Agrarministerin biegt Fakten zurecht: Klöckners Desinformation

Wieder mal ist Agrarministerin Klöckner durch irreführende Darstellung von Fakten aufgefallen. So untergräbt sie das Vertrauen in den Staat.

Landwirtschaftsministerin Klöckner vor einem Auto.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner vor der CDU-Zentrale in Berlin am 12. April Foto: Michele Tantussi/reuters

Julia Klöckner, Bundesagrarministerin und Vizevorsitzende der CDU, schadet durch Desinformation zusehends dem Vertrauen in die Regierung und den Staat: Zum wiederholten Mal ist sie durch falsche oder irreführende Darstellung von Fakten aufgefallen.

Im aktuellen Fall geht es darum, dass die Große Koalition die Beschäftigung von Ern­te­hel­fe­r*in­nen ohne Sozialversicherung in diesem Jahr von 70 auf 102 Tage verlängern will. Mitten in der derzeitigen Corona-Welle sollen Ost­eu­ro­päe­r*in­nen noch länger als normalerweise ohne reguläre Krankenversicherung arbeiten. Dadurch verliert die Sozialversicherung Beiträge. Manche dieser Min­dest­löh­ne­r*in­nen werden hohe Behandlungskosten selbst bezahlen müssen, wenn sie zum Beispiel mit Covid 19 auf der Intensivstation landen. Denn nicht alle Bäue­r*in­nen haben eine private Krankenversicherung für ihre Ern­te­hel­fe­r*in­nen, und die deckt auch nicht alle Risiken ab.

Da dieses Geschenk für die Landwirt*innen, die sich Sozialversicherungsbeiträge sparen, in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen konnte, hat Klöckner es mit einem Bonbon garniert: Künftig müssten die Arbeitgeber den Behörden melden, wie die Beschäftigten krankenversichert sind, teilte das Agrarministerium mit. Doch den Haken ließ es einfach weg: Die Meldepflicht soll erst ab 2022 gelten – also nicht im momentanen Coronajahr. Das war eine vermutlich bewusste Irreführung. Wichtige Medien meldeten deshalb fälschlicherweise, dass die Meldepflicht und die Ausweitung der sozialversicherungsfreien Beschäftigung gleichzeitig kämen.

Dass Pressestellen Sachverhalte in ihrem Sinne gewichten, ist legitim. Aber ein Bundesministerium darf falsche Fakten noch nicht einmal suggerieren. Das hat Klöckner hier aber.

Auch frühere Äußerungen der Ministerin etwa zu dem 2020 gestorbenen, Corona-infizierten Ern­te­hel­fe­r*in­nen oder Importen von Lebensmitteln mit gefährlichen Pestiziden hatten mit Wahrheit wenig zu tun. Klöckner muss endlich ihrer Verantwortung als Repräsentantin des Staates nachkommen.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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