Streit um Schutz für Geflüchtete: Nächste Runde in der Asyldebatte

Markus Söder und Christian Dürr fordern, subsidiären Schutz für Geflüchtete abzuschaffen. Warum das kritisiert wird – und nix ändern würde.

Markus Söder, CSU-Vorsitzender, nimmt in der CSU Parteizentrale nach der Europawahl an einer Pressekonferenz teil.

Fordert den subsidiären Schutz zumindest für Personen aus Afghanistan und Syrien abzuschaffen: Markus Söder Foto: Sven Hoppe/dpa

BERLIN taz | Nach Bayerns Ministerpräsident, Markus Söder (CSU), rüttelt nun auch die FDP am subsidiären Schutz für Geflüchtete. Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Bundestag, Christian Dürr, forderte eine Debatte darüber, ob das Konzept „in dieser Form noch zeitgemäß ist.“ Linke und SPD kritisierten den Vorstoß scharf.

Dürr hatte der Funke Mediengruppe gesagt, es brauche mehr Ordnung in der Asylpolitik. Zur Debatte um den subsidiären Schutz sagte er: „Das kann Brüssel konkret ändern. Die Menschen erwarten zu Recht, dass wir uns mit diesen Fragen beschäftigen.“ Grundlage des subsidiären Schutzes ist die EU-Qualifikationsrichtlinie von 2004. Ein Vorstoß zur Änderung müsste von der EU-Kommission ausgehen.

Söder hatte in der vergangenen Woche gefordert, den subsidiären Schutz zumindest für Personen aus Afghanistan und Syrien abzuschaffen. Hintergrund war der mutmaßlich islamistische Messerangriff eines Afghanen in Mannheim, bei dem ein Polizist getötet wurde. Söder bezeichnete den subsidiären Schutz als „eine Art Blankoscheck“, und weiter: „Das heißt, praktisch jeder, der von dort kommt, wird als quasi verfolgt eingestuft.“ Das sei „ein Fehler.“

Tatsächlich muss – anders als beim vollen Flüchtlingsschutz – keine gezielte Verfolgung drohen, damit eine Person subsidiären Schutz erhält. Es genügt, wenn ernsthafter Schaden droht. Dabei geht es vor allem um die Gefahr, als Zi­vi­lis­t*in Opfer eines Kriegs zu werden, gefoltert zu werden oder zum Tode verurteilt zu werden. Das trifft auf praktisch jede geflüchtete Person aus Syrien und Afghanistan zu. Ein Blankoscheck ist der subsidiäre Schutz dadurch aber nicht. Jeder Antrag wird einzeln geprüft.

„Demontage zivilisatorischer Errungenschaften.“

Von den rund 135.000 Personen, die letztes Jahr in Deutschland Schutz erhielten, fielen rund 71.000 – also über die Hälfte – unter subsidiären Schutz. Rund 43.000 bekamen Asyl oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, etwa 21.000 ein Abschiebeverbot.

Die Vorstöße, den subsidiären Schutz abzuschaffen, stießen am Mittwoch auf Kritik. Der asylpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Hakan Demir sagte der taz: „Menschen, die vor Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bürgerkrieg fliehen, brauchen Schutz.“ Dafür gebe es in Deutschland den subsidiären Schutz: „Ich wüsste nicht, wie wir das ändern sollten, ohne unsere Werte zu leugnen.“

Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sprach von einem „weiteren schamlosen Angriff auf elementare Rechte geflüchteter Menschen“ und der „Demontage zivilisatorischer Errungenschaften.“ Der FDP gehe es darum, „das gesellschaftliche Klima noch weiter nach rechts zu verschieben“, so Bünger zur taz.

Wiebke Judith, Rechts-Expertin bei Pro Asyl, nannte die Debatte eine „überflüssige und gefährliche Diskussion“, mit der Stimmung gegen Geflüchtete gemacht werde. „Der subsidiäre Schutz wurde entwickelt, weil bestimmte Personen zwar nicht die Kriterien für Flüchtlingsschutz erfüllen, eine Abschiebung aber buchstäblich Lebensgefahr oder Folter bedeuten würde,“ sagte Judith der taz. Sollte der subsidiäre Schutz abgeschafft werden, würden ohnehin Abschiebeverbote greifen. Im Ergebnis würde sich lediglich der rechtliche Status der Geflüchteten verschlechtern. „Das macht Integration noch schwieriger, da hat niemand etwas von.“

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