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Friedensappelle im UkrainekriegBlinder Pazifismus

Sofortige Friedensverhandlungen? Die aktuellen Aufrufe dazu sind gut gemeint. Allerdings blenden sie die Realität aus: Putin ist nicht zu trauen.

Seine Zerstörungsgewalt wurde unterschätzt: Russlands Präsident Wladimir Putin Foto: Mikhail Metzel/AP

T agelang blickte die Welt nach München: Viele erhofften sich von der Sicherheitskonferenz klare Botschaften, wie es nach einem Jahr Krieg in der Ukraine weitergehen wird. Wirklich überrascht hat schließlich US-Präsident Joe Biden mit seiner Reise nach Kyjiw. Bilder, die ihn zusammen mit Wolodimir Selenski zeigen, gingen um die Welt. Selbst als Alarm ertönte, blieben die beiden Staatschefs wie unberührt unter freiem Himmel.

Bidens Besuch in dem freiheitsliebenden Land, wie er sagte, stellte die Sicherheitskonferenz weitgehend in den Schatten. Als ich anfing, diese Kolumne zu schreiben, hielt Russlands Präsident Wladimir Putin eine Rede zur Lage der Nation. Wenige Stunden später sollte Biden seine Rede an die Nation halten, und natürlich erinnert das an Zeiten des Kalten Krieges, natürlich liegt es nahe, dass Putin versuchen wird, Bidens Besuch als Zeichen zu deuten, der Westen führe einen Krieg gegen Russland – die Frage ist nur, wie sehr man sich von Putin beeindrucken lassen möchte.

Er hat in seiner Rede gelogen und behauptet, der Westen habe „den Krieg losgetreten“, und Russland führe „keinen Krieg gegen das ukrainische Volk“. Die Münchner Sicherheitskonferenz vor einem Jahr hat diese Militäroperation nicht zum zentralen Thema gemacht. Das Ende der Konferenz war am 20. Februar 2022. Vier Tage später überfiel Russland die Ukraine.

Man kann davon ausgehen, dass bis zu vier Tage vor Beginn des militärischen Überfalls weite Teile des Westens Putins Zerstörungsgewalt unterschätzt haben. Sie haben selbst angesichts des historischen Militäraufgebots die Gefahr verdrängt und den Aggressor verharmlost. Hätte man die Ukraine bereits während des wochenlangen Aufmarschs der russischen Armee unterstützt, wäre die Botschaft an Russland vielleicht eine andere gewesen, abschreckend.

Dorothee Piroelle
Jagoda Marinić

ist Schriftstellerin, Dramatikerin und Kolumnistin. Sie lebt in Heidelberg und ist Mitglied des PEN-Zentrums. Ihr letztes Buch, „Sheroes. Neue Hel­d*in­nen braucht das Land“, erschien 2019.

Drohungen vom Westen brauchte es nicht

Ähnlich äußerte sich auch die finnische Staatschefin Sanna Marin. Das Wegsehen und die Untätigkeit des Westens hat Putin weder sanft gestimmt noch dazu gebracht, von seinen strategischen Zielen abzulassen. Es brauchte keine Drohgebärden. Russland begann seinen Angriffskrieg ganz ohne – das sollte man in Erinnerung rufen, wenn Putin nun wieder behauptet, der Westen habe den Krieg begonnen.

Putin mag auf diplomatische Entwicklungen mit Krieg reagiert haben, doch in welcher Welt leben wir, wenn es als legitim erachtet wird, die Selbstbestimmung des ukrainischen Volkes einzuschränken? Letzte Woche wurden in Deutschland wieder prominentere Stimmen laut, die forderten, man müsse jetzt über Frieden verhandeln. Die meisten Namen sind hinlänglich bekannt, ein neuer Einwurf kam von Jürgen Habermas.

Viele, die jetzt für einen Verhandlungsfrieden argumentieren, klammern aus, wie vieles von dem, was sie heute als Verhandlungsoption präsentieren, Russland bereits 2014 zugesichert und der Ukraine abgesprochen wurde. Welches Interesse sollte Russland haben, sich nach einem Jahr Kriegsführung mit dem Status quo von vor Kriegsbeginn zufriedenzugeben?

Wer also fordert, man müsse jetzt mit Russland verhandeln, sollte auch erklären, ob er Russland noch mehr zugestehen möchte. Und wäre damit ein dauerhafter Frieden gewährleistet? Wohl kaum. Was, wenn gerade das Verhandeln und Nachgeben die Gewaltspirale nach oben treibt? Nehmen Menschen, die für Verhandlungen – meist zu Ungunsten der Ukraine – argumentieren, so etwas wie die neusten Meldungen wahr.

Brachiale Debatte

Wie ein Investigativkollektiv anhand von Dokumenten nachwies, die aus der Moskauer Präsidialversammlung geleakt wurden, plant Russland auch die Übernahme von Belarus bis zum Jahr 2030. Worauf stützen sich die, die jetzt Verhandlungen fordern, wenn sie in Putin einen verlässlichen Verhandlungspartner sehen? Wenn man die Diskurse des letzten Jahres betrachtet, so entspricht der Vorwurf, man könne in der deutschen Öffentlichkeit nicht gegen die Unterstützung für die Ukraine sprechen, ohne geächtet zu werden, nicht den Tatsachen.

Sicher, es wird manchmal brachial, doch die Verrohung des Diskurses lässt sich bei allen Themen feststellen. Selbst wer über stillgelegte Straßen in Berlin-Mitte schreibt, wird heute angeprangert. Merkwürdigerweise reagieren ausgerechnet jene, die von den Ukrainern fordern, diesen Krieg zu beenden, besonders empfindlich auf Widerspruch. Ihre Opferrolle setzt leider oft genau dann ein, wenn es um die konkrete Entwicklung eines Szenarios geht, wie der Verhandlungsfrieden herbeigeführt werden könnte.

Vielen fehlt die Auseinandersetzung mit der Realität, die Russland seit einem Jahr gewaltvoll zu verändern versucht. Soll man um des Friedens Willen wirklich auf jede Forderung Russlands eingehen? Was ist mit dem Größenwahn Putins? Hier die Unterschätzung des russischen Staatschefs – es reicht ein Friedensangebot für den Frieden –, dort die paralysierende Überhöhung der Gefahr durch ihn: Am Ende führt er uns in den dritten Weltkrieg oder drückt den Atomknopf.

Wer in diesem Krieg nicht zweifellos deutlich macht, wer der Kriegstreiber ist, nämlich Russland, spielt Putins strategischen Zielen in die Hände. Niemand hat etwas gegen einen breiten Diskurs über Krieg und Frieden, doch muss es möglich sein, Diskursbeiträge, die Putins psychologischer Kriegsführung in die Hände spielen, als solche zu benennen.

Natürlich gab es im letzten Jahr auch Phasen, in denen die USA zögerte, und es wird wieder ungeklärte Fragen darüber geben, wie die Unterstützung konkret aussehen sollte. Die Ukraine-Reise des US-Präsidenten ist jedoch das klare Bekenntnis dazu, dass man nicht neutral sein wird, während Russland versucht, sich über geltendes Völkerrecht hinwegzusetzen. Vielleicht sind Zweifel über den konkreten Weg der Hilfe leichter zu ertragen, wenn die symbolischen Botschaften so eindeutig sind.

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77 Kommentare

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  • „Das Wegsehen und die Untätigkeit des Westens hat Putin weder sanft gestimmt noch dazu gebracht, von seinen strategischen Zielen abzulassen. Es brauchte keine Drohgebärden. Russland begann seinen Angriffskrieg ganz ohne – das sollte man in Erinnerung rufen, wenn Putin nun wieder behauptet, der Westen habe den Krieg begonnen.“



    Krieg ist für Putin nicht Ausnahmefall (oder gar Katastrophenfall) sondern Zustand, und nichts, was eine Lösung braucht. Das beleuchtet Grigori Judin in diesem Interview mit „Meduza“ sehr gut:



    meduza.io/en/featu...s-nowhere-they-say

  • Es ist klug und bedenkenswert, was Frau Marinic schreibt. Mit "Blinder Pazifismus" schlägt sie einen abwertenden Ton an, der nicht in die Debatte gehört.



    Ist es nicht auch klug so schnell wie möglich verhandeln zu wollen, um zu verhindern, dass weitere Hunderttausend Soldaten, Soldatinnen und Zivilisten auf beiden Seiten sterben?



    Habermas legt den Finger in die Wunde: der Westen trägt aufgrund seiner Waffenlieferungen und seiner ökonomischen Unterstützung für die Ukraine eine Mitverantwortung für die Ukraine und den Ausgang dieses Krieges.



    Ist es verantwortlich still mitanzusehen, wie aufgrund eines Patts beide Seiten langsam aber sicher ausbluten, bis die jeweilige Seite irgendwann zu Verhandlungen bereit ist? Das ist die Logik des Krieges.

    Nach Verhandlungen in vielen Monaten könnte ein Kompromiss stehen, der der Lage vor dem Krieg sehr ähnlich ist. Doch dafür sind Hunderttausende Soldaten gestorben.

    Auch wenn der Vergleich sehr hinkt, in und um Verdun starben eine Million Soldaten für Nichts, weil sich der Frontverlauf fast nicht änderte.



    In der Ukraine könnte es ähnlich sein.

    Ein Film über das Grauen und die Schrecken von Verdun wird gerade allseits gerühmt, aber beim Grauen und Schrecken im Krieg in der Ukraine schauen die Medien nicht so genau hin. Der Krieg ähnelt auf Youtube einem Videospiel, auf Tic Toc ist er längst ein Teil der Unterhaltung.

    • @Lindenberg:

      "... um zu verhindern, dass weitere Hundertausend Soldaten, Soldatinnen und Zivilisten auf beiden Seiten sterben."

      Es sind ausschließlich ukrainische Zivilisten, die derzeit sterben, verstümmelt oder vergewaltigt werden. Und es sind ausschließlich russische Soldaten, die ein anderes Land überfallen haben, während die ukrainischen Soldaten eben dieses Land verteidigen.

      Ein Pazifismus, der diesen Unterschied vernebelt und elementare Voraussetzungen ignoriert, ist nicht nur blind, sondern bedient faktisch den Agressor.

      • @Schalamow:

        “Es sind ausschließlich ukrainische Zivilisten, did derzeit sterben, verstümmelt oder vergewaltigt werden.”



        Wie kommen Sie zu dieser Aussage? Die meisten Todesopfer entstehen an den Frontlinien, vor allem unter den russischen Soldaten, die aufgrund Putins Wahn immer wieder gegen die ukrainischen Stellungen stürmen und dabei in großer Zahl fallen.



        Ihnen gilt mein Mitleid genau so wie den ukrainischen Opfern dieser barbarischen und zugleich sinnlosen Aggression … meine ganze Wut hingegen richtet sich gegen jene Männer im Kreml, die diesen Krieg veranlasst haben.



        Wütend bin ich aber auch darüber, dass wir weltweit dieses Blutvergiessen, diesen zivilisatorischen Rückschritt sehen müssen und als Menschheit offenbar nicht in der Lage sind, unsere Konflikte auf friedliche Weise zu lösen.



        Dabei haben wir wahrlich genug Probleme auf diesem Globus, die einer Lösung bedürfen.



        So, jetzt dürfen Sie mich einen Lumpen-Pazifisten schimpfen.

    • @Lindenberg:

      "Mit "Blinder Pazifismus" schlägt sie einen abwertenden Ton an, der nicht in die Debatte gehört. "

      In welcher Weise das abwertend ist, frage ich mich. Es sollte möglich sein, auch Pazifismus zu kritisieren.



      Mit "Blinder Pazifismus" picken Sie sich das einzige Wort im Artikel heraus, das geeignet ist, sich beleidigt zu fühlen.



      Was Sie am Artikel so klug finden, darüber schweigen Sie.



      Wie alles im menschlichen Dasein ist auch Pazifismus nur eine menschliche Kategorie, die auch falsch sein kann.



      Pazifismus, so wie er sich gerade zeigt, hat für mich etwas autoritäres. Ohne allerdings Autorität zu besitzen, denn die entsteht allein durch Handeln. Andere aufzufordern zu handeln, indem Friedensgespräche gefordert werden, bedeutet Hilflosigkeit.



      Die eigene Macht wird aber trotzdem überschätzt.



      Woraus bezieht Pazifismus seine Macht?

      • @Onkel Heinz:

        Pazifismus muss kritisch diskutiert werden. Die unsinnige Titelzeile "Blinder -Pazifismus" macht Gegensätze auf, die nicht nötig sind.



        Frau Marinic hat das vermutlich nicht zu verantworten, argumentiert sachlich und hat Recht mit ihrer Kritik, dass der Westen die Ukraine schon Wochen vor dem Aufmarsch hätte stark militärisch unterstützen müssen, Russland also hätte militärisch abschrecken müssen.

        Aber: Habermas hat es gesagt: Russland muss bei Verhandlungen nicht mehr als vor dem Krieg zugestanden werden. Es kommt darauf an, dass Russland sein Gesicht nach Verhandlungen wahren kann.

        Aus dem Handgelenk: die Ukraine verzichtet, wie schon einmal bei Verhandlungen, für eine Zeit auf die Nato-Mitgliedschaft, bekommt dafür Sicherheitsgarantien des Westens und genügend Waffen, um sich selbst zu verteidigen, aber keinen Angriffskrieg führen zu können. Letztlich rein hypothetisch, weil das nur die Beteiligten etwas angeht, zeigt aber, das Spielraum für Verhandlungen da sein könnte.

        Woraus bezieht Pazifismus seine Macht: aus demokratischen Mehrheiten, aber auch daraus, dass weniger in rein militärischen Kategorien gedacht wird, sondern auch in anderen Kategorien, dass also z. B. der Machtpoker um Öl, Gas und andere Ressourcen, der stets im Hintergund abläuft, aber politisch bestimmt, offen gelegt wird. Dazu kommt die Entwickungshilfe.

        Katar überfällt keine anderen Länder, aber ist ein vollkommen undemokratischer Staat, dem wir nun mit langfristigen Gasverträgen verbunden sind. Das ist im Grunde dieselbe Energie-Politik wie schon gegenüber Russland. Alle führenden Politiker haben beim Russlandgasdeal mitgemacht, weil es ums Geschäft ging. Dss hat sich nicht wesentlich geändert.



        Pazifismus heißt, Krieg fördernde ökonomische Zusammenhänge und übersteigerten Nationalismus aufzudecken, zu kritisieren und helfen zu verbessern.

        • @Lindenberg:

          "Letztlich rein hypothetisch, ...."



          Ob Spielraum da ist, entscheidet Putin. Warum sollte er sich mit einem Patt zufriedengeben, wenn er mehr haben kann? Schließlich wird gerade die gesamte russisch Bevölkerung indoktriniert. Schulkinder müssen z.B. an einer Veranstaltung namens "Wichtige, über die man sprechen muss" teilnehmen.



          Das scheint eher langfristig gedacht...

          "Woraus bezieht Pazifismus seine Macht: aus demokratischen Mehrheiten,.."



          Das funktioniert nur innerhalb des geschlossenen Systems einer gefestigten Demokratie und scheitert, wenn von außen Gewalt angewendet wird.

          Pazifisten können sich gerne für ihre Ziele opfern. Ich werde mich nicht dazu zwingen lassen.

          "..aber auch daraus, dass weniger in rein militärischen Kategorien gedacht wird, ..."



          Für mich bedeutet die Zeitenwende, militärischen Kategorien mehr Aufmerksamkeit zu schenken.



          In Ihren weiteren Ausführungen beschreiben Sie das politische System als heuchlerisch. Es müsste besser sein, als es ist, wenn sich etwas ändern soll.



          Ist es aber nicht. Politiker sind nicht besser als der Rest der Menschheit, aber auch nicht schlechter. 
Das auch Politikern zuzugestehen ist auch eine Erscheinungsform von Pazifismus.

          "Pazifismus heißt, Krieg fördernde ökonomische Zusammenhänge und übersteigerten Nationalismus aufzudecken, ….“



          Finde ich richtig, wenn dem Militär der nötige Stellenwert zugestanden wird.



          Es ist ein Prozess, der im Hintergrund laufen muss und auch läuft. Sie scheinen nur wenig Vertrauen darin zu haben.

          Außerdem: ich könnte aus rein egoistischen Gründen gegen die militärische Unterstützung der Ukraine sein. In der Frage des Ziels wäre ich auf Seite von Pazifisten.



          "Krieg fördernde ökonomische Zusammenhänge und übersteigerten Nationalismus aufzudecken wäre aber nicht so mein Ding,weil es meine Freiheit einschränkt.



          Wer mein Ziel teilt, handelt also genauso inkonsequent,wie es Politikern gerne vorgeworfen wird. Warum ist das "erlaubt", für Politiker gelten aber andere Maßstäbe?

    • @Lindenberg:

      "So schnell wie möglich Verhandlungen anzustreben" ist sicher kein streitger Punkt. Die Frage ist immer "Worüber?". Sie haben es selbst unten gesagt: Aktuell verhindert die Einstellung Moskaus dazu (wohlwollend formuliert: Putins Anspruch, was bei Verhandlungen vorab zugestanden sein müsste), dass über annehmbare Friedensbedingungen verhandelt werden KANN. Insofern besteht kein Widerspruch.

      Heftiger wird es allerdings wie immer, wenn unter dem Deckmantel der "Mitverantwortung für die Ukraine" eine Politik propagiert wird, die diese über den Hebel der kriegsmateriellen Austrocknung "zu ihrem Glück zwingt". Dazu sollten wir uns zwei Dinge klarmachen:

      1. So eine Politik bringt Verhandlungen keinen Millimeter näher, weil sie Putin nur in seinem Willen bestärken würde, den Sieg mit allen Mitteln im Feld anzustreben und dann den "Frieden" diktieren zu können - nix "Verhandlungen".

      2. Dieser Krieg wird von Seiten der Ukraine und ihrer Unterstützer aus dem EINEN Grund geführt, dass die Souveränität und damit das Selbstbestimmungsrecht dieses (völkerrechtlich anerkannten) Staates erhalten werden soll. Wer wären wir dann, jetzt der Ukraine UNSERE Vorstellung davon diktieren zu wollen, welche Opfer sie aus freien Stücken in diesem Kampf bringen "darf"? Die Abwägung, ob dafür zu viele Ukrainer gestorben sind, um ihn weiter zu führen (oder nicht), muss bei den Ukrainern bleiben. Die entsprechende Entscheidung auf russischer Seite bleibt ja auch bei Putin.

      • @Normalo:

        Ich widerspreche Ihnen nicht. Aber es ist auch wichtig, die Kriegslogik konsequent zu hinterfragen.



        Ulrich Wickert warb für eine Kriegsreportage aus dem New Yorker, die die Grausamkeiten des Krieges in der Ukraine aufzeigt. Daran fehlt es. Meist gibt es "nur" kurze Besuche der Reporter an der Front. Das alltägliche stille Sterben an der Front dokumentieren Journalisten kaum. Die Ukraine will diese Seite des Krieges vermutlich nicht zeigen, weil das die Moral untergraben würde.

        • @Lindenberg:

          Was würde das helfen? Jenen Ukrainern, die nicht ganz so nah an der Front leben, vorführen, was ihre Landsleute da zu erleiden haben, auf dass sie schreien "Hört auf, lasst lieber den Russen noch den Donbass!"? Not likely...

          Ich denke, es ist sattsam klar, dass in der Ostukraine furchbar gelitten und gestorben wird. Aber der Konsens, dem zuvorderst die Ukrainer anhängen, ist, dass es genau einen Weg gibt, diese Zustände nachhaltig zu beenden, und der ist "durch". Denn nichts deutet darauf hin, dass die Dinge weniger grausam und schrecklich würden, wenn man Putin nachgibt.

          • @Normalo:

            Mehr vom Leiden der einzelnen Soldaten an der Front zu erfahren, ist für alle Beteiligten in diesem Krieg sinnvoll, weil dieser Krieg damit näher rückt und Emphatie für das Leid der Soldaten und der betroffenen Familien schafft.



            Starke militärische Unterstützung der Ukraine und eine kritische Diskussion darüber, warum schnelle Verhandlungen so wichtig sind, schließen sich nicht aus.



            Habermas (siehe weiter unten) gibt dafür einige vernünftige Argumente.



            Die Patentlösung serviert er nicht, aber er stößt zum Nachdenken an.

            • @Lindenberg:

              Zu Ihrem ersten Absatz Ihrer Erwiderung auf @Normalo: ich musste selbst erleben, wie in nachbarschaftlichen Gesprächen junge ukrainische Frauen kritisiert wurden, die zwischenzeitig in die Ukraine zurückgereist sind, so nach dem Motto: na, so schlecht geht es den Ukrainern ja wohl nicht, wenn sie … . Ich habe dann entgegnet, ob es denn nicht ein ganz natürliches menschliches Bedürfnis sei, seine in der Ukraine verbliebenen Angehörigen sehen zu wollen und vielleicht auch die Ehemänner/Freunde, die als Soldaten an der Front stehen und von denen man nicht weiß, ob sie am nächsten Tag nicht schon tot sein könnten … und wo denn angesichts solcher Unterstellungen die Empathie und das Mitgefühl für die Geflüchteten wie auch die in der Ukraine verbliebenen Menschen bliebe.



              Ich denke, die Schrecken des Krieges können wir nie ganz erfassen - und ich kenne die Berichte von kriegstraumatisierten Veteranen, auch von Bundeswehr-Angehörigen aus Auslandseinsätzen - , wir können aber durchaus zuhören und Empathie entwickeln.



              Nein, keine Kritik an Ihrem Kommentar, lediglich eine Ergänzung.

              • @Abdurchdiemitte:

                Wenn Ukrainerinen aus Heimweh in die Ukraine zurückkehren, kann ich das gut verstehen. Meine Emphatie gehört auch denjenigen Russen, die der russischen Propaganda auf den Leim gehen, zum Teil sind das Menschen, die im Ausland wohnen und hochintelligent sind.



                Denn die Propaganda von Putin ist ungemein wirksam.



                Einige Millionen Euro aus dem Haushalt der Bundeswehr sollte in unabhängige journalistische Internet-Plattformen für russische Staatsbürger auf der ganzen Welt gesteckt werden.

    • @Lindenberg:

      "Ist es nicht auch klug so schnell wie möglich verhandeln zu wollen, um zu verhindern, dass weitere Hunderttausend Soldaten, Soldatinnen und Zivilisten auf beiden Seiten sterben?"



      Kommt auf den Blickwinkel an. Ist es klug so schnell wie möglich verhandeln zu wollen, um damit Zugeständnisse machen zu müssen, aufgrund derer Tausende von Zivilisten sterben?



      Es sei auf die Morde in den von Russland besetzten Gebiete verwiesen.



      "Der Westen trägt aufgrund seiner Waffenlieferungen und seiner ökonomischen Unterstützung für die Ukraine eine Mitverantwortung für die Ukraine und den Ausgang dieses Krieges."



      Stimmt. Deshalb wäre eine Einstellung dieser Unterstützung ad hoc eben auch verantwortungslos.



      "Ist es verantwortlich still mitanzusehen, wie aufgrund eines Patts beide Seiten langsam aber sicher ausbluten, bis die jeweilige Seite irgendwann zu Verhandlungen bereit ist? Das ist die Logik des Krieges."



      Sie plädieren demnach für eine aktive Kriegsteilnahme?



      "Nach Verhandlungen in vielen Monaten könnte ein Kompromiss stehen, der der Lage vor dem Krieg sehr ähnlich ist."



      Die Ukraine (fast) in den Grenzen vor dem Krieg? Das würde ich als erfolgreich bezeichnen. Wenn das für Sie sinnlos ist, fragen Sie einfach die Ukrainer, wie die das sehen.

      • @Encantado:

        Meine Position leite ich aus einem Habermas-Aufsatz in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Februar ab. Es geht, um Habermas zu zitieren, um die Suche nach erträglichen Kompromissen in diesem Krieg.

        Zitat Habermas

        "Es gibt einstweilen kein Anzeichen dafür, dass sich Putin auf Verhandlungen einlassen würde. Muss er nicht schon aus diesen Gründen zum Einlenken gezwungen werden? Zudem hat er Entscheidungen getroffen, die die Aufnahme von aussichtsreichen Verhandlungen fast unmöglich machen. Denn mit der Annexion der östlichen Provinzen der Ukraine hat er Fakten geschaffen und Ansprüche zementiert, die für die Ukraine nicht akzeptabel sind".

        Zitat Ende

        Habermas verweist im folgenden auf Pflöcke, die die jeweilige Seite eingeschlagen hat, aber sieht die Lage für Verhandlungen nicht als aussichtslos an.



        Er verweist auf die vielen Menschenleben, die der Krieg jeden Tag kostet, die steigenden Kosten an materiellen Ressourcen, die nicht in beliebigen Umfang ersetzt werden können.



        Hier ist vor allen das personelle Ungleichgewicht in diesem Krieg bedeutsam.



        Habermas plädiert für einen territorialen Zustand in der Zeit vor dem Ukrainekrieg, der es Russland dennoch erlaubt, das Gesicht zu wahren.



        Er verweist darauf, dass für Biden die Uhr tickt, ein indirekter Hinweis darauf, dass sich mit einer neuen US-Regierung die starke Unterstützung der Ukraine ändern könnte.



        Für Habermas ein Grund, Verhandlungen schnell in Gang zu bringen, nach denen es natürlich Sicherheitsgarantien des Westens für Ukraine geben müsste.

        Habermas ist also für die starke militärische Unterstützung der Ukraine und so schnell wie möglich beginnende Verhandlungen, weil es dafür gute Gründe (begrenzte Ressourcen, Verlust von Menschenleben, Gefahr eines Atomkrieges, neue US-Regierung) gibt.

        Nicht zu vergessen, dass viele europäische Regierungen die Ukraine viel zögerlicher unterstützen, als sie medial verlautbaren. Die EU ist sich noch nicht einíg, was Sanktionen gegenüber Russland angeht.

  • "Was, wenn gerade das Verhandeln und Nachgeben die Gewaltspirale nach oben treibt?"



    Dieser Gedanke ist im pazifistischen Dogma nicht zulässig. Bei Leuten, die Putinrussland missverstehen oder sogar schönreden, auch nicht.



    "Vielen fehlt die Auseinandersetzung mit der Realität"



    That's it. Viel zu anstrengend.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @dites-mois:

      Wem noch außer "den" Pazifisten >>fehlt die Auseinandersetzung mit der Realität?>Vielen

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @31841 (Profil gelöscht):

        Rest des Postings:



        Waren es "Realisten", die auf europäischer Seite dazu beigetragen haben, dass wir uns in dieser Situation befinden?

  • Das Problem ist das Putin den Westen für schwul, schwach und verweichlicht hält. Solange der Westen die Ukraine unterstützt wird Russland nicht gewinnen, vermutlich sogar verlieren. Solange Putin glaubt er kann gewinnen wird er angreifen. Nun bestärken diese Aufrufe zu Verhandlungen Putin in seinem Glauben der Westen gibt bald auf und er können gewinnen. Sie tragen damit mit zur Eskalation bei weil sie Putin den falschen Eindruck vermitteln er könnte gewinnen.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Machiavelli:

      >>Nun bestärken diese Aufrufe zu Verhandlungen Putin in seinem Glauben der Westen gibt bald auf und er können gewinnen. Sie tragen damit mit zur Eskalation bei weil sie Putin den falschen Eindruck vermitteln er könnte gewinnen.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @31841 (Profil gelöscht):

        Rest des Postings:



        Der einsame Führer* "bestärkt" sich mit allem, was er bekommen kann. Da müssen Sie aufpassen, dass er Ihren Beitrag hier nicht als Hinweis wertet, wie wir schon vor ihm zittern, weil wir uns durch unsere Mitbürger geschwächt fühlen, weil wir mit denen so uneinig sind.



        Bitte kein Kriegsgeschrei mehr gegen Leute, die Verhandlungen fordern. Deren Diskussionsbeiträge zersetzen nicht "unsere Wehrkraft". Putin braucht diese Leute nicht. Doch er mag es, wenn wir einstweilen gerne glauben, sie wollten ihm nützen.

        *Putin bei seiner Rede im Veranstaltungszentrum Gostiny Dwor in Moskau (Foto unten im Artikel)



        orf.at/stories/3305961/

        • @31841 (Profil gelöscht):

          "Bitte kein Kriegsgeschrei mehr gegen Leute, die Verhandlungen fordern."



          Schon interessant, was so alles als 'Kriegsgeschrei' gewertet wird.

          • @Encantado:

            Schreien Sie doch Humusaufbau nicht so bellizistisch an, bitte!

          • 3G
            31841 (Profil gelöscht)
            @Encantado:

            Danke. Besser: Bitte keinen Schreikrieg gegen jene, die Verhandlungen fordern. Was soll daran gefährlich sein? Es ist eine politische Äußerung in einem freien Land. Um dafür einzustehen, brauche ich nicht deren Auffassung zu teilen.



            Die westliche Politik hat die Entwicklung verpennt. Sie hat in weiten und maßgebenden Kreisen die Augen davor verschlossen, wie gefährlich die Politik aus dem Kreml und deswegen die eigene mit dem Kreml schon lange Zeit vor dem Überfall auf die Ukraine war. Da spüre ich bei mir wesentlich mehr Wut als wegen der Diskussion um Verhandlungen.

  • "Blinder Pazifismus"

    Es ist unheimlich schwer, den Glauben an das Gute, der in der pazifistischen Haltung steckt, aufzugeben!



    Mit dessen Aufgabe ginge die eigene Identität verloren.



    Es scheint manchen wichtiger, die eigene Identität zu wahren, als die Realität anzuerkennen.



    Wann wäre es eigentlich legitim, sich als Pazifist gegen eine Aggression wehren zu dürfen?



    Ich habe den Eindruck, durch den Ruf nach Verhandlungen wird diese



    Frage unbewusst ausgeblendet.



    Es scheint ein Ausdruck von Hilflosigkeit zu sein, Verhandlungen zu fordern, angesichts der eigenen eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten.

    Was viele, die sich als Pazifisten bezeichnen, vergessen, ist dass es für fast niemanden leicht ist, sich für



    militärische Unterstützung einzusetzen. Es ist eine traurige Entscheidung.

    • @Onkel Heinz:

      Exakt. Eine traurigerweise notwendige Entscheidung. Ich muss dieser Tage oft an meine KDV-Verhandlung zurückdenken, wo ich dem Vorsitzenden, einem russenhassenden Weltkriegsveteranen, abenteuerliche pazifistischen Verrenkungen aufgetischt habe. Selbst im schrecklichsten, bedrohlichsten, fiesesten Szenario würde ich niemals Gewalt anwenden. Ich würde immer versuchen, durch gutes Zureden . .



      Naja, war voll gelogen. Parallel hab ich für Waffen für El Salvador geworben.

  • Warum soll man überhaupt mit Putin verhandeln? In Proxy-Kriegen verhandeln die Proxy-Mächte miteinander. Und im Falle Russlands wird das in absehbarer Zeit China sein.

  • SOFORTIGE Friedensverhandlungen sind angesichts der Sachlage - dass Putin das blockiert, ist doch hinlänglich bekannt - sowieso unrealistisch … ich weiß jedoch nicht, wieso den Befürworter*innen einer Verhandlungslösung ständig an den Kopf geworfen wird, sie würden grundsätzlich unrealistische Positionen vertreten.



    Und über den Vorwurf der Naivität hinausgehend wird ja noch diffamiert und denunziert, dass sich die Balken biegen, etwa, dass ausgerechnet Pazifist*innen willentlich das Geschäft Putins betreiben würden. Auch wenn ich persönlich nicht einer grundsätzlich pazifischen Haltung anhänge - jedenfalls nicht, was diesen Konflikt betrifft, aber unter radikallinken taz-Jakobiner*innen (die den russischen Faschismus plötzlich neu für sich entdeckt haben) muss es ja ideologisch immer „Top oder Flop“ zugehen, Zwischentöne sind da eher nicht erwünscht - , irritiert und nervt mich dieser inakzeptable polemische Zungenschlag doch zusehends.



    Selbst wenn man konzediert, für eine gerechte Sache oder gar einen „heiligen“ Krieg zu kämpfen - nach der Rhetorik hier in der Kommune zu urteilen, kommt‘s mir fast so vor - , bitte ich zu bedenken, dass 1. nicht wir vom Sofa aus diesen Krieg führen und 2. dass wir schon gar nicht Krieg gegeneinander führen (jedenfalls habe ich keine „Kriegserklärung“ gegen irgendeinen Mitforisten ausgesprochen) … daher meine Bitte um verbale Abrüstung in der Kommentierung, denn wir können uns das leisten, die Ukrainer nicht, angesichts der russischen Aggression.



    Auch ich versuche mich redlich zu bemühen, die Argumente der „Gegenseite“ nachzuvollziehen … einige Standpunkte (etwa die Notwendigkeit der militärischen Unterstützung der Ukraine) teile ich - oh Wunder! - sogar.

    • @Abdurchdiemitte:

      Aber es gibt doch niemanden, der Verhandlungen ausschließt. Wagenknecht und Co suggerieren aber, dass dem so sei. Dass Verhandlungen allein am Unwillen des Westens scheiterten, dass es nur einer „Initiative“ bedürfe. Bei Lanz ritt Wagenknecht, die übrigens drei Viertel der Sendung lang redete, immer wieder darauf herum. Es müsste alles, alles getan werden, um den Krieg zu beenden, und dafür brauche es eine „Initiative“. Als ob der Ball im Feld des Westens läge und sich Putin dem Wunsch nach Verhandlungen nicht verschließen könne. Dabei ist es natürlich so, dass er sich nur dann auf Verhandlungen einließe, wenn er die Möglichkeit eines vorteilhaften Ausganges für Russlands sähe. Und das kann nichts gutes bedeuten. Die andere Möglichkeit, Russland zu Verhandlungen zu bewegen, wäre, wenn es dadurch seine Verluste minimieren könnte. Aber auf diese Möglichkeit hinzuarbeiten, kommt Wagenknecht und Co gar nicht in den Sinn.

  • "Sofortige Friedensverhandlungen? Die aktuellen Aufrufe dazu sind gut gemeint. ..."

    Genau DAS stelle ich bei vielen in Frage. Zumindest die Linken der Marke Wagenknecht sind definitiv keine Pazifisten. Das wäre nicht mehr nur naiv, sondern auch eine absolut dumme Auffassung. "Kundschafter des Friedens" würde vielleicht besser passen.

    Wagenknecht und co sind Anhänger des russischen Imperialismus und wollen einen möglichst weitgehenden Sieg Russlands. Sie wollen einen Waffenstillstand, weil sich der Krieg für Moskau schwierig gestaltet. Wenn überhauptz gilt ihr Mitleid dem russischen Ansehen.

    Sie waren oft genug zu Gast bei den Mai-Paraden in Moskau und haben sich dort begeistert die russische Militärmacht und generell die Großartigkeit des russischen Volkes präsentieren lassen. Sie haben stalinistische Praktiken in Vergangenheit und Gegenwart (Umgang mit kubanischer Opposition) immer verteidigt. Auch Wagenknechts Aussagen zur "pazifistischen" DDR, in Wirklichkeit ein durchmilitarisierter, zu Angriffskriegen vorbereiteter Staat, lassen die diese Sicht (naiver Pazifismus) völlig unglaubwürdig aussehen.

    Die Frage ist: Warum? Was stimmt mit denen nicht?



    Können eigentlich (formal) intelligente Menschen wirklich so weltfremd sein und glauben, dass Russland tatsäch ein anti-imperialistischer Staat sei?



    Oder denken die, sie könnten Russland als disruptiven Faktor nutzen, um revolutionäre Zustände herbeizuführen?

    • @Chris McZott:

      "Die Frage ist: Warum? Was stimmt mit denen nicht?"

      Realtiv einfach. Zumindest bei denen, denen ich mal unterstelle, über genügend Intellekt zu verfügen, Dinge auch komplexer betrachten zu können. Und da gehört Wagenknecht dazu.

      Es ist die pure Geltungssucht, sich populistisch als Alternative zu "denen da oben" zu stilisieren. Mit Fakten oder ehrlicher Differenzierung landet man halt nicht bei Querdenkern, Volkstümelnden, Ewiggestrigen und in den 70ern hängengebliebnen Sofarevoluzzern. Mit simplen Weltbildern, mit geschürten Ängsten vor Wohlsatndsverlust, mit plumpen Antiamerikanismus und protektionistischem Egoismus aber schon. Der Pazifismus ist hier nur ein Feigenblatt, genau wie es die Sorge um Impfschäden oder die wörtlich aufgeworfene Frage "Für höhere Renten - oder lieber für Gendersternchen?" war.

    • @Chris McZott:

      Leider sehe ich bei den meisten, die Verhandlungen fordern, oft im Namen der Ukrainer:Innen, nur eine Gebt-doch-endlich-Ruhe- Attitüde und ein hermetisch geschlossenes, von der Realität entkoppeltes Weltbild - - Bei Linken ohne die Bereitschaft zu realisieren, dass in Russland die faschistoide Reaktion gewonnen hat, bei Rechten gerade deswegen. Sie vermeiden es daher aufzuzeigen, was denn ihr Verhandlungsangebot sei.



      Sie ignorieren völlig, dass alles was Putin zu einer Beendigung des Angriffs bewegen könnte, eben von der großen Mehrheit der Ukrainer nicht akzeptiert würde, diese also eine Fortführung des Kriegsleids einer Kapitulation und einer Auslieferung in die Obhut der Kremlschergen vorziehen.



      Denn die Defätisten vergessen immer, das zu Verhandlungen auch Verhandlungswillige gehören und Putin macht ja klar, dass er nichts außer seinem Sieg akzeptiert.



      Die ´Milosevic will alte serbische Größe´-Kriege zeigten, das Verhandlungen ohne echte Druckmittel zu nichts führten: Dazu passt die Srebrenicavergessenheit der Ostdespotenversteher - Denn das Massaker war das Ergebnis davon, dass die UN dem Eroberer nachgab und sich auf das Versprechen lieb zu sein verlies.



      Wie Putin sich ´Frieden´ in einer ´befriedeten renitenten Provinz´ vorstellt, sieht man an Tschetschenien: Eine bösartige Despotie blutrünstiger Mafiamörder sorgt für Grabesruhe. Ist den Defätisten klar, dass das Verhandlungsergebnis ist, was einer der westlichen militärischen Unterstützung beraubten Ukraine blüht? Das so eine Zukunft Blaunen gefällt, wundert mich nicht, aber das sich selbst als Links Bezeichnende ein Land einem faschistoiden Chauvi ausliefern wollen, um Ruhe zu haben, zeugt von einer beachtlichen Realitätsverdrängungs- und Selbstbetrugsleistung.

    • @Chris McZott:

      „Können eigentlich (formal) intelligente Menschen



      wirklich so weltfremd sein und glauben, das Russland ein anti-imperialistischer Staat sei.“



      Nein, können sie nicht … aber sie können denken - um die Kategorie Glauben geht es in diesem Zusammenhang nun wirklich nicht - dass auch andere Mächte hegemoniale geopolitische Interessen verfolgen (wie wär‘s beispielsweise mit China, um hier nicht sofort des Antiamerikanismus geziehen zu werden).



      Und es steht - gemessen an moralischen Kategorien, denn laut unserer Außenministerin sollen die in den internationalen Beziehungen ja durchaus eine Rolle spielen (ich persönlich bleibe da allerdings skeptisch) - niemand, aber auch wirklich niemand unter den relevanten globalen Playern mit reiner Weste da.



      Aber, natürlich, legt man die Definition für Imperialismus in Reinkultur an, erfüllt derzeit Putin-Russland wie kein anderer Staat exakt diese Kriterien. Da gibt es nichts herumzudiskutieren.



      Aber um es dennoch zu tun (herumdiskutieren!): die Analyse so mancher linker Putin-Gegner im Westen ist hier unscharf … mal ist Putin-Russland eine faschistische Diktatur in Reinkultur, mal die Reinkarnation des imperialistischen Zarenreiches, dann wieder eine Hard-Core-kapitalistische Oligarchie, in der Putin auch nur eine Strohpuppe ökonomischer Machtgruppen im Hintergrund ist.



      Ach ja, noch andere sehen in Putin die Wiederauferstehung Stalins? Was denn nun?

      • @Abdurchdiemitte:

        Es ist vollkommen egal, als welche Sorte Teufel man Putin an die Wand malt. Tatsache ist, dass sein Krieg imperialistische Ziele verfolgt und dieser Krieg nur beendet wird, wenn er entweder diese Ziele aufgibt oder sie erreicht. Und dass er sie erreicht, kann nicht im Interesse eines friedliebenden Menschen sein - nicht mal nur weil das die Ukrainer nicht verdient haben, sondern auch, weil er allerspätestens durch diesen Krieg gezeigt hat, dass er erst aufhört, weiter zu eskalieren, bis ihm jemand mal wirklich einen Riegel vorschiebt. Diesen Riegel haben wir nicht zur Hand, ohne wirklich einen Atomkrieg (jetzt oder im Rahmen einer kommenden Auseinandersetzung um weiteren "russischen Boden unter falscher Flagge" zu riskieren) ODER der Ukraine zu helfen, dieser Riegel zu sein.

        Ich verstehe nicht, wie man über die Rechterei, WELCHE SORTE hyperaggressiver Machtmensch Putin ist, rechtfertigen will, diese Logik zu ignorieren.

        Und was die anderen Hegemone betrifft: Es gibt aktuell ersichtlich noch einen potenziellen weiteren Eroberungskrieg. Der droht von China, und ganz klar sind hier die USA gefragt, ihn zu verhindern. Der Vorteil ist, dass da die Grenzen schon lange nur noch militärischr Natur sind, die USA sich also keine Illusionen machen, dass China nicht losschlagen würde, wenn es könnte. Kann es nur nicht (Insellage der Kriegsbeute sei dank), und das muss auch so bleiben. Es hat aber - außer dass die USA freie Ressourcen dafür gut brauchen könnten, die im Moment dank Putin auch nach Europa abfließen - NICHTS mit der Ukraine zu tun, schon gar nicht ideologisch.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Chris McZott:

      Sie verwechseln hier jetzt nicht Frau Wagenkencht mit Frau Luxemburg?

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    "Wir im freien Westen" haben uns in einem Rebound-Effekt der atomaren Abschreckung verfangen. Der besteht darin, dass wir in Anbetracht der atomaren Bedrohung durch den Kreml so handeln, dass von dort aus unter dem Schirm des potenziellen Atomwaffeneinsatzes ein konventioneller Okkupationskrieg außerhalb des NATO-Gebiets möglich wurde. Auf dieser Klaviatur spielt der Diktator weiter, wann immer er die se Musik braucht. Warum tanzten Verantwortliche in freien Westen so lange danach, bis die Kanonen donnerten - und dann noch immer?



    Furcht vor einem Atomkrieg muss man haben, sonst wirkt die Abschreckung nicht. Und weil und wenn die Abschreckung "funktioniert", braucht man sich nicht zu fürchten. Wenn ein konventioneller Überfall durch eine Atommacht auf ein nicht atomar bewaffnetes und nicht bündnisgestütztes Land geführt wird, zeigt sich das Doppelgesicht der Friedenssicherung durch Abschreckung von seiner anderen Seite. Politische Folgen dieser Wendung können nicht ausbleiben.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @31841 (Profil gelöscht):

      Der CDU-Vorsitzende sagt es. (Hab meins aber nicht bei ihm abgeschrieben.)



      >>Dabei müssten Atomwaffen gar nicht zum Einsatz kommen. »Schon ihre reine Existenz verändert jedes Kriegsgeschehen. In Europa und den USA verhindert die Angst vor dem Einsatz der russischen Atomwaffen bis heute einen noch wirksameren Schutz der Ukraine durch EU und Nato.«

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Jetzt doch von allen. Jagoda Marinić macht auf drittte Bürgermeisterin.



    taz.de/75-Todestag...Valentin/!5913224/



    Endlich Aschermittwoch.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Das ist mir wieder mal zu hoch, was wollen Sie denn damit sagen?

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Jim Hawkins:

        Aschermittwoch war auch mies. Söder inne Bütt.. Et kütt wie et kütt.



        Was ich sagen wollte: Nix Neues.



        Anderes hier: taz.de/Erster-Jahr...nekriegs/!5917806/



        Gefällt natürlich nicht allen...

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Mir scheinen in der Diskussion die Gewichte etwas verrutscht zu sein. Wem gebührt bei der Frage, wie die Ukraine vor der Vernichtung durch den Diktator im Kreml bewahrt werden soll die dringenste Aufmerksamkeit? Dem Diktator, seinen Gefolgsleuten, dem Militär, internationalen Bündnispartnern.



    Was ist dem gegenüber die Gefahr, die durch Forderungen (!) nach Verhandlungen bisher aufkommen konnte? Was gibt es da ernsthaft zu befürchten? Dass es in dieser Frage eine 100%ige Einigkeit geben könnte, kann nur ein naiver Glaube sein. Das ist in einem freien Land GRUNDSÄTZLICH nicht erwartbar. Wer nimmt diese unvermeidliche Rolle ein? Was ist daran ernsthaft gefährlich?



    Ich frage mich, wo die Massendemonstrationen gegen Putin sind. Nicht erwünscht, nicht nötig oder wäre das eine zu gefährliche Provokation?

    • @31841 (Profil gelöscht):

      Die "Gefährlichkeit" - oder auch der Grund für den heftigen Gegenwind - liegt nicht so sehr in der isolierten Befürwortung von Verhandlungen an sich sondern im Kontext:

      Das Hauptproblem dürfte sein, dass diese Befürwortung regelmäßig mit weiteren Forderungen nach Einstellung oder zumindest Begrenzung der militärischen Unterstützung der Ukraine verbunden wird. Das macht die Gesamtforderung zu einer Stimmungsmache, die unsachgemäß argumentiert ("Schwächung der Ukraine=Schritt in Richtung Frieden" - das stimmt einfach nicht) und Putin massiv in die Hände spielt. Und wenn es laut ist wie Propaganda, Tatsachen verdeht wie Propaganda und einer Kriegspartei einseitig nutzt wie Propaganda, dann IST es Propaganda - wohlgemeint oder nicht.

      Weniger schwerwiegend, aber auch antagonisierend wirkt, dass die Befürwortung nicht als solche sondern echte, kategorisch imperative Forderung formuliert und entsprechend auch gerne mit dem Vorwurf verbunden wird, die Politiker, die jetzt "immer noch" keine Verhandlungen mit dem Kreml führten, seien Kriegstreiber. Auch das ist eine Verdrehung der Tatsachen: Verhandlungen mit dem Kreml wären aktuell nur über eine effektive Kapitulation der Ukraine möglich, da Putin immer noch glaubt, die auch im Feld erreichen zu können. Das wäre aber genau das Gegenteil von friedensstiftend, denn es würde den EIGENTLICHEN Kriegstreuber gewähren lassen und ihn zu weiteren Eroberungszügen animieren. Denn dann könnte er sich locker einreden, dass das Konzept aufgeht - 1938 lässt grüßen. Also säht diese Tendenz der "Befürwortung" von Verhandlungen auch noch Zwietracht. Das ist ärgerlich - und spielt AUCH Putin in die Hände.

      Und zuletzt mein ganz persönlicher Reibepunkt: Das ist eigentlich alles ziemlich offensichtlich. Wer sich dieser Form der (faktischen) psychologischen Kriegsführung anschließt, und dann noch passiv-aggressiv meint: "Was fällt Euch ein, mich zu attackieren? Ich bin doch nur für Frieden..." regt mich einfach auf.

      • @Normalo:

        Und zum Thema Massendemonstrationen gegen Putin: Wir demonstrieren als Nation. Unsere Politik stellt klar, dass sie gegen Putins Absichten alle Hebel in Bewegung setzt und dafür auch Opfer von der Bevölkerung dafür verlangt - vom Gassparen bis zur Aufgabe lang gepflegter Träume wie einem Europa, das in Frieden lebt und sich leisten kann, in Kriegen nicht durch Waffenlieferungen Partei ergreifen zu müssen. Und die Bevölkerung zieht - im Großen und Ganzen mit.

        Wozu also noch Aufmärsche? Um Putin irgendwie zu beeinflussen (da muss ich mal kurz lachen)? Um den Putin-Fans IM Land zu zeigen, dass sie nicht die Wortführer sind?

  • Statt Habermas wieder in der taz abzufertigen, sollte sein Aufsatz komplett veröffentlicht werden, damit endlich eine genaue Grundlage der Debatte entsteht. Bei einem Autor mit weltweiten Einfluss Pflicht.

    Wieder wirft die taz eine Autorin in die Debatte für Frieden in der Ukraine, die einen harten militärischen Kurs gegenüber Putin vertritt.



    Mit guten Argumenten, denen Habermas nicht widerspricht, aber er warnt davor, dass der Krieg wie beim Schlafwandel mit Atomwaffen außer Kontrolle geraten könnte.

    Er betont den Schrecken und die Gewalt des Krieges, der an das Massenschlachten von Menschen in Verdun erinnert.



    Wer über mehr Sicherheit durch Krieg redet, der soll auch über dessen Schrecken reden, lautet ein Urteil von Walter Benjamin.



    Im Abnutzungskrieg könnten weitere Hundertausende Soldaten zu Tode kommen! Das wird von den Verfechtern einer harten Linie nicht genau erörtert, obwohl die militärische Abnutzung auf beiden Seiten eine Sache der Mathematik ist.

    Mehr Realismus in dieser Hinsicht fordert deshalb der Konfliktforscher Christian Hacke im Interview mit dem Deutschlandfunk. Er plädiert wie Habermas für Verhandlungen.

    Auffällig, dass er wie Habermas als 80-jähriger die Schrecken des Krieges aus eigener Anschauung kennt.

    www.deutschlandfun...-99bec0b6-100.html

    Ob Putin verhandeln will oder nicht, darauf kommt es nicht an, sondern darauf, dass Länder, die Putin zurzeit noch unterstützen, erkennen, dass es ein Einfrieren des Konfliktes geben muss, weil das der beste Weg ist, um Russland zu stoppen.

    Die Ökonomien Russlands und der Ukraine könnten vor dem Ruin bewahrt werden. Die Weltökonomie vor weiteren großen Schaden.

    China, Brasilien, Indien und Südafrika müssen Russland also aus eigenen ökonomischen Interesse zum Frieden drängen!

    Der Westen könnte diesen Ländern starke ökonomische Vorteile bieten, damit sie mit der UN zum Frieden in der Ukraine beitragen.

    • @Lindenberg:

      Autor mit weltweitem Einfluss?

      Weltweit ist Deutschland das einzige Land, in dem irgendwelche intellektuellen irgendwelche Manifeste und Aufrufe für Verhandlungen publizieren.







      Mit einer Ausnahme: in den USA gibt es da noch ein paar republikanische demagogen, wie Marjorie Taylor Greene und Tucker Carlson, die „America First!“ kreischen und deswegen die Ukraine im Stich lassen wollen.

      Das ist die Gesellschaft, in die sich Wagenknecht und Habermas begeben.

      • @Suryo:

        Habermas spricht sich nicht gegen militärische Hilfe für die Ukraine aus, sondern versucht zu zeigen, dass das Eis aus dem sich die Unterstützer der Ukraine und Russland bewegen jederzeit brechen könnte.



        Habermas verdeutlicht, dass der Westen versäumte, Russland klar zu machen, was im Falle eines Angriffes auf die Ukraine militärisch folgen würde. Ein hartes miltitärisches Argument.

    • @Lindenberg:

      "China, Brasilien, Indien und Südafrika müssen Russland also aus eigenen ökonomischen Interesse zum Frieden drängen!"



      Das stimmt. Ich bin absolut für so eine Initiative. Ich bin aber auch 100% sicher, dass Putin sich nicht darauf einlassen wird.



      Mody hat das übrigens schon im September letzten Jahres versucht, inklusive öffentlicher Ansage: "Now is not the time for war".



      edition.cnn.com/20...ntl-hnk/index.html



      Den Satz "Ob Putin verhandeln will oder nicht, darauf kommt es nicht an" verstehe ich nicht.???

      • @Barbara Falk:

        Indien und Brasilien haben ihre eigenen wirtschaftlichen u. militärpolitischen Gründe Gründe Russland zu unterstützen . Die korrupten Politiker wie Bolzenaro, Lula und auch der ANC in Südafrika haben kein Interesse an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihren Ländern . Indien verfolgt ähnliche Ziele mit ihrer radikal hinduistischen Regierung.

      • @Barbara Falk:

        Danke für Ihre Bemerkung. Die Aussage macht keinen Sinn. Also bitte gedanklich streichen.



        Sie haben Recht, Putin will zurzeit nicht verhandeln. Also gibt es keine Alternative, als die Ukraine tatkräftig zu unterstützen.



        China will etwas für den Frieden in der Ukraine tun, aber das ist eine vage Hoffnung.

      • @Barbara Falk:

        "Den Satz 'Ob Putin verhandeln will oder nicht, darauf kommt es nicht an' verstehe ich nicht."



        Erstens kommt es strategisch nicht darauf an. Mit der Initiative, eine Friedenskoalition zu bilden, z.B. mit China und Indien, kann man nicht warten, bis Herr Putin geruht, von seiner Seite ein Signal zu geben. Der Sinn der Initiative wäre ja gerade, einen entsprechenden Druck aufzubauen. China hat ja schon signalisiert, will aber in solch einer Koslition nicht federführend sein.



        Das zweite Argument ist grundlegender Art. Es geht um die Selbstverpflichtung der Staatengemeinschaft, sich um eine diplomatische Lösung zu bemühen. Gerade *weil* Putin internationales Recht verletzt und Verträge bricht, müssen die westlichen Staaten unverrückbar zu dieser Verpflichtung stehen (und nicht solcherart agieren, als sei jetzt sowieso alles außer Kraft gesetzt, weil man es mit einem Rechtsbrecher zu tun hat). Es geht um nichts weniger als sie globale Ordnung.

  • Ja, ist alles nicht einfach. Wie wollen wir alles besser wissen?



    Was ist eigentlich noch aus der Opposition gegen Putins Angriffskrieg innerhalb Russlands geworden? Errinnert ihr Euch noch an die "NO WAR - Aktion von Marina Owsjainnkowa im Russischen Staatsfernehen letztes Frühjahr?



    Wird die Opposition in Russland noch als potenzielle Kraft und Alternative um Stimmungen und Opinion gegen Putins Krieg und ja - auch für Frieden - aufzubauen in und außerhalb Russlands wahrgenommen? Oder sind Putins Unterdrückungsmechanismen wirklich so stark geworden, so dass die innere Opposition gar nicht mehr vorhanden ist? Ist das möglich?



    Wie wollen wir es besser wissen? Was machen wir denn jetzt am besten?

    • @Nilsson Samuelsson:

      Putins Rückhalt basiert auf seiner Kontrolle von Medien und Machtapparat über Gefolgsleute, die ihr Schicksal an seins gekettet haben, weil er der starke, erfolgreich Macht bewahrende und erweiternde Mann ist. Dieser Mann hat vor einem Jahr eine fatalen Fehler gemacht, der ihn und seine ganze Gefolgschaft Kopf und Kragen kosten wird, wenn man ihn nicht stoppt.

      DAS ist die Realität, die diese Gefolgsleute sehen müssen, wenn es innenpolitisch in Russland zu Veränderungen kommen soll. Im Moment würde ich tippen, können sie sich auf das Element "Fehler" schon einigen, aber insgesamt wird die Bewertung wohl noch um einiges divergieren und insbesondere das "Kopf und Kragen kosten" eher mit dem Nachlassen im Kriegseifer assoziiert als mit seiner Fortführung. Aber irgenwo ist der Punkt, wo auch diese Leute den Unterschied zwischen "Schicksalsgemeinschaft" und "Kadavergehorsam" anerkennen müssen, und dann bricht das Kartenhaus zusammen.

      Der Schlüssel dazu ist, den besagten Fehler immer fataler und fataler werden zu lassen.

  • Auch zu Zeiten des Kalten Krieges gingen die damaligen Sowjetführer oft an die Öffentlichkeit, um den Friedenswillen der Sowjetunion hervorzuheben. Stets war dieses Selbstlob gewürzt mit Vorschlägen an den Westen zu Abrüstung und Friedenssicherung. Oft war es nur Propaganda, aber hin und wieder führte es auch zu konkreten Verhandlungen.



    Nicht so in Putins Rede: Offenbar ging es in den von ihm geäußerten Absichten nur darum, das Volk und die Welt auf eine verschärfte Fortsetzung des Krieges vorzubereiten.



    Nun sage niemand, Putin habe nicht zuvor schon mehrmals seine Bereitschaft zu Verhandlungen geäußert. Allerdings wurde diese „Bereitschaft“ im Nachgang immer wieder von seinen Leuten Lawrow und Peskow entwertet, indem sie ergänzten, dass vorher die „Ziele“ (d.h., die Kriegsziele) erreicht sein müssten.



    Klar, die Ukraine braucht doch nur zu kapitulieren, dann kann man sich gern über die Details unterhalten!

  • Ok, Putin ist nicht zu trauen.



    Was ist die Alternative? Bomben bis zum Untergang?



    Denkt irgendwer ernsthaft, Putin würde sich besiegen lassen und dann Ruhe geben?



    Ist genau so unwahrscheinlich.



    Also was tun, wenn es keinen 3. Weltkrieg geben soll?



    Darauf hätte ich gerne Antworten

    In meinen Augen ist die Forderung "die Ukraine muss siegen" genau so naiv wie in Ihren die Verhandlungsforderungen.

    • @Frau Flieder:

      "Was ist die Alternative? Bomben bis zum Untergang?"



      Korrigieren Sie mich wenn ich mich irre, aber derzeit bombardiert nur eine Seite gegnerisches Territorium, und zwar die russische.



      Sollte nicht verwechselt und verwischt werden.

      • @Encantado:

        Und es sterben keine Russen?



        Bomben stehr für jede Art des Tötens.



        Viele Menschen, auf beiden Seiten, stehen wohl nicht freiwillig dort.

        • @Frau Flieder:

          "Bomben steht für jede Art des Tötens."



          Nein. Bomben steht für Bomben, implizit das Bombardieren von zivilen Zielen, da es dort am wirkungsvollsten genutzt wird.



          Töten steht für Töten.



          Worte haben Bedeutung.

          "Viele Menschen, auf beiden Seiten, stehen wohl nicht freiwillig dort."



          Zweifellos, wenn Sie mit Freiwilligkeit meinen, ob sie ohne den russischen Überfall dort stehen würden. Die tatsächlich einzigen dürften die russischen Söldner sein.



          Dennoch, eine Entscheidung zur Verteidigung erfolgt unter Zwang, aber aus freiem Willem. Die meisten Ukrainer wurden - im Gegensatz zu den russischen Wehrpflichtigen - nicht in Unkenntnis der Geschehnisse an die Front geschickt. Ich weiß, Sie wollen auf das Ausreiseverbot für ukrainische Männer hinaus. Damit negieren Sie allerdings die vielen Freiwilligen. Das abschließende Urteil in diesem Kontext steht aus.



          Auch hier gilt wieder: Worte haben Bedeutung.

          Und eine Gleichsetzung unterschiedlicher Wortbedeutungen ist eine Verwischung und Verschleierung von Fakten, ob nun gewollt oder nicht.

  • Ich habe wirklich Zweifel, dass diese absurden Manifest- und Offener-Brief-Schreiber es "gut meinen". Mit der Ukraine meinen sie es nicht gut, mit dem Völkerrecht noch weniger, nicht mal mit dem russischen Volk meinen sie es gut, wenn sie de facto den dortigen kriminellen Putinismus perpetuieren wollen.

    • @Laurenz Kambrück:

      Die meinen es nur mit sich selbst gut. Sie wollen einfach mit all dem nicht mehr behelligt werden. Deswegen strömen ihnen ja auch die ganzen Querdenker zu, denn deren Motivation ist exakt dieselbe.

      • @Suryo:

        Danke für die Aufklärung!



        So einer wie Jürgen Habermas - ja das ist mir schon immer aufgefallen -



        Meint nur sich selbst! Gelle.



        (Ironie OFF)

        • @Lowandorder:

          Als ob die Tausende, die am Samstag Wagenknecht und Chrupalla folgen, irgendwas mit Habermas im Sinn hätten.

          • @Suryo:

            Hola! Aber nicht ich werfe doch Kartoffeln & Rüben durchenein!



            &!



            Ihr Moralaposteln Durchblicker macht euch angesichts der UN-Anforderungen -



            “Verpflichtung zu Verhandlungen trotz Kriegszustand“ - mit euren Rundumschlägen & “more from this“ - einen schlanken Fuß mit Lemmingedrall. Nothing else.

            • @Lowandorder:

              Verhandlungen und Waffenlieferungen schließen sich nicht aus, das sieht man höchstens in einigen deutschen Kreisen so.

              • @Suryo:

                Da! Ist er „der abgefälschte Ball an der Außenecke“ Woll.

                So wie die UN-Regelungen von Kriegsführung &! Pflicht zur Verhandlung konstatiert. Ist’s mit der Dennoch-Waffenlieferung! But.



                Auf die Details kommt‘s an & Habermas mahnt zu recht wider das Zwanghafte!



                Anders gewendet - kann unseren Oil of Olaf I. Aus verschiedenen Gründen nicht gut am Kopp haben! Aber sein “den Ball flach halten!“ - anders als unsere Fehlbesetzung im AA - ist klug & weitsichtig. Hoffen wir - daß es mit dem übrigen schlimmeren Verwerfungen Paroli bietet.

                • @Lowandorder:

                  Die Demo will ja nicht nur den Ball flach halten. Sie will letztlich den Stopp aller Waffenlieferungen. Oder wie es ein Transparent in München forderte „Frieden mit Russland - Alles andere ist Selbstmord!“

                  Man hätte genausogut „Unterwerfung!“ oder „Faustrecht!“ draufschreiben können. Denn eins ist klar: Russland hält den Ball garantiert nicht flach.

                  • @Suryo:

                    Jung. Gegenstand der Betrachtung sind



                    Friedensappelle! Get it? Fein.

                    War ab Hofgartenwiese No No Notstands No immer irgendwo dabei!



                    Dazu zieh ich mir in der Diskussion nicht jeden Schwachsinn an! Newahr.



                    Wagenknecht/Schwarzer sind sicher was schwach auf der Brust. Ok. But.



                    Habermas liegt voll auf UN-Charta & das ist die Linie - ich bin wie Christian Ströbele mal zu recht klargestellt hat - kein Pazifist - die ich uneingeschränkt mittrage - über das fatale Waffenliefernmantra hinaus! Woll.



                    Demgegenüber ist “Blinder Pazifismus“ selbstgefälliger Kappes - geboren aus der bewegungslos hilflosen eigenen Position.



                    Dazu ist hier einiges kluges - ua von Lindenberg gesagt & angeführt worden.

  • Danke für die klaren Worte. Leider wird der Krieg noch viel zu lange dauern müssen. Alles jetzt Verhandeln ist Chamberlain in München. Der aufstrebende Diktator Putin wird erst glaubhaft verhandeln, wenn seine Arme in der Ukraine geschlagen ist. Er ist wie ein Amkoschütze mitten im Lauf.

  • Ich hab mir Markus Lanz mit Wagenknecht angetan.



    Sahra Wagenknecht ist offenkundig absolut unfähig, eine ganz einfach Tatsache zu begreifen:

    Es gibt Dinge, um die es sich zu kämpfen lohnt.

    Sie kapiert nicht, dass es wirklich, Menschen gibt, die für Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen und auch bereit sind, dafür zu sterben.

    Eigentlich ein absoluter Offenbarungseid für eine Frau, die sich als prinzipientreue Idealistin gibt. Denn eines wurde in der Sendung klar:

    Sahra Wagenknecht, die angebliche Revolutionärin, ist feige. Sie würde niemals für irgendetwas kämpfen.

    Stattdessen verliert sie sich geradezu krampfhaft in Pazifismusphrasen, die spätestens seit Butscha und Irpin nur noch hohl klingen. Sie beschwört Kompromisse, die es einfach nicht geben kann und sie will ums Verrecken nicht kapieren, warum es sie nicht geben kann. Weil sie eben nicht versteht, dass man manchmal kämpfen muss.

    • @Suryo:

      Eine sehr freundliche Interpretation für eine Frau, die an anderer Stelle stets den Kampf gegen "Kapitalismus" und "Imperialismus" predigt und alle dabei angewandten Praktiken in Diktaturen, und seien sie noch so brutal und menschenverachtend, verteidigt hat.

      Würde die USA Russland angreifen, käme sie nie auf die Idee, von Russland die Abtretung von Gebieten um des lieben Friedens Willen zu fordern. Sie würde stattdessen den zweiten Großen Verländischen Krieg ausrufen, und die Russen zum Kampf bis zum Letzten auffordern.

      Sie ist keine Pazifistin. Sie will dass das westliche Lager möglichst großen Schaden nimmt.

      • @Chris McZott:

        Ich stimme Ihnen zu, aber in der Sendung wurde auch deutlich, dass Wagenknecht wirklich nicht versteht, warum die Ukrainer sich nicht ergeben.

        Für sie liegt es auf der Hand, dass man ALLES tun müsse, um "das Blutvergießen zu beenden" (wobei sie damit ja auch das Blut der "armen" russischen Soldaten meint; irgendwie löst sich bei ihr ja alles im ganz großen ganzen, im Krieg als solchem, auf).

        Sie scheint wirklich nicht begreifen zu können, warum die Ukrainer sich nicht ergeben wollen, und dass das nichts mit Bellizismus oder Blutgier zu tun hat, sondern einfach mit dem Bewusstsein, dass Freiheit etwas ist, wofür es sich zu kämpfen lohnt.

        • @Suryo:

          Kann sein, ich möchte mich da nicht mit Ihnen um Frau Wagenknechts persönliche Motivation streiten. Wir sollten jedenfalls diese Leute mit ihren Unterwerfungsforderungen immer im Gedächtnis behalten.

          Von denen möchte ich nie wieder ein "Kein fußbreit den Faschisten" etc. hören oder lesen. Die haben hier gezeigt, wie sie auf eine bewaffnete und entschlossene faschistische Bedrohung reagieren würden: mit Defätismus oder sogar Komplizenschaft.

  • Vielen Dank für diesen klaren und wahren Text, Frau Marinić.

    Und jetzt dreht das Forum noch eine Runde:

    Aber der Westen hat, russische Sicherheitsinteressen, Atomkriegsgefahr, Putins Gesichtsverlust, Einfrieren, Korruption in der Ukraine, Asow (ach nein, das wurde ja aussortiert, warum eigentlich?), mehr Waffen, mehr Leid, verhandeln, verhandeln, verhandeln, Habermas, China, Lula, Blabla.

    • @Jim Hawkins:

      Kann mich nur Ihrem Kommentar anschließen

    • @Jim Hawkins:

      Wie wahr.

      Ich danke der TAZ, dass solche Texte hier veröffentlicht werden. Es bräuchte davon mehr auch in anderen Medien, auch wenn die Kommentarspalten hier und diverse Petitionen im öffentlichen Raum immer wieder belegen, dass Einige die Fakten nicht wahrhaben wollen - manche aber auch in oder für Sankt Petersburg u.ä. arbeiten, auch das muss mal klar gesagt werden.

      • @Bussard:

        Der Krieg dauert jetzt ein Jahr und mir kommt es vor, als hätten die Friedensfreunde ihre Argumentation seitdem nicht geändert, nie infrage gestellt, auch nicht im Entferntesten angenommen, sie könnte falsch sein.

        Bei mir war das etwa so:

        Schock und Entsetzen nach dem Angriff, dann die Gewissheit, das endet schnell und sehr blutig.

        Dann Aufritt: Sonnyboy Selenskij und sein, im besten Sinne, ätzender Bruder Melnijk.

        Der Konflikt bekam eine moderne, zivile Seite und eine hässliche, reaktionäre, menschenfeindliche.

        Schließlich die Erkenntnis, die Ukraine wehrt sich und sie kann das und man muss alles tun, um ihr zu helfen.

        Dann kamen die offenen Briefe, Traktätchen und so weiter, an denen man nur verzweifeln konnte, aber niemals seine Gedanken daran schärfen.

        Jetzt hören wir Stimmen wie die von Frau Marinić.

        Die werden verhöhnt und verleumdet, weil sie die Wahrheit sagen.

        Die verfolgende Unschuld in Form der Schwarzers und Wagenknechts wird natürlich weitermachen, weil sie gar nicht anders können.

        Und so demonstrieren sie eben am Samstag mit Nazis und Querdenkern.

        Dazu muss man gar nichts sagen, das zerlegt sich selbst.

        • @Jim Hawkins:

          Sahra Wagenknecht, die ach so prinzipienfeste Kämpferin, ist weder prinzipienfest noch kämpferisch, wie sich zeigt. Die sich so unverrückbar und als Nachfolgerin der großen linken Revolutionäre inszenierende Sahra begreift nicht, dass es Dinge gibt, um die Menschen tatsächlich, im wahrsten Sinne des Wortes, kämpfen müssen und wollen. Sie versteht wirklich nicht, warum die Ukrainer nicht einfach aufgeben wollen.

          Schöne Revolutionärin.

  • Daran krankt leider fast jeder wohlmeinender Friedensappell: was ist mit Putin? Will er wirklich verhandeln und wenn ja mit welchem Ziel? Hält er Vereinbarungen ein? Leider erscheint es so, dass Putin nur dann verhandelt wenn es Putin politisch und/oder persönlich nutzt. Den Abzug der russischen Truppen zu verhandeln wäre sein politisches Aus, das Ende des Krieges lenkt den Blick auf die mannigfaltigen innenpolitischen Probleme in Rußland. Also wozu den Krieg stoppen? Erst wenn die Niederlage auf militärischem Gebiet feststeht, die Verdrängung durch Propaganda fehlschlägt wird Putin oder sein Nachfolger an den Verhandlungstisch gezwungen. Dass das alles noch einige Jahre dauern kann macht die Situation so düster und perspektivlos.