Wer sind die 46,7 Prozent?: Wo man Antidemokraten wählt
Bei der Landratswahl in Sonneberg scheitert der AfD-Mann knapp an der absoluten Mehrheit. Was ist da los?
K napp 47 Prozent der Wähler*innen im thüringischen Sonneberg haben für die rechtsextreme AfD gestimmt. Fast hätte es mit Robert Sesselmann den ersten AfD-Landrat schon im ersten Wahlgang gegeben – nur gut 3 Prozentpunkte fehlten ihm zur absoluten Mehrheit. Das ist ein krasses Ergebnis, das sich insbesondere die Union genau anschauen sollte. Denn es zeigt: Dort, wo die CDU die Botschaften der AfD übernimmt, erstarken am Ende die Rechten.
Natürlich profitierte die AfD in Sonneberg auch vom bundesweiten AfD-Umfragehoch, von Abstiegsängsten und vom Ampel-PR-Desaster ums Heizungsgesetz. Aber es ist auch kein Zufall, dass dieses Wahlergebnis aus genau dem Landkreis kommt, in dem die CDU für die Bundestagswahl den rechten Verschwörungsideologen Hans-Georg Maaßen aufgestellt hat.
Zwei Tage vor der Wahl plädierte ein CDU-Bürgermeister von Waltershausen, 75 Kilometer Luftlinie von Sonneberg entfernt, für Zusammenarbeit mit der AfD – schließlich seien ja nicht alle in der AfD Faschisten. Gerade mit Blick auf die AfD Thüringen darf man da jedoch Zweifel anmelden: Denn dort ist der Rechtsextremist Höcke unangefochtener Alleinherrscher.
Er trägt seine neofaschistische Gesinnung offen zur Schau, benutzt SA-Parolen und fordert ein „Remigrationsprojekt“ (sprich: Deportationen) mit „wohltemperierter Grausamkeit“.
Alle Parteien aufgerufen, CDU zu wählen
Angesichts dessen ist es natürlich richtig, dass nun alle demokratischen Parteien dazu aufrufen, bei der Stichwahl für den zweitplatzierten CDU-Kandidaten Jürgen Köpper zu stimmen. Ebenso wichtig wäre es jedoch, dass die CDU in Wahlkämpfen auf regional wichtige Themen setzt und sich endlich glaubwürdig und inhaltlich gegen Rechtsextreme abgrenzt.
Genau das tut die Thüringer CDU nämlich nicht, wenn sie zusammen mit der AfD geschlechtergerechte Sprache abschafft oder wenn der CDU-Kandidat Köpper das Heizungsgesetz als „Durchsetzen grüner Ideologie mit brutalster Gewalt“ bezeichnet. Vor Ort geht es nicht um Themen wie Fachkräftemangel, sondern um rechten Kulturkampf. Davon profitiert nur die AfD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“