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SPD bei der BundestagswahlWahlchance des Klassenlehrers

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Der Abgesang auf die SPD ist voreilig. Die Partei könnte Gerechtigkeit und Solidarität mit einer hinreichend radikalen Klimapolitik versöhnen.

Sieht manchmal aus wie der Klassenlehrer der 5b: Olaf Scholz Foto: Stefan Sauer/dpa

V or einigen Wochen ist Olaf Scholz nach Washington geflogen, in seiner Arbeitstasche eine kleine Revolution: ein Plan für die globale Besteuerung von Amazon, Google und Co. Auf den Bildern des Besuchs sah man dann zwar einen Mann, der aussah wie der Klassenlehrer der 5b. Aber Scholz ist tatsächlich mit einer historischen Einigung nach Hause gekommen. Die Finanzminister der G20 haben eine globale Mindeststeuer für international agierende Unternehmen beschlossen.

Eine der großen Bruchlinien der Globalisierung ist damit neu vermessen worden, die Flucht des Kapitals nicht mehr ganz so leicht möglich. Scholz, dessen Wahlkampf bisher kaum sichtbar ist, hat einen Coup gelandet. Er hat einen Gerechtigkeitssinn adressiert, der daran erinnert, wie Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert aussehen könnte: Die Stellung des Staates als Schutzpatron seiner Bürger.innen stärkend in einer unübersichtlichen, entgrenzten Welt.

Als die SPD mit Olaf Scholz einen eigenen Kanzlerkandidaten kürte, erfuhr sie eine Mischung aus mitleidigem Lächeln und Häme. Was will eine Partei, die in den Umfragen um 15 bis 17 Prozent dahindümpelt, mit einem eigenen Kandidaten fürs Kanzleramt? Eine Ampel-Koalition – die einzige Option, die der SPD zur Führung einer Regierung bliebe – ist derzeit nur dann Gegenstand öffentlicher Diskussionen, wenn Christian Lindner ihr die x-te Absage erteilt. Alle Augen richten sich auf schwarz-grün, auf die teils vermessenen, teils tapsigen Patzer von Annalena Baerbock sowie das tollpatschige Kichern Armin Laschets oder nun dessen eigene kleine Plagiatsaffäre.

Aber der rote Abgesang ist voreilig. Die SPD könnte noch gebraucht werden. Was passiert, wenn es angesichts der akuten Schwäche der anderen beiden Spitzenkandidaten für schwarz-grün am Ende gar nicht reicht? Wenn die Frage also doch lautet: Jamaika, Deutschland-Koalition oder Ampel?

Fokus des Wahlkampfs jetzt auf Klimapolitik

Die Flut hat den Fokus dieses Wahlkampfs ganz auf die Klimapolitik gerichtet, bei der Bundestagswahl stehen epochale Entscheidungen auf dem Spiel. FDP und Union, das lehrt ein Blick in die Wahlprogramme, würden in der Klimapolitik eher als Doppelbremse wirken. Eine Ampel wäre da allemal die bessere Option.

Nur, die SPD taugt nicht nur zur Mehrheitsbeschaffung. Denn wer Klima sagt, muss dies auch sozial vermittelbar denken. Die überragende Aufgabe der nächsten Bundesregierung wird darin bestehen, radikale Entscheidungen zu treffen, diese aber mit einer Milde und Geduld zu vermitteln, die möglichst wenige Menschen zurücklässt. Dafür kommen weder die Grünen noch die Liberalen in Frage, deren Klientel sich jeweils auf der Gewinnerseite der Globalisierung versammeln. Und der rheinische Herz-Jesu-Katholik Armin Laschet zeigt derzeit erstaunliche Schwächen darin, die Herzen der Menschen zu erreichen.

Die SPD könnte die Partei sein, die ein zeitgemäßes Verständnis von Gerechtigkeit und Solidarität mit einer hinreichend radikalen Klimapolitik versöhnt – und damit eine Diskussion der vergangenen Jahre öffnet, die blockiert schien von den Gegensätzen zwischen Stadt und Land, weiß und divers, woke und abgehängt, analoger und digitaler Ökonomie.

Sigmar Gabriel und Martin Schulz haben viele Jahre lang nach einer Formel gesucht, wie eine moderne Sozialdemokratie aussehen kann, die gleichzeitig die Verlierer und die Gewinner der Globalisierung adressiert. Sie haben sie nicht gefunden. Nach der Bundestagswahl 2017 war die SPD ein Fall für die Palliativmedizin. Das attestierte selbst eine von der Partei engagierte Gruppe externer Expert.innen. „Aus Fehlern Lernen“ war die Analyse überschrieben. Aus zentralen Kritikpunkten hat die Partei nun Konsequenzen gezogen.

Aus Fehlern gelernt

Den Fehler, die Kandidatenfrage zu lange offen zu lassen, hat die SPD nicht noch einmal begangen. Scholz ist unangefochten, selbst aus dem Willy-Brandt-Haus und der Fraktion feuern keine Heckenschützen auf ihn. Wer bei Andrea Nahles oder Martin Schulz nachfragt, weiß, wie SPD-untypisch dies ist.

Eine attestierte „tiefe Entfremdung zwischen sozialdemokratischer Basis und ihrer Führung“ ist durch die Urwahl des Vorsitzenden-Duos aus der eher linken Basis tendenziell überbrückt. Und das Trio aus Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans und Olaf Scholz hat die Flügelkämpfe beruhigt. Zumindest bis auf Weiteres.

Damit sind die Grundlagen für einen halbwegs stimmigen Wahlkampf geschaffen. Der Rest ist eine Frage des Inhalts. Als Martin Schulz 2017 vor allem über Gerechtigkeit und Respekt sprach, schossen die Umfragewerte „in kaum für möglich gehaltene Höhen“. Aber Schulz wandte sich im Wahlkampf anschließend anderen Themen zu, mit dem bekannten Ergebnis.

Wenn Olaf Scholz in diesen Tagen spricht, muss man auf den Begriff Respekt nicht lange warten. „Aus Respekt vor deiner Zukunft“ steht über dem Wahlprogramm der SPD. „SPD“ hat die Wahlkampagne mit „Soziale Politik für Dich“ übersetzt. Jenseits der Floskelhaftigkeit lohnt ein Blick darauf, was sich dahinter verbirgt.

An allererster Stelle steht im Programm das Kapitel zu Klimaneutralität. Es ist ein Signal. Ja, die SPD ist noch immer für den Mindestlohn. Scholz und Co haben sich aber entschieden, eine neue sozialdemokratische Mischung anzurühren: sie wollen Klimapolitik sozialverträglich gestalten und den Staat gegen die transnationalen Multis stärken. Die globale Mindeststeuer ist dafür nur ein Beispiel.

Von den Schwächen der anderen profitieren

Soziale Abfederung der Risiken in einer globalisierten, klimagebeutelten Gesellschaft werden eine zentrale Bedeutung bei der Wahlentscheidung haben. Wenn es der SPD gelingt, jene vom Soziologen Heinz Bude als „erwachsene Wähler.innen“ bezeichnete große Gruppe anzusprechen, die sowohl Solidarität als auch Klimapolitik einfordert und für die es gerade kein wirklich mutiges Politikangebot gibt – dann hat die Partei eine Chance, die womöglich entscheidenden zwei, drei Prozentpunkte mehr zu erreichen.

Sie kann dabei von den unerwarteten Schwächen der anderen profitieren. Von den Grünen, deren Spitzenkandidatin derzeit im Wochenrhythmus dokumentiert, dass die ihr vorgeworfene politische Unerfahrenheit tatsächlich existiert. Und in der Union lacht Laschet nicht nur zum falschen Zeitpunkt, er schweigt auch an der falschen Stelle: da nämlich, wo es eine klare Aussage zur Klimapolitik bräuchte.

Er ist derzeit ein Paradebeispiel, wie die Angst vor dem gesellschaftlichen Wandel notwendige Reformen blockiert. Das reicht für 25 Prozent der Bevölkerung, aber nicht für sehr viel mehr. Laschets Versuch, niemanden zu verschrecken, verschreckt zumindest die von Bude beschriebenen „erwachsenen Wähler.innen“.

Der Wahlkampf ist noch lang, in den USA wartet die Nation alle vier Jahre auf eine „October surprise“, eine Überraschung kurz vor dem Wahltag. Aber wenn die Flutkatastrophe diese Überraschung schon war, wenn Olaf Scholz seiner gefundenen Linie treu bleibt, eine entschiedene Klimapolitik mit einer modernen Rolle des Staates als Kümmerer zu versöhnen – dann findet vielleicht auch ein Klassenlehrer aus der 5b noch seine Rolle.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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49 Kommentare

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    August 2021, MR

  • Ein frischer, pfiffiger Kommentar, der die Stärken und die Entwicklung (!) der SPD im Hier und Jetzt mit konkreten Beispielen aufgreift. Danke.

  • Olaf Scholz hat in seinem Wahlkreis Potsdam die Tafel besucht und hat dort die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit unterstützt. Nun ja, Scholz hat wohl eher im Weg herumgestanden um sich wahlkampfmäßig ins Licht zu rücken. Vielleicht hätte sein Wahlkampfteam ihm mal erzählen sollen, dass das keine gute Idee als SPD-Kanzlerkandidat ist; denn dass 1,6 Millionen Menschen im reichen Deutschland schon auf 956 Tafeln und auf mehr als 2000 Tafelläden angewiesen sind, ist auch der Agenda 2010 der SPD zu "verdanken". So sieht soziale Gerechtigkeit in unserem Land nämlich seit der Agenda 2010 aus. Die Reichen werden immer reicher und die Armen müssen an der Tafel für Lebensmittel anstehen. Als Schröder 1998 Kanzler wurde, da gab es 155 Tafeln in Deutschland, jetzt sind wir schon bei 956 Tafeln angelangt. Die Tafel - "Der Geruch der Armut". Aber man kann ja schon froh darüber sein, dass es überhaupt Tafeln für arme Menschen in Deutschland gibt, denn wie schon 2010 der damalige Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sagte: "Nur wer arbeitet, soll auch essen".

    Von März 2011 bis März 2018 war Olaf Scholz 'Erster Bürgermeister' von Hamburg und hat sich da auch eher für Prachtbauten (Elbphilharmonie) interessiert, statt die benötigten 150.000 Sozialwohnungen zu bauen, die in Hamburg auch im Jahr 2021 immer noch fehlen. Vielleicht kommen ja in den "Elbtower" - ein 200 Meter hohes Hochhaus, das man in Hamburg bauen möchte und das bis zu eine Milliarde Euro kosten soll - die fehlenden 150.000 Sozialwohnungen hinein.

    "Wir Sozialdemokraten verkörpern die Perspektive, dass diese Bürger kein unabänderliches Schicksal haben. Viele von uns kommen aus kleinen sozialen Verhältnissen und haben sich durchgeboxt." [Olaf Scholz, auf die Frage, ob die SPD sozial benachteiligte Bürger noch erreiche, Stern Nr. 31/2008 vom 24. Juli 2008]. Ja, die SPD-Genossen haben sich "durchgeboxt" und schöne lukrative Posten ergattert - aber gleichzeitig ihre Wähler verraten.

    SPD wählen? - Nie wieder !

  • @BARBARA JUNGE

    Uh-huh. Kenia klingt wie ein... surrealistischer Alptraum :-)

  • Ich verbinde mit Scholz eher Negatives aus seiner Bürgermeisterzeit in HH:



    - zwei verlorene Volksentscheide (Olympia, Netze)



    - G20 - Hafengeburtstag, keine Polizeigewalt



    - teure U5 anstelle günstige Stadtbahn



    - wo ist das versprochene beste Bussystem Europas?



    - seit 2011 keinen km Schienen Öpnv außer 2,1 km in der Hafencity (U4)



    - Elphi okay, aber mit Millionen in der Hand war das auch einfach zu regeln



    - Bauen-effektiv keine 30% Sozialwohnungen, wie immer groß angekündigt. Riesenmietsteigerungen



    - Haushalt wurde durch konjunkturbedingte Mehreinnahmen entlastet, nicht durch Scholz‘ Politik



    - Warburg: Erinnerungslücken, Steuergeschenke?

  • "Die Partei könnte Gerechtigkeit und Solidarität mit einer hinreichend radikalen Klimapolitik versöhnen."

    Nicht erst als Andrea Nahles genau diesen Weg verfolgte, wurde die SPD von klimafundamentalistischer Seite als Partei der Bosse verunglimpft.

    Das größte Problem der Akzeptanz von Maßnahmen gegen den Klimawandel sind die extremen nicht bündnisfähigen Linken, die denken, "links" sei eine kleine grüne sonnige Insel im Irgendwo.

    • @Rudolf Fissner:

      Lieber Herr Rudolf Fissner,



      extreme Linke in der SPD sind doch eine bloße Erfindung von Hans Georg Maaßen in Zusammenarbeit mit BILD. Dass ausgerechnet Sie - als erklärter Anhänger von Grün-Schwarz* - darauf reinfallen, macht nachdenklich.

      *



      taz.de/Wahlprogram...-Gruenen/!5765374/

  • Vielen Dank für genau diesen Artikel. Er ist Labsal für die SPD-wunde Seele, für die Sehnsucht nach einer SPD, wie sie sein könnte, sein müsste. Keine Partei hat eine Geschichte wie die SPD, keine Partei war für Deutschland so wichtig wie die SPD, bis zu dem Tag, als sie sich zur Erfüllungsgehilfin des neoliberalen Wahnsinns gemacht hat. Zwei Drittel der Mitglieder und Wählerinnen sind weg, Ruhm und Größe der Vergangenheit verblassen, die Zukunft der Partei ist ungewiss.



    Warum diese unbegreifliche Nibelungentreue zu den Hartz-„Reformen“ und zur Agenda 2010?



    Bittel, liebe SPD, tritt diesen erwiesenen Irrweg in die Tonne und sei wieder unsere Lieblingspartei des fairen Fortschritts und des guten sozialen Miteinanders, oder hör einfach auf. Dieses Rumgegurke bei 15 % ist unwürdig und grausam. Häute Dich, sei wieder sozialdemokratisch und wir werden Dich wieder lieben. Scholz könnt das schaffen. Wenn er mir das glaubhaft vermittelt, werde ich ihn wählen. Wenn er, wie seine Vorgänger, versagt, soll er zum Teufel gehen!



    Übrigens, die SPD ist nicht irgend so eine Partei, sie ist emotionsgeladen wie keine andere, sie war über 100 Jahre lang die Hoffnung der arbeitenden Leute und sie könnte es wieder sein.

    • @Klaus Rederer:

      Anwort an @Klaus Rederer (02.08. 18:49 h)



      Ich teile Ihre Hoffnung und ich habe wieder mehr Vertrauen in die SPD entwickelt, seit ich mich mehr mit ihr und ihrem Wahlprogramm beschäftige. In der jetzigen GroKo hat sie im Vergleich zur Union die engagierteren und seriöseren MinisterInnen. Man darf auch nicht vergessen, wie heftig konservative Medien eine sozialere SPD jeweils zu verhindern suchen - und mit welchen unsäglichen Methoden! Diese Wochen stehen der SPD und Scholz noch bevor...

  • Armin-Laschet kann man anhand seines Profit-over-People (v.a. seines Karriere Profits) in der Corona-Krise in keinster Weise als Herz-Jesu-Katholik ausweisen.

    Nun, Norbert Blüm lebt nicht mehr, dennoch erlaube ich mir das Urteil, dass zwischen den beiden charakterlich Welten liegen.

    Leutseligkeit und Schützenfesthaftigkeit ist eben nicht gleichbedeutend mit einer ernstgemeinten Herz-Jesu Haltung.

    Laschet's Biografie und sein Milieu erinnern mich sehr an die Typen meiner Schulzeit auf einem katholischen Gymnasium. Schleimerei, Scheinheiligkeit, Karrieregeilheit und ganz viel Strukturkonservatismus. Die linkskatholischen Lehrer wurden eher belächelt. Wichtig war: die Karriere und die Kasse.

    Ganz gewiss nicht Herz-Jesu.

  • Als neutraler Berater würde ich der SPD empfehlen mal bei der dänischen Schwesterpartei zu spicken. Dazu noch eine passende Kandidatin ala Wagenknecht....

  • „Die SPD könnte die Partei sein, die ein zeitgemäßes Verständnis von Gerechtigkeit und Solidarität mit einer hinreichend radikalen Klimapolitik versöhnt.“

    Sicher - so wahr sich Ölsardinen von Erdöl ernähren. Der Olaf - „es gab in Hamburg keine Polizeigewalt“ - Scholz wird sich doch am Abend nach der Wahl schon nicht mehr daran erinnern können, dass er mal der Kanzlerkandidat der SPD war. Nein Danke - kein Bedarf!

  • taz: "Aber der rote Abgesang ist voreilig. Die SPD könnte noch gebraucht werden."

    Ja, als Steigbügelhalter für andere Parteien. Jahrelang hat die SPD den Steigbügelhalter für die Union gemacht. Das ist also aus der großen Volkspartei SPD geworden - ein Lakai.

    Die SPD hätte sich mit Kevin Kühnert vielleicht aus dem Sumpf ziehen und wieder sozial werden können, aber die SPD hat sich für Olaf Scholz entschieden. Wie kommt die SPD überhaupt auf den Gedanken, mit Scholz wieder Wahlen gewinnen zu können? Während der Kanzlerschaft Schröders (1998 bis 2005) setzte Scholz sich für dessen Reformpolitik ein und wurde dem Kreis der „Schröderianer“ zugerechnet. Die SPD hatte jahrelang Zeit, sich von der Agenda 2010 und Hartz IV zu distanzieren, aber sie hat als Steigbügelhalter der Union nur dafür gesorgt, dass die soziale Ungerechtigkeit in diesem Land immer so weitergehen kann - und zwar auf Kosten von Millionen armer Menschen.

    Die SPD hat es immer noch nicht kapiert oder sie hofft weiterhin auf die Dummheit des Wählers, dass der das Märchen von einer "sozialen und gerechten SPD" unter der SPD-Führung von Olaf Scholz glaubt. Eine sogenannte "soziale Partei", die immer noch an den Lippen eines Gerhard Schröder hängt, die braucht kein sozial denkender Mensch in Deutschland mehr. Dass mehr als 5 Millionen Hartz IV Bezieher immer noch unter der "Schröderschen-SPD-Sozialreform" leiden müssen und die SPD im Jahr 2021 Hartz IV Sanktionen immer noch für richtig hält, macht deutlich, dass die SPD sich nicht mehr ändern wird. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist übrigens Hubertus Heil (SPD) und in der Chefetage der BA sitzt Detlef Scheele, ein Ex-SPD-Senator aus Hamburg, der für diesen "Job" 300.000 Euro jährlich vom Steuerzahler bekommt. Beide SPD-Herren sind übrigens für die Fortsetzung von Hartz IV und gegen das bedingungslose Grundeinkommen. So schaut soziale Gerechtigkeit für die SPD aus, denn die beiden SPD-Herren bekommen ja schon ein schönes "Grundeinkommen".

  • Klar, die SPD hat, obwohl so lange in der Regierung, den Neoliberalismus nicht abgeschafft, den Klimawechsel nicht gestoppt, den Mindestlohn nicht auf 20€ erhöht und die Hartz-IV-Empfänger nicht zu Wohlhabenden gemacht.



    Was sie indes in den vergangenen Regierungsjahren an Verschlimmerungen verhindert und an Verbesserungen erreicht hat, fand ja auch nur in diesem verdächtigen Bereich statt, der auch schon mal politische und gesellschaftliche Realität genannt wird.



    Mein Eindruck ist, Scholz könnte Kanzler werden und alles so gut und gerecht machen, wie man es unter gegebenen Umständen überhaupt machen könnte und jeden weiteren Fehler vermeiden. Es gäbe immer noch genug Leute, die mäkelten: aber Cum-Ex, aber Bafin und dann noch Wirecard! Leute, die möglicherweise meinen, es gäbe irgendein Rezept, am besten das ihre, das man nur anwenden müsste und dann würde alles gut werden. Oder, noch schlimmer: es müsste nur die richtige Person oder die richtige Partei kommen und mal alles richtig machen.



    Schön wär’s, das gebe ich zu.

  • Agenda-Olaf und Solidarität?

    Für den bedeutet Solidarität, daß die "faulen Arbeitslosen" in Maßnahmen gezwungen werden, wo sie dann Mandalas malen. Solidarität ist für den 'ne Einbahnstraße. Also wer dem 'ne moderne Sozialpolitik zutraut, der hat Tomaten auf den Augen.

    Der denkt immer noch so. Der hält Hartzt IV immer noch für der Weisheit letzten Schluß. Das Thema ist NICHT vom Tisch. Es betrifft immer noch Millionen Menschen.

    Nee nee, da fall ich nicht nochmal drauf rein. Einmal hat gereicht. Ich hab dein Agenda-Supersystem von innen gesehen, Olaf - vor zwei Jahren stand ich noch in der Schlange der Bittsteller in einem dreckigen Jobcenter - ich wähl' deinen Verein nicht. Das vergißt man nicht so schnell.

    Wieviel Einfluß die "linken" Esken und Borjans in der SPD haben, kann jeder sehen: gar keinen.

    Kasperpartei.

    • @kditd:

      "Agenda-Olaf und Solidarität?"

      Dachten Sie die paar tausend Milliarden, die in den letzten Jahrzehnten locker gemacht wurden für Schrott, den andere hinterlassen (bspw. die Vorgänger der Linkspartei in Ossiland), sind auf Merkel zurückzuführen?

      ROFL

    • @kditd:

      Was sagen eigentlich die Grünen zu Hartz IV, das sie selbstverständlich genauso zu verantworten haben wie die SPD?

      • @Suryo:

        Na ja, immerhin haben die Grünen (Trittin) den Flaschenpfand eingeführt. Und jetzt stellen sie den Sammlern die leeren Flaschen auf die Straße.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Alles besser als Team Laschet/Scheuer/Klöckner...

  • Olaf Scholz und Respekt, das bekomme ich einfach nicht auf die Reihe.



    Olaf Scholz und G20 und Cum-Ex schon.

  • Der SPD täte es gut, nicht zu regieren. Vier Jahre in Opposition, um sich zu sammeln, neue Ziele zu definieren und dann - nach der Entzauberung der Grünen - gestärkt hervorzugehen.

    • @Strolch:

      Allen täte es mal gut 4 Jahre nicht zu regieren!

    • @Strolch:

      Welcher Partei wollen Sie damit den Teppich ausrollen?

  • Mr Agenda2010 wird nicht gewählt! Nicht in signifikanter Menge.

  • Die SPD täte gut daran, ihr langsames Sterben zu beenden und sich schnellstmöglich aufzulösen.



    Momentan existiert sie nur als Stimmenklau im linken Spektrum, um regierungsfähige Koalitionen zu verhindern.

    • @Kim S:

      Naja, da ist wahrscheinlich der Wunsch der Vater des Gedankens, jedenfalls hat die SPD keine Leichen im Keller wie die Christsozialen mit ihren DDR-Blockflöten oder gar die Linken, mit ihrer PDS-SED-Vergangenheit. Die SPD ist zäher, als manche denken.

  • Hm, also Sigmar Gabriel jetzt als Vorkämpfer für sozial Schwache auszuweisen ist jetzt etwas weit hergeholt. Die Möglichkeiten, die die Autorin anspricht, existieren ja theoretisch und sind wünschenswert, praktisch aber eher sehr weit entfernt. Mit Scholz läuft doch alles auf ein weiter so hinaus. Ich verweise jetzt Mal nur auf Hartz4, fossile Energien (North Stream II, Kohleverstromung), korruptes Finanzsystem (CumEx-Geschäfte), da ist doch kein Wechsel in Sicht. Klar, die Basis will was anderes, das ist aber schon seit langem so. M.Meinung nach will Scholz eine Koalition mit CDU und FDP. Das wäre ja auch am einfachsten. Bleibt alles so, wie es ist. Scholz, Laschet, Schäuble und Co. sind Dinosaurierier, die gehen nicht einfach so, die sterben aus.

  • "Jamaika, Deutschland-Koalition oder Ampel?"

    Muss denn die FDP dabeisein? Die will ich am wenigsten. Die wollte neulich auch nicht. Ausser in Thüringen, dort schon.

    • @tomás zerolo:

      Geht mir genauso. Die FDP ist wirklich das Letzte.

    • Barbara Junge , des Artikels, Chefredakteurin
      @tomás zerolo:

      Kenia ist als Dreierbündnis ohne die FDP noch theoretisch denkbar. Das wird wiederum die SPD nicht machen. Es wäre die Wiederholung der Großen Koalition nur die SPD wäre noch unwichtiger.

      • @Barbara Junge:

        Parteien, die nur in der Opposition posen wollen, arbeiten vielleicht nicht mit.

        Natürlich wird die SPD es machen. Sie wird es machen, wenn Mehrheiten gegen die AfD notwendig werden und sie wird es machen, wenn sie angemessen viele ihrer Ziele dabei durchsetzen kann.

    • @tomás zerolo:

      Ja, schon, aber die einzige vertretbare Option ohne Union und FDP wäre ja wohl GRR oder RGR … und das liegt in weiter Ferne.



      Es sei denn, bei den Liberalkonservativen ließen schon jetzt sämtliche Schamgrenzen fallen und sie würden eine Mehrheit mit der AfD anstreben … denn für deren Lieblingsszenario Schwarz-Gelb wird es auf lange Sicht bei weitem auch nicht mehr reichen.



      Das wäre dann tatsächlich ein Weckruf, der das Mitte-Links-Lager wieder zusammenbringen könnte, denn für so unüberbrückbar halte ich die programmatischen Gegensätze zwischen den Protagonisten nun auch nicht.



      Alles eine Frage des politischen Willens!

  • Was die Parteien angeht, sind die meisten Bekannten, mit denen ich spreche, komplett desillusioniert. Sie suchen nach großen Leuchten, die nicht grinsen.



    Die Bafin, Scholz' Aufsichtsbehörde, hat sogar die Frechheit besessen, jene kompetenten Financial Times Journalisten anzuzeigen, die WIRECARD entlarvt haben! Diese Politik kann nur eins: Die Bevölkerung narkotisieren.



    Im deutschen Wahlsystem spielt auch die Erfahrung und Haltung der einzelnen Abgeordneten kaum eine Rolle, obwohl das in meinem "linken" Wahlkreis für meine Entscheidung unter drei Kandidatinnen den Ausschlag geben wird. Die Grünen verhalten sich wie ein Igel ohne Stacheln (Baerbock ohne Kamera war klug).



    Das Interview mit Michael Stürmer im DLF vom 2.8. stellt dieselbe Problematik gut dar.



    Intellektuell ist Olaf Scholz trotzdem der einzige Profi neben dem Karnevalsprinzen aus NRW und einer an sich klugen Basisaktivistin, die diese unkollegiale Personalisierung (Deutschland sucht die Superkandidatin) mit großer Freude mitgemacht hat. Mit Olaf Scholz hat aber konnte einer der größten Skandale der Nachkriegszeit, Cum Ex, seine Kreise ziehen.



    Wir brauchen Leute, die diese Erstarrung der Verhältnisse rhetorisch aufbrechen können und die Ängste auch darstellen: Immerhin ist eine große Mehrheit der Meinung, dass der Ecozid kaum noch aufzuhalten ist, also die globale Verbrennung (im Wechsel mit Überflutungen) der Grundlagen des Lebens. Alle Kipp-Punkte weisen darauf hin.



    Da munter auf "wir schaffen das" (yes, we can) zu machen, ist Kinderkram.



    Es ist ja richtig, die Alternative konkret zu benennen (die Grünen haben auf dem Gebiet das klarste Programm), aber bitte den richtigen Ton treffen, die Ängste so drastisch wie möglich spiegeln, den Leuten die Wahrheit zumuten und auf krasse Maßnahmen vorbereiten. Alles andere heißt, den Wählern ihre Reife abzusprechen.

    • @Ataraxia:

      Sorry, aber die Mehrheit der Wähler sind immer noch nicht bereit, einmal die Woche auf Fleisch zu verzichten. Drastischere Maßnahmen werden dann schon mal gar nicht akzeptiert.

      • @Frederik Nyborg:

        Ja, und während sie in der Schweiz gediegen und langsam Auto fahren, wird hier im Dino-Land noch über Tempo 130 gestritten. Aber vielleicht ändert sich da gerade etwas. Gerade für die überlebenswichtige regionale Produktion (auch der Lebensmittel) weisen nur die Grünen zukunftsfähige Perspektiven auf.



        Die Grünen dürfen sich nicht mehrdeutig geben, wozu sie ihre 29% mal kurzfristig verführt haben (jetzt sind sie wieder aufm Boden).

  • Die SPD ist die traditionelle Partei der Werktätigen. Mit ihr könnte der längst fällige soziale Wandel auch in Zeichen der Klimakrise gelingen.

    • @C.O.Zwei:

      Ist das Satire? Der letzte soziale Wandel, den die SPD zusammen mit den Grünen hingekriegt hat, die Agenda 2010, war ja ganz besonders im Sinne der Werktätigen. Und viele, die dieses Desaster angerichtet haben, sind auch heute noch emsig dabei, auch Scholz. Trotz der anders gestimmten Basis wird man diese Bagage einfach nicht los.

      • @Yossarian:

        Die Zeiten sind vorbei. Heute herrschen Null- und Negativzinsen und frisches Geld aus der Druckerpresse. Das wird auch noch lange so bleiben.

        • @Jan:

          Hmm, was wollen Sie mir damit sagen? Sehe den Bezug nicht.

          • @Yossarian:

            Ich sehe den Bezug so: Wir leben seit 2008 in einem finanziellen Ausnahmezustand.



            Eigentlich haben wir die Ressourcen der Erde vollends ausgelaugt, andererseits produziert der gesamte Kapitalismus nur noch mit Billionen Dollars Selbstgedruckten genügend Beschäftigung, also Lohn und Brot. Das meiste, was wir produzieren, ist überflüssig. Ein völlig krankes System. Die ganze politische Energie wird fürs Jonglieren dieser Scheiße verwendet - Gerechtigkeit, gute Rente kannste dir irgendwohin stecken.

    • @C.O.Zwei:

      Ihnen ist schon aufgefallen, dass die SPD schon lange in der Regierung sitzt? Und wie sich Herr Scholz in Sachen Cum Ex verhalten hat?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Die Partei könnte Gerechtigkeit und Solidarität mit einer hinreichend radikalen Klimapolitik versöhnen."

    Und wieso nicht die Linke? Herr Bartsch redet keinen Müll und macht keine utopischen Versprechungen. Die SPD hat sich doch selbst mehrfach disqualifiziert.

    Wenn eine Partei für Soziales steht, dann doch die Linke!

    • Barbara Junge , des Artikels, Chefredakteurin
      @17900 (Profil gelöscht):

      Nur dIe Linke erreicht aus historischen Gründen nicht genug Waehlende. Und mit dem Identitätsbuch hat Wagenknecht auf der anderen Seite für eine gewisse Abschreckung gesorgt.

      • @Barbara Junge:

        "historische Gründe" ist gut gesagt für weniger Lebensqualität, weniger Lebenserwartung, weniger Freiheit, kurz weniger Soziales auf allen Ebenen, den diese in der DDöR und mit den heftigen Kosten der Wiedervereinigung bis heute produziert hat.



        Und heute tut die Linkspartei frech so, als ob all die sozialen Errungenschaften in DE auch noch irgendwie ihr Verdienst sei.

        • @Rudolf Fissner:

          Stimmt, die DDR hätte sich an dem chinesischen Mischsystem aus Planwirtschaft und Marktwirtschaft orientieren sollen. Dann hätten die uns heute sich einverleibt. Ist uns erfreulicherweise erspart geblieben, ansonsten müssten wir heute dem mumifizierten Erich Honecker und der Margot Honecker mit rezoblauen Haaren zu winken. Darauf kann ich gerne verzichten. Das Gewinke hat mich schon als Wessi beim Papstbesuch genervt. Und unser System erlaubt es glücklicherweise den Papst Kondome zuzuverfen!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "Und wieso nicht die Linke?"

      Die Linkspartei bekommt doch nicht einmal eine solidarische Co2-Steuer gebacken. Das schaffen alle Parteien außer die Linkspartei und die AfD.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Beifall. Und in "Soziales" steckt eigentlich alles was wir brauchen. Von Gleichberechtigung, Generationengerechtigkeit über Umweltschutz, Kampf gegen Altersarmut und vieles mehr.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "Und wieso nicht die Linke?"

      Weil die Linke bei lächerlichen 6% steht, die Union sowieso mit denen nix zusammen machen wird und es generell keine Konstellation gibt, in der die Linke für irgendeine realistische Koalition relevant ist?

      Die Linke möchte gern für Soziales stehen. In Wirklichkeit steht sie für die meisten Menschen momentan nur für interne Grabenkämpfe, für Eigenbrötlerei, Realitätsferne und fehlende Koalitionsbreitschaft.

      Und Bartsch ist in seiner Partei einer der wenigen Lichtpunkte.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Die Linke hat die 5% Hürde im Blick.



      Und sowohl CDU als auch FDP würden keine Koalition eingehen also keine Option.



      Es wird schwer für einen strategischen Linkswähler…..

      Zur Oktoberüberraschung evtl kommt ja was aus Afghanistan das Thema dürfte den Parteien aber eher unangenehm sein…..