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Steuerpolitik im TV-TriellEin Herz für Reiche

Armin Laschet behauptet, dass der Soli für Wohlhabende verfassungswidrig sei. Das ist falsch. Doch im TV-Triell wird diese Fehldeutung als Fakt verkauft.

Armin Laschet auf dem Bildschirm während des Triells – sein Verhältnis zur Realität ist eher locker Foto: Michael Kappeler/dpa

B eim Triell ist Moderatorin Pinar Atalay ein grober Schnitzer unterlaufen. Atalay ist eigentlich eine gut informierte TV-Journalistin, aber an einer Stelle war sie nicht faktensicher. Als es um die Steuern ging, stellte sie Unionskandidaten Laschet keine echte Frage – sondern betete einfach nach, was CDU und FDP gern permanent behaupten. Atalay unterstellte, dass der „Soli“ sowieso abgeschafft werden muss, weil er verfassungswidrig sei. Das ist falsch.

Richtig ist: Die FDP hat beim Bundesverfassungsgericht eine Klage eingereicht, um den Soli zu kippen. Aber eine Entscheidung steht noch aus – und es wäre höchst erstaunlich, wenn die Verfassungsrichter den Soli beanstanden würden. Er ist nämlich eine normale Steuer, und es wäre ein schwerer Eingriff in die Hoheitsrechte des Parlaments, wenn die Richter den Soli verbannen ­würden.

Das Thema ist so brisant, weil der Soli nur noch von den Reichen gezahlt wird, denn für die unteren 90 Prozent der Steuerzahler wurde er bereits abgeschafft. Falls der Soli komplett entfällt, würden also nur die Wohlhabenden beschenkt, die dann im Jahr rund 10 Milliarden Euro bei den Steuern sparen könnten.

Der Solidaritätszuschlag ist eine komplizierte Konstruktion und hat eine wechselvolle Geschichte. Dieses Durcheinander nutzen Union und FDP, um die Wähler zu verwirren. Daher ist eine Rückschau unumgänglich.

Nur Reiche zahlen noch den Soli

Der Soli wurde erstmals im Juli 1991 eingeführt und war damals auf ein Jahr befristet. Die Zulage betrug 7,5 Prozent der gezahlten Einkommen- und Körperschaftsteuer, und dieses Geld sollte unter anderem den Golfkrieg finanzieren. Aber auch Kosten der deutschen Einheit und Hilfen für Osteuropa sollten aus dem Zusatztopf gedeckt werden.

Wie geplant lief dieser Soli am 1. Juli 1992 aus, doch ab 1995 wurde er erneut eingeführt. Wieder lag der Satz bei 7,5 Prozent, aber diesmal sollten die Gelder allein der deutschen Einheit dienen. 1998 sank der Soli dann auf 5,5 Prozent, und bei dieser Höhe ist es seither geblieben.

Der Soli ist eine normale Steuer. Und über Steuern entscheidet das Parlament, kein Verfassungsgericht

Jahrzehntelang bewegte sich beim Soli dann nichts mehr – bis die Große Koalition beschloss, die unteren 90 Prozent der Steuerzahler ab Januar 2021 vom Soli zu befreien. Dieses Datum ist übrigens kein Zufall. Denn im September 2021 stehen bekanntlich Bundestagswahlen an, so dass sich danach eine neue Regierung mit dem ungelösten Problem herumschlagen darf, wie sich die Einnahmeausfälle kompensieren lassen. Die breite Bevölkerung hat nämlich bisher jährlich etwa 10 Milliarden Euro zum Soli beigesteuert. Dieses Geld fehlt jetzt, und eine seriöse Gegen­finanzierung gibt es nicht.

Es wäre also Wahnsinn, das Finanzloch noch zu vergrößern, indem der Soli auch für die Reichen entfällt. Zudem wäre politisch gar nicht zu vermitteln, warum die Wohlhabenden noch weiter beschenkt werden müssen, denn sie wurden schon äußerst üppig bedient.

Entlastungen für Reiche sind unpopulär

Ein paar Beispiele: In den vergangenen zwanzig Jahren wurde der Spitzensatz bei der Einkommensteuer von 53 auf 42 Prozent gesenkt; die Körperschaftsteuer für Unternehmen fiel auf 15 Prozent; auf Zinsen und Dividenden muss nur noch eine Abgeltungsteuer von 25 Prozent gezahlt werden; und die Erbschaftsteuer wurde so reformiert, dass Firmenerben meist gar nichts abführen müssen, selbst wenn sie milliardenschwere Unternehmen übernehmen.

Die Reichen wurden umfangreich bedacht – obwohl sie sowieso ständig reicher werden. Vom Wachstum der vergangenen zwanzig Jahre haben vor allem die Wohlhabenden profitiert. Seit der Jahrtausendwende sind die realen Einkommen des reichsten Zehntels um 25 Prozent gestiegen, während die Durchschnittsverdiener nur auf ein Plus von etwa 12 Prozent kamen. Das ärmste Zehntel hat sogar verloren: Sie erhalten jetzt 2 Prozent weniger als vor zwanzig Jahren.

Laschet weiß, dass es unpopulär ist, die Reichen mit weiteren Steuergeschenken zu beglücken. Daher versuchte er zunächst, sich einfach durchzumogeln. Besonders krass war es im ARD-Sommerinterview, wo er behauptete, dass im Unionsprogramm „keine einzige Steuerentlastung“ drinstehen würde.

Das war blanker Unsinn: In dem Text ist genau nachzulesen, wie die Union die Reichen beschenken will. Unter anderem ist dort explizit erwähnt, dass der Soli komplett gestrichen werden soll. Diese Präzision ist schon deswegen bemerkenswert, weil das Unionsprogramm ansonsten 140 Seiten lang vage schwafelt, um bloß keine WählerInnen zu verschrecken.

Laschet gibt sich als Verfassungsrichter

Inzwischen hat auch Laschet verstanden, dass er mit reinen Lügen nicht weiterkommt – deshalb tut er neuerdings so, als er wäre er nicht nur Unionskanzlerkandidat, sondern auch Verfassungsrichter.

Bei jeder Gelegenheit behauptet er jetzt, dass der Soli mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren sei. Denn der Soli wurde eingeführt, um die deutsche Einheit zu finanzieren – aber seit 2019 ist der Solidarpakt ausgelaufen, der den Osten mit Zusatzmilliarden versorgt hat. „Wenn man einen Zuschlag macht und der Zweck fällt weg, wird das Verfassungsgericht das nicht dulden“, erzählte Laschet dem Fernsehvolk beim Triell.

Das mag logisch klingen, ist aber falsch. Der Solidarzuschlag wurde zwar mit der Einheit begründet, doch die Einnahmen waren nie zweckgebunden. Die Steuergelder flossen einfach in den Bundeshaushalt. Der Soli ist also eine normale Steuer, über die allein das Parlament entscheidet. Diese Auffassung vertritt übrigens auch das Bundesverfassungsgericht, das bereits zwei Klagen gegen den Soli abgewiesen hat.

Laschets Verhältnis zur Realität ist ja eher locker. Bei ihm ist alles vereinbar: kostspieliger Klimaschutz, die Schwarze Null und Steuersenkungen für Reiche. Also findet er nichts dabei, die Verfassung neu zu interpretieren. Das steht Laschet frei. Gefährlich wird es, wenn ModeratorInnen seine wilden Behauptungen als Fakt verkaufen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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50 Kommentare

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  • "Und über Steuern entscheidet das Parlament, kein Verfassungsgericht."

    Nun, so einfach ist es - zum Glück - nicht in diesem Land.

    Auf der Webseite des Bundesfinanzhofs kann man lesen:

    "Der Bundesfinanzhof ist die höchste Instanz der Finanzgerichtsbarkeit...

    ... hat der Bundesfinanzhof zu prüfen, ob das jeweilige Steuergesetz verfassungsgemäß ist. Hält er ein Steuergesetz für verfassungswidrig, muss er das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen (Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes)."

  • Die Autorin dreht sich ihre Beispiele so zurecht, wie sie ihr passen. Z.B. Der Spitzensatz bei der Einkommensteuer ist 47,5 % (Reichensteuer 45 % + Soli 5,5 %) nicht 42 %. Man hat nur andere Namen dafür gefunden.



    Oder: Für Dividenden galt früher das Halbeinkünfteverfahren, d.h. bei Steuersatz 42 % mußten 21 % Steuer abgeführt werden, jetzt sind es 25 %. Dazu kam, daß Aktiengewinne bei einer Haltedauer länger als ein Jahr gar nicht besteuert wurden. Jetzt fallen 25 % Abgeltungssteuer an zzgl. Soli. Entlastung ist das nicht.

  • Liebe Ulrike, ich habe alle Deine Bücher glesen. Der Maastrichtvertrag ist meiner Meinung nach ein Knebel, der unbedingt aufgelöst werden muss. Die Schuldenbremse darf nicht weiter verpflichtend sein, da viele Investitionen zurück gehalten werden. Wir erleben gerade eine Situation, in der alle sparen. Die Unternehmen investieren nicht, die Bürger investieren auch nicht und wenn der Staat auch noch spart, bewegt sich gar nichts. Ich finde, dass nur einer der Protagonisten eine Antwort hat. Robert Habeck hat vorgeschlagen, im Jahr 50 Mrd. als Anreize in Projekte zu investieren. 15% der Finanzierung in Umwelttechniken zu gewährleisten, Infrastruktur (Schienen und Glasfaserkabel) endlich umzusetzen und der Rest in Bildung zu investieren. Übrigens hat Finnland zehn Jahre für den Umbau der Bildung benötigt und das Ergebnis kann sich sehen lassen! Da die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert ist, kann er nicht mehr pro Jahr investieren. USA hat 1.2 Billionen jetzt freigegeben bei einer Staatsverschuldung von 140%. Japan hat ein SV von über 200%. Beide haben keine hohe Inflation und keine hohen Zinsen... Die Vermögenssteuer von einem Prozent ist viel zu gering. Der Spitzensteuersatz sollte erst ab einem höheren Gehalt einsetzen und dafür auf 53% erhöht werden. Die Vorschläge jetzt sind alle samt zu halbherzig! Die Kindersicherung der Grünen und der Mindestlohn von 12 Euro (auch zu niedrig) finde ich schon mal gut. Warum nicht eine Grundsicherung für alle, damit es keine "Verlierer" mehr gibt? Ein bedingungsloses Einkommen geht an den Bedürfnissen vorbei und kann, wie Du richtig gesagt hast, nicht finanziert werden. Außerdem höre ich nichts davon, dass Derivate ohne Bezug zur Realwirtschaft nicht abgeschafft werden. Es wäre schön, wenn Du Deine Meinung dazu sagst. Liebe Grüße, Werner (Optiker aus Rheinland-Pfalz)

    • @Werner Brager:

      "Ein bedingungsloses Einkommen geht an den Bedürfnissen vorbei und kann, wie Du richtig gesagt hast, nicht finanziert werden."

      Die Summe aller Finanztransaktionen in Deutschland 2019 betrug 320 Billionen Euro (siehe www.bundestag.de/r...8-19-pdf-data.pdf). Wenn man darauf auch nur eine Steuer von 0,5% erheben würde, dann hätte man, abzüglich einer evtl. Abnahme d. Transaktionen von 30% wg. d. Steuer, eine kleine Summe von ca. 1 Billionen € zur Hand.

      Das Geld für ein BGE ist da, nur ist der politische Wille dafür nicht vorhanden. Macht aber auch Sinn, wenn man bedenkt, wer am meisten Schaden von so einer Steuer hätte.

      Übrigens, das größte Problem in den nächsten Jahren wird nicht das Klima sein, sondern die soziale Frage. Bei der das Klima aber auch eine entscheidende Rolle spielen wird. Leider sind die Grünen zu schwach, wenn es um den sozialen Aspekt geht. Was aber auch verständlich ist, da sie ursprünglich mal eine Öko-/Umweltpartei waren. Jetzt sind sie ja glücklicherweise "regierungsfähig" geworden, sprich das 1,5°C Ziel, welches sie so gerne hochhalten, ist mit dem eigenen Programm nicht machbar. :-)

  • taz: "Laschet weiß, dass es unpopulär ist, die Reichen mit weiteren Steuergeschenken zu beglücken. Daher versuchte er zunächst, sich einfach durchzumogeln."

    Und wieder einmal hat die Kabarettsendung 'Die Anstalt' es in nicht einmal 7 Minuten geschafft, den Bürgern zu erklären, für wen die Union (aber auch die FDP) wirklich "Politik" macht.

    ***Alles muss raus! Wer bietet weniger Steuern? | Die Anstalt*** www.youtube.com/watch?v=soJLbbYE6qw

  • Manchmal können es die Amis wirklich besser. Hier ist der berühmte Anti-Trump Song von Roy Zimmermann, den ich den Grünen ans Herz lege, für die nächste Runde:

    www.youtube.com/watch?v=TkU1ob_lHCw

  • "Inzwischen hat auch Laschet verstanden, dass er mit reinen Lügen nicht weiterkommt "

    Laschi ist halt nicht Trump!

    „Wenn man einen Zuschlag macht und der Zweck fällt weg, wird das Verfassungsgericht das nicht dulden“

    Aber es ist doch schön wenn sich ein CDU Politiker überlegt ob das was er tut verfassungsgemäß ist. Man wünschte sich das mal bei der Vorratsdatenspeicherung...

  • 25% Abgeltungssteuer erwischen nicht nur 'Reiche' ziemlich hart. Jede Geldanlage trifft es heute. Dafuer muss man nicht besonders wohlhabend sein, sondern nur versuchen etwas vorzusorgen. Auch Versicherungen sehen bei Auszahlung nach viel Geld aus, werden hoch besteuert, sind aber im Prinzip Ersparnisse.

    • @Charlie Foxtrot:

      25% ist doch nicht hoch!

      Besonders wenn man bedenkt, dass man dafür nur Geld irgendwo hingetan hat. Arbeit wird bei den meisten Menschen deutlich höher besteuert.

  • Man könnte die Vermögensteuer verdreifachen bzw. vervierfachen. Dann wäre man auf dem Niveau von Frankreich, UK und USA. Aber CDU/CSU/FDP wollen das ja nicht.

    • @Kappert Joachim:

      Die Gefahr ist zu groß, dass dann die Vermögenden nach Nordkorea auswandern :-)

  • Hier stimmt etwas nicht. Der Bund hat, anders als die Länder, kein Steuerfindungsrecht. Er könnte einfach die Einkommensteuer erhöhen. Aber stattdessen hat er eine Abgabe eingeführt, die zweckgebunden ist, da hat Laschet Recht. Dass das Bundesverfassungsgericht bei dieser Zweckbindung bislang großzügig war, ändert nichts daran, dass der Zustand so nicht bleiben kann. Warum nicht simpel und ehrlich die Einkommensteuer für Spitzenverdiener wenigsten teilweise wieder auf das Niveau der 90er erhöhen und die juristischen Tricksereien einfach weglassen?

    • @hedele:

      Diese Aussage ist falsch. Der Soli ist und war nie zweckgebunden. Er wurde ursprünglich eingeführt zur Unterstützung des Irakkriegs und der Einigung, dann abgeschafft, und später wieder eingeführt, diesmal nur zur Unterstützung der Einigung. Aber auch wenn dies das erklärte Ziel d. Soli war, so wurde es nie so ins Gesetz geschrieben.



      Deswegen ist es wahrscheinlicher, dass das Bundesverfassungsgericht die Klage abweisen wird. Womit dann auch die Aussage der Moderatorin, die offensichtlich vom Soli betroffen ist, reinem Wunschdenken entspricht - sprich unprofessionell.

      Aber bzgl. einer Erhöhung d. Einkommenssteuer für Spitzenverdiener stimme ich gerne zu. Genauso benötigt es einer Vermögenssteuer (da eine Einkommenssteuer ja voraussetzt dass man einen Lohn bezieht), und einer Erhöhung d. Erbschaftssteuer, da unkontrolliertes Vererben nur zu einer unverhältnismäßigen Anhäufung von Vermögen führt (und nein, in einer "Leistungsgesellschaft" hat der Enkel hat kein natürliches Anrecht auf die erbrachte Leistung d. Großvaters).

  • Leider macht Ulrike Herrmann genau das, was sie Laschet vorwirft: ihre persönliche Auffassung zur Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags ist allein richtig, also muss der Opponent falsch liegen. So funktioniert Verfassungsauslegung nicht.



    Der politischen Bewertung von Hermann - Steuerprivilegierung der Reichen in den letzten Jahrzehnten - stimme ich zu. Die spielt juristisch aber keine Rolle.



    Wenn Herrmann nun die Abschaffung des Solidaritätszuschlags als Geschenk für die Reichen bezeichnet, vergisst sie, dass die bereits erfolgte Abschaffung für geringer Verdienende dann zwangsläufig auch ein Geschenk war.



    Das Bundesverfassungsgericht hat über die Erhebung des Solidaritätszuschlags der letzten Jahre nicht entschieden. Die letzte eindeutige Entscheidung betraf meines Wissens das Jahr 2007. Es kommt nun schon darauf an, ob es um 2020 oder 2007 geht. Da der Solidaritätszuschlag vor allem die Lasten der deutschen Einheit abfedern sollte, könnte sich dieser Zweck sich im Jahr 2020, anders als noch 2007 erledigt haben, insbesondere im Hinblick auf das Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019. Immerhin der Bundesfinanzhof, das höchste Steuergericht, hat in seinen Entscheidungen auf die zeitliche Komponente als erheblich angesehen. Auch hat das Bundesverfassungsgericht nie bezweifelt, dass es sich beim Solidaritätszuschlag um eine Ergänzungsabgabe handelt, bei der es auf den Erhebungszweck ankommt. Lediglich die Nichtbefristung durch den Gesetzgeber hat das Gericht gebilligt. Das bedeutet aber nicht, dass der Solidaritätszuschlag für alle Zeiten erhoben werden darf.

    • @Martin Kühn:

      Dieser Kommentar bringt es auf den Punkt. Danke dafür. Frau Herrmann erhebt sich über einen laufenden Fall bei Verfassungsgericht. Das überzeugt mich nicht.

      Ich fände es auch ehrlicher, eine neue Steuer einzuführen als den Soli zu missbrauchen. Mein Eindruck war stets, dass er für die Deutsche Einheit gedacht war. Jedenfalls wurde das 'so kommuniziert'.

    • @Martin Kühn:

      Hin oder her. Nichtdestotrotz hätte doch die Moderatorin eine Entscheidung des Gerichts abwarten können bevor sie von sich heraus behauptet, "dass der „Soli“ sowieso abgeschafft werden muss, weil er verfassungswidrig sei".



      Oder?

      • @Nilsson Samuelsson:

        stimmt.

  • Super Artikel - in diesem Bereich ist die taz Spitze!

    In einem Punkt ist das CDU-Programm allerdings deutlich: bis zu 0,4 Millionen Subvention für Eigenheimer pro Person!



    Während die Kehrseite so "vage verschwafelt" ist wie im CDU-Programm üblich: Tatsächlich stellt das Mietwohnen heute das neue Armutsrisiko dar.

    • @Rosmarin:

      Ein verheirateter Bekannter baut gerade für ca. 0,5 Millionen. Bezahlt ihm die CDU das Haus oder ist es doch etwas anders?

  • Aha, ein Fehler in der Berichterstattung, und das auf RTL

    Wenn eine solche Sendung mit der Frage anfängt, wieso der andere kein Kanzler kann, anstatt zu fragen, wieso können Sie Kanzler, dann muss alles, was folgt, unwichtig sein.

    Das sind TV-Shows, da werden Menschen verkauft, Selbstdarsteller. Demnächst soll man wohl noch anfangen, die Erfüllung von Aussagen nach der Wahl einzuklagen.

  • Leider wird man aber nur "regierungsfähig" wenn man dieses Spiel der Reichen, die durch Lobbies und Connections den wichtigen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, und Kultur ihre Interessen mitteilen, auch mitspielt.

    Wenn man es nicht tut, wird gegen einen wochenlang über alle Medien hinweg gewettert, dass man einem Kampfeinsatz nicht zugestimmt hat, weil man dem Antrag nicht in voller Gänze zustimmt. Das wurde so sehr aufgebauscht, dass man schon fast denken könnte, die Linke und nicht Union/SPD/FDP/Grüne hatte die letzten 20 Jahre einen Vergeltungskrieg für die Amerikaner geführt. xD

    Aber so kann man halt auch wirkliche soziale Reformen verhindern. :-)

    • @Shasu:

      Da haben Sie Recht.



      Und anstatt die 4.Gewalt sich den anderen 40+ Parteien mal zuwenden würde um unabhängig und frei zu informieren wer alles gewählt werden darf Ende September, wird sich auf die großen 6 eingeschossen. Und am ehesten kommt dann noch die Kritik gegen die Linke, dem kleinsten der 6 und die weder was mit dem Krieg in Afghanistan noch sonst irgendwas zu tun hätten.

      Aber andernfalls müßte ja auch die 4.Gewalt sich hinterfragen warum sie solche Exzesse den "großen" zugesteht.

    • @Shasu:

      Sehr gute Artikel, faktenbasiert, klar und verständlich. Vielen Dank, Ulrike Hermann.

    • @Shasu:

      "Wenn man es nicht tut, wird gegen einen wochenlang über alle Medien hinweg gewettert..."



      zum Glück nicht alle Medien machen mit. Die TAZ bleibt wahrheitstreu. Vielen Dank dafür, liebe TAZ.

  • Der Soli gehört für alle abgeschafft!

    Dafür gehört die Progression auf wirklich hohe Gehälter wieder auf den Stand vor Schröder angehoben.

    • @Rudi Hamm:

      "Laschets Verhältnis zur Realität ist ja eher locker. "

      Der war gut!

      Ist aber leider so.

      Das Resultat sieht man in NRW.



      Alles kaputt, nur ein paar Autobahn-Abschnitte werden saniert.

    • @Rudi Hamm:

      Das wird Scholz zu verhindern wissen.

      Laschet sowieso.

  • "Dieses Geld fehlt jetzt, und eine seriöse Gegen­finanzierung gibt es nicht."



    Das ist doch Ihrer Ansicht nach gar kein Problem??? Wenn ich Sie zitieren darf:



    "Geld ist kein Problem, das kann der Staat aus dem Nichts schaffen und tut das auch."



    Quelle: taz.de/Klimaschutz...talismus/!5786111/

  • Wieder wird mal höheres Einkommen als Reich bezeichnet.

    Mal ganz Ehrlich. Soli muss ab 130 Tsd. EUR Haushaltseinkommen gezahlt werd. Ein sehr sehr sehr gutes Einkommen. Aber Reich ist man damit noch lange nicht.

    • @Andi S:

      Ab wann ist man dann reich? Was brauchen Sie bei 130.000€ denn noch um nicht reich zu sein? Ich selbst gehöre mit der Partnerin zu diesem "Einkommensbereich", leben in der Stadt und fühlen uns sehr sehr reich. so reich das wir noch viel gemeinnütziges nebenbei machen.

      Klar ein Maybach, Haus in der Innenstadt gehört uns auch nicht. Aber eventuell sollten wir mal reich genauer definieren. Brauch es das 200qm Haus plus 2.000qm Anbaufläche, den 3.Tesla, die Fereinwohnung auf Ibiza, Teneriffa und auf den Azoren? Bevor man vielleicht als "reich" bezeichnet werden darf?

    • @Andi S:

      Natürlich ist Reich ein dehnbarer Begriff. Für den weitaus größten Teil der Bevölkerung sind 130 000 € allerdings ein Traum und damit durchaus Reichtum.

    • @Andi S:

      Bitte? Der Großteil der Bevölkerung kann davon nur Träumen. Das ist kein höheres Einkommen sondern ein sehr hohes!

    • @Andi S:

      Ist "reich" für Sie ein absoluter oder relativer Begriff. Wenn relativ, wäre Ihr Betrachtungsraum Deutschland, Europa oder die Welt? Wenn Absolut, wie ist Ihre Definition von Reich?

      www.focus.de/finan...n_id_11022305.html

  • Wie hoch ist eigentlich das Jahresgehalt einer ARD-ZDF-RTL-Star-Moderatorin? Ich meine: Könnte es sein, dass hier Wunschdenken die Objektivität getrübt hat? 🤔

  • Der Soli ist keine Steuer, sondern eine Ergänzungsabgabe.

    • @RagnarDannesjkoeld:

      Der Solo ist die Steuer auf die Einkommenssteuer.

  • Danke, Frau Herrmann für die Klarstellung.

    Wenn es um die Schonung des Großvermögens und der Großverdiener geht, schenken sich allerdings alle drei Parteien kaum etwas. Auch Grüne und SPD werfen Nebelkerzen. Ist es nicht so, dass beim Entwurf der Grünen für eine Vermögensabgabe Ehepaare mit einem Vermögen von 4.000.000 € (i.W. vier Millionen) jährlich gerade einmal 1000€ Vermögensabgabe bezahlen müssten?



    Und Baerbock, als gefördertes Mitglied des WWF, gepampert von der Finanz- und Rüstungslobby, macht nicht den Eindruck, dass sie gegen die Interessen ihrer Förderer agieren wird.



    Dagegen wirkt Lascht wirklich als altbackener Vertreter des Rheinischen Kapitalismus. Doch das Kapital hat schon längst begriffen, dass auf Baerbock gesetzt werden muss.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Bin ja sehr für Artenschutz, aber:



      WWF und WEF



      de.wikipedia.org/w...ltwirtschaftsforum



      de.wikipedia.org/wiki/WWF



      "Doch das Kapital hat schon längst begriffen, dass auf Baerbock gesetzt werden muss." Joe Kaeser geht voran.

    • @Rolf B.:

      Apropos Nebelkerze: Da scheint auch Frau Hermann in bester Gesellschaft: Abgeltungssteuer gab's früher nicht auf Spekulationsgewinne nach Wertpapierverkäufen. Die waren steuerfrei, später steuerfrei nach einem Jahr Haltezeit. Einen neue Steuer für Aktienbesitzer, also nach ihrer Lesart für die Vermögenden! Wird gerne vergessen, zumindest wenn man die eigene These nicht gefährden will.

      • @Tom Farmer:

        Gewinne aus Aktien fielen m. W. mit unter das Einkommen, wurden also über die Einkommensteuer abgegolten. Richtig?

        • @Karl Kraus:

          Ich denke, dass der persönliche Steuersatz angesetzt wurde als Gewinne und Verluste verrechnet werden durften. Das war aber ein späterer Schritt.



          Spekulationsgewinne OHNE Möglichkeit einer Verlustverrechnung waren bis dahin steuerfrei. So meine Erinnerung.

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @Karl Kraus:

          Ne, er hat glaube ich Recht. Wenn man die ein Jahr gehalten hat, war es steuerfrei.



          Aber die Banken haben 2000 eh nichts gemeldet.

  • Laschet war auch nicht sattelfest als es darum ging, dass die Anhebung des Grundfreibetrags eine bedeutende Entlastung für die besser verdienenden wird.



    Laschet hat auch behauptet, dass bei der Stahlgewinnung aus Eisenerz nun Wasserstoff oder viel saubere el. Energie eingesetzt wird. Blöd nur, in DE gibts kein einziges Stahwerk mehr, welches Eisnerz verhüttet, und das seit über 15 Jahren!



    Laschet hat auch gesagt, dass Kinder vom Geld der Eltern leben müssen und die Eltern daher nur eine Job bräuchten. Blöd, dass es aber nicht für alle Eltern einen Job gibt oder gar ein Recht auf einen Job und deren Kinder eben z.T. echt in der Scheiße sitzen.



    usw. usf.



    Laschet ist dennoch mein Freund, da er die CDU weiter schrumpfen wird. So schwach wie der war, erschreckend für einen Spitzenkandidaten. Ist der überhaupt in irgendeinem Thema inhaltlich sattelfest? Konfus schwadronierend, Themen wechselnd, Andere anklagend.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      "Laschet war auch nicht sattelfest [....].."



      Der Mann sollte allenfalls Steckenpferd oder Schaukelpferd reiten. Schafe würden ihn sowieso abwerfen. [....] "Laschet ist dennoch mein Freund, da er die CDU weiter schrumpfen wird."



      So kann es doch was werden mit dem Paradies auf Erden - für Grüne und die SPD.



      www.spiegel.de/kul...-ae0e-5d34c39d596b

  • Wer hat eigentlich den dämlichen Begriff "Triell" erfunden?

    • @S.R.:

      Eine(r) die(der) wenigen, die noch logisch denken können:



      Duo -> Duell



      Trio -> Triell

      Auch @Karl Kraus:



      Tüpisch Doitsch:



      Meckern, mosern, motzen aber keinen Verbesserungsvorschlag machen.

    • @S.R.:

      Jau. Peinlich, oder? Und irgendwie vielsagend, was das Doitsche Eventfernsehenbämbämblabla betrifft. Selbst relativ wichtige Ereignisse werden gnadenlos zerwordet.

  • Ulrike. Vielen Dank für die Klarstellung.

  • Ich hatte den Eindruck, das beide Moderatoren durchaus fordernder hätten auftreten können, um die Kandidaten mehr aus der Komfortzone zu locken. KanzlerIn ist schließlich kein Zuckerjob. Speziell Laschet und Scholz verhalten sich nach der Devise, bloss nicht auffallen, wir sind nach der Wahl sowieso mit von der Partie.