Solidarität in der Coronapandemie: Freiheit für Geimpfte!

Immunisierte Bürger sollten ihre Grundrechte zurückerhalten. Das ist nicht ungerecht, sondern logisch – denn eine Gefahr geht von ihnen nicht mehr aus.

Menschen liegen und sitzen an einem Strand

Urlaubsreisen nur für Geimpfte? Strandbesucher in Warnemünde vor einigen Tagen Foto: dpa-ZB / Bernd Wüstneck

Wer keine Gesundheitsgefahr mehr darstellen kann, der muss auch in einer Pandemie so weit wie möglich alle Freiheitsrechte zurückerhalten, die ihm genommen worden sind, weil er zuvor eben diese Gesundheitsgefahr darstellte. Lange genug bestand Unklarheit darüber, ob gegen das Coronavirus geimpfte Personen weiter hochinfektiös sein könnten. Solange dies unklar blieb, gab es auch keinen Anlass dafür, diese Gruppe zu bevorzugen. Das Robert-Koch-Institut hat nun deutlich gemacht, dass dem nicht so ist.

Aber besteht nicht die Gefahr, dass die lange geübte Solidarität unter der Mehrheit der Bundesbürger nun, da möglicherweise schon bald manche mehr dürften als andere, zerbricht? Dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Selbstverständlich ist es ungerecht, wenn die einen sorglos in den Urlaub ohne Quarantäne fliegen, während andere sich im Homeoffice verbarrikadieren – und dies, obwohl auch sie liebend gern eine Spritze erhalten würden.

Dennoch schlägt das Recht auf individuelle Freiheit, das eben nur aus ganz besonderen und gut begründeten Anlässen eingeschränkt werden darf, in diesem Fall die kollektive Verantwortung. Diese Verantwortung besteht andererseits konkret darin, dass sich auch Geimpfte weiterhin manchen Einschränkungen unterwerfen müssen, weil im Alltag nicht zu kontrollieren ist, wer sich da gerade nicht an Abstandsregeln und den Mund-Nasen-Schutz hält. Sie heißt aber nicht, dass ihm Freiheiten vorenthalten werden dürfen, deren Gewährung leicht umzusetzen ist.

Teilung durch Testen abmildern

Die nun bevorstehende Teilung aller in der Bundesrepublik lebenden Menschen in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Alltagsrechten bleibt dennoch ein Problem. Dieses kann dadurch abgemildert werden, wenn man auch der vulnerablen Gruppe im Tausch gegen einen Schnelltest die Möglichkeit gibt, wieder das tun zu dürfen, was seit Monaten verboten ist: ins Kino oder Thea­ter gehen, ein Restaurant besuchen, einen Kaffee trinken.

Diese bedingte Rückkehr von Grundrechten kann allerdings nicht zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die Infektionszahlen steil nach oben gehen – das Risiko wäre angesichts möglicher fehlerhafter Tests schlicht zu groß.

Deshalb sollten die Politik im Allgemeinen und gewisse MinisterpräsidentInnen im Besonderen nicht gleich wie die Ähren im Wind einknicken, wenn ihnen nun all die Interessenverbände von der Gastronomie bis zum Ausflugsbootsverkehr die Bude einrennen, weil nun aber sofort, gleich, ganz schnell alles geöffnet werden müsse. Diese Art von Freiheit braucht einen eingebauten Risikoschutz für diejenigen, die ihn weiter benötigen.

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Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024

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