Antisemitismus an US-Unis: Was bitte hängt vom Kontext ab?

Die Präsidentinnen dreier US-Elite-Unis geraten durch ihre Äußerungen zum Thema Antisemitismus unter Druck. Nun gibt eine von ihnen ihr Amt ab.

Eine Frau mit blonden Haaren im Portrait schaut nachdenklich

Zurückgetreten: Liz Magill, Präsidentin der University of Pennsylvania in Philadelphia Foto: Mark Schiefelbein/ap

WASHINGTON taz | Nach heftiger Kritik an ihrem Auftreten bei einer Kongress-Anhörung in der US-Hauptstadt Washington zu Antisemitismus an Elite-Universitäten zieht die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill, persönliche Konsequenzen. Wie die Universität am Samstag mitteilte, tritt die 57 Jahre alte Juristin als Präsidentin zurück. Sie lege das Amt freiwillig nieder, bleibe aber festes Mitglied der juristischen Fakultät, hieß es. Eine Begründung wurde zunächst nicht genannt.

Magill war am Dienstag gemeinsam mit den Präsidentinnen von Harvard und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu einer Anhörung im US-Kongress vorgeladen worden. Hintergrund sind antisemitische und islamophobe Vorfälle an den Einrichtungen seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober – die auch alle drei Präsidentinnen einräumten. Sie verteidigten sich aber gegen den Vorwurf, nicht genug gegen Antisemitismus auf dem Campus zu tun.

Für große Empörung sorgte vor allem eine Szene in dem von den Republikanern geführten Bildungsausschuss. Die Abgeordnete Elise Stefanik fragte die Präsidentinnen, ob der „Aufruf zum Völkermord an den Juden“ an ihren Universitäten gegen Richtlinien zu Mobbing und Belästigung verstoße. „Das kann sein, abhängig vom Kontext“, antwortete etwa Harvard-Präsidentin Claudine Gay. Auf die Aufforderung, mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworteten, sagte Gay erneut, das hänge vom Kontext ab.

Lange geltende Leitlinie

Die anderen Präsidentinnen äußerten sich ähnlich. „Wenn das Reden in ein Verhalten übergeht, kann es sich um Belästigung handeln“, sagte Magill – und fügte ebenfalls hinzu: „Es ist eine kontextabhängige Entscheidung“. Später versuchte sich die Juristin zu erklären: Sie sagte, sie habe sich bei ihrer Antwort in der Anhörung auf die schon lange geltende Leitlinie ihrer Universität fixiert, die besage, dass das Reden allein nicht strafbar sei – so wie es auch in der Verfassung stehe.

Der Druck auf Magill wuchs in den vergangenen Tagen enorm. Neben Rücktrittsforderungen auf dem Campus gab es auch aus der Politik heftige Reaktionen. Der Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, bezeichnete ihre Äußerungen als inakzeptabel und beschämend. Ein wichtiger Geldgeber der University of Pennsylvania zog eine Spende in Höhe von rund 100 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 93 Millionen Euro) zurück – und forderte ebenfalls den Rücktritt.

Der Streit über den Konflikt in Nahost hat sich in den vergangenen Wochen auch an vielen Universitäten und Schulen in den USA entladen. US-Medien berichteten über Vorfälle körperlicher Gewalt oder deren Androhung. An Hochschulen tauchten antisemitische und rassistische Graffitis auf. Auf online kursierenden Videos war zu sehen, wie junge Menschen Poster von Fotos der israelischen Geiseln herunterreißen, die sich in der Gewalt der Hamas befinden.

Das US-Bildungsministerium hatte wegen antisemitischer und islamophober Vorfälle an US-Bildungseinrichtungen Ermittlungen eingeleitet – darunter gegen Harvard, und die Elite-Universitäten Columbia in New York und Cornell in Connecticut.

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