Dienstleistungsangebot für die Hitze: Sommer ist kein Wettbewerb

Generell weiß der Nafri, wie mit Sommerhitze umzugehen ist. Eine unschlagbare wie effektive Grundregel: Drinnen bleiben und faulenzen.

Mann liegt nur mit Badehose bekleidet und einem Hut auf dem Gesicht auf einer Wiese

Auch eine Möglichkeit. Noch besser wäre es, zuhause die Fenster zu schließen und zu schlafen Foto: David Cliff/dpa

Der Sommer ist kein Wettbewerb. Ich sage das, weil ich weiße Menschen erlebt habe, die sich mit mir und anderen unter der Sonne messen wollen. Im Sinne von: Wer am längsten die Hitze aushält, hat gewonnen. Mein Dienstleistungsangebot an dieser Stelle sind Gedanken, wie mit den immer extremeren Sommern umzugehen werden könnte.

Erste wichtige Erkenntnis: Nichtweiße Menschen können auch Hitzschläge und Sonnenbrände bekommen. Ich aber zum Beispiel vertrage etwas mehr Sonnenstrahlen und brauche etwas weniger Sonnencreme. Ich kannte mal einen weißen Deutschen, der hat peinlich darauf geachtet, dass er niemals mehr UV-Schutz aufträgt als ich. Problem: Er war ein Schneemann, der nach wenigen Sekunden unter der Sonne anfing rot zu glühen. Ich wiederhole es gern noch mal: Sommer ist kein Wettbewerb.

Generell weiß der Nafri, wie mit Sommerhitze umzugehen ist. Es gibt eine unschlagbare und effektive Grundregel, die nun alle verblüffen wird: Drinnen bleiben und faulenzen. Mir ist es ein Rätsel, warum Erwachsene in der Mittagshitze freiwillig nach draußen gehen. Die zu diesem Trick passende Kulturtechnik, die ja auch in Südeuropa stark verbreitet ist, heißt: Siesta.

Damals, als die Eurokrise 2010 begann, empörten sich viele Almans, dass man in Spanien oder Griechenland so unproduktiv sei und zu lange Mittagspausen mache. Ich kann nur sagen: Viel Spaß mit der protestantischen Ethik, wenn bald in Hamburg das Klima von Thessaloniki oder Málaga herrscht. Generell müssen wir uns fragen, ob sich der Mensch nicht schleunigst an die Veränderungen des Klimas adaptieren sollte – während wir ihn mit wissenschaftsbasierten Maßnahmen verlangsamen.

Der Mensch passt sich an die Natur an, nicht andersherum

Der Kapitalismus sagt: Mittags müssen wir alle produktiv sein. Die Natur sagt: Viel Erfolg bei 39° C im Schatten. Mohamed sagt: Deutsche Siesta ist die Lösung. Dann halt früh und spät arbeiten, zur Schule oder einkaufen gehen. Das kann man nicht in allen Branchen und Lebensbereichen so gut umsetzen, aber je weniger Menschen gezwungen werden, zu den heißesten Zeiten des Tages Leistung zu erbringen, desto besser.

Für alle, die ab jetzt Drinnies sein wollen: Fenster müssen geschlossen bleiben, wenn die Mittagssonne knallt. Die Strahlen können mit dunklen Vorhängen blockiert werden. Gesicht, Arme und Beine regelmäßig mit Wasser befeuchten. Lauwarme Getränke zu sich nehmen und leichte Kost: Wassermelone mit Hirtenkäse passen gut zum Sommer.

Alle Be­woh­ne­r*in­nen sammeln sich im Haushalt dort, wo es am kühlsten ist. Wer im Dachgeschoss wohnt: Well shit!Ich habe auch mal ganz oben während sehr heißer Sommer gelebt, da bin ich wirklich überfragt, wie man das ohne Klimaanlage hinbekommt. Ein Ventilator hilft. Auch so ein hässlicher Deckenventilator. Funktion geht vor Ästhetik. Der Mensch passt sich eben an die Natur an, nicht andersherum.

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Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen. Im September 2024 erscheint sein neues, investigatives Sachbuch: "Alles nur Einzelfälle? Das System hinter der Polizeigewalt" ebenfalls bei Piper.

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