Ostermontag abschaffen?: Ohne wirklichen Nutzen
Eine bekannte Unternehmerin will den Ostermontag abschaffen – eine alte Forderung. Doch Feiertage sind nicht das Problem, sondern mangelnde Innovation.
D ie Manager*innen und Lobbyist*innen des Landes sind echt nicht kreativ. Geht es um Lösungsvorschläge für die Wirtschaftskrise, kommt von ihnen immer die alte Leier: Neben niedrigeren Steuern, Bürokratie- und Energiekosten wünschen sie sich vor allem eines – ihre Beschäftigten sollen mehr arbeiten. So verwundet es nicht, dass wieder einmal die Forderung nach der Abschaffung eines Feiertages die Runde macht.
Geht es nach Nicola Leibinger-Kammüller, dann soll mit dem Ostermontag ausgerechnet einer der höchsten christlichen Feiertage im Namen der deutschen Industrie dran glauben. Das forderte die Chefin des Maschinenbauers Trumpf in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten, in dem sie auch den umstrittenen Verband die Familienunternehmer wegen dessen Flirt mit der AfD in Schutz nahm. Dafür bekam der Lobbyverband viel Gegenwind auch aus der Wirtschaft.
Nichtsdestotrotz ist Leibinger-Kammüllers Forderung nach Abschaffung eines Feiertages durchaus eine ernstzunehmende Drohung für die Beschäftigten des Landes. So sprechen sich auch die DIHK oder die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer dafür aus.
Doch wäre deren Effekt aufs Wirtschaftswachstum maximal überschaubar. Selbst nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bringt ein zusätzlicher Werktag lediglich 0,2 Prozent mehr Wirtschaftswachstum. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hingegen sieht in einer Studie überhaupt gar keine Belege, dass weniger Feiertage die Wirtschaft stärken.
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Schließlich gibt es gerade in einem Technologieland wie Deutschland weitaus wichtigere Faktoren fürs Wirtschaftswachstum als die reine Arbeitszeit. Weniger Feiertage können sogar die Produktivität senken, weil die Beschäftigten weniger Zeit zur Erholung haben. Vor allem aber bedarf es für ein nachhaltiges Wachstum technischer Innovationen. Doch da müssen die Konzernlenker*innen erst mal selbst liefern. Die Wirtschaft ist ja auch in der Krise, weil sie die Transformation verschlafen haben. Ihre Beschäftigten sollten sie Ostermontag also lieber mal ausschlafen lassen.
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