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12-Punkte-Plan zur KrimRussland vernichten

In seinem 12-Punkte-Plan zur Rückeroberung der Krim schlägt der Sekretär des ukrainischen Verteidigungsrates totalitäre Töne an.

Die Krim-Brücke bei Kertsch Foto: Alexey Pavlishak/reuters

Kyjiw taz | Die lange angekündigte Frühjahrsoffensive, mit der die Ukraine die derzeit von Russland besetzten und annektierten Gebiete zurückerobern will, hat noch gar nicht begonnen, da macht sich Olexi Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, schon Gedanken, welche Schritte man nach einer Rückeroberung der Krim unternehmen müsse.

Auf seiner Facebook-Seite, in einem Post vom 2. April, nennt Danilow zwölf Schritte eines Deokuppations-Prozesses, mit dem die dort lebende Bevölkerung „entgiftet“ werden soll, Verräter und „Propagandisten“ strafrechtlich belangt, und Menschen, die nach 2014 auf die Krim gezogen sind, ausgewiesen werden sollen. Die mildeste Strafe für eine Zusammenarbeit mit den Besatzern ist die Aberkennung des Wahlrechtes.

„Der russische Gauleiter-Abschaum auf der vorübergehend besetzten Krim ist in seinem hysterischen Z-Anfall zu weit gegangen – mal will er Kyjiw oder Odessa einnehmen, dann verfällt er dem sowjetischen Wahnsinn der ´Krim-Smersch´“, so Danilow in seiner Einleitung.

Unter dem Schlagwort „Krim Smersch“ wird auf der russisch besetzten Halbinsel Jagd auf Personen gemacht, die der Ukraine loyal sind. Unter Stalin bezeichnete man alle Geheimdienste, deren Aufgabe es war, Verräter zu enttarnen, als “Smersch“. “Für diesen Moskauer Müll“, so Danilow weiter in seinem Facebook-Post, „möchte ich in groben Zügen aufzeigen, wie die Deokkupation der Krim durch die Ukraine aussehen wird.“

Staatliche Renten entziehen

Insbesondere, so Danilow, müssten die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden das Verhalten von Beamten, Richtern, Staatsanwälten, Strafverfolgungsbeamten und anderen Personengruppen beobachten, die nach Februar 2014 für die russischen Besatzungsstrukturen gearbeitet haben. Auch Personen aus diesem Kreis, denen kein Strafverfahren drohe, müsste auf jeden Fall die staatliche Rente entzogen werden.

Der wahre Sieg der Ukraine ist ein Zerfall Russlands, sein Verschwinden als kohärentes Subjekt der Geschichte und Politik.

Olexi Danilow, Sekretär des ukainischen Sicherheits- und Verteidigunsrates

Unverzüglich die Krim verlassen, so der Danilow-Text, müssen alle russischen Staatsbürger, die sich seit Februar 2014 illegal auf der Halbinsel aufhalten. Sämtliche nach Februar 2014 geschlossene Verträge zu Wohnungen und Immobilien seien als ungültig zu werten.

Des Weiteren müsse Russland oder sein Rechtsnachfolger eine bedingungslose und vollständige Auslieferung aller Personen zusichern, die des Hochverrats und anderer Straftaten verdächtigt werden.

Danilow ist einer der wenigen ukrainischen Staatsbeamten, die bereits jetzt Überlegungen für die Zeit nach einem u­krainischen Sieg anstellen.

„Desubjektivierung russlands“

Russland darf in seiner jetzigen Form so nicht weiterleben, hatte Olexi Danilow am 11. Februar in der Online-Zeitung U­krainska Prawda analysiert. „Der wahre Sieg der Ukraine ist ein Zerfall russlands (Kleinschreibung im Original, Anm. d. Red.), sein Verschwinden als kohärentes Subjekt der Geschichte und Politik.“

Zu den ukrainischen Sicherheitsgarantien, so Danilow, gehörten die „Desubjektivierung russlands als staatliches Gebilde, die Dekolonisierung seiner Territorien, die Denuklearisierung und die Deputinisierung der Bevölkerung.“ Die Welt müsse sich an den Gedanken gewöhnen, dass Russland in den Grenzen und in dem Zustand, in dem es derzeit existiere, nicht überleben solle. „Eine ernsthafte Diskussion darüber, wie man die Demontage von russland sicher bewerkstelligen kann, ist angebracht.“

Wie fatal der Druck der Kriegsparteien auf ukrainische BürgerInnen zur Loyalität mitunter sein kann, zeigt das Beispiel des AKW Saporischschja. Wer dort mit den russischen Besatzern keinen Arbeitsvertrag unterschreibt, muss mit einem Verlust seines Arbeitsplatzes und Drangsalierungen rechnen. Wer dies aber tut, dem droht in der Ukraine ein Strafverfahren. In der Folge verlassen viele hoch qualifizierte ArbeiterInnen das AKW. Und das ist eine weitere Gefahrenverschärfung für das angeschlagene Atomkraftwerk.

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79 Kommentare

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  • Sieht man einmal von der rüden Sprache ab, dann scheint mir bei etwas näherer Lektüre (jedenfalls in den Auszügen der taz) und nüchterner Betrachtung der Inhalt des Facebook-Kommentar weitaus weniger dramatisch als es der Titel des Artikels suggeriert. Siehe auch Beitrag @vom 3. Stern

    Das springt v.a. dann ins Auge, wenn man die Forderungen von Danilow mit den Planungen und tatsächlichen Maßnahmen der Alliierten bzgl. Nazi-Deutschland bzw. der Befreiung der von diesem besetzten Territorien anschaut.

    In allen besetzten Gebieten wurden Kollaborateure bestraft, bisweilen hingerichtet, z. T. sogar ohne Gerichtsverfahren.

    Ich erinnere hier außerdem an Pläne zur Aufteilung Deutschlands www.bpb.de/themen/...ng-der-sieger/oder an den Morgenthau-Plan, der eine weitgehende Deindustrialisierung vorsah www.bpb.de/themen/...4/morgenthau-plan/ Tatsächlich durchgesetzt wurde bspw. die Zerschlagung Preußens als Land.

    Auch die Entnazifizierung war zumindest in ihrer Anfangsphase mit z.T. erheblichen Restriktionen verbunden, zu denen etwa in den Belastungsgruppen I, II und III auch Entlassungen, Vermögensstrafen und Verlust des Wahlrechtes gehörten.

    Davon abgesehen: Was Danilow hier als Privatmeinung von sich gegeben hat, gehört ohnehin in das Reich des Wünschens und Wollens, weil es keinerlei Realisierungsaussichten gibt. Wenn hier im Forum aber von Vernichtung oder einem neuen Generalplan-Ost schwadroniert wird, steht dies zumindest in der Maßlosigkeit der Formulierung der Sprache Danilows in nichts nach.

  • Kommentar entfernt. Bitte belegen Sie Ihre Behauptungen mit Quellen. Danke, die Moderation

    • @Elf:

      Ein weiser Kommentar!

      Es gibt sogar sehr viele Menschen in der Ukraine, die für sofortige Verhandlungen sind. Das Problem ist aber, dass es nicht so gut ins "Framing" des heroischen Kampf der Ukraine passt! Auch wenn ich das Bedürfnis nach einfachen "Wahrheiten" der Menschen hier im Westen verstehen kann, finde ich es schade, dass oft hier im Westen nicht differenzierter über die Ukraine berichtet wird.

      • @Alexander Schulz:

        Das stimmt, wirklich böse und undifferenziert dieser Westen. Wie gut, dass es RT gibt, nicht wahr?

        • @Fran Zose:

          Dieser Kommentar bestätigt ja nur meine These...

          RT ist eine Kathatrophe! Das kann doch kein Standart sein an dem sie sich orientieren wollen.

  • Ich weiß nicht bzw. kann nicht beurteilen, ob dieser 12-Punkte-Plan nur die Privatmeinung eines hasszerfressenen, revanchesüchtigen ukrainischen Politikers aus der zweiten Reihe ist oder ob er die offizielle Position der ukrainischen Führung beeinflusst oder sogar spiegelt. Ich hoffe nicht letzteres.



    Dass man die Krim zurückholen will, das hat Selenskyi ja unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, in diesem Plan Danilows enthüllen sich jedoch derart unappetitliche Details, die EU und NATO aufhorchen lassen sollten. Sie stehen der russischen Vernichtungsrhetorik gegenüber der Ukraine in nichts nach.



    Und man sage jetzt nicht, die Ukraine - als Opfer der russischen Aggression sowie der Vernichtungsabsicht Putins und der Seinen - entscheide (nach einem Sieg über Russland) einzig und alleine über das weitere Vorgehen.



    Die ukrainische EU-Mitgliedschaft ist ins Rollen gebracht worden (sogar mit Aussicht auf eine raschere Aufnahme als in anderen Fällen) und auch die NATO-Mitgliedschaft wird immer wahrscheinlicher. Damit wird der 12-Punkte-Krim-Plan Danilows zu unser aller Angelegenheit, wie es ja auch dieser Krieg inmitten Europas längst geworden ist.



    Ich erwarte nun klare, eindeutige Positionierungen und Vorschläge des Westens, wie man sich eine stabile nachhaltige europäische Friedensordnung/Sicherheitsarchitektur für die Zeit nach diesem russisch-ukrainischen Krieg vorstellt … und dass diese Debatte darüber nicht den Scharfmachern und Nationalisten überlassen wird. Von denen gibt es in Europa nämlich schon zu viele.

  • Ich traue mich definitiv, die Ukraine zu kritisieren. Als ersten Punkt fällt mir da die massive Korruption ein.

    Ihre Punkte kann ich jedoch in Teilen nicht nachvollziehen.

    "Kriegsdienst ist für Männer verpflichtend, Ausreise illegal."-



    Nennt man Generalmobilmachung. Ist in vielen demokratischen Staaten üblich.

    "Minister und leitende Beamte werden nach Gutwill des Präsidenten ausgetauscht." - Ist in vielen demokratischen Staaten und in den deutschen Bundesländern gesetzlich so vorgesehen.

    Auch im Land Berlin.

    Die Regierende Bürgermeisterin enennt die Senatoren und entlässt sie auch. Auch Staatssekretäre können ggf. wieder entlassen werden.

    Wird nur nicht so häufig praktiziert, weil es auf die Wählerschaft konzeptionslos und führungsschwach wirkt.

    Auf Bundesebene ist es anders geregelt, da stellt Deutschland aber aus historischen Gründen eine Ausnahme dar.

    Insofern verstehe ich die von Ihnen angenommene Entfremdung nicht.

    Das Völkerrecht ist eine Norm.

    Mit zunehmender Kriegsdauer verrohen die Protagonisten.

    Das ist nicht spezifisch ukrainisch, auch nicht spezifisch russisch.

    Mit zunehmender Verrohung ist man bereit, Normen zu brechen.

    Das ist ein Problem, mit dem auch viele EU-Staaten konfrontiert waren sind und sein werden, wenn sie Krieg führen.

    Das ist der EU also überhaupt nicht fremd.

    Anders ist der Fall gelagert, wenn es Vorschriften gibt, das Völkerrecht zu brechen.

    Zudem ist das Völkerrecht relativ kompliziert.

    Das Völkerrecht lässt erstaunlich viel zu.



    Geiselerschießungen, Erschießungen als Berstrafungsaktion, ... - das kann alles legitim sein.

    Das macht es dem Einzelnen nicht unbedingt leichter, die Grenze zu finden.

  • Die Situation ist offensichtlich etwas angespannt. Das ist sie auch in Kasachstan, Georgien und Moldawien. In Regionen Afrikas, in denen die Söldner Putins im Einsatz sind, wurde die UN-Menschenrechtskommission aus dem Land Mali entfernt.

  • Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob es sich bei diesem 12-Punkte-Plan um die schiere Privatmeinung eines ukrainischen, relativ hochrangigen Offiziellen handelt oder ob sich die ukrainische Führung insgesamt diese Vorschläge zu eigen machen wird.



    Meine persönliche Meinung dazu habe ich hier ja schon mehrfach gepostet. Die Äußerungen Danilows (sofern sie korrekt übersetzt wurden) lassen da an Deutlichkeit keinen Interpretationsspielraum zu.



    Und man komme jetzt nicht wieder mit dem Argument der Täter-Opfer-Umkehr - ja, die Ukraine ist das Opfer der russischen Aggression

  • Wieder mal ein ganz dummer Taz-Artikel, völlig substanzlos. Einfach mal googeln was Totalitarismus bedeutet. Putins Regime ist totalitär, sein Denken ist faschistoid, sein Vorgehen ist menschenverachtend. Putin ist eine Schande für die Gattung Mensch, er zeigt, wie gefährlich Menschen für diese Erde und seine Bewohner sein können. Die Ukraine wehrt sich nur verzweifelt gegen diesen seelenlosen Aggressor. Schade, dass die Taz hier so empathielos ist, sehr trauriger Artikel. (...)

    Kommentar gekürzt. Bitte formulieren Sie Ihre Kritik sachlich und konstruktiv. Danke, die Moderation

    • @Peter Stolz:

      Wünschenswert wären mehr Artikel dieser Art! Auch wenn Russland der Agressor ist und sein Vorgehen nicht zu endschuldigen ist, halte ich eine differenziertere Berichterstattung für wichtig! Inwiefern hilft denn Ihrer Meinung nach eine unpassende Glorifizierung der Selenski Regierung? Wäre es nicht hilfreiche sich ehrlich und offen mit der ukrainischen Regierung auseinanderzusetzen?

  • Die vorgeschlagenen Maßnahmen kann man kritisieren.

    Aber wo ist nun das Totalitäre?

    Hat da jemand mit der Überschrift etwas hochgegriffen?

    • @rero:

      Sehe ich auch so.

      Seit den #68-ern ist es zumindest bei den Linken Common Sense, dass die Entnazifizierung in DE + AT nicht so richtig geklappt hat. Verstehe ich das jetzt richtig, das die Vorschläge hier zur Entputinisierung der Ukraine den gleichen Linken zu weit gehen ? Was genau außer dem martialischen Tonfall ist hier denn so falsch ? Nochmal nachgelesen:

      (1) der Begriff "Desubjektivierung" klingt verschwurbelt, aber im weiteren Kontext - Dekolonisierung, Denuklearisierung und Deputinisierung - dann doch verständlich als Forderung nach Zerschlagung des putinistischen Mafiasystems, das sich den Staat zur Beute gemacht hat.



      Im Unterschied zur deutschen Entnazifizierung wird diese Zerschlagung wegen der Atomwaffen und Chinas Interesse an einem isolierten und somit langfristig weiterhin unterentwickelten Russland wohl kaum von außen (Ukraine, NATO, ...) gehen, sondern erst wenn die russische Bevölkerung sich gegen seine Unterdrücker erhebt. Und das wissen alle.

      (2) die Verfolgung der Mitläufer - hier wird man sicher zu geordneten Masstäben finden werden, die den Einzelfall berücksichtigen, in dem eine Befehlsnotlage ohne Möglichkeit der Flucht gegeben war, wie z.B. beim AKW Saporischschja. Der Rest ist Strafrecht: Mord, Diebstahl, Korruption, usw.



      Bezüglich der übrigen Forderungen bin ich sicher, dass die Erfahrungen mit der deutschen Entnazifizierung, lange genug kritisch evaluiert, und der aktuelle Werte- und Rechtsrahmen der EU, in die die Ukraine strebt, totalitäre Auswüchse verhindern werden.

    • @rero:

      Noch eine Zustimmung. Ich finde das von Danilow (eine einzige Person) Gesagte zwar ziemlich furchtbar, aber es ist doch wirklich eine offene Frage - und die hätte der Beitrag auch gerne mal wirklich aufgreifen dürfen - ob und inwieweit man eigentlich besser sein muss als der Gegner. Wenn Russland vertrieben und angesiedelt hat, muss man dann auf die "Rückabwicklung" verzichten? Muss man Offizielle im Amt lassen, die sich zu Handlangern eines Unrechtsregimes haben machen lassen? Da fällt mir ein: wie viele Juristen, Lehrer, Beamte etc. aus der ehemaligen DDR wurden eigentlich nach der Wiedervereinigung "nicht übernommen"? Da befürchtete man ja wohl inneren Unfrieden, aber darf die Ukraine nicht auch darüber nachdenken, wie sie nach möglichen Rückeroberungen vorgehen will? Mindestens solche Frage sind legitim, jeder darf dazu auch Ratschläge geben, aber bitte nicht von oben herab und mit überzogenen Ansprüchen.

    • @rero:

      Wie immer kommentieren hier die alten Bekannten, die sich seltsamerweise unter Artikeln, die eindeutig und unabweisbar Russlands Schuld, russische Verbrechen und Russlands Vernichtungswillen beweisen, nie melden. Unter Artikeln wie diesem hier betätigen sie sich begierig daran, Zweifel an der Ukraine bzw. an unserer Hilfe zu wecken. Alles, was irgendwie kritikwürdig sein könnte an der Ukraine, wird von ihnen nur zu gern kommentiert. Russische Greuel verurteilen sie dagegen nie. Zufall?

      Jeder weiß, wen ich meine.

      • @Suryo:

        Wie recht Sie haben; hier kommen sie alle wieder aus ihren Löchern gekrochen um nach den obligatorisch verdrückten Krokodilstränen für das Leid der Ukraine die immergleichen Aber-Sätze von sich zu geben und an Ende selbstgefällig festzustellen, dass die Ukraine keinesfalls besser als Russland ist wenn nicht gar nicht schlimmer. Es ist so erbärmlich….

    • @rero:

      Zustimmung.

      Zumal man gerade in diesem Konflikt, den Russland mit so vielen Lügen, also Worten, führt, besonders sorgfältig bei der Wortwahl vorgehen sollte.

  • Ja, ja, Krieg zerstört nicht nur Materielles, sondern auch Psyche und Geist...



    Ich mein, es ist nicht alles totaler Quatsch (z. B. eine grundsätzliche Prüfung von Richterverhalten auf der Krim ist absolut angemessen), aber hier platzen dann doch ein paar Phantasien auf, die eher unschön sind.

  • Finde ich jetzt alles nicht unverständlicher als damals die Überlegungen, Deutschland zu zerschlagen. Was ist daran totalitaer? Das wort passt doch gar nicht.

    • @Suryo:

      Haben die Menschen auf der Krim ähnliche Verbrechen wie Deutschland begangen??

  • Ich habe während der Annexion der Krim mit einer Institution dort in Simferopol zusammengearbeitet und erlebt, wie Ukrainer aus meinem Bereich nach sowjetischer Art entfernt wurden.

    Besagte Institution gehörte schon vor der Annexion zu den Befürwortern eines Anschlusses an Russland; schon zwei Tage vor der offiziellen Annexion wehte die russische Fahne auf dem Webauftritt, 2 Wochen hatten sich Mitarbeiter schon für Russland ausesprochen - der doppelt so hohen Renten wegen. Im Nachgang kann die Institution, mit der ich zusammenarbeitete, als ungemein gut informiert und als Speerspitze der Annexion gelten.

    Während der Annexion hatten alle Ukrainer mit uns ein Treffen in einem anderen Land. Wir mussten Ukrainer und Krim-Ukrainer trennen, damit sie sich nicht verprügelten. Zu der Zeit mochte der Osten den Westen nicht - aber bei der Annexion saßen sie alle an einem Tisch zusammen und die Krim-Ukrainer allein. Die Annexion war, so parasox es klingt, der Beginn der echten Nationenwerdung der Ukraine. Die Offiziellen auf der Krim aber waren Putin-Fans durch und durch; es war die Elite, die um Erbhöfe fürchtete.

    Zwei Wochen später begannen die Säuberungen. Ukrainischsprechende wurden entlassen. Wir versuchten sie zu halten unter dem Hinweis, dass sie unabdingar sind und es sonst kein Geld mehr gibt. Doch das hatte nur aufschiebende Wirkung.

    Der russische Minister versuchte, dass wir die Herrschaft Moskaus anerkennen. Gleichzeitig weigerte sich die Krim Demokratieziele, die sie vorher vertraglich beurkundet hatte, anzuerkennen.

    Letztlich hatten wir mit der Ukraine einen Vertrag und nicht mit Russland. Die Krim war vertragsbrüchig geworden, und dabei blieb es. Wir trennten uns einstimmig von ihr. Und mussten in den kommenden Monaten immer mehr erleben, wie ukrainisches Leben, Sprache, Kultur unterdrückt wurde und aus dem öffentlichen Leben verschwand.

    Was auf der Krim stattgefunden hat, dafür gibt es seit den Jugoslawienkriegen ein Wort: Ethnische Säuberung.

    • @rakader:

      Irgendwelche Kommentare zu diesen Tatsachen, O.F., Warum denkt keiner nach?, Abdurchdiemitte, Ein Freund der Erde?

      • @Suryo:

        Ich kann aus eigenem Erleben und aus dem Schriftverkehr mit russischen Ministerien bezeugen, dass Russland seit 2014 offiziell zivilgesellschaftliche Grundwerte wie Pluralismus, Pressefreiheit ablehnt und auf den Begriff "Zivilgesellschaft" geradezu allergisch reagiert.

        Wer einigermaßen mit Geschichte vertraut ist, wird anerkennen müssen, dass bei Rückkehr zu demokratischen Strukturen in Russland eine Art Entnazifizierung nötig sein wird.

        Russland hat sich schon vor Jahren vond en Grundwerten des Völkerrechtsverabschiedet - das zeigen allein schon die politischen Morde, wo Tiergarten oder Skripal nur ein Zwischenbild sind.

        Die Ablehnung des Völkerrechts durch Russland ist fundamental. Das durch Appeasement nicht gesehen zu haben, ist die große Verantwortung von Merkel, Obama und Holland und ihren Vorgängern. Die Zeit jetzt ist dafür ncoh nicht reif - die Diskussion um diese Fehleinschätzung wird abersehr sehr streng nach dem Krieg geführt werden müssen und ich prophezeie, dass Merkel, Steinmeier & Co danach in der Schmuddelecke der Geschichte landen werden, bei Kurt Georg Kiesinger.

      • @Suryo:

        Nun, wir haben ja keine Einschätzungen, ob die mit demokratischen Maßstäben unvereinbaren Vorstellungen Danilows zur “Reinigung” der Krim von russischen und pro-russischen Elementen der regierungsamtlichen ukrainischen Position entspricht. Insofern werde ich es auch tunlichst vermeiden, über das von Ihnen hingehaltene Stöckchen zu springen.



        Aber betrachtet man den 12-Punkte-Plan im Gesamtzusammenhang - also über die die Krim betreffenden Vorschläge hinausgehend -, so ergibt sich ein bedenklicher Einblick in ukrainische nationalistische und revanchistische Vorstellungswelten, die - wie gesagt - hoffentlich nicht Bestandteil offizieller ukrainischer Regierungspolitik (für die Zeit nach dem Krieg) werden. Das wäre nämlich im Hinblick auf einen wahrscheinlichen EU-Beitritt der Ukraine nicht ganz ohne Belang.



        Im übrigen verstehe ich nicht, weshalb Sie hier namentlich genannte Pappkameraden aufbauen (müssen): dass die Krim völkerrechtlich weiterhin Bestandteil der Ukraine ist, wird doch überhaupt nicht bestritten (jedenfalls nicht von mir) und es ist absolut nachvollziehbar, dass die Ukraine nicht bloss die seit dem 24. Februar von Russland besetzten Gebiete, sondern darüber hinaus auch die seit 2014 annektierten Territorien zurückerlangen will. Das ist durch geltendes Völkerrecht auch gedeckt. Punkt.



        (Und natürlich haben die Befürworter einer Verhandlungslösung argumentative Probleme, ihre Haltung angesichts der russischen Einstellung dazu zu begründen. Das spricht aber nicht grundsätzlich gegen die Erkenntnis, dass Diplomatie dem Krieg vorzuziehen ist und - angesichts der Schrecknisse des Krieges - auch Kompromisslösungen zuweilen ethisch gerechtfertigt sein können. Das ist mein eigentlicher Punkt).



        Darf ich im Gegenzug ein Statement Ihrerseits zu den von Danilow geäußerten Vernichtungsplänen gegenüber Russland und den geplanten Säuberungen auf der Krim nach einem ukrainischen Sieg erwarten?

  • “Der wahre Sieg der Ukraine ist ein Zerfall Russlands, sein Verschwinden als kohärentes Subjekt der Geschichte und Politik.”



    Wird mit solchen Aussagen das ukrainische Opfer dem russischen Aggressor nicht immer ähnlicher? Ich erinnere an die Vernichtungsrhetorik der russischen Offiziellen gegenüber der Ukraine.

    • @Abdurchdiemitte:

      Bei den russischen Offiziellen ging es um Vernichtung der Kultur.

      Dass Ukrainer sich wünschen, der übermächtige Nachbarstaat als größtes Land der Erde solle zerfallen und damit ungefährlich werden, erscheint Ihnen das nicht nachvollziehbar?

      Wenn man einer kasachischen Historikerin folgt und Russland/Sowjetunion als Kolonialstaat begreift:



      Ist es wirklich ungewöhnlich, wenn Kolonialisierte den Zerfall des Kolonialstaates wünschen, um nie wieder bedroht werden zu können?

      Oder werden sie damit dem Kolonialstaat ähnlicher?

      www.berliner-zeitu...her-sind-li.320550

      Nicht immer hilft Täter-Opfer-Umkehr und Äquidistanz wirklich weiter, um eine Situation nachzuvollziehen, meine ich.

      • @rero:

        Ich nenne es Revanchismus … und ja, auch die Opfer bzw. Verlierer militärischer Auseinandersetzungen sind davor nicht gefeit. Ich erinnere an den deutsch-französischen Krieg 1870/71 und die (späteren) Folgen für ganz Europa.



        Aus Danilows 12-Punkte-Plan spricht jedoch ganz klar der Geist dieses Nationalismus und Revanchismus (und ich behaupte nicht, dass das die offizielle ukrainische Haltung spiegelt, befürchte aber eine weitere Verhärtung der Fronten, je länger der Krieg andauert).



        Dass die Erbfeinde Deutschland und Frankreich nach 1945 gute Beziehungen aufbauen konnten, lag an dem Willen der europäischen Gemeinschaft, Deutschland - trotz der schrecklichen Verbrechen des NS - in den Westen zu integrieren (ein Werk de Gaulles und Adenauers). Dass zwischen Polen und Deutschland normale nachbarschaftliche Verhältnisse einkehren konnten - und Polen heute nicht mehr befürchten muss, unter die “Räuber” zu fallen wie schon mehrfach in der Geschichte - hängt an der mutigen Entspannungspolitik Willy Brandts in den 70er Jahren. (und wenn Sie es unbedingt hören wollen, sage ich auch, es hängt zudem an der NATO-Mitgliedschaft Polens nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Die NATO hat allerdings nichts mit Nationalismus und Revanchismus zu tun, oder?)

      • @rero:

        es ist ja auch völlig richtig, dass russland zu großen teilen als Kolonialstaat entstanden ist, bis heute ja ist es vielvölkerstaat mit einer großen diversivizät in sprachen und religionen, auch wenn die große Mehrheit russisch ist.

        Nur aber weil Russland als Kolonialstaat entstandt, heißt das noch nicht dass eine zerschlagung richtig oder gut wäre. Auch wenn der Wunsch der Ukraine danach, angesichts der bedrohungslage selbstredent verständlich ist.

        Zum vergleich: Deutschland ist ebenfalls ein nationalisierter Kolonialstaat, und nein damit meine ich nicht das 19te & 20te Jahrhundert. Sondern viel eher, die Zeit vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Das christlich katholisch Lateinisch geprägt deutschland, dass aus der spaltung des Karolinischen Reiches hervorging, breitete sich vergleichbar mit dem Russischen Zaren reich immer weiter nach osten aus. Unterwarf die slaven im heutigen Brandenburg und Sachsen, die heidnischen Preussen, und viele mehr. Auch heute noch leben ja Sorben in Deutschland als minderheit, mein Urgroßvater war auch einer. Zeitweise reichten die deutschen Siedlungen ja bis Lemberg (Lwiw) Transsylvanien (siebenbürgen) und Litauen. Sogut wie alle größeren Städte im westlichen und mittleren Osteuropa wurden nach Magdeburger stadtrecht gegründet. Die Gegenden Östlich des Rheins bzw. der Elbe, haben ihre nicht "deutsche" Identiät heutzutage kaum noch merklich. Kaum jemand würde aber wegen dieser Geschichte die Dekolonisierung der Ukermark fordern.

        Selbiges gilt übrigens für das UK, wo waliser, Bretonen, Schotten und viele mehr gewaltsam kolonisiert und in das Reich integriert wurden.

    • @Abdurchdiemitte:

      Jedenfalls muss die russische Propaganda mal nichts erfinden. Sie muss nur auf den Plan verweisen. Ein unnötiges Geschenk...

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Da ist doch wohl tatsächlich der ukrainische EU-Aufnahmeantrag geleakt worden.

  • Strategist auf Facebook... wird als ungewollter Propagandist für Putin?

  • Das sind martialische Töne, die sowieso nicht Realität werden, zumindest nicht was die "Desubjektivierung" Russlands betrifft. Und wenn die Ukraine schlau ist, geht sie bei allem anderen auch mit Augenmaß vor. Das werden die Länder hier im Westen, die das Geld haben, mit Sicherheit auch einfordern. Zuerst muss aber mal die Ukraine wieder vollständig unter die Kontrolle der gewählten Regierung...

  • Ein Rechtsstaat muss sich daran messen lassen wie er mit seinen Feinden umgeht. Wenn diese Pläne so umgesetzt werden dürfte ein EU Beitritt in weite Ferne rücken.

    Auch wenn die Wut grundsätzlich verständlich ist.

    • @CrushedIce:

      Verräter und Kollaborateure mit einem Feind, der einen vollständig vernichten will und die ihm helfen, schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen, bzw. sie aktiv selbst begehen, sind dann vielleicht doch noch etwas mehr als nur "Feinde des Rechtsstaates."

  • Ich denke da führt kein Weg daran vorbei:



    an einer grundsätzlichen Änderung der Verhältnisse in Russland:



    - zwischen Staat und Gesellschaft (politolog. state - society-relations),



    - dem Staatsverständnis, den Wegen der Legitimation von Regierung und der - Kultur, die zurück zu Selbstbestimmung (self ownership) und zu einer modernen Freiheit der Gestaltung führt.



    Die letzten Jahrzehnte würde in Russland kulturelle Schrumpfung, Angst, Leise-sein, Opportunismus und Hass auf Abweichler eingeübt. Zur Belohnung der Stolz auf die Größe der Nation / des Reichs.



    Solches Herrschaftsverständnis trampelt nur auf den Einwohnern Russlands und Osteuropas herum.



    Ich fordere Gleichbehandlung für alle: keine Diskriminierung von Roma (Ukr, Slowak, Rumän), kein Patriarchat - und die Regierungen im Baltikum, in Polen und Georgien sollen aufhören Nationalismus mit Nationalismus zu vergelten.



    Aber schauen Sie: 250 Jahre Aufteilung Polens zw. Deutschland und Russland. Das sagt der Taschenrechner: die Fläche Russlands geteilt durch die Fläche Polens = 54mal.



    Nennen wir es Dezentralisierung.



    Abkommen: Disziplin der Äußerungen von ukrainischer Seite - im Gegenzug Disziplin der Äußerungen von deutscher Seite (Varwick, Hunko, W Merkel usw.)



    Freundliches Interesse an den podcasts von Ljudmyla Melnyk (IEP memo Berlin, nicht verwandt mit A.Melnyk).



    Massenmord stoppen. Danke.

    • @Land of plenty:

      "Abkommen: Disziplin der Äußerungen"



      Allein der Gedankenansatz zu derartigem widerspricht allem, was man so zu Meinungs- und Gedankenfreiheit sagen könnte.



      Sollten Sie glaub ich nochmal drüber nachdenken.

    • @Land of plenty:

      "Abkommen: Disziplin der Äußerungen von ukrainischer Seite - im Gegenzug Disziplin der Äußerungen von deutscher Seite (Varwick, Hunko, W Merkel usw.)"



      Sie vergleichen hier die Äußerungen von Vertretern des ukrainischen Staates mit den Äußerungen von Privatpersonen. Das gleichzusetzen und gleichermaßen eine verordnete Mäßigung zu fordern, ist ein eher putinsches Verständnis von Meinungsfreiheit.

      • @Agarack:

        "Privatpersonen"? Alle diese Leute sind Politiker oder Wissenschaftler und haben - wie Sie - Verständnis für den Angreifer.

        • @Land of plenty:

          Sie sind Politiker und Wissenschaftler, aber keine hochrangigen Repräsentanten des deutschen Staates. Darauf kommt es an, wenn es um die Meinungsfreiheit geht. Hunko ist nicht mal Beamter. Ich bleibe dabei: Die "Disziplin der Äußerungen" als Teil eines "Abkommens" zu werten, könnte so auch von Putin kommen.

          Und mir Verständnis für den Angreifer vorzuwerfen, ist billig und substanzlos.

  • Der Westen hat nicht das Ziel Russland zu "vernichten". Die Ukrainer können Russland nur standhalten weil der Westen sie unterstützt. Wenn die Ukrainer mehr als ihr Staatsgebiet unter ihre Kontrolle bringen wollen und Aggressionen gegen Russland ausüben wird der Westen das niemals geschlossen unterstützen. Das wäre das Ende der Ukraine. Zudem machen diese Aussagen, geplante Rachejustiz, Folter oder andere Verbrechen durch die Ukrainer einen NATO oder EU Beitritt unwahrscheinlicher und bedrohen deren Zukunft. Ich hoffe das unsere Politiker das in Kiew auch deutlich gemacht haben.

    "Dekolonisierung seiner Territorien, die Denuklearisierung und die Deputinisierung der Bevölkerung." Klar, russische "Kolonien" wie Weißrussland, Teile von Georgien und die Krim sollten schon irgentwann befreit werden. Nukleare Abrüstung ist auch gut und eine Abkehr der russischen Kultur vom Führerkult wäre wünschenswert. Darüber nachzudenken wie wir das begünstigen können ist sicher kein Totalitarismus.

  • Das ist jetzt wenig überraschend, ehrlich gesagt. Ich hoffe, dass die Leute, die immer wieder auf einer Schwarz/Weißen Sicht auf diesen Krieg beharren, zumindestens ein wenig ins Grübeln kommen. Die Ukraine mag in diesem Krieg grundsätzlich im Recht sein, aber zu "den Guten" macht sie das nicht. Und mal ganz am Rande: Wer verbal die Beseitigung von "Müll" fordert und damit seine unloyalen Mitbürger*innen meint, der ist, denke ich, von Bandera-Gedankengut nicht sehr weit entfernt.

    Entscheidend ist, dass dieser Krieg endet, aus meiner Sicht auch im Interesse der Ukraine. Ein längerer Krieg nützt auch dort vor allem den Hardlinern. Und wer die "Demontage von Russland" fordert, hat aus meiner Sicht, verzeihung, nicht alle Tassen im Schrank.

    • @Agarack:

      Sagen Sie doch einfach, dass die Ukraine unsere Hilfe nicht verdient habe. Das meinen Sie schließlich.

      Alles, was in diesem Krieg getan oder gesagt wird, ist letztlich Russlands Schuld. Denn Russland hat ihn ganz allein begonnen.

      Das ist eine Tatsache. Kein „Schwarz-weiß-Denken“. Im übrigen: es gibt schwarz und weiß.

    • @Agarack:

      Auch ich wünsche mir, dass dieser Krieg im Interesse der Ukraine endet, wie Sie es formulieren. Ich wünsche mir zugleich, dass mit diesem Krieg der Hass und die Vernichtungsrhetorik endet, auf beiden Seiten und auch bei uns.



      Die geschlagenen Wunden sind jedoch tief und es wird ein langer Weg zurück, bis Frieden und Verständigung erreicht werden, wenn die Waffen eines Tages schweigen sollten. Und mit jedem Tag, den dieser Krieg andauert und seine Opfer fordert, wird die Verhärtung größer.



      Ich habe in einem anderen Post geschrieben, dass der Krieg auch demokratische Staaten und Gesellschaften verändert und das nicht unbedingt zum Positiven. Das geschieht schleichend und oft unbewusst, weil der Feind ja stets das genaue Gegenbild der Ideale verkörpert, an die man selbst glaubt und die man eigentlich verteidigen möchte. Am Ende steht dann möglicherweise der Bankrott dieser eigenen Ideale, wenn wir nicht gut aufpassen.

    • @Agarack:

      Richtig. Danilow's Botschaft ist nicht hilfreich, egal an wen gerichtet wird: Ukrainer, Russen, Westen oder Osten...

    • @Agarack:

      Dass das Mist ist, was der gute Mann abdrückt, steht außer Frage. Und es ist auch nicht der erste Mist, den die ukrainische Führung so verzapft: Säuberungen des Staatsapparats von Gegnern Selenskys, Verbot prorussischer Parteien, eine kulturelle Säuberung des Landes ...



      Aber wir unterstützen die Ukraine nicht, weil sie die Guten sind; das sind andere auf der Welt in selbemMaße und wir lassen sie am langen Arm verhungern. Wir unterstützen die Ukraine, weil das in unserem Interesse ist.

      • @Libuzzi:

        In "unserem" Interesse? Meinen Sie die Interessen der oberen Zehntausend, die vortrefflichst Geschäfte machen? Konsortien, die Land dort kauft in Quadratkilometern, dutzend- und hundertfach? Die Interessen der von Lobbyisten vertretenen Unternehmen aus sämtlichen Bereichen wie Energie, Pharma, Rüstung? Meine Interessen sind das nicht, absolut nicht. Und solange Krieg ökonomische Gründe hat und dafür die Leute bluten müssen, Generationen an Soldaten verheizt und Heime zerstört werden, nehme ich die Mär von Demokratie, Menschenrechten und was noch dort heldenhaft verteidigt werden soll nicht an.

    • @Agarack:

      Nun unsere französischen Nachbarn haben viele Kollaborateure ohne großes Aufleben einfach erschossen.

      Die Ideen die hier vorgeschlagen werden, würden bei uns nicht anders umgesetzt werden:

      - Verurteilung aller Straftäter,



      - Abschiebung aller sich illegal aufhaltenden



      - Aufhebung aller Rechtsakte die in der Besatzungszeit stattfanden.

      Die Rhetorik ist scharf, aber im Vergleich was so von russischer Seite kommt harmlos.

      • @Machiavelli:

        “Nun unsere französischen Nachbarn haben viele Kollaborateure ohne großes Aufleben einfach erschossen.”



        Super Idee, wirklich! DAS sollten wir der ukrainischen Führung unbedingt noch empfehlen! Ich bin immer wieder aufs Neue sprachlos-fasziniert ob Ihrer bestechenden Argumentation.

        • @Abdurchdiemitte:

          Man sollte das Ganze halt im Kontext sehen. Mit Kollaborateuren wird nie zimperlich umgegangen, das sie vor Gericht gestellt werden sollen daran ist nichts auszusetzen.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob die Kritik in diesen Fall an Danilow gerichtet werden sollte; dem Angegriffenen kann man seine Wut kaum zum Vorwurf machen. Das Problem ist eher, dass sich nicht wenige Menschen hier im sicheren Deutschland die Perspektive des unmittelbar angegriffenen zu eigen machen und dabei jede Hemmung fallen lassen; man muss - in Foren und in Artikeln - Tag für Tag Dinge lesen, die noch vor zwei Jahren undenkbar gewesen wären: Pauschaler Hass auf Russland und alles Russische, Vernichtungsphantasien, übelste Diffamierung auch geringfügig abweichender Meinungen ("Lumpenpazifisten") - die Mitte radikalisiert sich und merkt es nicht einmal. Natürlich kann und muss man den Überfall auf die Ukraine verurteilen, aber das geht auch, ohne darin einen fast schon religiösen Endkampf zwischen Gut und Böse zu sehen, in dem für Grautöne und Kompromisse kein Platz mehr ist.

    • @O.F.:

      Seit wann stören sich Russlandversteher an Vernichtungsphantasien, pauschalem Hass und Kriegsbegeisterung?

      • @Suryo:

        Gutes Negativ-Beispiel. Ist das ironisch?

        • @KnorkeM:

          Realistisch.

    • @O.F.:

      Man wurde hier schon als russophob bezeichnet, wenn man Mord, Folter, Vergewaltigung und Menschenraub nicht gut findet, und als Kriegstreiber bzw Sofakrieger, wenn man der Ukraine ihr Rexht auf Selbstverteidigung zugestanden hat.



      Die ganze Debatte bei uns ist polarisiert und vergiftet. Daran haben die selbsternannten "Friedensfreunde" erheblichen Anteil. So gesehen ist die Situation ernst, aber das Geheule der Putinfans ist unangebracht.

    • @O.F.:

      "Pauschaler Hass auf Russland und alles Russische, Vernichtungsphantasien, übelste Diffamierung auch geringfügig abweichender Meinungen ("Lumpenpazifisten") - die Mitte radikalisiert sich und merkt es nicht einmal."

      Ich weiß ja nicht auf welchen Foren Sie so unterwegs sind, aber "Hass auf Russland" kombiniert mit "Vernichtungsphantasien"? Hier, an unserem kleinen Stammtisch? Ich will nicht meine Hand für jeden verwirrten Spinner ins Feuer legen, aber dass das nun sozusagen der Grundtentor der öffentlichen Debatte sei, verzerrt die Realität doch grotesk.

      Auch die angeblich radikalisierte Mitte fordert in ihrer breiten Mehrheit nichts anders, als das, was das Völkerrecht jedem angegriffenem Staat zubilligt und was auch nach einem breiten ethischen Verständnis gerechtfertigt ist: das Recht auf Selbstverteidigung.

      Den von Sascha Lobo aufgebrachten harschen Begriff vom Lumpenpazifismus muss man sich nicht zu eigen machen, aber er kritisiert damit ja nicht zu Unrecht jene Pazifisten, die von anderen Ländern de facto die Unterwerfung fordern, aber die Konsequenzen dieser Unterwerfung selber nicht ausbaden müssen.

      Ich bin immer für Zwischentöne zu haben, aber wie manche, die sich selbst als Pazifisten verstehen, versuchen, die Unterschiede zwischen Angreifer und Verteidiger ystematisch zu verwischen, ist schon schwer erträglich. Und es gibt ja leider, auch in diesem Forum, gerade von dieser Seite eine aggressive Kritik ausschließlich an der Ukraine, die jegliche Maßstäbe vermissen lässt (ganz abgesehen vom tumbem Antiamerikanismus, der AfD und Teile der Linkspartei so innig verbindet).

      • @Schalamow:

        Danke, gut dargestellt. O.F. hat sich entweder im Forum geirrt, oder labelt sachliche, berechtigte Kritik an seinen Positionen bewusst als "Diffamierung".

      • @Schalamow:

        Danke! Sie sprechen mir aus dem Herzen.

    • @O.F.:

      Danke! Sie sprechen mir aus dem Herzen.

      • @Abdurchdiemitte:

        Mir auch.

  • Der Ärger der Ukrainer ist berechtigt. Natürlich wünschen Sie den Untergang Russlands und man muss ihnen zustimmen. Russland wird so lange es besteht eine Bedrohung sein, die sich die Welt nicht leisten kann.

    • @MikeyBln:

      das ist Unsinn, auch in Russland werden sich die Dinge hoffentlich irgendwann wieder ändern

    • @MikeyBln:

      Was ist denn mit Deutschland geschehen, nach dem Ende der Nazi-Diktatur und der zivilisatorischen Katastrophe der Shoa? Vernichtung? Untergang?



      Hatte man beispielsweise in Frankreich oder Polen je geglaubt, einst normale, sogar freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland pflegen zu können?



      Meine Tochter hat im Rahmen ihres FSJ über Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste gemeinsam mit polnischen Schülern und Studenten in den polnischen KZ-Gedenkstätten gearbeitet … für die junge Generation Europas ist das Gottseidank selbstverständlich (nur die Alten haben da zuweilen noch so ihre Probleme) und ich möchte, dass das so bleibt und die Jüngeren nicht noch einmal durch Hass und Nationalismus vergiftet werden.



      Warum sollte das eines Tages nicht zwischen Russen und Ukrainern möglich sein?

      • @Abdurchdiemitte:

        Übersehen Sie da nicht etwas?

        Versöhnung setzt Einsicht voraus. Die Entwicklung in Russland geht aber schon seit langem in die entgegengesetzte Richtung, Stichwort Stalin-Renaissance oder Verbot von Memorial, ganz zu schweigen von der wiederbelebten grossrussischen Ideologie und ihrem imperialen Wahn.

    • @MikeyBln:

      Komisch, mir fällt zu Ihren Äußerungen eine historische Parallele ein, aber ich komm gerade nicht drauf, helfen Sie mir auf die Sprünge?

      • @Agarack:

        Auf die naheliegendste Parallele, nämlich die vom heutigen faschistischen Russland zum damaligen faschistischen Deutschland, kommen Sie natürlich nicht.

      • 3G
        32051 (Profil gelöscht)
        @Agarack:

        Das weiß ich auch nicht, was Ihnen da einfällt 😕

      • @Agarack:

        Putin?

  • Klar, die volle Wut im Bauch bei den Ukrainern. Im Grunde volles Verständnis. Mußte eben an Obama denken und an dessen sinngemässen Satz, dass Russland so bedeutungslos ist wie ein australisches Buschcamp. Da hatte er ja Recht, dumm nur, dass die Wilden im Kreml über Atomwaffen verfügen. Und ich denke, an der Krim würde oder wird sich dann die Eskalation entzünden.

  • Das ist Krieg nicht ein Silvesterfeuerwerk in Berlin. Dass sich dabei in Äußerungen überstürzt wird ist klar. Hoffentlich behält die Führung einen klaren Kopf.

    • @MontyTonty:

      "Hoffentlich behält die Führung einen klaren Kopf."

      Zumindest beim einem scheint das nicht der Fall zu sein...

  • Wird Herr Danilow für die diesen "Plan" von Putin bezahlt?

  • Mit solchen Vorstellungen haette es das Deutschland der Nachkriegszeit wohl kaum jemals bis zu einem Wirtschaftswunder geschafft.



    Die Entnazifizierung Deutschlands war zwar halbherzig, aber eben das war in einigen Dingen der allgemeinen Entwicklung foerderlich.

    Ich glaube nicht, das es zu einer Eroberung der Krim kommen wird.



    Bevor das passiert, duerfte Russland wohl zum aeussersten greifen :



    Atomwaffen.

    Sollte das, was da oben geschrieben steht, ernst gemeint sein und in der Tat durchgesetzt werden, wird bewahrheitet sich alles, was ueber die Demokratie in der Ukraine vor dem Krieg gesagt wurde :



    Teilweise Frei. Und nicht etwas frei...



    Oder schlimmeres.

    Ich kann mir nicht vorstellen, das irgendwer auf der Krim seit 2014 jedgliche Zusammenarbeit mit russischen Behoerden verweigert hat.



    So gesehen waere wohl fast jeder dort zu entrechten.



    Nicht gut fuer einen EU - Bettritt....

    Im ueberigen frage ich mich, was - nach dem Krieg - die ukrainische Bevoelkerung mit ihrer Regierung machen wird.

    Die von "Diener des Volkes" im Windschatten des Krieges umgesetzen Arbeitsmarktreformen haben einige Sprengkraft.



    Genug, um Selenski wieder zum TV - Clown zu degradieren.

    • @land_der_lemminge:

      "Mit solchen Vorstellungen haette es das Deutschland der Nachkriegszeit wohl kaum jemals bis zu einem Wirtschaftswunder geschafft."



      Nun, solche Vorstellungen gab es durchaus. Es gab starke Stimmen, die Deutschland auf ein reines Agrarland zurückwandeln wollten. Dass es anders kam, ist nicht zuletzt dem anstehenden kalten Krieg zu verdanken, in dem (West-)Deutschland als Prellbock gegen die Sowjetunion gebraucht wurde.



      Ironie der Geschichte...

    • @land_der_lemminge:

      Nachkriegszeit - so weit sind wir noch nicht.

      Russland braucht ene schmerzhafte Niederlage und einen Systemwechsel. Sonst geht der Krieg weiter. Der 24.2.2022 war leider kein singuläres Ereignis.

      Krimbewohner: warum sprechen Sie (implizit) den Deportierten, Vertrienenen und Inhaftierten ihr Heimatrecht ab?

      Was arbeiten Sie sich auf so abschätzige Weise am ukrainschen Präsdenten ab?



      Genau so wünsche ich mir den kleinen Psychopathen mit dem grossen Tisch in irgendwelche Petersburger Hinterhöfe. Er würde dort erheblich weniger Schaden anrichte. Er könnte keinen Tod und kein Elend und Verderben über die Welt bringen. Schlimme Vorstellung für Sie?

  • Es ist ein absoluter Wahnsinn, was in der Ukraine geschieht. Ich hoffe sehr, dass dort bald wieder Frieden einkehren kann. Das Leid ist unbegreiflich.

  • Oha, wenn das so ist und von der ukrainischen Führungsspitze geteilt werden sollte. Das ist keine Lösung, wir Menschen auf der Welt müssen mit Russland leben, ob wir wollen oder nicht. Wir können doch nicht alle eines Landes verweisen, die uns nicht genehm sind bzw. ihre Bezüge kürzen ... So sehe ich das. Denn wir müssen mit vielen Menschen leben, die uns nicht sympathisch sind bzw. merkwürdige Ansichten zu haben scheinen. Müssen einen Umgang finden.



    Persönlich habe ich es befürchtet angesichts der Eskalationsspirale.

    • @Xyra:

      "Wir können doch nicht alle eines Landes verweisen, die uns nicht genehm sind bzw. ihre Bezüge kürzen " Wer kein Aufenthaltsrecht hat wird ausgewiesen, die Ansiedelung von Bevölkerung in besetzen Gebieten ist verboten daher legitim.



      Die Ukrainer die mit Russland kollaboriert haben haben sich strafbar gemacht da verlieren auch Deutsche Beamte schnell mal die Pension. Alles auf dieser Liste würde die BRD genauso machen.

    • @Xyra:

      Die Tatsache, dass Russland die Ukraine überfallen hat und unzälige Menschen getötet, würde ich nicht als Eskalationsspirale bezeichen.

      • @Algernoon:

        Der Ueberfall vor einem Jahr war doch schon eine Eskalation des bis dahin schon 8 Jahre andauernden Krieges.