Beziehung des Berliner Bürgermeisters: Wo die Liebe Grenzen hat

Kai Wegner und Bildungssenatorin Günther-Wünsch sollen ein Paar sein. Ihre Ämter machen aus einer privaten eine politische Angelegenheit.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch

Blumen für Günter-Wünsch zum Amtsantritt Foto: Maurizio Gambarini/imago

Kai Wegner (CDU) liebte eine Frau, jetzt liebt er mutmaßlich eine andere. Ende Dezember wurde bekannt, dass Wegner und Kathleen Kantar sich im September nach neun Jahren Beziehung getrennt haben. Nun gibt es Gerüchte über eine neue Liebesbeziehung. So weit, so unspektakulär. Denn so modern sind wir als Gesellschaft mittlerweile dann doch, dass wir akzeptiert haben, dass man mehr als eine Partner_in im Leben haben kann.

Brisant ist die Nachricht, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin nun eine neue Frau liebt, weil es sich angeblich um die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (ebenso CDU) handelt. Das berichteten verschiedene Medien, zuerst die Bild und die B. Z. Die beiden Politiker_innen haben die Beziehung bislang weder dementiert noch bestätigt, auf Presseanfrage ließ der Regierende Bürgermeister durch einen Anwalt auf seine Privatsphäre verweisen.

Doch wenn ein Regierender Bürgermeister mit einer Senatorin liiert ist, wird aus einer privaten Angelegenheit eine politische. Auf juicy Details von der Romanze hat natürlich niemand ein Anrecht, doch in manchen Fragen schulden die beiden CDU-Politiker_innen Transparenz.

Er wollte die „Powerfrau“

Seit April 2023 sind Wegner und Günther-Wünsch im Amt. Schon im Wahlkampf für die Wiederholungswahl des Abgeordnetenhauses hatte er sie als Wunschkandidatin für den Bildungsposten, als „Powerfrau“ und „absolute Expertin“ bezeichnet. Um auszuschließen, dass er sie protegiert hat, ist zum Beispiel der Zeitpunkt relevant, an dem die beiden sich verliebt haben.

Doch selbst, wenn die Romanze frischer ist, stellen sich unbequeme Fragen, denn Wegner ist gegenüber den Senatsmitgliedern weisungsbefugt. Als Senatorin in seinem Kabinett ist sie ihm unterstellt und von seiner Politik betroffen. Und wer weiß schon, was die beiden aushandeln, wenn sie zu zweit sind. Wird beim Candelight-Dinner nur über den Filmauswahl für den Abend diskutiert oder auch einmal der ­Landeshaushalt? Und hat Wegner nicht erst kürzlich mehr Geld vom Bund für die Bildungsressorts ­gefordert?

Beziehungen am Arbeitsplatz sind nichts Besonderes – fragen Sie mal meine Kolleg_innen. Und auch in der deutschen Politik kommen sie häufig vor. Selbst wenn keine direkte Abhängigkeit besteht, wird das Paar kritisch beäugt von Genoss_innen, politischen Gegner_innen, Medien und der Öffentlichkeit. Denn es geht um mögliche Interessenkonflikte, gefährliche Machtkonzentration und Politik, die am Küchentisch ausgehandelt wird.

Keine Regeln, freie Liebe?

Reguliert sind Liebesbeziehungen in der deutschen Politik im Gegensatz zur Wirtschaft aber nicht. Immer mehr Unternehmen in Deutschland führen Compliance-Regeln nach dem Vorbild der USA ein. Dort müssen Beziehungen am Arbeitsplatz offengelegt werden. Wenn hierarchische Unterschiede bestehen oder in der gleichen Abteilung gearbeitet wird, führt das oft zu Versetzungen oder auch Entlassungen. Das ist oft ein nötiger Schritt.

Denn selbst wenn Wegner und Günther-Wünsch künftig transparent mit ihrer Beziehung umgehen und sie Privates und Berufliches streng voneinander trennen würden, wird die Gerüchteküche ihre Arbeit erschweren. Vor allem wird Günther-Wünsch sich mit sexistischen Unterstellungen, sie habe ihren Job nur dank seiner Gunst bekommen, rumschlagen müssen. Und was passiert eigentlich, wenn die beiden sich trennen? Kann sie dann weiterhin unter seiner Weisungsbefugnis arbeiten?

Um solche Frage zu umgehen, ziehen Liebende bei Interessenkonflikten oft selbst Konsequenzen für ihr Berufs­leben. Wie Britta Ernst, die, nachdem ihr Ehemann Olaf Scholz 2011 Bürgermeister von Hamburg wurde, aus der Bürgerschaft ausgeschieden und auf einen neuen Posten nach Berlin gewechselt ist. Selbst Beziehungen, in denen nur ein_e Partner_in in der Politik tätig ist, beeinflussen Berufskarrieren. Wie die von Doris Schröder-Kopf, die ihre journalistische Karriere an den Nagel gehängt hat, als ihr Mann Kanzler wurde. Oder auch Franca Lehfeldt, die der Karriere ihres Mannes Christian Lindner Vorrang gab.

Nicht auszuschließen, dass solche Forderungen auch an Wegner und Günther-Wünsch gestellt werden. Schön wäre es, wenn dann nicht wieder die Frau ihren Posten räumen müsste. Vielleicht kann Kai Wegner hier Vorbild sein und das Amt des Regierenden Bürgermeisters niederlegen, damit Katharina Günther-Wünsch im Amt der Bildungssenatorin bleiben kann. Vielleicht sind wir ja auch schon so modern als Gesellschaft.

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Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.

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