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Russische PropagandaPurer Hohn für den Journalismus

Marina Owsjannikowa hatte im russischen Fernsehen protestiert. Nun arbeitet sie für die Zeitung „Welt“ und stellt damit den unabhängigen Journalismus in Frage.

Marina Owsjannikowa nach der Anhörung im Moskauer Bezirksgericht am 15. März 2022 Foto: Mikhail Japaridze/ITAR-TASS/imago

U nser Bundeskanzler wird nicht müde zu betonen, dass das, was in der Ukraine passiert, allein Putins Krieg sei. Mindestens wenn es um die russische Propagandamaschinerie geht, sollte klar sein, dass Menschen, die Teil dessen sind oder waren, ebenfalls Verantwortung tragen: Für die Lügen, die seit vielen Jahren über die Ukraine verbreitet wurden und somit auch für diesen Krieg.

Marina Owsjannikowa war bis vor Kurzem Teil dieser Lügenwelt. Seit 2003 arbeitete sie als Redakteurin für einen der landesweit wichtigsten Fernsehsender, den Ersten Kanal. Ein Sender, der für seine Propaganda berüchtigt ist. Owsjannikowa war zuständig für Auslandsnachrichten. Sie recherchierte, führte Interviews mit Politikern, produzierte Beiträge für den Sender. Sie lebte ein gutes Leben in der Moskauer Mittelschicht, sagte sie im März in einem Interview.

Einen Tag bevor sie dieses Interview gegeben hatte, war sie mit einem Protestschild in die Abendnachrichten des Ersten Kanals gestürmt. „Glaubt der Propaganda nicht“, stand darauf. Sie rief „Nein zum Krieg“, ein Ausruf, der da schon in Russland unter Strafe stand. Nur wenige Sekunden sah man sie, während die Moderatorin im Vordergrund ihren Nachrichtentext weiter vortrug, als wäre sie eine Maschine. Dass Owsjannikowa diese Aktion mindestens ihren Job kosten würde, war klar. Sie wurde verhaftet und zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (ca. 250 Euro) verurteilt.

International wurde sie als Heldin gefeiert. Für ihren Mut belohnte man sie nun sogar mit einem Job. Die Ex-Mitarbeiterin eines Propagandasenders wird ab sofort als freie Korrespondentin für die Welt unter anderem aus der Ukraine und Russland berichten, das teilte der Springer Verlag am Montag mit. Owsjannikowa habe die Zuschauer in Russland mit einem ungeschönten Bild der Wirklichkeit konfrontiert, wird Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt in der Mitteilung zitiert. Damit habe sie die wichtigsten journalistischen Tugenden verteidigt.

Politischer Druck und staatliche Repressionen

Zeichnen sich Jour­na­lis­t:in­nen nicht durch ihr Handwerk aus? Eine Berichterstattung, die der Wahrheit verpflichtet ist? Owsjannikowa hat mit ihrer Arbeit jahrelang ein System von Lügen mitgetragen und mitgestaltet. Sie störte sich nicht an der Propaganda. Es waren stattdessen Kol­le­g:in­nen unabhängiger russischer Medien, die trotz politischen Drucks und staatlicher Repressionen ihr Leben riskierten, um ehrlichen Journalismus zu machen. Viele von ihnen mussten bereits aus Russland fliehen. Diese Jour­na­lis­t:in­nen wären einer Kor­re­spon­den­t:in­nen­stel­le würdig. Unverständlich ist auch, wie man mit dieser Personalentscheidung unzählige ukrainische Jour­na­lis­t:in­nen übergehen konnte. Owsjannikowa über die Ukraine berichten zu lassen, wirkt wie ein Hohn.

Wie wenig qualifiziert sie für diesen Job ist, bewies sie in ihrem ersten Text, Überschrift: „Die Russen haben Angst“. Eine klassische Opfergeschichte, in der sie das Bild vermittelt von einer Mehrheit in Russland, die gegen den Krieg sei, nur eben zu ängstlich sei, das laut zu sagen. Interessant ist auch eine Stelle, in der sie berichtet, humanitäre Hilfe für ukrainische Flüchtlinge zu organisieren, die in der Region Kaluga „in örtlichen Sanatorien untergebracht“ worden seien. Kein zweifelndes Wort daran, ob diese Ukrai­ne­r:in­nen freiwillig nach Russland geflohen sind. Kein Wort über die Verschleppungen und Zwangsumsiedlungen nach Russland. Ist das aufrichtiger Journalismus?

Im Krieg gibt es eine Sehnsucht nach Helden. Owsjannikowas Plakataktion wird zur Heldenerzählung stilisiert. Ein Beweis eben, dass nicht alle Putins System unterstützen. Das gefällt sicher auch dem Bundeskanzler.

Vielleicht wird man sich am Ende ja wieder geirrt haben – wie einst unser Bundespräsident mit Putin.

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Erica Zingher
Autorin und Kolumnistin
Beschäftigt sich mit Antisemitismus, jüdischem Leben, postsowjetischer Migration sowie Osteuropa und Israel. Kolumnistin der "Grauzone" bei tazzwei. Beobachtet antidemokratische Bewegungen beim Verein democ. Axel-Springer-Preis für jungen Journalismus 2021, Kategorie Silber. Freie Podcasterin und Moderatorin.
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54 Kommentare

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  • Verehrte Frau Zingher,



    leider habe ich Ihren Beitrag nicht verstanden.

  • @HANA WURST

    Dieb? Wo?

  • Skepsis angebracht?



    Könnte Marina Owsjannikowas mutige Aktion auch aus Kalkül erfolgt sein? Eine verdeckte Aktion russischer Propagandadienste quasi. Eine tadellose Karriere würde diesen Schluss zulassen.



    Wie auch immer, Erica Zinghers Hinweise sind berechtigt.

    • @Africa:

      Das ist erstmal eine wilde Spekulation, auch wenn es nicht ausgeschlossen ist. Was weiß man von anderen Menschen? Jeder könnte insgeheim ein Verbrecher sein und niemand weiß es. Es gibt aber einen Grundsatz, der heißt: In dubio pro reo. Demnach verurteilen wir niemanden auf eine bloße Spekulation hin, sondern nur nach dem, was wir beweisen können.

      Im konkreten Fall sieht die Indizienlage momentan so aus, dass Marina Owsjannikowa sich sichtbar von den russischen Staatsmedien distanziert und vor einem Millionenpublikum gegen den russischen Angriffskrieg protestiert hat. Umso glaubhafter wird ihr Protest, wenn man weiß, dass sie als Kind eines ukrainischen Vaters und einer russischen Mutter in Odessa geboren ist. Man muss ja davon ausgehen, dass es in Russland viele Leute gibt, die von Putins Linie indoktriniert sind, und ebenfalls auch viele, die zwar nicht wirklich einverstanden sind, aber auch nicht den Mut zum Widerstand haben. So läuft das in Diktaturen. Owsjannikowa, vermute ich, hat den Mut dazu nicht zuletzt wegen ihres eigenen, teils ukrainischen Hintergrundes. Den verschweigt Zingher aber, wenn sie ihr Unverständnis darüber äußert, wie man wie man "mit dieser Personalentscheidung unzählige ukrainische Jour­na­lis­t:in­nen übergehen konnte".

      Es gibt also vieles, was dafür spricht, dass Owsjannikowa ihren Protest ehrlich gemeint hat. Wenn Sie das Gegenteil behaupten, ist das, so lange sich die Indizienlage nicht ändert, erst einmal eine ganz wilde Verschwörungstheorie.

      Aber nehmen wir mal an, Sie hätten recht und es wäre wirklich aus Kalkül erfolgt: Dann hätten die russischen Staatsmedien ja selbst, um nur eine einzige Journalistin in die westlichen Medien einzuschleußen, vor einem Millionenpublikum Zweifel an ihrer eigenen Propaganda gesät. Trauen Sie einer erfahrenen Propagandamaschinerie so ungeschicktes Handeln zu? Wie gesagt: Ihre Annahme ist eine ganz wilde Verschwörungstheorie.

      • @Ein alter Kauz:

        Hallo Alter Kauz, eine Frage im Konjunktiv ist keine Theorie, auch keine Verschwörungstheorie. In diesem Fall ist es höchstens eine anmaßende Überlegung meinerseits. Keinesfalls aber ist das, was Sie darin lesen, meine Behauptung.



        Sie haben mit der Ergänzung zu Marina Owsjannikowas Eltern dankenswerter Weise einiges klargestellt, was ich außer Acht gelassen hatte.



        "Trauen Sie einer erfahrenen Propagandamaschinerie so ungeschicktes Handeln zu?" Dazu jetzt wirklich eine Behauptung meinerseits: Ja, denn das wäre keineswegs ungeschickt, sondern äußerst raffiniert.

        • @Africa:

          Na, vielleicht haben Sie's ja nicht so gemeint. Tatsächlich ist es aber oftmals ein rhetorischer Trick, dass man eine Botschaft als Suggestivfrage formuliert. Grammatik ist manchmal irreführend.

  • Natürlich ist es ein bissel befremdlich wenn man ausgerechnet bei der "Welt" anheuert. Das ist nicht nur eine Frage des guten Geschmacks.



    Ganz und gar geschmacklos finde ich allerdings den Artikel E. Zinghers. Der hat schon etwas denunziatorisches.



    Ich weiß, es ist spekulativ...aber die Frage sei dann doch gestattet, ob Erica Zingher ebenso mutig wie Marina Owsjannikowa gewesen wäre.

  • kann frau so sehen, muss man aber nicht.

  • Marina Owsjannikowa hat mit ihrer Protestaktion im russischen Fernsehen tatsächlich Mut bewiesen. Das darf man schon würdigen.

    Ob die Frau ansonsten immer alles richtig macht, ist eine ganz andere Frage. Vermutlich nicht. Ein übermäßiger Personenkult ist meistens dumm. Man darf auch Frau Owsjannikowa kritisieren, manchmal muss man das vielleicht auch. Aber bitte maßvoll! Einen Akt des Widerstandes in den russischen Staatsmedien sollte man jedenfalls nicht kleinreden.

  • Ich frage mal anders herum: woher weiß die Autorin eigentlich, ob sie ihr Handwerk nicht versteht? "Handwerk" ist eine erlernte Fähigkeit, die nicht im direkten Zusammenhang mit der politischen Meinung der Journalistin stehen muss. Bitter aber wahr: auch ein Bild-Redakteur kann ein guter Journalist sein. Und ein Mitarbeiter der Taz kann ein schlechter Journalist sein.

    Der WELT würde ich an der Stelle Dank aussprechen für den Versuch, sie vor Repressalien zu schützen.

  • Ich würde nicht eher die Betroffene "zerfleischen", sondern den Poschhardt verbal den Hintern versohlen.

  • Owsjannikowa hat glaube ich nie den Anspruch geäußert, "unabhängigen Journalismus" zu leisten, als freie Korrespondentin der "Welt" ist sie dessen auch wenig verdächtig.



    Was "verhöhnt" die Frau denn?



    Ihr angesichts ihrer Aktion Mut abzusprechen finde ich dagegen dreist. Dass Propaganda ihr nichts ausgemacht hätte, ist einfach eine Unterstellung. Kann sein, weiß kein Mensch.



    Ich weiß nicht, wie Frau Zingher dazu kommt, sich selbst das Recht zu solchen Urteilen zuzusprechen.



    Sollte sie vielleicht zukünftig lassen.

  • Hätte Frau Owsjannikowa bei der taz angeheuert, würde sie hier gefeiert werden. Aber klar, bei der Welt, das geht ja gar nicht.

    • @Pflaume:

      ...da kennen Sie die TAZ aber schlecht!

  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    ... lebte ein gutes Leben in der Mittelschicht ...



    Das allein ist ja schon äußerst verdächtig :)

  • Ich teile die Auffassung von Frau Zingher. Ukrainische Journalisten sollten über die Ukraine berichten. Der "Welt" unterstelle ich eine Marketingstrategie die Verkaufszahlen zu fördern und nicht einen ernstzunehmenden Versuch von den Befindlichkeiten der kriegszerstörten Ukraine zu berichten.



    In der Tat treibt mich persönlich um, ob alle Ukrainer, welche nach Russland geflohen sind, dies "freiwillig" gemacht haben. Da wäre jede Recherche sinnvoll, wieso den Menschen Pässe und Mobiltelefone weggenommen wurden und ob sie das Land auf eigenen Wunsch verlassen können.



    Da ist es weniger interessant, ob sie in einem dünnbesiedelten Gebiet in "Sanatorien" untergebracht wurden.

  • Gibt es überhaupt unabhängigen Journalismus?

    • @resto:

      👍👍



      Genau das ist die entscheidende Frage.

    • @resto:

      Nein, aber Meinungsfreiheit - zumindest wenn diese nicht wie in Russland unter Strafe gestellt ist...

  • Bei Frau Zingher ist es offenbar auch nicht anders als in der Politik: Man schätzt den Verrat an der Gegenseite, aber nicht den Verräter...

  • Habe kein Problem damit, dass sie für ihre Widerstandsgeste von der WELT mit einem Job "belohnt" wird. Würde sie allein daran messen, wie konsequent ihr Erwachen bzw wie kritisch ihr Journalismus jetzt ist. Die zwei Beispiele lassen da allerdings nicht das Beste hoffen. Frage mich eher, wie das im derzeitigen Russland überhaupt gelingen soll, ohne einer toxischen Substanz zu nahe zu kommen.

  • Zeichnen sich Jour­na­lis­t:in­nen nicht durch ihr Handwerk aus?

    Ja. Und es gibt Journalisten, die ein sehr, sehr gutes Handwerk machen und solche, die ein schlechtes machen.

    Bei der taz finde ich beide. Die Artikel von Herrn Rath sind immer eine Bereicherung. Es gibt aber auch hier Artikel, die handwerklich schlecht sind, und im Wahrheitsgehalt zweifelhaft und die Meinung überwiegt.

    Und Mut ist - auch wenn es der Autorin nicht wichtig ist - ein Hauptkriterium von Journalisten - insb. im Krieg. Wenn Frau Zingher aus Kiew berichten würde, würde sie diesem Merkmal vielleicht mehr Respekt zollen. Ich hoffe, sie würde nicht hergehen und bei den toten Journalisten die Artikel "zerreißen".

    Marina Owsjannikowa hat eine persönliche Gefängnisstrafe risikiert. In einem russischen Gefängnis. Der Artikel listet nicht ein (!) Beispiel auf, wo sie konkret in der Vergangenheit der Propaganda Rechnung getragen hat. Der einzige Vorwurf ist, dass sie bei dem Sender war. Wenn man in einem Artikel die handwerkliche Arbeit so betont, sollte der eigene Artikel handwerklich auch richtig, richtig gut sein.

    Mein Eindruck ist eher, hier ist jemand eifersüchtig und/oder beleidigt.

    Ganz nebenbei: Es ist natürlich Marketing. Aber von Frau Owsjannikowa werden die Artikel jetzt vielleicht gelesen. Von der/dem unbekannten Journalisten/in eher nicht. Auch mal darüber nachgedacht, dass man die Reichweite durch sie erhöht und dies gut ist?

  • "Die Ex-Mitarbeiterin eines Propagandasenders wird ab sofort als freie Korrespondentin für die Welt unter anderem aus der Ukraine und Russland berichten, das teilte der Springer Verlag am Montag mit."

    Wo ist das Problem? Der Unterschied ist doch nicht groß.

  • Die Dame arbeitet nicht journalistisch. Sie liefert, was die Auftraggeber hören wollen. Vorher und nach ihrem Seitenwechsel wieder.

  • Sie kennt das System von innen. Das allein ist viel wert.

  • Deniz Yücel arbeitet auch für die Welt.

    Und?

    • @Jim Hawkins:

      Hören Sie sich heute mal sein Kriegsgesabber an. Das passt schon.

      • @Rolf B.:

        "Kriegsgesabber"

        Da fehlt mir jetzt ein bisschen der Kontext.

        • @Jim Hawkins:

          Er ist halt nicht Rolfs Meinung. So berechtigte Interessen Russlands, Bandera-Kult und Azow-Brigade in der Ukraine und so weiter.

        • @Jim Hawkins:

          Jeder, der



          nicht Diplomatie und ganz viele Verhandlungen mit Russland fordert,



          Waffenlieferungen ablehnt,



          Asow oder Bandera in fünf aufeinander folgenden Sätzen unerwähnt lässt,



          die Schuld auf beiden Seiten sieht,



          ist natürlich ein Bellizist.

          • @Devil's Advocate:

            Der Witz ist ja der:

            "Person, die Krieg befürwortet und (entschieden, überzeugt) für diesen eintritt; (männliche) Person, die nur den Krieg als einziges Mittel sieht, internationale politische Konflikte beizulegen."

            In dieser Party ist das offensichtlich Putin.

            Der Rest ist Geraune.

  • Nach fast 20 Jahren aktiver Tätigkeit in der russischen Desinformations-Industrie reichen ein paar Sekunden mit Rückgrat, um bei Springer unterzukommen. Gelungener Absprung.

    • @Kaboom:

      Die paar Sekunden können sie ein paar Jahre kosten. Aus der deutschen Wohlfühloase heraus lässt es sich leicht reden.

      • @Jochen Laun:

        Ich stelle das nicht in Frage. Die Frage ist allerdings, inwieweit Frau Owsjannikowa nach fast 20 Jahren Verbreitung von Kreml-Desinformation überhaupt in der Lage ist, Journalistin zu sein

        • @Kaboom:

          Menschen können sich ändern.

          Was denken Sie, welchen Bullshit ich jahrelang geglaubt habe.

          Hat man Glück, kommt ein Keim des Zweifels ins Denken und es macht sich auf die Reise.

          "Denken heißt überschreiten" wusste der alte Bloch.

        • @Kaboom:

          Die Frage kann man in der Tat stellen. Sie wird sie durch ihre Arbeit selbst beantworten.

        • @Kaboom:

          Gerade als Auslandsjournalistin, die die wahren Gegebenheiten im Ausland sieht und anschließend Lügen berichtet, dürfte man mental noch on der Lage sein, die Wahrheit zu erkennen. Bei einigen anderen (siehe aktuelle Kriegsschiff-Berichte aus dem Kreml) scheint das morgendliche Propaganda-Briefing notwendig zu sein, um sich nicht selbst im eigenen Lügengerüst zu verirren.

  • Auch wenn Frau Owsjannikowa für das System Putin gearbeitet hat, und auch wenn sie jetzt für Springer arbeitet (was in den Augen der Autorin ähnlich schlimm zu sein scheint), wäre doch mehr Respekt vor der Plakataktion angebracht. Die süffisante Bemerkung, die Aktion werde 'zur Heldenerzählung stilisiert', wird der realen Gefahr, in die sich Frau Owsjannikowa begeben hat, in keiner Weise gerecht.

    • @Jochen Laun:

      Dem kann ich nur zustimmen. Mit der Plakat Aktion hat sich Frau Owsjannikowa definitiv für Jahresaward "Balls of steels" beworben. RESPEKT!

  • Das hiesige, reichlich zweifelhafte, Bedürfnis nach Helden schmälert doch nicht den Mut von einzelnen Menschen. Owsjannikowa kann nichts dafür, dass man ihre Aktion stilisiert und dass sie jetzt davon profitiert hat nichts mit ihren ursprünglichen Motiven zu tun. Sie hat sich von ihrer Vergangenheit glaubhaft und unter hohem Risiko distanziert, mehr geht eigentlich nicht. Dass sich Medien mit solchen Leuten schmücken ist wirklich kein Aufreger und gibt Owsjannikowa vielleicht auch noch ein bisschen mehr Schutz. Dass sie keine gute oder überhaupt keine Journalistin ist, ist ebenso nachrangig wie dass es bessere und verdientere gibt. Übrigens: wie war das eigentlich damals mit Deniz Yücel? "Unser Held!", "Das ist unser Mann" haben sowohl Taz als auch Welt nicht laut genug rufen können. Zweifellos ist Yücel ein besserer Journalist und hat teurer für seinen Mut bezahlt, aber am Anfang war eben der Mut. Dass der damalige Held mittlerweile mit seinen Positionen zum Krieg gegen die Ukraine nicht mehr "everybodys darling" ist, sollte auch zu denken geben. Egal aber ob man gerade Helden konstruiert oder schon wieder dekonstruiert, es ändert nichts am tatsächlichen Tun solcher Leute und es hat weitaus mehr mit uns zu tun als mit ihnen.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Dieser Beitrag strotzt nur so vor Unterstellungen aufgrund der Nähe zu einer Gruppe, ohne die eigentliche Person näher zu betrachten. Getreu dem Motto „Einmal entschieden, immer schuldig“. Das nennt man Vorverurteilung. Und selbstverständlich können sich Menschen niemals ändern oder ihre Fehler eingestehen. Stellt sich mit die Frage, Warum wir dann überhaupt außerhalb vom Kindergarten noch politische Arbeit machen, wenn ja ohnehin keine Änderung anerkannt wird.

    Oder sind sie auch ein Fan davon, pauschal alle ehemaligen SED Mitglieder mit einem Berufsverbot belegen, ja? Alle. Auch die, die anschließend in die CDU gegangen sind. Oder die nur Mitglied wurden, damit sie studieren können. Egal. Einfach mit dem Bade ausschütten, um sie dann über einen Kamm zu scheren.

  • @HANS WURST

    "Mag die TAZ nach Quote und Identität ihre Posten besetzen ..."

    Das mussten Sie unbedingt unterbringen, obwohl es (a) nicht zur Diskussion gehört und (b) in dieser Pauschalform mindestens an zwei Stellen falsch ist.

    Warum nur mussten Sie? Verspüren Sie so einen Drang?

    Zurück zum Thema: Fran Owsjannikowa hat meinen Respekt, sie hat Kopf und Kragen riskiert (oder, wie man bei Skripal, Nawalny u.a. sehen kann: riskiert sie sie immer noch).

    Dennoch ist Frau Zinghers Einwurf korrekt: wir sollten diejenigen mitdenken [1], die das täglich und mit Selbstverständlichkeit tun.

    [1] taz.de/Tote-Fotojo...e-Lepage/!5025355/

    • @tomás zerolo:

      Es ist nicht falsch, auch wenn die Autorin das journalistische Handwerk betont. Die TAZ steht neben Qualität eben auch für anderes, wie eben Diversität oder vormals Weiblichkeit. Das ist doch ok. Deswegen lesen wir Dich alle hier, oder? BILD & Welt sind da ein anderes Schaufenster.

      In der Branche gelten die journalistischen Fähigkeiten gerade bei BILD und WELT als hervorragend, trotz politischer Monotonie. Das nur nebenbei.

      @TOMAS ZEROLO: Sie können es auch nicht lassen mit Fingern auf andere zu zeigen, oder? Haltet den Dieb!

  • Zumindest kann man sich bei Personals, dass ihr Handwerk beim russischen Staatsfernsehen gelernt hat, eine zusätzliche Ausbildung in der "Axel Springer Academy" schenken.



    Andererseits hätte ich der Frau nach ihrem unbestritten mutigen Absprung gegönnt, nicht von der real existierenden deutschen Lügenpresse aufgelesen zu werden...

  • ´Owsjannikowa hat mit ihrer Arbeit jahrelang ein System von Lügen mitgetragen und mitgestaltet. Sie störte sich nicht an der Propaganda.´

    ...und dann hat sie durch ihre äußerst mutige Protestaktion bewiesen, dass sie sich von diesem System abgewandt hat und die Propaganda nicht mehr mitträgt.

    Ob es besser qualifizierte Bewerberinnen auf die Welt-Stelle gegeben hätte, weiß ich nicht, aber ich empfinde die Kritik der TAZ an der Wahl Owsjannikowas als völlig überzogen.

  • Hm weiß nicht, ob sie die kompetenteste ist, aber mutig auf jeden Fall. Klar gibt es noch viel mutigere, dennoch sollte das nicht dazu führen, dass man das gegeneinander ausspielt.

  • Ich dachte erst „gerade zur Welt?“ — passt vielleicht doch? Wäre interessant, wie das weitergeht.

  • Ich sehe in den kritisierten Verhaltensweisen erst mal nur exakt die Naivität, die die Grundannahme sein müsste bei einer Person, die jahrelang das Megaphon eines faschistischen Verbrecherregimes war, und nun Gewissenbisse bekommen hat. Ob sie weiß, bei was für einem Stall sie da jetzt gelandet ist? Ich würde eher sagen: nein. Das mit der Flüchtlingshilfe - wievielen Leuten in Russland ist das Ausmaß der Verschleppungen klar? Wieviele, die sich ohnehin wegen ihrer KomplizInnenschaft schämen, machen sich klar, was da passiert -tausende, wenn nicht zehntausende Menschen als Geiseln genommen; hunderte, wenn nicht tausende Kinder zwangsadoptiert? Das sind Verhältnisse wie in den übelsten Faschoregimes, die von den USA in den 60ern-80ern in Lateinamerika an die Macht geputscht wurde, oder halt bei den Nazis; die Planhaftigkeit des Ganzen geht selbst über die Widerlichkeiten der Balkankriege der 1990er oä hinaus.

    Die Hypothese, dass Owsjannikowa nur eine "gesteuerte Oppositionelle" ist, können wir aber wohl als widerlegt ansehen. Für mich scheint sie bis auf weiteres eine gutwollende aber aus Unwissenheit naiv Herumirrende zu sein. Was ja nun erst mal nichts schlechtes ist - besser als so ziemlich alle in Europa prominenten russischen Oppositionellenführer der letzten 10 (oder mehr) ist es allemal...

  • ´Owsjannikowa hat mit ihrer Arbeit jahrelang ein System von Lügen mitgetragen und mitgestaltet. Sie störte sich nicht an der Propaganda.´



    Na, dann passt sie ja perfekt ins Springerversum

    • @Euromeyer:

      Ich lese die "Welt" und die "taz". Die "Welt" wegen der Artikel und die "taz" wegen der Beiträge im Forum. Manchmal sind die aber auch nur auf dem Niveau der "Welt"-Foristen.

      • @shariaorabi7:

        Ich habe früher gern die Welt gelesen (gut zu Wissen, was der Feind denkt :) - gute Artikel und profunde Selbstdarstellung des Konservativismus,



        Jedoch rutschte seit 2015 die Welt ins Reaktionäre ab, aufs Niveau von ´Ich bin Nicht AfD, aber´. Das Teil ist zum Kampfblatt derer verkommen, die die vor-68 Nachkriegsgesellschaft ins 21. Jahrhundert teleportieren, eine gesellschaftliche Zombiapokalypse wünsche- Daher auch der Hass auf jegliches ´Wir schaffen es´. Wirklichkeitshasser und Untergangsherbeisehner, deren Hass auf Staat und Gesellschaft selbst den anarchistischsten no-future-Punk wie ein leuchtendes Musterbeispiel an patriotischer Zukunftszuversicht erscheinen lässt.

  • Es gibt auch andere Heldengeschichten, die keine sind. Owsjannikowa hat sich für diesen Weg entschieden, es sei ihr frei gestellt. Mag die TAZ nach Quote und Identität ihre Posten besetzen, die Welt macht es anders, so ist es eben.

    Im Übrigen ist es wohlfeil, aus dem sicheren Deutschland über Russen (und Ukrainer) zu urteilen. Wer weiß denn von sich, ob er nicht auch Opportunist wäre …

    • @Hans Wurst:

      Danke für Ihre persönliche Meinung, aber an der Aussage des Textes ziemlich deutlich vorbei...

      Es ging um die Aussage, dass die Begründung, der Welt (die wichtigsten Tugenden des journalismus verteidigt) in Frage gestellt wurde... Und die Fähigkeit gut zu recherchieren und sich der Wahrheit verpflichtet zu sehen eher als Tugenden des Journalismus anzusehen sind...

      Der Weg von Frau Owsjannikowa wurde nicht kritisiert, nur angezweifelt, ob sie diesen Tugenden gerecht werden kann.



      Und die Einstellung eher als populistischen Coup beschrieben, als einen Journalistischen.

      Aber wie Sie auf die Aussagen zu den Einstellungsgründen bei der taz kommen, müssten Sie erklären...



      außer, Sie wollten nur etwas Dampf ablassen und pöbeln... Das sei Ihnen gegönnt, aber dann müssen Sie auch leider damit rechnen, dass Sie keiner ernst nimmt.



      Schönen Tach noch

    • @Hans Wurst:

      Opportunismus als Überlebensstrategie ist auch hierzulande salonfähig. Wer öffentlich wahrnehmbar ausschert, wird schnell sanktioniert. Der Unterschied ist die breitere Wahlmöglichkeit der "Klassen"-Zugehörigkeit.