Biden bei Selenski in Kyjiw: Überraschender Besuch aus den USA

Joe Biden trifft am Montag in Kyjiw ein. Der US-Präsident kündigt Hilfen im Umfang von einer halben Milliarde US-Dollar an – auch für weitere Waffen.

Wolodomir Selenskij und Joe Biden unterhalten sich - neben ihnen steht ein bewaffneter Soldat

US-Präsident Biden besucht zum ersten Mal seit Kriegsbeginn am 24. 2. 22 die Ukraine Foto: dpa

KYJIW taz | Auch an diesem besonderen Tag heulten am Vormittag in Kyjiw die Sirenen. Und wieder einmal folgte kaum jemand den Aufforderungen, Schutz zu suchen, entweder in einem Keller oder zumindest in der Wohnung einen fensterlosen Raum oder Gang aufzusuchen.

Doch kaum waren die Sirenen in der Landeshauptstadt und anderen Städten verklungen, verbreitete sich im ganzen Land wie ein Lauffeuer die Kunde vom Überraschungsbesuch des amerikanischen Präsidenten. Erste Bilder von Joe Biden und Wolodimir Selenski beim Gang durch die Stadt machten die Runde. Der US-Präsident war in die ukrainische Hauptstadt gekommen, um der ukrainischen Führung die Unterstützung zu versichern.

Wer am späten Vormittag über den Powitroflotskij-Prospekt in die Innenstadt wollte, blieb in einem kilometerlangen Stau stecken. An der Iwan-Ogien­ko-Straße, die zum Bahnhof führte, war für die Autos Schluss. Sie standen erst einmal vierzig Minuten. Glück hatte nur, wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs war. Der konnte weiter über die auf einmal menschenleere Straße in die Innenstadt. Vierzig Minuten lang schien in Kyjiw autofreier Sonntag zu sein.

Verwundert schauen zwei Frauen auf der Brücke des Powitroflotskij-Prospekt auf den Beresteiskij-Prospekt, der noch vor zwei Wochen „Prospekt des Sieges“ hieß. Sie genießen es, dass es mal für ein paar Minuten ruhig ist auf dieser Brücke. „Wieso sperren die hier alles für den Pkw-Verkehr?“ fragt die eine.

„Ich glaube kaum, dass Biden und Selenski hier vorbeifahren werden. Aber zumindest heute sind wir sicher“, fährt sie fort. Russland werde sich ja wohl kaum erdreisten, ausgerechnet am Tag des Biden-Besuchs Kyjiw zu beschießen. „Wenn sie das aber trotzdem machen und dem Biden wird auch nur irgendetwas zustoßen, dann haben wir einen richtig großen Krieg“, antwortet die andere. „Die russischen Kinschal-Raketen sind so zielgenau nicht. Wehe, wenn dem Biden dann was passiert.“

Sie sollte recht behalten. Kyjiw ist nicht beschossen worden. Russland war vorab über den Biden-Besuch informiert worden, erklärte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan.

Gemeinsam mit Präsident Wolodimir Selenski hatte Joe Biden bei seinem Besuch der ukrainischen Gefallenen gedacht und neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Gleichzeitig sagte er Unterstützung in Höhe von einer weiteren halben Milliarde Dollar zu. Auch Granaten für Haubitzen, Panzerabwehrraketen, Luftüber­wachungsradare und andere Militärausrüstung seien in dieser Zusage enthalten. Die USA haben bislang Hilfe von mehr als 50 Milliarden Dollar geleistet.

Dieser Tage fragt man sich in der Ukraine nur eins: Wie wird der 24. Februar, der Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine, ablaufen? Da wird wohl nichts Gutes kommen, meinen viele in Kiew.

Noch größer ist die Angst im Osten des Landes. „Sie nehmen wieder zu, die Luftangriffe auf Charkiw“, berichtet die Menschenrechtlerin und Juristin Tamila Bespala der taz am Telefon. „Wir fürchten uns vor dem Freitag.“

Aber auch nach dem 24. Februar wird keine Ruhe einkehren in dem Land. Sowohl Russland wie auch die Ukraine haben eine Frühjahrsoffensive angekündigt.

Das Leben in der Hauptstadt geht seinen Gang, auch Strom gibt es mittlerweile seit einigen Tagen rund um die Uhr. Vierzig Minuten später fahren wieder Autos über diese Brücke. Die beiden Frauen haben weder Biden noch Selenski vorbeifahren sehen. US-Präsident Biden wird nun als Nächstes nach Polen weiterreisen.

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