Nervende Rauchende: Endlich mal Dampf ablassen
Raucher*innen begegnet man überall, vor allem jetzt im Sommer. Unser Autor ist mittlerweile ziemlich genervt und fordert mehr Rücksicht.
N eulich saß ich auf dem Fahrrad, trat in die Pedale, minding my own damn business, als ich plötzlich nichts mehr sehen konnte. Problem: Ich war flott auf einem in die Jahre gekommenen Fahrradweg zwischen parkenden Autos und Stadtbäumen unterwegs. Nur mit viel Glück konnte ich abrupt bremsen und mich angelehnt an einen Busch wieder sammeln. Ich rieb mir die Augen, langsam sah ich wieder etwas. Wenn auch erst nur verschwommen durch Tränen: Auf meinem T-Shirt war überall Asche, in meinem Bart, meine Augen wurden Millisekunden zuvor von Asche geblendet.
Die verantwortliche Person für diesen Beinaheunfall, der schlimm hätte enden können, stand ein paar Meter vor mir an einer roten Fahrradampel. Sie hatte – wie ich – einen Helm auf: Safety first. Was ich auch noch gut erkennen konnte, war eine glimmende Zigarette, an der sie während der Fahrt und auch beim Warten an der Ampel genüsslich zog. Ich versuchte sie zur Rede zu stellen, aber sie war schneller.
Als ich wieder fahrtauglich war, schaltete die Ampel auf Rot und die dampfende Fahrradfahrer*in war längst abgebogen. Lucky Strike for her! Ich bin richtig wütend und möchte also diese Kolumne instrumentalisieren, um über rücksichtslose Raucher*innen mal Dampf abzulassen. Rauchende Fahrradfahrer*innen bringen nämlich eine gefährliche SUV-Mentalität mit. Dass hinter ihnen andere Verkehrsteilnehmende im Fahrtwind von ihrem menschengemachten Pompeji begraben werden, interessiert sie null.
Ich bin wütend, weil das so oder so ähnlich nicht zum ersten Mal passiert. Der Klassiker sind Raucher*innen, die ihr Verlangen nach Nikotin nicht mehr 21 Sekunden hinauszögern können und beim Aussteigen aus der U-Bahn schon unten eine Zigarette anzünden müssen. Wenn man Pech hat, laufen sie auf der Treppe direkt vor einem und aschen dir ins Gesicht.
An gefühlt jeder Tram- oder Bushaltestelle steht im Wartehäuschen ein*e Raucher*in, der*die es kaum erwarten kann, dass man den Rauch aus seinen*ihren kaputten Lungen einatmet. Richtig iii. Vaper*innen sind ausdrücklich mitgemeint. Die Stadt Potsdam hat vor Kurzem damit angefangen, an solchen Haltestellen Raucher*innen an die Seite zu bitten, an Designated Smoking Areas, da wo Raucher*innen halt hingehören. Schwieriger wird es im Sommer, wenn auf der Terrasse von Cafés und Restaurants Raucher*innen genüsslich 40 Zentimeter am Nebentisch alle mit ihrem Gift belästigen, weil es ist ja an der (dann halt nicht mehr so) frischen Luft. Wie kann man diese Leute nur auf ihr Verhalten aufmerksam machen?
Mein Vorschlag: Auf den hässlichen Zigarettenverpackungen – auf die mindestens 1 Euro Tabaksteuer pro Zigarette erhoben werden sollte – müsste neben den anscheinend wirkungsarmen Ekelbildern ein unmissverständlicher Hinweis gedruckt werden: „Rücksichtslosigkeit tötet!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
Berlin nimmt Haftbefehl zur Kenntnis und überlegt