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Umgang mit der AfDSollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?

Über die Frage, ob wir AfD-Wähler:innen in der taz mehr zitieren sollten, diskutiert die Redaktion seit Wochen heftig. Ein Pro & Contra.

Die AFD wirft ihre Schatten voraus Foto: Hannes P Albert/dpa
Inhaltsverzeichnis

Ja!

Denn das Jahr 2024 wird mit einem großen Rechtsruck in die Geschichte eingehen. In Europa, in Thüringen, in Sachsen und Brandenburg, in den USA – überall haben sehr viele Leute rechte und rechtsextreme Parteien gewählt. Und Jour­na­lis­t*in­nen haben die Aufgabe, das abzubilden, einzuordnen, zu erklären.

Die Frage, ob wir AfD-Wähler*innen in der taz zitieren sollen, finde ich absurd. Die Aufgabe von Jour­na­lis­t*in­nen ist es, Gegenwart zu beschreiben. Und die ist geprägt von einem rechten Zeitgeist. Um zu verstehen, woher dieser kommt, können wir Studien wälzen, Soziologinnen befragen oder Lehrer, die mit rechten Jugendlichen arbeiten. Aber warum nicht auch die, die mit ihrer Stimme selbst den rechten Zeitgeist vorantreiben?

Zu behaupten, mit AfD-Wähler*innen bräuchten wir nicht zu sprechen, weil wir wüssten, was sie sagen, ist keine journalistische Denkweise. Es kommt vor, dass bei diesen Gesprächen nicht viel herauskommt, dass das Gegenüber Fakten verdreht, für Gegenargumente nicht offen ist. Aber die Aufgabe von Jour­na­lis­t*in­nen ist es nicht, diese Leute zu bekehren, sondern sie zu beschreiben.

Ein Argument gegen AfD-Stimmen in der taz ist, dass „wir“ „denen“ keine Bühne bieten sollen. Darin steckt mir zu viel Moral: Ja klar, jede Zeitung, jede Talkshow ist eine Bühne. Aber es ist auch ein Ort, an dem Öffentlichkeit verhandelt wird. An dem sich Leute informieren, informiert werden – von uns Journalist*innen. Dieser Aufgabe kommen wir nicht nach, wenn wir einen relevanten Teil der Bevölkerung ausklammern.

Wenn wir die Forderung, dass wir AfD-Stimmen nicht in der taz abbilden sollten, weiterspinnen – was heißt das für unsere Auslandsberichterstattung? Mit Trump-Wähler*innen reden wir nicht, mit denen von Le Pen, Meloni, Milei und Putin auch nicht? Dann wäre unsere Berichterstattung ziemlich dünn.

Auseinandersetzung ist wichtig

Das heißt nicht, dass wir im Bundestagswahlkampf eine Doppelseite drucken, auf der AfD-Wähler*innen ungefiltert ihren Frust und Hass abladen dürfen. So einen Platz würden wir auch SPD-Wähler*innen nicht einräumen. Aber die Wahlkampfreportage vom Höcke-Auftritt, mit Stimmen aus dem Publikum? Unbedingt. Die Recherche im Umfeld der rechten Terrorgruppe mit verständnisvollen Zitaten aus der Nachbarschaft? Natürlich, so arbeiten wir doch sowieso.

Neben ihren Wäh­le­r:in­nen interessiert uns auch vieles anderes an der Partei. Ihre Spenden- und Spionageskandale. Die rechtsextremen Netzwerke ihrer Mitarbeiter*innen. Die Umsturzpläne ihrer Mandatsträger. Diese Recherchen haben immer wieder gezeigt, dass es manchmal nicht weit ist vom AfD-Wähler zum Rechtsterroristen.

Deshalb hat das Zuhören und Zu-Wort-kommen-Lassen natürlich Grenzen. Menschenverachtende, rassistische Aussagen müssen wir nicht im Wortlaut wiedergeben. Sie lassen sich beschreiben und einordnen. Und zweitens: Niemand muss für seinen Job seine Gesundheit riskieren, schon gar nicht, wenn man selbst für das, was man ist, von der AfD bekämpft wird. Anne Fromm

Anm. der Redaktion: Wir haben den Titel und den Text leicht angepasst, um Missverständnisse zu vermeiden. Es geht nicht darum, AfD-Wähler:innen in der taz schreiben zu lassen. Es geht darum, diese Stimmen zu zitieren und abzubilden.

Nein!

Nein, denn damit würde die taz den AfD-Wähler:innen auf den Leim gehen. Wie wir mittlerweile wissen, wählen viele die Partei nicht (mehr) aus Protest, sondern weil sie deren rechtsextremes Weltbild komplett unterschreiben: Sie wollen Mi­gran­t:in­nen abschieben und Rechte für Frauen und queere Personen beschneiden. Sie machen sich nicht nur mit dem russischen Kriegstreiber Putin gemein, sondern auch mit anderen Diktatoren dieser Welt. Die AfD und ihre Wäh­le­r:in­nen wollen das Bundesverfassungsgericht umkrempeln und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk am liebsten abschaffen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Kurz gesagt: Sie wollen den Staat nach ihrem rechten Weltbild umformen. Über all das ist über Maß berichtet worden.

So zu tun, als erführe man mit jedem weiteren Interview mehr darüber, was in den Köpfen von AfD-Wähler:innen so abgeht, ist naiv. Das zeigen bereits all die Reportagen und Fernsehberichte, die genau das schon versucht haben. Da steht ein Mann vor der Kamera und behauptet ganz offen, dass Hitler und dessen Taten doch eine gute Sache waren.

Will man das auch noch in der taz lesen? Wer glaubt, durch Diskussionen, Interviews und Streitgespräche mit AfD-Wählenden für einen offenen Journalismus zu sorgen, sitzt einem Trugschluss auf. Jeder neue Text zur AfD und ihren Für­spre­che­r:in­nen bringt wenig Neues, sondern reproduziert das bereits Bekannte – und dürfte die AfD jubeln lassen: Jetzt haben wir auch die taz im Sack.

Sie wollen keine Argumente hören

Wer jemals versucht, mit Menschen, die der AfD nahestehen, ein offenes Gespräch zu führen, dürfte in Kürze an die Grenzen eines solchen geraten. Sie wollen keinen Dialog, den Dialog wollen nur wir. AfD-Wähler:innen beharren auf ihren Argumenten, sie wollen nicht einmal hören, was die andere Seite sagt. Ich selbst habe das mehrere Male erlebt und musste leider feststellen, dass sich „die anderen“ in keiner Weise auf Argumente einlassen, die nicht ihre kruden Thesen stützen. Um es noch deutlicher zu sagen: Es gilt einzig ihre Meinung, Punkt.

Die AfD-Gläubigen beanspruchen das Recht auf ihrer Seite, verweisen auf ihre Quellen: all die Fakenews-Seiten, die sie regelmäßig lesen und denen sie zu 100 Prozent glauben. Sie weisen wiederum die (in unseren Augen) seriösen Medien als unseriös ab, gern mit den Worten: „DAS sind Fakenews.“ Erst neulich habe ich das wieder erleben dürfen und mich als „Tagesschau-Verseuchte“ beschimpfen lassen müssen. Gern faseln solche Leute etwas von einer „Apartheid in Deutschland“ und dass es in Deutschland keinerlei Demokratie gebe.

Wie also sollte man ihnen begegnen? Mit Gefühligkeit? Vermutungen? Bitten nach mehr Toleranz? Wer glaubt, diese Hardliner zum Nachdenken oder gar dazu zu bringen, dass sie sich mit ihrem Geschwurbel selbst entlarven, darf sich am Ende nicht wundern, wenn das nicht gelingt. Das Gegenteil wird passieren: Mit Statements in unserer Zeitung würden wir ihnen eine mediale Bühne bieten, die besser nicht sein könnte. Dafür sollte sich die taz auf keinen Fall hergeben. Simone Schmollack

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Anne Fromm
Reporterin
Ressortleiterin Reportage & Recherche und Vorständin der taz. // Berichtet vor allem über sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch, Rechtsextremismus und Desinformation. // Davor war sie Medienredakteurin im Gesellschaftsressort taz2. // Erreichbar über Threema: 9F3RAM48 und PGP-Key: 0x7DF4A8756B342300, Fingerabdruck: DB46 B198 819C 8D01 B290 DDEA 7DF4 A875 6B34 2300
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35 Kommentare

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  • Ja, man sollte diesen Stimmen Raum geben, man muss Sie sich ja nicht zu eigen machen. Miteinander reden ist immer besser als nur übereinander reden.



    Auf der anderen Seite gibt es das ja auch, Dunja Hayali sprach vor Jahren mal mit der Jungen Freiheit (im Übrigen sehr lesenswert):



    jungefreiheit.de/d...ir-alle-einpacken/

  • Nein, ich möchte keinen populistischen Blödsinn in der TAZ lesen. Weder von rechter noch von linker Seite.



    Noch etwas: Während des US-Wahlkampfes habe ich regelmäßig die New York Times gelesen. Dort bekam Trump viel mehr Aufmerksamkeit als Harris. Trump hat bei Wahlkampfauftritten regelmäßig neuen Unfug erzählt, über den man sich ereifern konnte.



    Auch so etwas sollte der TAZ nicht passieren.

  • Wenn es hilft zu verstehen, warum Leute diese Partei wählen, warum nicht?

    Die Gefahr, dass taz-Leserinnen und Leser dahingehend beeinflusst werden könnten, AfD zu wählen, dürfte gegen null gehen.

    Generell würde ich sagen, dass man mit Leuten, die diskutieren können, auch diskutieren sollte. Erstmal unabhängig davon, welche Partei sie wählen.

  • Sollte sich die taz tatsächlich Nazis öffnen, müßte ich meine Unterstützung (Geno, taz-zahl-ich) revidieren!

  • Differenzierende Darstellung des Dilemmas.

    Mit Popper & Co.: keine Toleranz den Feinden der Toleranz.



    Keine Bühne den Feinden der Fakten.



    Zuletzt: die taz ist kaum ein Vollversorger, sondern eine Ergänzungszeitung für mehr zu Internationalem und links-alternativen Bewegungen.

    Und das schreibt jemand, der bei einzelnen Bekannten geduldig nachfragt und ermittelt, warum sie denn laut überlegen, ob sie ADis wählen sollen (anekdotisch eingeworfen: weil sie entweder mit "Deutschland und sonst nichts" beginnen oder weil die "Migration" mit "Kontrollverlust" gleichsetzen)



    Ich halte auch sonst nichts von einem Abkapseln in die grünalternative Subwelt und Abwerten aller anderen Perspektiven.



    Doch solch massive Ungleichheitsideologien, bewusste Wahrheitsverzerrungen und Vergötzung von asozialer Macht brauche zumindest ich hier _nicht.

  • "Die Aufgabe von Jour­na­lis­t*in­nen ist es, Gegenwart zu beschreiben."

    Nein! Die Aufgabe ist, zu beschreiben UND einzuordnen. Da Hetze keine Meinung ist, kann man die AfD getrost ignorieren.

    Keine Stimme für Hass und Verhetzung!

  • Nichts dagegen mit den Wählern der AfD zu sprechen um ein kritisches Meinungsbild zu erstellen. Das kann man "mal" machen, aber regelmäßig lesen will ich das nicht. Der Journalist der sich das ganze Geschwurbel anhören muss tut mir jetzt schon leid. Die Gefahr ist, das man aus Gründen der "Fairness" sich zurück nimmt und unkommentiert oder nicht ausreichend kommentiert ihrem Gedankengut eine zusätzliche Plattform bietet. Die AfD hat ja auch mit dem Argument der Fairness immer mehr Präsenz in den Medien erlangt. Der Schuss ist ja nach hinten los gegangen. Statt Entzauberung gab es einen Popularitätsschub.

  • Gegnern der Demokratie und der Menschenrechte einen Raum bieten, passt nicht zur TAZ. Über diese Gegner und ihre Strategien berichten ja, ihnen aber einen Platz in der TAZ einräumen, den ich bezahle, nein.

  • Würdet ihr auch Wählerinnen der NSDAP zu Wort kommen lassen wollen?

  • Die "Nein-Stimme" wirft AFD-Wählern vor keinen Dialog zu wollen und lehnt ihn selbst ab. Zum Lächeln finde ich das allerdings nicht mehr. Dialog bedeutet übrigens nicht, dass die andere Seite mit der eigenen Meinung den Raum verlässt. Und das eine Taz-Redakteurin die eigenen Leser für so einfältig hält der AFD möglicherweise auf den Leim zu gehen ist ebenfalls bemerkenswert Es geht darum die AFD argumentativ vor potentiellen AFD-Wählern bloß zu stellen. Wer sich dem verweigert kann es nicht oder will es nicht. Das ignorieren von Problemen wird vom Wähler nicht mehr akzeptiert. Erstaunlich wie viele das nicht verstanden haben.

    • @Nachtsonne:

      Ich fürchte, die TAZ erreicht kaum potenzielle AFD-Wähler:innen. Diese befinden sich in ihrem eigenen, fakten-befreiten Nachrichtenuniversum. Siehe Nius, Compact & Co.



      Deswegen dürfte es mehr um die Frage gehen, ob die TAZ uns damit auf die Nerven gehen sollte.

  • Vielleicht nicht ganz passend der Vergleich, gerade geopolitisch gesehen; von der taz und dem Sack Reis.

    Härter wird es die gewählten und noch zu wählenden Repräsentanten Deutschland auf der internationalen Bühne treffen. Da gibt es eigentlich nur zwei Optionen:



    Sich (zukünftig) zurückhalten oder den Wendehals geben ...

  • Ich persönlich sehe nicht warum eine linke Zeitung, die ja auch kein Geheimnis daraus macht genau das zu sein, rechtsextreme Wortmeldungen abbilden muss. Ausgewogene Berichterstattung wäre die Aufgabe des ÖRR, da dieser (für diesen Auftrag) von JEDEM Bürger des Landes Geld bekommt.

    Selber konsumiere ich linke Medien (TAZ, Zeit, ÖRR) aber auch konservative Medien (NIUS, Bild, Welt usw.).



    Die persönliche Wahrheit liegt meist irgendwo zwischen diesen Welten.



    Wir bekommen aber immer weniger einen gesellschaftlichen Konsens hin, weil bestimmte Meinungen schon in der Wurzel als nicht diskutabel angesehen werden.



    Z. B. muss es in der Migration (meine persönliche Meinung) einen Mittelweg geben zwischen jeder kann kommen und wir machen die Grenzen komplett dicht. Ich sehe und lese aber gefühlt immer nur die extremen Meinungen und da finde ich es (leider) verständlich das immer mehr Bürger da irgendwann resignieren.



    Ich würde mir bei solchen Themen lösungsorientierte Artikel wünschen und keine emotionalen Appelle. Migration ist schön, es muss aber geklärt werden, wie die freiheitlichen Werte geschützt werden und im Idealfall auch von Migranten mitgetragen werden.

  • Den rechten Mist liest man überall. Das geht soweit, dass die Sprachkultur darunter leidet und wir im Bundestag einen Umgang miteinander haben, der seines Gleichen sucht.



    Auch die taz wird sich dem nicht entziehen können und sprachlich abdriften. AfD Anhänger in der taz nur zur Sprache zu bringen, um sie zu diskreditieren entspricht dem Verhalten der AfD selbst. Ich glaube kaum dass ihr wie die AfD sein wollt.



    Eure Gedanken sind schön und gut. Dennoch hinken Vergleiche wie der mit dem Ausland und Trump, LePen usw.



    Die AfD und ihre Anhänger treten überall auf. Wird das auch in der taz, sorry, aber dann muss ich mir das nicht mehr geben. Ganz klarer Fall: Nein, zu noch einer Bühne (auch an dieser Stelle: völlig verdrehte Argumentation von euch) für die AfD Stimmen.

    PS: Es ist so abgedreht, dass ihr überhaupt darüber diskutiert. Habt ihr da einen AfD´ler unter euch, der unbedingt die AfD in der taz sehen will?

  • Wenn ich mir manche Kommentare hier durchlese, dann sind diese Wähler schon längst hier im Forum anwesend.

  • Jeder einzelne AfD-Wähler ist ein Nazi. Ohne Wenn und Aber. Punkt.

    • @Jelli:

      In unserem Wahlkreis haben gerade 42% der Wähler AfD gewählt. Bei meinem Vater auf dem Dorf nebenan waren es 80%. Wenn Sie Recht hätten, wäre ich ja von Nazis umzingelt.



      Statt die AfD zu Wort kommen zu lassen, sollte die TAZ lieber mehr Ostdeutsche zu Wort kommen lassen. Aktuell haben wir ja immer öfter folgendes Problem. Die AfD greift aus populistischen Gründen für ihren Wahlkampf eine im Osten weit verbreitete Meinung auf. Daraufhin wird die Meinung von Westdeutschen als rechtsextrem deklariert, kommt ja schließlich von der AfD.



      Irgendwann gibt es hier qua Definition nur noch Rechtsextreme. Diesen Zirkelschluss zu durchbrechen, wäre ein großer Gewinn im Kampf gegen den Rechtspopulismus hier in der Region.

      • @Šarru-kīnu:

        Werter Sargon,



        es gibt kein Recht auf Verantwortungslosigkeit für sein Stimmverhalten, sehr frei nach H. Arendt. Wer die wählt, sollte inzwischen wissen, was er tut.



        Und doch sollte man nur wenige Menschen "aufgeben", sollte man bei jeder Haltung nachfragen, ganz unabhängig von den Schubladen Ost und West.

  • Ich möchte schon wissen, wie AfD Anhänger argumentieren. Sie lassen sich aber nicht durch Argumente überzeugen, in der Regel hören sie nicht mal zu.

  • Stellt sich die Frage, weil die FDP sich gerade selbst auflöst ? 😁🤣😂

  • Also wenn ihr einen AFD-Wähler oder Funktionär inhaltlich in einem Interview zerlegen wollt, dann gerne, ansonsten ist doch wohl klar, ihr seid kein Hetzblatt und deshalb solltet ihr auch niemals Hetzern eine Stimme geben, darüber solltet ihr keine einzige Sekunde nachdenken!

  • Schwierige Frage und es hebt die TAZ aus dem sonstigen Mediensumpf heraus, dass ihr euch diese Frage stellt.

    Meiner Meinung nach ist es demokratisch, diese Stimmen zu hören und zu diskutieren. Wie will man Menschen demokratisch einbinden und ihre Ängste, Nöte, Wünsche berücksichtigen? Und das ist es ja, wofür Demokratie steht. Sie bedeutet nicht: was die Mehrheit will, wird gemacht, scheiß auf alle anderen. Und die Frage ist, ob AfD WählerInnen das auch so sehen!

    Aber man sollte - und das gilt für ALLE Parteien und Ereignisse - Aussagen mit der Realität konfontieren. Wenn z.B. ein Merz von einer nationalen Notlage spricht angesichts eines einzelnen Gewaltverbrechens (Solingen), dann MUSS die Presse dem die Realität gegenüber stellen, dass wir in einem Land mit 84 Millionen Menschen leben, in dem nebenbei jeden Tag eine Frau, insgesamt denke ich ca. 2000 Menschen im Jahr einem tödlichen Gewaltverbrechen zum Opfer fallen.



    Solche Lügen eines Merz darf die Presse nicht einfach aus falsch verstandener Objektivität heraus abdrucken.

    Und selbstredend gilt das auch für Aussagen von AfD, FDP, Grünen etc.

  • Ich bin ebenfalls komplett dagegen. Welche neuen Erkenntnisse sollte man aus den Meinungen und den immer wiederkehrenden Ressentiments der rechten AfD-Blase gewinnen, die nicht bereits unzählige Male gehört und widerlegt wurden? Für mich wäre das eine klare False Balance.

    Stattdessen wünsche ich mir, dass wir uns stärker mit Themen befassen, die von den Rechten bislang erfolgreich vereinnahmt wurden, weil sie von uns Linken oft ignoriert oder als irrelevant abgetan werden. Dazu zählt zum Beispiel die zunehmende Radikalisierung junger muslimischer Männer. Diese hat natürlich viel mit fehlenden Integrationsangeboten zu tun, führt aber auch zu Problemen wie einer extremen Queer-Feindlichkeit. Diese ist eng verknüpft mit einem archaischen Rollenbild von Männern und Frauen, das in diesen Gruppen weit verbreitet ist.

  • Ich bin da bei Frau Schmollack. Wenn ich ein linkes Blatt wie die taz lese, dann möchte ich nicht auch noch hier den Unfug von AfDlern vorgelegt bekommen. Das wird schon zur genüge in anderen Portalen gemacht.

  • Wenn ich nun unbedingt AfD - Zeug lesen und hören muss, kann ich deren Parteiprogramm lesen oder irgendein rechtes Forum. Oder muss ich dafür dann zahlen? Also eher nicht.



    Euch MitarbeiterInnen von der taz wünsche ich dann aber viel Spaß beim Bearbeiten der Kommentare...

    • @aujau:

      Solange sich die taz noch beim bösen Musk (X) tummelt, da übt sie schon den Spagat.

  • "Das Gegenteil wird passieren: Mit Statements in unserer Zeitung würden wir ihnen eine mediale Bühne bieten, die besser nicht sein könnte."



    Trifft m.E. voll zu, das ist keine der breiten Leserschaft zu vermittelnde Option.



    Pseudo-Legitimation durch gezielte Agitation, wie es antidemokratische Parteien betreiben, ist das genaue Gegenteil von taz.



    Ein Hort und eine Schmiede der Demagogie haben keinen Platz neben seriöser journalistischer Arbeit.

  • Ich erwarte von einer Zeitung gut recherchierte Informationen, investigativen Journalismus und kluge Analysen und nicht das vermeintlich repräsentative Abbilden des politischen Meinungsspektrums.

    Wenn ich AfD-Meinungen lesen/ hören will dann brauch ich nur in die sozialen Medien, die Kommentarbereiche oder eben die rechten Medien zu schauen, oder oder oder.

    Wenn in 10 Jahren 20 Prozent der Bevölkerung glauben, dass die Erde flach ist und Wir von Echsenmenschen regiert werden, nehmt ihr das dann auch auf und verbreitet es im Sinne des Proporz?

    Jede Plattform die man der AfD gibt wird genutzt werden deren Grütze zu verbreiten. Hinterher heisst es dann, ja aber der Proporz? Das Meinungsspektrum? Die Demokratie? Wir mussten doch volksnah sein?

    Welcher Journalist ist denn verpflichtet mit einer Partei zu reden und deren Positionen zu verbreiten, die ihn erschießen und in eine Grube werfen will und dann Löschkalk drauf, O-Ton Holger Arppe?

  • Nein. Ich möchte keinen Kontakt zu Nazis.

  • Klares Untentschieden. Doch die Frage wirft sich auf, ob man AfD-Wähler alle vorurteilsbehaftet und mit solchen Beschreibungen in einen Topf werfen kann und welchen Schaden man mit dieser medialen Gruppebildung und Identitätsstärkung anrichtet.

  • Zwischen "Abbilden was sie sagen" und "zu Wort kommen lassen" besteht halt auch noch ein Unterschied. Ich kann auf weiteres uneinsichtiges Gejammer gern verzichten, zumal jeder Artikel dann zwei Seiten Faktencheck erfordern würden.



    Und was soll dabei herauskommen? Die werden ja nicht ehrlich und somit offen Menschenfeindlich sein, sondern Kreide gefressen haben und bei jeder Anmerkung wieder lametieren: Ich darf nicht Ausreden, Ich darf meinen Bullshit nicht ohne Faktencheck verbreiten... Und wenn man ihre hasserfüllten Aussagen nicht auch in den Text aufnimmt hat das zur Folge, dass die Neonazis plötzlich verzerrt dargestellt werden und somit "vernünftiger" wirken.



    "Ich wähle AFD weil Olaf Scholz Steuerbetrüger schützt! [nicht abgebildetes dümmliches Geschwurbel] Außerdem habe ich mein Leben lang gearbeitet und jetzt kaum Rente.[Verschwörungstheorie]"



    Wer will den Nazis freiwillig mehr Raum geben?

  • "Wer jemals versucht, mit Menschen, die der AfD nahe stehen, ein offenes Gespräch zu führen, dürfte in Kürze die Grenzen eines solchen geraten. Sie wollen keinen Dialog, den Dialog wollen nur wir. "

    Nein, deckt sich nicht mit meinen Erfahrungen. Klar, man stößt da durchaus auf haarsträubenden Unsinn, und es gibt Leute, die so völlig verstrahlt sind, dass es schlicht keine gemeinsame Gesprächsbasis gibt. Aber zu glauben, Links habe quasi Aufklärung und Ratio für sich gepachtet, verrät mehr über die eigene Blase denn über die Realität.

    Genau dieses Abkapseln in den eigenen Echokammern verhindert nämlich, dass man auch nur zur Kenntnis nimmt, dass viele eben einen anderen Blick auf die Welt haben. Eva Illouz hat das kürzlich prägnant formuliert: "In den meisten europäischen Ländern wählt die Arbeiterschicht nicht mehr links, weil die identitäre Linke für ihre Sorgen unsensibel gewesen ist. Deindustrialisierung, Arbeitsplatzunsicherheit, Inflation oder der Verfall von Infrastruktur und Wohnvierteln haben nichts mit Identität zu tun."

    Und ganz grundsätzlich: Demokratie ist immer der Kampf um Mehrheiten. Ich muss die überzeugen, die anderer Meinung sind. Was wäre die Alternative?

  • Nein



    Ich habe in Afd-Gläubigen gesprächen leider auch festgestellt, das da nichts interessantes bei rum kommt. Fake News werden übernommen oder Fakten werden sich einfach ausgedacht nur um Recht zu haben und zu provozieren.



    Ein trotziges Kind würde man in einer Reportage vermutlich auch nicht interviewen, so sehe ich diese Leute leider mittlerweile.

  • Intuitiv: nein. Die Sprache der AfD legitimieren und ihr Platz im öffentlichen Raum zu geben, wird nicht helfen zu mehr Demokratie zu finden.

    Aber: Die AfD und so ziemlich alle anderen rechten Bewegungen gehen auf emotionale Bedürfnisse zurück (diverse unreflektierte Unsicherheiten und Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben) , die sich in den martialischen und egozentrischen Weltbildern manifestieren.



    Ist die taz eine Platform für die Entwicklung emotionale Intelligenz oder leiber für Fakten-basierten Journalismus? Kann Journalismus das überhaupt adressieren oder müssen hier andere gesellschaftliche Kommunikationskanäle geschaffen werden?



    Ich denke die taz kann diesen Prozess aktiv mitgestalten ( bspw. Fragestellungen ans rechte Klientel auf die Gefühlswelt fokussieren, ohne politische Konsequenzen immer einflechten zu wollen) und über die Resultate berichten. Rechten Meinungsbildern Reichweite zu geben, ist absolut nicht Teil journalistischer Arbeit, wenn diese Weltbilder daran arbeiten, freien Journalismus abzuschaffen.

  • Ja klar, warum denn auch nicht.

    Eine Mit-Regierungspartei in spe sollte auch hier zu Wort kommen.