Teilverkauf von Heizungsbauer Viessmann: USA kaufen die Zukunft
Ein US-Unternehmen kauft den Heizungsbauer Viessmann – allerdings nur die Wärmepumpensparte. Hat Deutschland eine vernünftige Förderpolitik verpennt?
D eutschland ist vorne. Es ist ein Erfolg, dass die Amerikaner ein deutsches Geschäftsmodell kaufen und dafür einen hohen Preis bezahlen, weil wir super Produkte hervorbringen, die auf dem Weltmarkt große Chancen haben. So könnte man positiv bewerten, dass das Heizungstechnik-Unternehmen Viessmann mit Sitz in Allendorf, Nordhessen, größtenteils vom US-Konzern Carrier aus Florida, USA, übernommen werden soll.
Die Amerikaner interessieren sich nicht für die Gaskessel, die Viessmann schon immer herstellt, sondern für das Geschäft mit stromgetriebenen Wärmepumpen, die den fossilen Heizungen in den kommenden Jahren möglicherweise den Rang ablaufen. Carrier kauft nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft. Es will in den Boom einsteigen, den die deutsche Technik weltweit verspricht. Ausgelöst wird diese Welle unter anderem durch das hiesige Gebäudeenergiegesetz und das europäische Green-Deal-Programm. Dafür ist Carrier bereit, zwölf Milliarden Euro an Viessmann zu überweisen – in der Hoffnung, diese bald wieder hereinzuholen.
Ist das nicht ein beklagenswerter Ausverkauf deutscher Firmen, Technologie und Arbeitsplätze? Einerseits nein: Die USA sind nicht China, sondern ein befreundetes, marktwirtschaftlich und demokratisch strukturiertes Land. Deutschlands offene Volkswirtschaft profitiert von der Globalisierung: Bayer aus Leverkusen kauft Monsanto in den USA, Carrier kauft eben Viessmann.
Andererseits kann man argumentieren: Die Bundesregierungen haben in den beiden vergangenen Jahrzehnten zu wenige Leitplanken für die notwendige Transformation gesetzt und zu wenig Förderung bereitgestellt, um die neuen Märkte zu entwickeln. Dafür müssen sich Union, SPD und besonders FDP rechtfertigen. Carrier will das Wärmepumpen-Business haben, nicht das Geschäft mit den Gasheizungen, das die Liberalen so toll finden. Anders gesagt: Mit FDP-Wirtschaftspolitik wäre Deutschland nicht vorne, sondern hinten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles