Was da an den ach so vom Rechtsdrall bedrohten Unis teilweise gegen Israel abgelassen wird, IST effektiv bereits "rechts" ohne Ende. Es kommt nur aus vermeintlich linken Mündern, weshalb einige Verantwortliche offenbar meinen, sie müssten diese Schande auch noch gegen "reaktionäre Feinde" verteidigen - klassische "Lager vor Inhalt"-Denke.

          DAS ist das Problem, und - wie weiter unten schon mal geschrieben - wenn es erst einer "Kampagne" ausgerechnet von moralisch inkompetenten Trumpisten bedarf, damit diesen "Beschützern" endlich mal klar wird, wie weit sie im moralischen Abseits stehen, shame on them! Sie hätten es wirklich mal selbst merken können, dass sie die menschenfeindlichen Ideologen gar nicht erst im ANDEREN Lager suchen müssen.

          Drittens: Die Ansicht, ein kritischer Nachfrager müsste selbst Menschenfreund sein bzw. erstmal vor der eigenen Tür kehren, bevor er einer Antwort würdig sei, ist letztlich kaum weniger bigott als die spitze Nachfrage eines Kritikasters, der besagtes Fegen dringend nötig hätte. Denn es ist eigentlich auch nur eine Ausrede Selbstkritik zu vermeiden und stattdessen den Finger in die Gegenrichtung zu strecken. Intellektuell und moralisch ehrlich kann nur bleiben, wer sich immer mindestens(!) an den eigenen Maßstäben messen lassen kann und will - JEDEM gegenüber.

          Und wenn wir schon hineingeheimnissen, was Frau Gay und ihre Mit-Relativiererinnen geritten haben mag: Ist es nicht genauso wahrscheinlich, dass sie aufgrund der aggressiven pro-palästinesischen Stimmung an ihren Institutionen nur ja niemandem daheim auf die Füße treten wollten? Wir haben es selbst hierzulande schon gesehen, wie an Hochschulen Amtsträgern ein ganz eisiger Wind um die Ohren pfeifen kann, wenn sie es auch nur wagen, den Hamas-Terror gesondert von entsprechender Israelkritik zu verurteilen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Die Verteidigung von Frau Gay klingt ja mittlerweile schon wie eine rechte Verschwörungstheorie.

          Die Frau hat Fehler begangen und muss dafür Verantwortung tragen, so einfach ist das, ob dass den rechten gefällt oder nicht ist nicht relevant

          • @Abraham Abrahamovic:

            Sagte ich doch. Allerdings auch, dass das den Rechten noch aus ganz anderen Gründen gefällt als US-Universitäten ausgerechnet vor Antisemitismus schützen zu wollen. Der Antisemitismus-Vorwurf passt ihnen dabei nur prima ins Konzept, denn er ist eine wirkmächtige Waffe im Kampf gegen politische Gegner. Aber das muss ich Ihnen ja nicht erzählen.



            Und ich ergänze noch, dass das Geschäft natürlich auch woke Linksliberale (Stichwort cancel culture) meisterlich beherrschen, es wird eigentlich in allen politischen Lagern betrieben. Das muss man sich halt nur mal bewusst machen und es ist die Frage, ob man auf diesen Zug unbedingt noch mit aufspringen muss. Eigentlich ist das Thema Antisemitismus für solche Spielchen zu ernst.

    • @Nacktmull:

      Verklärung der Hamas zum gerechtfertigten Widerstand. Zuschreibung jeglicher Schuld an Israel. Abreißen von Geisel-Steckbriefen. Formulierung eines Genozid-Vorwurfs. Leugnung der Gräueltaten des 7. Oktober. Absprechen des Existenzrechts Israels. Boykottaufrufe. Aufruf zur globalen Intifada und so weiter.

  • Aus dem Kontext gerissen, würde ich sagen, dass es höchste Zeit war, dass sie zurücktrat.

  • Gay hätte einfach nur zu antworten brauchen, dass ein Aufruf zum Völkermord an Juden zwar gemäß der amerikanischen Verfassung, die nahezu unbeschränkte Redefreiheit garantiert, nicht strafbar, aber mit den Regeln der Universität, an die sich die Studenten zu halten haben, unvereinbar sei.

    Was war daran so schwer?

  • Es ist schade, dass sich der Artikel die Tendenz zur Relativierung zueigen macht, die auch Gays - und nicht nur ihren - Rücktritt erforderlich machte. Die Frage nach der Befürwortung von Völkermord mag die Fragerin selbst als letztlich bigott entlarven und spitz gewesen sein, aber wer sie überhaupt so beantworten KANN, hat einfach den Schuss nicht gehört, und das kann man auch mal einfach so stehen lassen.

    Es sollte auch und gerade die Gegner einer rechten, rassistischen Radaupolitik besorgen, dass es offenbar ein sich als linksintellektuell begreifendes Establishment insbesondere im Hochschulbereich gibt, das sich anmaßt, wirklich fundamentale (ihrerseits antirassistische!) Werte seiner gesellschaftpolitischen Agenda unterzuordnen. Dass es der RECHTEN "Der Zweck heiligt die Mittel"-Fraktion bedarf, um das anzuprangern, sollte BESCHÄMEN und nicht zur Übernahme relativierender Narrative animieren.

    • @Normalo:

      Sie haben vollkommen recht. Etwas, was wahr ist bleibt wahr, egal wer dies ausspricht. Wer meint der Wahrheitsgehalt hänge von der Gesinnung dessen ab der sie ausspricht, der irrt gewaltig. Mehr noch und viel schlimmer: er trägt zur Erosion des Vertrauens in bisher vermeintlich allgemeingültige Normen bei. Und meist beklagen diese Leute sich im Nachgang genau darüber.

  • Also ich glaube auch das die Antwort auf die Frage zu verkopft war.



    Wobei ich der Dame bildungsgradtechnisch und vorurteilsfrei eine sehr hohe Intelligenz unterstelle. Was aber im Allgemeinen einfach Antworten nicht automatisch ausschließt. Nicht alles muß im wissenschaftlichen Kontext ausdiskutiert und von jeder Seite beleuchtet werden.

    Die Frage war fies. Die Antwort auch.

  • Naja, wenn hier jemand fragt, "findest du es ok, wenn jemand zum Judenmord aufruft" und du sagst dann "kommt drauf an", dann braucht man doch nicht wirklich weiterfragen, oder?

    • @Cededa Trpimirović:

      Richtig! Parteinahme in so einem uralten Konflikt sind aber genauso unvermeidlich wie sinnlos. Niemand weiss genau, wer angefangen hat und warum genau. An einer Eliteuni würde ich mir eher eine Konstruktive Debatte darüber wünschen, wie diese ewige Spirale aus Hass und Rache durchbrochen werden kann und wer das tun kann. Wer zeigt als erster den Mut zum Frieden? Auf welcher Seite stehen die Trump-Rassisten denn? Auf keiner, denn es ist ihnen Wurscht. Als Egoisten haben sie nur ein Programm: An die Macht kommen. America First. Donald Trump First! Egal wie. An der Macht bleiben. Amerika beherrschen und dann die ganze Welt.

      • @Matt Gekachelt:

        Und DAS rechtfertigt die besprochene Relativierung? Aus meiner Sicht ist es eben KEINE Parteinahme, strikt und auch restriktiv gegenüber Aufrufen zum Völkermord (bzw. den Aufruf dazu) aufzutreten. Da ist die Grenze der legitimen Diskussion um unterschiedliche Standpunkte schlicht überschritten, und diese Grenzen aufzuzeigen ist ein Gebot der M;eschnlichkeit wie auch der Wahrung der akademischen Diskussionskultur.

        Ich verstehe auch nicht, wie man immer wieder so leicht bereit sein kann, die ethischen Maßstäbe Jener, die man von Herzen - FÜR ihre ethischen Maßstäbe - verurteilt, als Vergleichsobjekt heranzuziehen, wenn es um die Verletzung der EIGENEN moralischen Ansprüche geht. Was interessiert, was die Trumpisten wollen, solange man selbst solch ins Gesicht springenden Klärungsbedarf über die moralische Tragbarkeit der EIGENEN Standpunkte hat??

    • @Cededa Trpimirović:

      Man muss diese Aussage selbst erstmal "kontextualisieren". Aus rechter Ecke kommt gegenüber Gay zudem der Vorwurf eine starke Fürsprecherin der "DEI-Bewegung" (Diversity, Equity, and Inclusion) zu sein. Dieser "Bewegung" wird aus vielen Ecken seit Jahren vorgeworfen unter dem Deckmantel einer euphemistischen Selbstbeschreibung auf identitäre Art und Weise der Gesellschaft mehr zu schaden als zu nützen. Dies geht auch mit einer enormen Kommerzialisierung und einer Form der Bürokratisierung der Thematik in den USA einher.



      Genau genommen geht es um aktivistische Strömungen in den Bereichen Ethnic Studies, Gender Studies, Post Colonialism und themenverwandte Frameworks, die sich als Critical Thinking bezeichnen. Hier herrschen nicht selten bewusste Doppeltstandards, die mit universellen Definitionen, wie die des Rassismus, brechen. Der Vorwurf der mangelhaften Distanz zum Antisemitismus haftet diesem akademischen Milieu schon seit Jahren an. Der Artikel "California Is Cleansing Jews From History" von Emily Benedek aus 2021 sei nur als jüngeres Beispiel genannt.

      Es lässt sich zwar nur vermuten. Allerdings legt der Hinweis auf den jeweiligen Kontext zumindest eine moralisch relativistische Grundhaltung nahe, die nicht nach universellen Kriterien entscheidet welche Normen für wen zu gelten haben.

      • @Required:

        "Man muss diese Aussage selbst erstmal "kontextualisieren"."

        Und wenn man das tut, wird sie akzeptabel??? Also, wenn ich es richtig verstehe, impliziert diese relativierende Antwort vo rdiesem Kontext eine Denke, die glaubt, "Opfer-" und "Täter-"Identitäten identifizieren zu dürfen, und sich weigert, Angehörigen von solchermaßen erklärten "Täter"-Identitäten denselben absoluten Schutz gegen tödliche, namentlich auch völkermörderische (also per definitionem national, ethnisch, rassisch oder religiös determinierte), Gewalt zuzugestehen. Wenn ich das richtig verstehe.

        Mal von der himmelschreienden Schwarz-Weiß-Malerei abgesehen, die diese Denke darstellt, nur mal zur "Kontextualisierung": Nach dieser vermeintlich so progressiven Lesart wären die Verbrechen der Nazis primär darauf herunterzubrechen, dass sie in Narrativ und Konsequenzen "Täter"- und "Opfer"-Identität vertauschten. Der Rest "kommt darauf an". Das Vertauschen mag in den Augen identitärer Denker die Kardinalsünde schlechthin sein und zu entsprechender, rückhaltloser Verurteilung des Holocaust führen. Aber es stellt doch die Frage, was bei WEGDENKEN dieser Sünde immer noch an loderndem Moral-Scheiterhaufen übrigbleibt...

      • @Required:

        ...



        es bleibt: "wenn hier jemand fragt, "findest du es ok, wenn jemand zum Judenmord aufruft" und du sagst dann "kommt drauf an", dann braucht man doch nicht wirklich weiterfragen, oder?"



        Danke, Cededa.

      • @Required:

        Die Antwort auf die Frage zur Akzeptanz des Genozid war schon krass.

        Kontext: es ging um die Verhaltensregeln. Der Verstoß dagegen hat nichtmal notwendige Strafen zur Folge.

        „Bekommt hier jemand eine Rüge, wenn er zum Genozid an Juden aufruft“ — „kommt drauf an“ ← das ist schon krass.

        Was ich im Artikel hier gut finde ist, dass der Kontext zu Stefanik geschaffen wird. Die hat übrigens in der Befragung nicht die besten Fragen gestellt — warum ging gerade sie viral?

    • @Cededa Trpimirović:

      Die Frage war nicht, ob sie es ok findet, sondern ob es gegen die Regeln der Universität verstößt.

      • @Francesco:

        Richtig.

        Und alle, die sagen, nach einer Antwort, die dies vom Kontext abhängig macht, brauche man ja wohl nicht mehr weiter fragen, sollten sich vielleicht mal mit Auffassungen zur Meinungsfreiheit in den USA befassen. Dann wird es vielleicht nachvollziehbarer, warum beide Uni-Ex-Präsidentinen so zögerlich geantwortet haben.



        Ich will hier niemanden verteidigen, aber es muss auch in diesem Fall der Kontext und die Situation des republikanischen Befragungsausschusses einerseits und Richtlinien zur Meinungsfreiheit einzelner Unis in den USA andererseits gesehen werden.

      • @Francesco:

        > Die Frage war nicht, ob sie es ok findet, sondern ob es gegen die Regeln der Universität verstößt.

        Auch dann kann man besser antworten. Etwa "Leider verstößt das formal nicht gegen unsere Richtlinien, und ist auch gesetzlich als Meinungsfreiheit geschützt, aber ich finde das problematisch und wir werden uns zusammensetzen, um die Richtlinien zu überprüfen."

        Für die Richtlinien kann sie ja nichts, sie war erst seit kurzem im Amt. Aber für die mangelnde Einsicht, dass da etwas nicht stimmt, kann sie etwas.

        • @Gorres:

          Da haben Sie recht. Trotzdem, denke ich, verhält man sich in so einer Befragung evtl. übervorsichtig und versucht in erster Linie erstmal, in Übereinstimmung mit den Unirichtlinien zu handeln.



          So erklärt sich für mich, dass sowohl Magill als auch Gay so wenig entschieden und eindeutig geantwortet haben.

  • "Es ist tatsächlich ein Kampf der Narrative. Für viele Linke ist Gay das Opfer eine rechten und rassistischen Mobbing-Kampagne gegen die erste Schwarze Havard-Präsidentin."

    --> Mit Verlaub aber das ist Unfug.

    Zunächst spricht der zeitliche Geschehensablauf klar gegen eine vermeintlich rassistische Mobbing-Kampagne.

    Zuerst trat die Weiße Juristin Liz Magill zurück, worüber sich Stefanik ausdrücklich freute ("One down"). Erst dann nahm der Druck auf Gay zu, der selbst hier bei der taz (richtigerweise) mit folgender Aussage gewürdigt wurde:

    "Damit hat zumindest eine Führungspersönlichkeit an einer der renommiertesten Hochschulen in den USA Rückgrat gezeigt. Das kann für Harvard und das Massachusetts Institute of Technology nicht behauptet werden." (taz.de/Ruecktritt-...-Magill/!5975935/)

    --> Hier zeigt sich, dass der Rassismus-Vorwurf nicht nur in berechtigten Fällen geäußert wird, sondern auch dazu verwendet wird berechtigte Kritik zu delegitimieren und sich gegen berechtigte Rufe nach Konsequenzen für Fehlverhalten und die eigene Machtbasis abzuschirmen.

    Diesen unklaren Fall als Beispiel für einen vermeintlich rechten Kulturkampf zu nehmen, noch dazu einem Ausschuss-Mitglied "inquisitorische" Fragemethoden vorzuwerfen, ist einfach unredlich.

    Pointiert könnte man es auch mit Gays eigenen Äußerungen sagen: Auch (rechte) Rücktrittsforderungen und Kampagnen sind Teil der Meinungsfreiheit, die sie nach ihrer Kongressanhörungsangabe ja "embraced".

    Der Story jetzt also einen Rassismus-Spin zu geben ist einfach nur armselig. Wenn schon Genozid-Aufrufe kontextuell freedom of speech sind, sind es Rücktritts-Aufrufe allemal.

    Alles andere ist zynische Doppelmoral.

    • @Kriebs:

      Ich finde den Begriff " rechter Kulturkampf" schon seltsam. Was für eine Kultur haben Rechte denn? Sind Egoismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit kulturelle Werte?

      • @Matt Gekachelt:

        Ich schrieb "vermeintlich rechten Kulturkampf" und dass die Abberufung von Gay als Präsidentin gerade kein Beispiel dafür ist.

        Aber klar: Stellen wir Strohmänner auf gegen die wir kämpfen können, damit ja niemand merkt, dass Gay wegen der Verteidigung von Genozid-Aufrufen als "Meinungsfreiheit" absolut berechtigt ihre Demission erhielt.

      • @Matt Gekachelt:

        Ihr Posting ist ein Beispiel, wie weit die Diffamierung des Begriff "rechts" schon gediehen ist. Wir kämpfen gegen Linksextremismus (nicht gegen Links) und gegen Islamismus (nicht gegen den Islam), aber wir kämpfen nicht nur gegen Rechtsextremismus, sondern auch gegen Rechts.

        "Rechts" beginnt da, wo jemand Unterschiede als verdient ansieht, wo jemand Individualität über das Kollektiv stellt, wo jemand frei entscheiden möchte, ohne gleich jede Menge andere zu fragen. Oder wo jemand die eigene Kultur lebt und sie anderen Kulturen vorzieht. "Rechtsextrem" und zu bekämpfen sind Gruppenegoismus bis zur Vernichtung oder Unterdrückung anderer Gruppen (Juden, PoC, "Ungläubige") oder Verhältnisse, die breite Schichten in unzumutbarer Armut belassen.

        Egoismus ist die Triebfeder, die viele zur Anstrengung bringt - das eigene Haus, nicht die allgemeine Wohlfahrt, ist die Motivation, noch eine Stunde dranzuhängen. Und naive Fremdenfreundlichkeit führt dazu, dass wir z.B. den Kölner Dom schützen müssen oder dass viele Attentäter "polizeibekannt" waren, also bei mehr Egoismus längst abgeschoben wären, was Leben gerettet hätte.

        Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - wer sich selbst nicht liebt, kann auch seinen Nächsten nicht lieben. Wer nichts für sich erreichen will, kann auch nichts abgeben.

  • Sieht für mich so aus, als ob hier 2 Kulturkämpfe aufeinander geprallt sind: Rechtsextremistische Anti-Wokeness versus Pseudo-"linker" Antisemitismus. Das ganze engagiert vernebelt mit allen möglichen Ablenkungsmanövern wie Antikolonialismus- und Plagiatsdiskussionen.

  • Moment mal. Diese Strategie verfängt nur dann, wenn objektiv Verfehlungen nachgewiesen werden können. Das funktioniert in gegengesetzter Richtung übrigens genauso. Es geht nicht um ein Narrativ, jemand habe plagiiert obwohl dies nicht der Fall sei. Es gibt an die 50 Stellen, die sich durch das halbe akademische Werk ziehen. Nicht um einzelne Formulierungen sondern um ganze Absätze. Es spielt auch überhaupt keine Rolle ob Autoren der Meinung sind, sowas ginge in bestimmten Fällen schon klar. Dass sich kein Autor beschweren würde, stimmt auch nicht. John McWorther erinnerte in der NYT zudem daran, dass an Studenten höchste Ansprüche mit drastischen Folgen gestellt würden, denen sich auch eine Universitäts-Präsidentin zu stellen habe.



    Zuletzt ging es Schlag auf Schlag und Gay selbst gab an in Absprache mit anderen offiziellen der Harvard Universität nicht mehr haltbar zu sein.

    Hier sollte sich die taz einer defensiven Story nicht gemein machen, die einfach glaubt ein Opfer des Kulturkampfes ausgemacht zu haben.

    • @Required:

      Bei der Anzahl der heute veröffentlichen und digitalierten Werke ist es leicht, maschinell, Indizien für Plagiate zu finden. Für eine wasserdichte Doktorarbeit müsste man ein ganz abseitiges Thema finden oder eine eigene Sprache erfinden.



      In Zeiten von KI ist diese akademische Tradition ohnehin obsolet. Das kann dann mal weg!

      • @Matt Gekachelt:

        Die meisten Studierenden schaffen es unfallfrei eine Abschlussarbeit zu schreiben, welche Plagiatsmäßig vollkommen unbedenklich ist. Und bei Bachelor- und Masterarbeiten kommt es tatsächlich zu massenhaft Häufungen des selben Themas und dennoch schaffen sie es. Eine Doktorarbeit ist IMMER ein komplett neues Thema unter Bezugnahme alter Forschung. Diese ist Kenntlich zu machen und dann auch unproblematisch. Formulierungen und Darstellungen zu übernehmen ohne Verweis auf die Quelle ist nunmal Strafbar, da man eine fremde wissenschaftliche Leistung als die eigene ausgibt.

        Schwaches Argument ihrerseits. Eine Unfallfreie Abschlussarbeit zu schreiben ist kein Hexenwerk!

    • @Required:

      Dieser Artikel ist als Kommentar markiert... muß man halt kontextualisieren! ;)

    • @Required:

      Wenn die Uni das explizit überprüft hat und sagt, dass das klar geht, dann geht das wohl klar.

      Ich finde es seltsam, die eigene Meinung darüber zu erheben.

    • @Required:

      50 ist die Zahl von gestern. Es gibt schon wieder mehr, und die 50%-Schwelle des (erstaunlich kurzen) Gesamtwerkes wurde auch schon übertroffen.

  • Das beinahe schlimmste an ihrer Einlassung bei der Anhörung: Dass sie sich anscheinend auch noch als Anwältin der Meinungsfreiheit fühlt.

    • @PeterArt:

      Im Rahmen der in den USA geltenden fast uneingeschränkten Redefreiheit stimmt das ja auch, wobei die Hausordnung der Universität wiederum strengere Regeln vorsehen kann. Und dann stellt sich natürlich auch die Frage, ob Gay z.B. ähnlich geantwortet hätte, wenn es um einen Aufruf zum Mord an Schwarzen gegangen wäre.

  • Vorwürfe gegen Gay, die von rechter Seite erhoben wurden, müssen nicht notwendigerweise falsch sein, nur weil sie auch von Rechten erhoben wurden.



    Gay hat angesichts der antisemitischen Welle, die nach dem von der Hamas begangenen Massaker über die US-Campi hinwegrollte, völlig versagt; das gilt nicht nur für die Anhörung im Kongress, sondern auch und vor allem für ihr Verhalten vor der Anhörung, die ja nicht ohne Grund stattfand. Einerseits dieses Versagen, andererseits die Plagiate in einer ohne recht übersichtlichen Publikationslixste - beides war schon für sich genommen Grund genug für einen Rücktritt.

    • @yohak yohak:

      Mal zum Vergleich: In Deutschland würde sich kein Uni-Rektor dafür interessieren, was seine Studenten außerhalb der Seminare äußern. Politische Äußerungen von Studenten gehen die Unileitung schlicht nichts an. Wenn sie sie für strafbar hält, dann kann sie Strafanzeige stellen. Das wars dann aber auch schon.

      • @Francesco:

        Es geht hier aber nicht um deutsche Universitäten, sondern um die Speerspitze amerikanischer Universitäten, hier insbesondere die Präsidentin der Harvard University.

        Und da sieht insbesondere hier die Angelegenheit anders aus. Ziel ist hier die Inklusion und Diversität (www.harvard.edu/ab...ty-and-inclusion/).

        Dieser Zielrichtung wird alles andere untergeordnet, insbesondere auch die eigenen Regeln. Denn Harvard formuliert an seine eigenen Studenten folgende Anforderung im Code of Conduct bzw. Students Playbook:

        "The Handbook for Students states that "It is the expectation of the College that all students, whether or not they are on campus or are currently enrolled as degree candidates, will behave in a mature and responsible manner."

        Man mag mich verbohrt nennen, aber ich finde "kill/slaughter all jews" weder "mature" noch "responsible". Deshalb stellte die Senatorin ja nicht die Frage, ob die Präsidentinnen diese Tötungsaufrufe als Teil der Meinungsfreiheit betrachten, sondern explizit, ob diese dem universitären Code of Conduct entsprechen.

        Da dies für jedermann offensichtlich nicht der Fall ist, versuchten sich alle Präsidentinnen mit "freedom of speech" oder "context" aus der Affäre zu ziehen. Es ging aber nie um das außeruniversitäre Recht, was Harvard selbst betont:

        "Harvard College has adopted a pedagogic, or educational, model of college discipline, as opposed to a model based on the criminal justice system. The goal is for the College to effectively reach its students and engage with them directly about their behavior and the reasons why they may not have met our expectations for conduct within our community."

        Es geht einzig und allein um die selbstgesetzten Standards. Das ist das Problem, wenn man sich Regeln gibt: Man muss im Zweifel bereit sein, sie auch einzuhalten. Oder man setzt sich dem berechtigten Vorwurf der Doppelmoral aus.

      • @Francesco:

        Achja?

        "Die Universität betonte, dass sie jegliche Form des Antisemitismus ablehne. „An der Freien Universität Berlin ist kein Platz für Antisemitismus, Rassismus und jegliche andere Form von Diskriminierung aufgrund der Nationalität und ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und Weltanschauung, der sozialen Herkunft, des Alters, einer Behinderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigung, des Geschlechts und der sexuellen Orientierung“"

        (tagespiegel.de)

      • @Francesco:

        Allerdings haben sich diese Universitäten in der Vergangenheit Verhaltensregeln selbst auferlegt, die teils weit über das Gesetzbuch hinaus gehen.



        Auf der einen Seite begibt man sich auf die Jagd nach Mikroaggressionen und erklärt sich zum Safe-Space der Inklusion, will jedoch bei Aufruf zum Genozid über Kontext debattieren.

        • @Required:

          "Auf der einen Seite begibt man sich auf die Jagd nach Mikroaggressionen und erklärt sich zum Safe-Space der Inklusion, will jedoch bei Aufruf zum Genozid über Kontext debattieren."

          Das sind die Konsequenzen aus dem Dogma: "Rassismus gegen Weiße gibt es nicht". Dann noch Juden als Weiße definieren, und schwupps, hat man die Apologie für Antisemitismus.

  • Auch wenn es rechte Agitatoren mit den unlautersten Motiven sind, die letztlich solche Unstimmigkeiten aufdecken, wenn diese da sind, können sie schlecht ignoriert werden. Und die neu aufgetauchten Plagiatsmomente sind für eine Uni, die Studierende bei ähnlichem Verhalten exmatrikuliert, wohl kaum im Falle der Präsidentin tragbar. Akademiker haben auch in linksliberalen Blättern wie dem Atlantic festgestellt, dass Prof. Gay unter diesen Umständen keine Wahl mehr hatte als zurückzutreten, obwohl das Board der Harvard Universität sie nach dem misslungenen Kongressauftritt noch gedeckt hatte.

  • Mag sein, dass die Rechten die Chance genutzt haben, um eine Kampagne zu fahren. Ich habe aber bis heute nicht verstanden, wie ein Mordaufruf kontextualisiert werden kann, damit er nicht gegen Regeln verstößt. Aber ich war auch nicht auf einer Ivy-League Uni und bin kein Amerikaner.. Man mag jedoch bedenken, dass ihre Kollegin der Penn, die in der Kongressanhörung ähnliches verbreitete, ja bereits am Anfang/Mitte Dezember zurückgetreten. Frau Gay jetzt hier als Opfer darzustellen, ist mir dann doch ein wenig simpel.

  • Mit der Meinung, die Plagiatsvorwürfe wären nur borderline relevant steht die taz ziemlich alleine da. Es kommen täglich neue Stellen hinzu. Mittlerweile sind mehr als die Hälfte ihrer (erstaunlich wenigen) Veröffentlichungen betroffen, und zwar nicht nur einzelne Sätze, sondern immer wieder ganze lange Paragraphen, teilweise ganze Seiten. Unabhängig von ihrem verkorksten Palästina-Standpunkt sind das auf jeden Fall Vorwürfe, die sie nicht nur als Präsidentin untragbar machen, sondern eigentlich zwangsläufig in ihrer Kündigung enden müssen.

  • Wieso legt der Artikel so viel Wert auf die Feststellung, wer die Vorwürfe erhoben hat. Die Frage, ob ein Aufruf zum Völkermord an Juden gegen die Standards der Universität (und nicht nur das) verstoßen würde, sollte eigentlich sehr leicht und klar zu beantworten sein. Jeder Aufruf zum Völkermord verstößt ja wohl hoffentlich gegen die Standards jeder Universität.

    • @Dr. McSchreck:

      Es gab auch einen Vorwurf von Mr. Burgess Owens.

      „One thing that I did learn through my years is that hate is not passed down with our genes. It is taught or untaught.“

      Wieso wurde sein Kommentar nicht so stark geboostet?

      Er fragt, wieso Segregation in Ordnung sein soll, wenn es Schwarze sind, die sich abtrennen.

      Er ist selbst schwarz. Und Republikaner. Vielleicht passt er dadurch nicht so gut ins Freund-Feindschema — von keiner der "Seiten".

      • @Arne Babenhauserheide:

        Was soll an der Aussage, dass Hass nicht mit den Genen übetragen, sondern anerzogen wird, falsch sein?

    • @Dr. McSchreck:

      Weil Elise Stefanik in ihrer bisherigen Karriere nicht gerade durch Prinzipientreue aufgefallen ist, sondern hauptsächlich durch grenzenlosen Opportunismus. Wenn es ihr tatsächlich um den Kampf gegen Antisemitismus geht, dann habe ich auch noch eine nette kleine Brücke I'm Angebot.

      • @Silber Silberigel:

        Schon klar, aber warum diese Fingerzeigerei? Selbst wenn es Donald Trump persönlich gewesen wäre, der die Frage stellte, für die ANTWORT waren allein die Befragten verantwortlich.

    • @Dr. McSchreck:

      Nicht, wenn man tief in der Gedankenwelt der Intersektionalitat wandelt. Dann gibt es gewisse Diskriminierungsformen nur in bestimmte Richtungen.

      • @Required:

        Dann sollte man kritisch hinterfragen, ob das (veröffentlichte) derart "tiefe Wandeln in der Gedankenwelt der Intersektionalität" im Rahmen der Standards einer Universität zu dulden ist. Wenn man die Hufeisentheorie verurteilt, sollte man davon ablassen, sie so offensichtlich zu bestätigen...

        • @Normalo:

          Ihr Wort in wem-auch-immer-es-nötig-ist's Gehör.

          Wenn ich mir aber den weit über amerikanische Universitäten verbreiteten Judith-Butler-Fanclub und die heutigen poststrukturalistischen Debattenräume ansehe, hege ich starke Zweifel daran, dass es einen - wie auch immer gearteten - relevanten Gegenpol zur intersektionalen Identitätspolitik gibt. Im Gegenteil, es geht immer mehr in Richtung tribalistischer Spaltung der Gesellschaft(en). Sowohl von rechts als auch von links.

  • Wenn das in den USA auch nur annähernd so läuft wie bei uns, hat noch nie jemand wegen herausragender wissenschaftlicher Leistungen in der Universitätsleitung Karriere gemacht. Eher im Gegenteil.

    • @Brx Ypz:

      Sind herausragende wissenschaftliche Leistungen erforderlich, um eine Uni zu leiten? Ich denke, wie bei jedem anderen Großbetrieb sind andere Fähigkeiten wichtiger.

    • @Brx Ypz:

      Warum auch? Wer herausragende wissenschaftliche Leistungen erbringt, ist in der Forschung besser aufgehoben als im Management. Die meisten Wissenschaftler würden das auch nicht als erstrebenswert ansehen.

      • @Francesco:

        "Wer herausragende wissenschaftliche Leistungen erbringt, ist in der Forschung besser aufgehoben als im Management. Die meisten Wissenschaftler würden das auch nicht als erstrebenswert ansehen."

        --> Eine Universitätspräsidentin ist zwar nicht per se Wissenschaftlerin und Forscherin, aber insbesondere in den USA ist das regelmäßig der Fall:

        "University presidents typically ascend to the position from academic careers (i.e., after earning tenure and becoming professors and then deans), and it is highly unusual for a university to recruit a president who lacks a strong track record in academic research or university administration." (en.wikipedia.org/w...versity_president)

        So war auch Frau Gay bis zu ihrer Abberufung Professorin.

      • @Francesco:

        Man kann aber nicht auf der einen Seite dulden, dass die Präsidentin plagiiert hat und auf der anderen Seite Studierende die plagiieren mit harten Strafen versehen.



        Das geht halt nicht. Daher gab es keine Chance das Gay weiter im Amt bleiben konnte.

  • Ein viel zu später Rücktritt.



    Es ist schrecklich, dass diese Person rassistische Anfeindungen in Havard toleriert hat.