piwik no script img

Krieg in der UkraineFrag mal Clausewitz

Beim Streit über den Krieg kann ein Blick auf die Lehren des Carl von Clausewitz hilfreich sein. Der ist heute so aktuell wie zu seiner Zeit.

Der Krieg und dessen Komplexität war Clausewitz' Lebensthema Illustration: Katja Gendikova

D er preußische General Carl von Clausewitz ist neben Sunzi aus dem alten China vermutlich der weltweit bekannteste Theoretiker des Kriegs. Seit Beginn der offenen russischen Aggression gegen die Ukraine wird Clausewitz, der von 1780 bis 1831 lebte, wieder häufiger zitiert, aber leider immer noch kaum gelesen und noch weniger verstanden. Fast jeder kennt zwar seine berühmte „Formel“ vom Krieg als der „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“.

Manche haben auch noch von der für sein Theoriegebäude grundlegenden Zweck-Mittel-Relation gehört. Seine Überlegungen zur Komplexität und Wandlungsfähigkeit des Phänomens Krieg, das er treffend als „wahres Chamäleon“ charakterisiert hatte, sind hingegen selbst im Kreis der mit Sicherheitsfragen befassten Politiker, Journalisten und Wissenschaftler kaum näher bekannt oder werden von vornherein als obsolet abgetan und ignoriert.

Christian Th. Müller

ist außerplanmäßiger Professor für Neuere Geschichte an der Universität Potsdam. 2021 erschien sein Buch „Clausewitz verstehen. Wirken, Werk und Wirkung“.

Unsere sicherheitspolitische Debatte leidet an einem grundlegenden Strategiedefizit, das seinen deutlichsten Ausdruck in der Tendenz zur eindimensionalen Betrachtung des nicht nur militärisch, sondern auch politisch hochkomplexen Konflikts um die Ukraine findet. Das zeigt sich seit einem Jahr in den seriellen Diskussionen zum Thema Waffenlieferungen.

Egal ob es um westliche Artilleriesysteme, Schützenpanzer, Kampfpanzer oder derzeit Kampfflugzeuge geht, stets wird von den vehementen Lieferungsbefürwortern die große, wenn nicht gar entscheidende Bedeutung des jeweiligen Waffensystems betont. Immer wieder wird dann auch der Begriff des Gamechangers ins Feld geführt, der der Ukraine zum erhofften Sieg über die russischen Invasoren verhelfen könne.

Nicht kriegsentscheidend

Hat sich die Bundesregierung dann in Abstimmung mit den Nato-Partnern zur Lieferung entschlossen, wird erstaunlicherweise sofort der nächste Gamechanger in die Diskussion gebracht. Bei einer solchen Argumentation wird geflissentlich übersehen, dass noch kein Krieg in der Geschichte durch einen einzigen Waffentyp entschieden wurde.

Das gilt umso mehr, wenn dieser nur in eher homöopathischer Dosis zur Verfügung steht und überdies nicht auch die für einen nachhaltigen Einsatz erforderlichen Munitions- und Reparaturkapazitäten bereitgestellt werden. Umso fragwürdiger sind die diskursiven Leerstellen dahingehend, welchen Effekt die westliche Militärhilfe im Hinblick auf die zeitnahe Beendigung des Kriegs und die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine realistischerweise haben kann.

Die Probleme des sicherheitspolitischen Diskurses in Deutschland ebenso wie im westlichen Bündnis insgesamt sind jedoch viel grundsätzlicherer Natur und haben inzwischen gewissermaßen jahrzehntelange Tradition. In den von den USA und ihren Verbündeten geführten Militäreinsätzen und Kriegen begegnet man von Vietnam bis Afghanistan immer wieder einem Syndrom aus drei Elementen.

Erstens sind die mit dem Einsatz verfolgten politischen Zwecke häufig unklar oder unter den Bündnispartnern umstritten, was dann wiederum mit Kompromissformeln kaschiert wird, die Interpretationsspielraum lassen. Wenn jedoch der politische Zweck des Kriegs nicht klar ist, gestaltet sich die Formulierung des strategischen Ziels im Krieg und die Entwicklung einer stringenten militärischen Strategie und ihre erfolgreiche Umsetzung als einigermaßen schwierig.

Weder Weg noch Ziel

Mit Blick auf die Afghanistan-Mission der Bundeswehr sprach der Historiker Klaus Naumann in diesem Zusammenhang treffend von einem „Einsatz ohne Ziel“. Tatsächlich beschäftigen sich Politiker und Spitzenmilitärs zweitens kaum noch mit Strategie, sondern vor allem mit Ressourcenallokation. Statt darüber nachzudenken, was man auf welchem Weg und mit welchen Mitteln erreichen will, geht es dann vorzugsweise darum, wer wie viel Geld, Waffen und Truppen bereitstellt.

Hinzu kommt schließlich drittens das Ressortdenken der beteiligten militärischen und politischen Institutionen, die nicht selten geradezu eifersüchtig über ihre Kompetenzbereiche wachen. In der Folge fehlt dann zwischen der operativ-taktischen und der politischen Handlungsebene die Strategie als verbindendes Element.

Der französische Philosoph Raymond Aron hatte bereits in den 1970er Jahren – mit Blick auf den von den USA in Vietnam massiv geführten Luftkrieg – die verbreitete Tendenz kritisiert, Krieg vom Mittel und nicht vom verfolgten Zweck her zu denken. In den Jahren seit dem Ende des Kalten Kriegs hat sich dieser letztlich auch apolitische Blick auf das Phänomen Krieg eher noch verstärkt. Daran haben auch so einflussreiche Militärhistoriker wie John Keegan und Martin van Creveld einen großen Anteil.

Beide setzten dem clausewitzschen Primat der Politik ein Primat des Kampfs entgegen. Creveld ging sogar so weit, dass er einen Großteil des Kriegsgeschehens jenseits der zwischenstaatlichen Kriege als „nichtpolitisch“ betrachtete. Dieses auf staatliche Akteure und Regierungen verengte Politikverständnis trug wesentlich dazu bei, dass die Rolle des politischen Faktors in den Kriegen gegen nichtstaatliche und irreguläre Akteure verkannt wurde und man sich stattdessen darauf konzentrierte, den Gegner auf dem Gefechtsfeld – auf der taktischen Ebene – zu besiegen.

Unberechenbare Dynamik

Von Vietnam über den Irak bis Afghanistan machten die USA und ihre Verbündeten dabei immer wieder die gleichen Erfahrungen. Zwar hatten ihre Truppen in allen größeren Gefechten gesiegt, doch am Ende des Kriegs war man auf der strategischen und der politischen Handlungsebene gescheitert. Clausewitz hingegen erkennt die Komplexität, die Mehrdimensionalität ebenso wie die dem Phänomen Krieg eigene, unberechenbare Dynamik.

Gleichzeitig bietet er mit klar gehaltenen Begriffen und einer, seine Theorie von der taktischen bis zur politischen Handlungsebene durchziehenden Hierarchie von Zwecken und Mitteln ein effektives Instrumentarium, um sich in diesem vordergründigen Wirrwarr widerstreitender Elemente zurechtfinden zu können. Ein wesentliches Plus seiner Theorie besteht außerdem darin, dass er die moralischen Kräfte, die Friktion und die umfassende politische Bedingtheit des Kriegs in seinen Überlegungen berücksichtigt.

Ausgangspunkt dafür war seine eigene Kriegserfahrung. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert musste Carl von Clausewitz als junger Offizier erleben, wie sich mit dem Wandel der politischen Verhältnisse infolge der Französischen Revolution auch das Kriegsbild radikal veränderte.

Die dem Krieg eigene Komplexität und Wandlungsfähigkeit bildete fortan gewissermaßen sein Lebens­thema, dem er dann vor allem nach Ende der Napoleonischen Kriege in seiner Zeit als Direktor der Allgemeinen Kriegsschule in Berlin historische Studien zu mehr als 130 Feldzügen sowie sein theoretisches Hauptwerk „Vom Kriege“ widmete.

Dabei setzten sich zwei wesentliche Erkenntnisse durch: Erstens, dass die Theorie des Kriegs kein starres Regelwerk aus Geboten und Verboten sein könne, und zweitens, dass die Unterschiedlichkeit der Kriege maßgeblich auf die unterschiedlichen politischen Motive und Verhältnisse der beteiligten Akteure zurückzuführen sei. Damit ging frühzeitig eine scharfe Kritik der zeitgenössischen Kriegstheorie einher, die anhand weniger messbarer Variablen quasi-mathematische Prinzipien für die Operationsführung aufzustellen suchte.

Für Clausewitz musste eine solche Theo­rie über kurz oder lang in Widerspruch mit der Realität geraten. Das lag vor allem an drei Eigentümlichkeiten des Kriegs: den darin auftretenden „geistigen Kräften und Wirkungen“, der „lebendigen Reaktion“ des Gegners mit der sich daraus ergebenden Wechselwirkung zwischen den Kontrahenten sowie der „Ungewißheit aller Datis“, die dafür sorgt, dass „alles Handeln“ im Krieg im Grunde „in einem bloßen Dämmerlicht verrichtet“ wird.

Dementsprechend sei der Feldherr immer auch auf sein Talent und Glück angewiesen, woraus Clausewitz schlussfolgerte: „Eine positive Lehre ist unmöglich.“ Denn in dem Moment, wo die Akteure auf ihr Talent verwiesen wären, müssten sie außerhalb des positiven Lehrgebäudes handeln. In der Konsequenz kann die Theorie daher nur eine „Betrachtung und keine Lehre sein“.

Den Krieg politisch denken

Als „verweilende kritische Betrachtung“ soll sie – vor allem mit Blick auf die Kriegsgeschichte – die mannigfaltigen Kombinationen von Zwecken und Mitteln, Ursachen und Wirkungen analysieren und das Urteilsvermögen fördern. Clausewitz’ Ansatz verspricht damit keine Eindeutigkeit, wo es sie nicht gibt, sondern bietet in erster Linie Hilfestellung dabei, den Krieg in seiner Komplexität eigenständig zu denken.

Das reicht sicherlich nicht aus, um Kriege zu gewinnen. Aber es bietet gute Voraussetzungen dafür, schwerwiegende strategische Fehler und deren nicht selten gravierenden Folgen zu vermeiden. Seine wohl wichtigste Erkenntnis ist aber die der umfassenden politischen Bedingtheit eines jeden Kriegs. Kriege sind dabei nicht nur politische Akte, sondern sie werden auch durch die ihnen zugrunde liegenden politischen Verhältnisse und Motive geprägt.

Der entscheidende Gesichtspunkt bei ihrer Betrachtung ist daher immer der politische. Ohne den Krieg zunächst politisch zu denken, die politischen Verhältnisse zu analysieren und die politischen Zwecke festzulegen, ist die Entwicklung einer Strategie, die zum gewünschten politischen Ergebnis führt, logischerweise nicht möglich.

Mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet dies, dass es höchste Zeit ist für eine umfassende Debatte darüber, wie dieser Krieg beendet und wie die sicherheitspolitische Ordnung in Osteuropa sowie das Verhältnis zu Russland künftig gestaltet werden soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

76 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    @ABDURCHDIEMITTE: „Der Schimpanse kann nicht anders.“



    Die Wissenschaft lernt unterdess‘:



    Auch Gorillas haben Stress.



    www.arte.tv/de/vid...llas-unter-stress/



    Den Affen fehlt ´s an Strategie.



    Der Mensch erledigt (das für) sie.



    Zur Wirtschaft: Im Deklarieren von Ethik-Richtlinien sind Wirtschaftsunternehmen besser als politische Einheiten. In der Praxis der Zusammenarbeit habe ich aber oft erfahren, dass auf der operativen Ebene Kungelei und Korruption Mittel der Wahl sind.



    Wer Strategie lernen will, soll Schach spielen. Weisheiten eines Offiziers aus der Zeit der Vorderlader halte ich nicht für hilfreich.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      anschließe mich -

      Mer lasse aber - dieses besonders später von Lenin geschätztes Bonmot von Clausewitz - der Behauptung Napoleons dass er stets den Frieden gewünscht habe und gar nicht verstehe, warum Preußen ihm den Krieg erklärt habe - gelten! Woll.



      „Der Eroberer ist immer friedliebend, er zöge ganz gerne ruhig in unseren Staat ein.“

      unterm—— servíce



      de.wikipedia.org/w...arl_von_Clausewitz

  • Man könnte den Krieg ganz einfach beenden, indem man der Ukraine keine Waffen und Munition mehr liefert. Aber das ist nicht der Sinn der Sache.

    Die Kriegsziele können sich täglich ändern, je nachdem, was auf den Schlachtfeldern passiert.

    Abgesehen von seinem Propagandageschwätz aber wird es so etwas wie harte Kriegsziele der Ukraine geben, die sich dahinter verbirgen.

    Für mich sind das hier die wahren Kriegsziele der Ukraine: weitere Existenz der Ukraine, Ruhe und Schutz vor weiteren Aggressionen Russlands so wie den Russen so hohe Verluste beifügen, dass die in Zukunft nicht mehr so schnell Lust auf erneutes Krieg spielen in der Ukraine haben werden. Also eine Art gespannter Frieden, wie den sich Finnland damals gegenüber der Sowjetunion mühsam erkämpft hatte.

    Alles weitere sind weiche Ziele, z.B. Rückeroberung der Krim und Ostgebiete. Und vermutlich für die aktuelle Ukraine militärisch auch nicht zu erreichen.

  • Na Servus in die Runde



    &



    Ok. Ok. Nachdem bereits 🐏Mondschaf erhellendes zu Clausewitz-Idiotien über Teich&Tellerrand zum besten gegeben hat. Sollte der Fokus zu weiterer Ausleuchtung um eine passende Suade erweitert werden! Woll.



    &



    Wer - wenn nicht der Großmeister der Kettenreaktion an der Pauke - wäre dazu berufen?! Newahr. Genau Genau!



    Wolfgang “ick setz mir mal bei Richie“ Neuss - zu Clausewitz-Idiotien mit der richtungwiewegweisenden Variante & Einsicht: “Der Puff - ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln!“



    &



    Eh großes Lamentieren unserer bekannten Floristen anhebt: nochmals übern Teich “FJS - ausgeraubt in NY!“



    Verziert mit der feinen Kari - Strubbelhaare - offene Hose - Schlips auf halb neun & eine schwarze Limousine aus der einer rausfeixt!



    Umpf Umpf “…der hat ausgeschaut wie der Horst Ehmke!“



    (ps Kanzleramts&BND-Chef!;))

    Na Mahlzeit



    un scheunen Sündach ook - 🙀🥳 -

    unterm—— servíce für Spätgeborene —-



    Innere Führungs Kettenreaktion von Wolfgang Neuss



    m.youtube.com/watch?v=FzjzSWfZ3xM



    Danke in memoriam alte Kiffnase an den wahren Kenner der Materie -



    Y - das Ende von Germany - Volkers 👄 -



    Unerreicht •

  • Ziele ?

    1. Eindämmung der weltweiten Verbreitung von Atomwaffen



    Sollte die Ukraine Land verlieren, weil Russland über Atomwaffen verfügt, dann erweist sich die Mitgliedschaft im Atomwaffensperrvertrag als Risiko. Staaten, die noch keinen Atomwaffen haben, sollten sich besser welche anschaffen. Zur Rettung des Atomwaffensperrvertrags ist das wichtigste Ziel, nachzuweisen, daß selbst die größte Atommacht der Welt, keine Grenzen verschieben kann.

    2. Schutz europäischer Staaten



    Wenn die Ukraine untergehen sollte, werden für Russland nicht nur Ressourcen frei, es kann auch die Ressourcen der Ukraine einbinden, um über das nächste Opfer herzufallen. Die Ukraine soll weiterbestehen und mit den Nato-Staaten verbunden sein, so daß Russland so aufrüsten müßte, daß es NATO und Ukraine zusammen niederkämpfen könnte. Das ist unwahrscheinlich. Den letzten Rüstungswettlauf - in der Zeit von Reagan - hat die UDSSR verloren und ist daran zerbrochen. Eine mit der NATO verbundene starke ukrainische Armee würde es den NATO-Staaten auch erlauben ihre Rüstungsausgaben geringer zu halten.

    3. Abrüstung und Zeitgewinn



    Zur Zeit kann mit einer tragbaren Waffe für 10 bis 20 Tsd. EUR ein russischer Panzer für über 2 Mio. EUR oder ein russisches Flugzeug für über 30 Mio. abgerüstet werden. Lt. einigen Analysen kann Russland 20 neue Panzer im Monat bauen. Dann würde die Abrüstung von weiteren 240 Panzern dazu führen, daß Russland 1 Jahr mehr benötigen würde, nur um den vorherigen Stand wiederherzustellen.

    Je mehr Jahre Russland benötigt, um wieder angriffsbereit zu sein, desto mehr bleiben für Diplomatie und andere Lösungen. Putin ist 70 Jahr alt. In 10 Jahren kann es politisch in Russland anders aussehen. So billig wie im Moment kann nicht abgerüstet werden. Wenn der Westen jetzt Geld in die Ukraine investiert, dann kann er in den nächsten Jahrzehnten dauerhaft Verteidigungsausgaben sparen.

  • Strategische Ziele müssen nicht schwarz-weiß in Stein gemeißelt sein - zumal wenn man sie von der Seite des Angegriffneen betrachet. Da reicht auch mal eine Abstufung, von der man sich einfach nur vornimmt, so viel wie möglich umzusetzen. Es ist - genau - eine Frage der angestrebten Zweck-Mittel-Relation.

    In der Ukraine dürfte z. B. das Ziel, Russland so weit niederzuringen, dass es freiwillig von der Ukraine ablässt, sicher(!) nur mit exzessiven bzw. exzessiv gefährlichen Mitteln, also z. B. eigenen Nato-Truppen, zu erreichen sein. Die Ukraine nur materiell zu unterstützen bietet also in Bezug auf diese Zielsetzung ein erhebliches Risiko des Scheiterns.

    Das muss aber nicht heißen, dass es ein für die Nato viel wichtrigeres Ziel auch verfehlt, nämlich Putin bis auf weiteres daran zu hindern, sich an weiteren Territorien zu vergreifen, was ihm früher oder später dann doch einen offenen, direkten Konflikt mit der Nato brächte. Dazu reicht es, dass die Ukraine ihn nicht kampf-, aber eroberungsunfähig schießt. DAS ist aktuell auf einem sehr guten Weg - ohne dass das Maximalziel einer Rückeroberung der besetzten Gebiete durch die Ukraine damit aufgegeben wäre

  • Kriegsziel also: Russland so umzugestalten, dass keine Bedrohung, keine Angriffe (auf Wohnhäuser) mehr von dort ausgehen.



    Die Strategie wäre der Weg zu diesem Ziel.



    Die Regierungen suchen zurzeit verstärkt Multilateralismus, also Besuche in Qatar und Brasilien etc. Auch alle anderen, nicht nur die deutsche.



    Aber es bleibt bei der Ebene der Absicherung des Zugangs von Ressourcen für die nationale Industrie.



    Einbezug der demokratischen Mitbürger_innen:



    sich keine Angst machen lassen.



    Keine Angst vor Wählerstimmen, keine Angst vor Kriegsdrohungen.



    Wie machen das Ukrainer/innen, dass sie keine Angst haben (solche gibt es)?

  • Stimmt, es gibt keine Strategie, sondern nur Abwehr von den Regierungen, die die Ukrainer unterstützen.



    Es gibt dort Freiwilligen-Bataillone, die Putin stürzen wollen, auch Russen darunter.



    Das sollte das Kriegsziel sein.



    Es ist grundsätzlich in den westlichen Medien so, dass die Forderung nach Krieg, nach Kriegszielen verpönt ist und abgeblockt wird, quasi ein Tabu.



    Das ist ja gut. Eine Antikriegskultur.



    Auf tagesschau.de wird in den Pressemeldungen des Ukraine-Generalstabs aus "Der Feind" "der Gegner" gemacht.



    Es gibt v.a. Beschwichtigungen, damit nicht die Deutschen in Unruhe geraten oder Gruppen wilde Sachen machen.



    Die Medien sind alle das Gegenteil von Kriegstreiberei.



    In Russland, und bei den Herrschern des Iran und Hisbollah und bei Assad, in Nordkorea und bei einigen anderen Terrorherrschern ist Kriegführen jedoch der Lebensinhalt überhaupt.



    Deshalb erwähne ich auch die Geld-Automatensprenger. Ein Plünderungskrieg. die taz würde da abblocken: das soll man nicht so nennen.



    Das ist die Herausforderung mit der die vielen einfachen Leute in der Welt konfrontiert werden:



    siegesgewiss Krieg führen, mit fanatischen Ideologien und das einzelne Menschenleben zählt nichts.



    Die Governance reagiert stattdessen nur mit Geldrechnungen und allgemeinen Formeln.



    Georgien, Moldau, Irans Expansion, Erdogans Bomben...



    Eine Strategiefrage stellt sich schon allein deshalb, weil "Experten" die Lage so einschätzen, dass die Regionen mit Humanismus, kritisch-rationaler freier Debatte und einer säkularen Pluralordnung weltweit in der Minderheit sind. Und dazu noch von innen heraus zerstört werden.



    Zarenknecht appelliert quasi: Putin ist unser Herrscher, wir müssen ihm gehorchen.



    Wenn das so bleibt, werden die Diktatoren überall durchmarschieren.

    • @Land of plenty:

      Es mag ja stimmen, dass die russische Gesellschaft, das russische Volk für eine Demokratisierung durch Erziehung und Bildung nicht gut aufgestellt ist. Viele, sehr viele Menschen, könnten mit dem Angebot einer Teilhabe nichts anfangen in dem Glauben, die "Politiker wüßten das alles besser".



      Aber daran kann ein Westen mit Krieg oder ohne Krieg wenig ändern. Das Beispiel, das Experiment in Afghanistan hat das gezeigt. Es fand sich niemand in Politik und Armee, der das erreichte gegen die Taliban verteidigen wollte.

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Der Artikel ist hochgradig plausibel, aber am Ende auch erschreckend: Warum denn genau wird kein strategisches Kriegsziel benannt? Sind wir wieder bei "genaue Details würden Sie nur beunruhigen" angelangt? Fatalerweise ruft das die Chefvermuter und Verschwörungstheoretiker auf den Plan.

    • @04405 (Profil gelöscht):

      "Warum denn genau wird kein strategisches Kriegsziel benannt?"



      Da es sich um einen reinen Angriffskrieg handelt, ist das wohl eher eine Frage an den Aggressor. Der ist, nach der Clausewitzschen Logik, "verpflichtet", strategische Kriegsziele zu haben.



      Wenn man dagegen auf die Opferseite schaut: "Die Ukraine verteidigt sich Tag für Tag mit den Mitteln die sie hat" wäre eine hinreichende Antwort auf die Frage nach ihrem strategischen Ziel.



      Deshalb wäre: "Wir unterstützen die Ukraine solange es nötig ist" ebenfalls eine hinreichende Antwort.



      Tatsächlich haben Ukraine und die westlichen Unterstützer natürlich strategische Ziele, die über "Wir verteidigen uns Tag um Tag" hinausgehen. Aus denen auch kein Geheimnis gemacht und an denen öffentlich sichtbar ständig diplomatisch gearbeitet wird:



      -Die (exemplarische) Verteidigung der UN-Statuten/des Prinzips der territorialen Unversehrtheit. -Westintegration der Ukraine durch EU- und NATO-Beitritt



      -dauerhafte Eindämmung des russischen Aggressionspotentials durch Militärhilfe, Sanktionen und diplomatische Isolation, und zwar solange, bis Russland zu echten Verhandlungen und verlässlichem Dialog wieder bereit/ bzw. fähig ist.



      Die von mir zuerst genannte Frage, was sind eigentlich die strategischen Ziele des Aggressors, sind IMO viel schwerer zu beantworten. Weil es solche Ziele nicht gibt. Die Allmachtsphantasien Putins (der Ende Dezember 2021 ganz offiziell die Rückabwicklung der NATO-Osterweiterung forderte) kann man wohl schwerlich als strategisches Ziel bezeichnen. Denn ein strategisches Ziel muss realistisch sein. Stattdessen sehen wir seit über einem Jahr einen bunten Strauße ständig wechselnder, und sehr wirrer Kriegsgründe. Grigorij Judin nennt den russischen Angriff den "sinnlosesten Krieg der Weltgeschichte".



      Die von Ihnen gelobte "hochgradig plausible" Logik des Clausewitz-Experten passt einfach nicht. Sein Text ist ein klassischer Fall von Maslows Hammer (Der Hammer-Experte hält alle Probleme für Nägel).

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @Barbara Falk:

        das ist eine sehr formelhafte bis mechanistische Herangehensweise. Kriegsziele sind dezidiert keine Strategie. "Wir unterstützen die Ukraine solange wie nötig" ist noch nicht mal ein Ziel, weil vage und unscharf. Und natürlich kann Putin niemand zwingen, ein Ziel auszugeben, und trotzdem hat er das schon mehrfach getan: Einverleibung der Ukraine nach Russland, perspektivisch sogar die Wiederherstellung der Grenzen des "Eisernen Vorhangs". Er nannte es "russische Welt".

        "Reiner Angriffskrieg" ist eine merkwürdige Art und Weise "Krieg" auszudrücken. Die diversen Einmarsche in Afghanistan und die Golfkriege waren genau das.

        Was ist also "unser" Ziel und die Strategie, wie das Ziel erreicht werden soll?

    • @04405 (Profil gelöscht):

      “Warum denn genau wird kein strategisches Ziel benannt?”



      Das Problem: der Westen verfügt nicht im Ansatz über eine gemeinsame, konsistente Strategie, a) was seine Ziele - über die Erklärung hinausgehend, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie sie es benötige -, hinsichtlich dieses Krieges betrifft und b) wie man sich die Zukunft nach dem Krieg, insbesondere den Umgang mit Russland, in einem gemeinsamen europäischen Haus vorstellt.



      Die Details in einem Krieg sind immer beunruhigend, alles andere wäre verdächtig. Und ja, das wird alle möglichen Verschwörungstheoretiker auf den Plan rufen. Wie wollen Sie das verhindern?

  • "höchste Zeit ist für eine umfassende Debatte darüber, wie dieser Krieg beendet und wie die sicherheitspolitische Ordnung in Osteuropa sowie das Verhältnis zu Russland künftig gestaltet werden soll."

    Dann fangen Sie doch mal an.

    Auf grund der russischen Ziele in der Ukraine (Auslöschen des ukr. Staates, vielleicht sogar der ukr. Sprache und Kultur) werden die Ukrainer verbissen um ihre bloße Existenz kämpfen. Daher sind das Brechen des ukr. Widerstands (wahrscheinlich mit anschließender Massenflucht in den Westen und/oder jahrelangem Partisanenkampf) der eine Pol; der Abzug der Russen (der idealerweise zu einem Austausch der russ. Führung führen würde) der andere Pol.



    Lösungen dazwischen wären angesichts der ambitionierten russischen Pläne, auch für Europa (NATO und EU auflösen, deren Staaten in ein russisches dominiertes System überführen) zumindest mittelfristig unwahrscheinlich. Russ. Landgewinne ohne weiteres würden Russland räumlich ja noch direkter in den Konflikt mit der NATO bringen. Zumal die Restukraine sicherlich mit westl. Garantien geschützt werden müsste - was wiederum unannehmbar für Moskau wäre. Zudem hat China (von dem hängt in der langen Frist eh alles ab) ein Interesse daran, die USA möglichst lange in Europa zu binden.

    Vielleicht könnte die USA Taiwan fallenlassen, und China im Gegenzug Putin fallenlassen. Allerdings ist Taiwan zu wertvoll, und China zu stärken, das weitaus größere Risiko für die USA.

    Ich halte es für am wahrscheinlichsten, dass bis Putins unfreiwilliger Abdankung, also noch 2-3 Jahre, Krieg geführt wird.

    Die sicherheitspolitische Ordnung hängt vom Kriegsergebnis ab. Gewinnt die Ukraine: Rückkehr zum Status quo (Normalisierung in ca. 10 Jahren). Gewinnt Russland: weitere Kriege um die Hegemonie in Europa oder westliche Regierungen die auf Moskaus Linie einschwenken - in Deutschland hieße das eine AfD-Regierung.

    • @Chris McZott:

      Na, dann nehme ich den Ball mal auf. Vorerst nur ein Aspekt aus Ihrer Argumentation:



      Auslöschung des ukrainischen Staates, Eliminierung der ukrainischen Kultur und Sprache? Nun, diese Aussagen stehen im Raum und können nicht wegdiskutiert/relativiert werden. Möglicherweise war das sogar das ursprüngliche Kriegsziel. Erkennbar hat Putin dieses Ziel jedoch verfehlt und wird (kann) es auch nicht erreichen. Wäre das Szenario überhaupt jemals realistisch gewesen?



      Ich spreche von “möglicherweise”, weil zwischen dem, was die ideologischen Hardliner eines Systems propagieren und dem, was davon realpolitisch jeweils umgesetzt wird/werden kann, immer unterschieden werden muss. Dass Moskau seine Herrschaft bis Lissabon ausdehnt, glauben Sie doch auch nicht ernsthaft.



      Außerdem ist zu erwägen, dass innerhalb eines Machtapparates auch unterschiedliche konkurrierende/rivalisierende Fraktionen mit entsprechenden Auffassungen existieren, Diadochenkämpfe, die hinter den Kulissen ausgetragen werden etc. pp. Das wird im Westen ja auch vermutet und darauf wird nicht zuletzt gehofft.



      Und ich sage das auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, weil ich mir sehr wohl darüber bewusst bin, dass Hitler anfangs nicht ernst genommen wurde hinsichtlich seiner schon 1933 klar erkennbaren verbrecherischen Ziele, v.a. mit Blick auf die Auslöschung der europäischen Juden. Aber insofern lassen sich historische Beispiele immer nur bedingt vergleichen.



      Ob es sich im Falle Russlands um eine faschistische Diktatur handelt (wie damals Nazi-Deutschland), darüber wurde hier auch schon leidenschaftlich diskutiert … ich bin bei solchen Zuschreibungen eher skeptisch.



      Weil ich es für nicht ausgeschlossen halte, dass manche Zeitgenossen das Faschismus-Etikett benötigen, um die Aufgabe ihres einstigen (linken) Antimilitarismus (vor sich selbst) rechtfertigen zu können. Da braucht es dann wenigstens einen faschistischen Gegner, um die Befürwortung von Waffenlieferungen ideologisch zu legitimieren.

  • Ich verstehe Clausewitz etwas anders, nämlich in fem Sinne, dass Psychologie und Moral ebenfalls wesentliche Faktoren für das Kriegsgeschehen sind, weil es sich bei den Akreuren immer noch um Menschen handelt. Ich schlage daher folgende Kriegsziele vor: Weil wir uns als vertragsbasiertes Europa keinen kompletten und erfolgreichen Bruch des Völkerrechts leisten können, ohne dass uns die EU, die WTO und womöglich die NATO zerfallen, darf Putin mit der Shock and Awe Methode der brutalstmöglichen Moralverletzung keinen Erfolg haben. Das bedeutet, die Grenzen müssen letztlich wieder die vor 2014 sein, mit einer Ausnahme; dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Damit hat bereits Wilson brutale Zerstückelungen von Weltreichen wie Österreich-Ungarn betrieben, die aber nachaltigenhn Bestand hatte, weil sie auf natürliche gesellschaftliche Axiomezurückgehen. Also wäre es möglich, dass die Krim nach einem Volksentscheid unter OSZE-Überwachung russisch bleibt. Ebenso ist es logisch, dass wir, da Moral nach Clausewitz ein wichtiges Kriegselement ist, selbst keine Kriegsverbrechen begehen dürfen und die wenigen ukrainischen Soldaten so gut es geht mit Ausrüstung und Schützenpanzern schützen und bestmöglich medizinisch betreuen müssen. Wenn man diese Ziele gesetzt hat, ist es demnach klar, dass wir für die kommenden drei Jahre des Krieges in eine industrielle Waffenproduktion einsteigen müssen und uns die Manufaktur schlicht nicht mehr leisten können. Außerdem muss das Gesundheitssystem massiv gestärkt werden, auch mit Medizinern und Pflegern aus dem Ausland. Und wir müssen das Kommen und Gehen von Flüchtlingen mit rabiaten Entschlackungen des Aufenthaltsrechts vereinfachen.

  • Mal ein Beitrag, der sich angenehm von den üblichen Dampfplaudereien (Wat mutt, dat mutt) unterscheidet.

  • Der einzige Sinn in diesem Ukraine-Krieg scheint darin zu bestehen, daß die internationale Waffenindustrie gestärkt und profitabel wird: Die ganzen Waffen müssen auch mal verbraucht werden, damit wieder Platz für neue ist. Wir sind über 8 Milliarden Menschen, bei diesem Überangebot spielen Kriegsopfer keine Rolle.

    • @Matt Gekachelt:

      Neben Kriegsopfern spielt auch das Klima keine Rolle.

  • Es iritiert, wie preußische Kriegstheorie immer mehr in den zivilen politischen Diskurs einsickert, als gehe es um die Produktion von Joghurtbechern.



    Dass politische Ziele in einem Krieg am wichtigsten sind, ist eine Binsenwahrheit.

    • @Lindenberg:

      Wenn man im Krieg Politik machen will, sollte man die Zusammenhänge von Krieg und Politik verstanden haben.

  • "...dass noch kein Krieg in der Geschichte durch einen einzigen Waffentyp entschieden wurde"

    Daß sich ein Profi derart mit Anlauf aus dem Fenster lehnt... oder ist das nur eine Finte des Autors, um den Beschuss (durch Kompositbögen oder Stinger, um nur zwei solcher Waffentypen zu nennen) vom Hauptteil seiner Argumentation abzulenken?

    • @Wurstprofessor:

      "...Kompositbögen oder Stinger..."

      Etwas komplexer ist es dann schon. Womit wir wieder dabei sind, dass es sinnvoll ist, Clausewitz zu lesen.

  • "Immer wieder wird dann auch der Begriff des Gamechangers ins Feld geführt, der der Ukraine zum erhofften Sieg über die russischen Invasoren verhelfen könne."

    Hier wäre es doch auch hilfreich, mal zu schauen wo es überhaupt mal einen "game changer" im Krieg gegeben hat, eine neue Technologie die alles von Grund auf verändert. Und war in einer dynamischen Situation, nicht zum Besispiel zu Beginn eines Überraschungsangriifs. Mir fallen da sehr wenige Beispiele ein. Die deutschen Historiker haben sich ja die ganzen Jahre mit "wichtigeren"Themen beschäfttigt und können daher hier ja kaum etwas beitragen. Arado 234 - düsengetriebenes Aufklärungsfluzeug, ersten Einsatz Juli 1944, konnte den ersten Überblick über die alliierten Invasionskräfte (Zahl, Lage usw) geben was der deutschen Luftaufklärung vorher komplett unmöglich war. Die Alliierten wussten nicht mal dass sie fotografiert wurden und haben sich daher überhaupt nicht gekümmert. USS Monitor 1863, Hampton Roads, komplett neuer Kriegsschifftyp., das Ende der hölzernen Schiffe. Beide Male waren das absolute technische Neuheiten, der Leopard fällt wohl nicht in diese Katgorie. Von daher sollte man wohl da die Hoffnungen nicht allszu hoch ansetzen.

    • @Gerald Müller:

      "mal zu schauen wo es überhaupt mal einen "game changer" im Krieg gegeben hat, eine neue Technologie die alles von Grund auf verändert. "



      Bezogen auf diesen Krieg sehe ich zwei solche Game Changer: Die vom Westen ab Juli 2022 gelieferten HIMARS-Mehrfachraketenwerfer.Damit haben die Ukrainer die Logistik ihres numerisch überlegenen Gegners zerstört. Und als zweites der systematische und umfangreiche Einsatz von Kampf-, Aufklärungs- und Logistikdrohnen.

    • @Gerald Müller:

      Als gamechanger werden immer wieder die Atombombenabwürfe auf Nagasaki und Hiroshima bezeichnet. Allerdings war da schon vorher klar, dass Japan aufgibt - es handelte sich also vor allem um einen Testlauf der USA.

      • @resto:

        Waren die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki nicht eher als ein deutlicher Schuss vor den Bug der sowjetischen Ambitionen seitens der Amerikaner zu verstehen, nach dem Motto: bis hierhin und nicht weiter?



        Aus militärischer Sicht waren sie tatsächlich überflüssig, obgleich die USA behaupteten, eine Landung auf den japanischen Hauptinseln hätte noch Zehntausenden von amerikanischen Soldaten das Leben gekostet.

        • @Abdurchdiemitte:

          Und so hat es halt 90.000 bis 170.000 meist ziviler Menschenleben gekostet (Spätfolgen eingerechnet).

  • Zuerst einmal sollte klar sein, dass Nichthandeln auch Handeln ist, dass also das Nichtliefern von Waffen auch eine Position wäre. Die Gamechanger- Spielchen mögen zwar etwas lächerlich sein, nur stellt sich die Frage tatsächlich immer wieder neu. Sie ist auch Ausdruck des eigenen gewachsenen Mutes beziehungsweise der gewachsenen Verzweiflung und sie spiegelt die Tatsache, dass der Westen sich in Wirklichkeit weiterhin immer noch als in einer Verhandlung befindlich glaubt. Man hofft auf ein Einsehen, deshalb steigert man das eigene Engagement, deshalb bleibt man dabei aber auch so "homöopathisch". Sobald man nun explizit Kriegsziele formulieren würde, müsste man diese auch wirklich engagiert verfolgen, dann ginge man raus aus dem Verhandlungsmodus. Trotzdem wäre es richtig sich ganz klar zu positionieren. Nur so kommt man aus dem "Krieg ohne Ziel" heraus, nur so wird der Krieg wieder politisch, nur so kommt man aus dieser gefährlichen Unschärfe und Ambivalenz heraus, die hierzulande weiterhin das politische Selbstverständnis prägt. In Wahrheit gibt es keine Verhandlungsposition, einfach weil es keine Verhandlungsmasse gibt. Und natürlich kein Mandat. Das hat nur die Ukraine.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Nur soviel: Ein Gamechanger muss nicht unbedingt flammneu und revolutionär sein. Es reicht z. B., dass er an entscheidender Stelle den Mitteln des Gegeners hinreichend überlegen ist. Das kann auch dadurch passieren, das einem etablierten aber aktuellen Waffensystem obsolete Pendants gegenübergestellt werden (wie z. B. T-55 einem Leo II). Umgekehrt kann ein Gamechanger ein Waffensystem sein, das eben eine solche Lücke auf der eigenen Seite schließt und damit bestehender Übermacht an anderer Stelle den Weg ebnet - so z. B. eine Luftstreitmacht, die Russland aktuell hat, die Ukraine aber nicht.

      Die Frage ist eher, ob in einem so komplexen Gebilde wie einem modernen Krieg überhaupt besagte "entscheidende" Stellen zu finden sind. Um bei den zwei Beispielen zu bleiben: Panzer haben nur in großen Zahlen die Möglichkeit, auch große Frontabschnitte zu beherrschen, egal wie überlegen sie sind. Und von einer nennenswerten Bedeutung der aktuellen russischen Luftüberlegenheit müsste man eigentlich mehr mitkriegen. Es wird schon seine Gründe haben, dass die meisten berichteten Luftangriffe mit Drohnen und Raketen ausgeführt sind.

  • "Mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet dies, dass es höchste Zeit ist für eine umfassende Debatte darüber, wie dieser Krieg beendet und wie die sicherheitspolitische Ordnung in Osteuropa sowie das Verhältnis zu Russland künftig gestaltet werden soll."



    Und was, bitteschön, ist Ihr diesbezüglicher Debattenbeitrag, Herr Müller? Das wäre wichtiger, als Clausewitz verstehen zu wollen.

    • @Siegfried Bogdanski:

      Tja, dann rennen sie weiter gegen Windmühlen.



      Wenn die Entscheider Clausewitz verstanden hätten, dann hätten die USA den Vietnamkrieg gar nicht erst angefangen, oder gewonnen.



      Oder am Beispiel von Afganistan. Erst muss ich das Ziel klar definieren. Kann sich jemand erinnern? Regime change? Terrorismus bekämpfen? Volksbefreiung? Demokratisierung? Deutschland verteidigen am Hindukusch?

      Dann muss ich schauen, welche Mittel notwendig sind, und dann ob ich bereit bin die notwendigen Mittel auch einzusetzen.

      Nehmen wir an, das Ziel war die Talisban zu besiegen und dem Land nachhaltig die Demokratie zu bringen. Dann wären als Mittel mehr Soldaten notwendig gewesen, so in der Größenordung von 1 Million. Diese hätten das ganze Land (und nicht nur die Städte) besetzen müssen. Dann hätte man alle Waffen einsammeln müssen. Und dann ungefähr eine Generation in Frieden aufwachsen lassen müssen.



      Auch dabei hätte es tote Soldaten gegeben. Diesen politischen Preis war de Westen nicht bereit zu bezahlen.



      Die Taliban hingegen haben Clausewitz verstanden. Sie haben sich einem übermächtigem Gegner weitgehend entzogen und diesen mit kleinen Angriffen beschäftigt. Ansonsten haben sie abgewartet, bis die politischen Kosten dem Westen zu hoch waren und er gegangen ist.

      • @Diana Klingelstein:

        Vergessen Sie bitte nicht, dass das Engagement in Afghanistan nur indirekt mit dem Unwesen der Taliban zu tun hatte (dem hatte der Westen vorher jahrelang zugeschaut). Auslöser war einzig der 11. September.

        Nehmen wir basierend darauf an, die USA hatten in Afghanistan eine flexible Zielsetzung: Minimalziel könnte gewesen sein, Al Quaida und anderen Extremisten erstmal den sicheren Hafen zu nehmen, den die Taliban ihnen boten, und sie aus Afghanistan in "offeneres" Gelände zu verjagen, wo man ihrer leichter habhaft wird. Das ist ziemlich gut gelungen.

        Stufe zwei war dann möglicherweise, OHNE einen massiven Einmarsch von Besatzungstruppen so lange zu verhindern, dass die Taliban wieder an die Macht kommen und die Zeit zurückdrehen, bis man Al Quaida & Co. genug Schaden zugefügt hat, dass ein Wiederaufstieg der Taliban die Terrorgefahr nur noch sehr mäßig erhöht. Das hat knapp zwanzig Jahre ohne Taliban in Afghanistan gebracht. Noch ist nicht sicher, ob verbliebene Nester von Al Quaida oder IS dorthin zurückkehren (bzw. ob die Taliban sie lassen würden). Aber bislang ist nicht bekannt, dass die alte Infrastruktur wieder heranwächst.

        Das - Stand jetzt - gescheiterte Nationbuilding wäre dann nur eine dritte Stufe - im Beratersprech ein "nice to have" - gewesen, mit dem man eventuell Afghanistan dauerhaft den Extremisten hätte entreißen und nebenbei etwas für die Rechte speziell der Afghaninnen und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes insgesamt hätte tun können - wieder mit nur eingeschränkten eigenen Mitteln. Wie geagt: Für diese Stufe Stand jetzt nicht gereicht. Vielleicht bleibt von den 20 talibanfreien Jahren ein Funke übrig, der irgendwann nochmal zündet, aber darauf kann man aktuell nicht wetten.

        Zur PR-Strategie würde natürlich gehören, die Nachrangigkeit der humanitären Zielsetzungen nicht an eine zu große Glocke zu hängen. Auch das ist gelungen, selbst wenn es die Nato viel Gesicht gekostet hat.

        Ergebnis: Respektabler Teilerfolg

    • @Siegfried Bogdanski:

      Das sehr ich anders:

      Der Artikel formuliert, was eigentlich die Frage ist.



      Das ist ein wertvoller Beitrag.

      Und erst wenn sich die Diskutanten auf die Kernfrage verständigt haben, lohnt sich der Versuch einer Antwort. Vorher lenkt es nur ab...

      • @mensch meier:

        Ich bezog mich auf Herrn Bogdanski.

  • Toller Essay!

    Die zentrale Aussage ist "den Krieg politisch denken". Es trägt einfach nicht zum Ende des Krieges bei zu wiederholen, dass Putin den Krieg begonnen (was natürlich stimmt!) hat und man mit ihm nicht verhandeln kann und das man deswegen vor allen Dingen auf die militärische Komponente setzen muss.

    Der Westen möchte sich aber keine Gedanken machen über die sicherheitspolitische Ordnung in Osteuropa sowie das Verhältnis zu Russland. Sondern unsere "Strategie" ist zu betonen, dass Russland sich zurückziehen soll (dem stimme ich zu, aber es ist realitätsfern) und solange das nicht geschieht werden Waffen geliefert. Das ist zwar eine einfache "Strategie", die sich auch leicht moralisch legitimieren lässt und mit der sich viele identifizieren können, aber sie wird den Krieg nicht beenden und auch die langfristigen Probleme behandeln.

    • @Alexander Schulz:

      Bis Russland die Waffen ausgehen, dann ist er beendet.

      • @Cededa Trpimirović:

        Russland ist eine Atommacht und Rohstoffe ohne Ende. Bis denen die waffen ausgehen hat sich die erde in eine atomare wüste verwandelt.

      • @Cededa Trpimirović:

        Da wird China schon vor sein. Denen ist es durchaus nicht unrecht, wenn sich "der Westen" und Russland gegenseitig aufreiben.

      • @Cededa Trpimirović:

        Meine Güte, haben Sie eine Ahnung davon wieviel Waffen und Munition in Russland lagern? Bevor das aufgebraucht ist, sind dem Westen Geld, Motivation und Waffen schon lange ausgegangen. Im Krieg reduziert sich alles auf Fakten, wer da mit Hoffnungen kommt hat schon verloren.

        • @Gerald Müller:

          "Meine Güte, haben Sie eine Ahnung davon wieviel Waffen und Munition in Russland lagern? Bevor das aufgebraucht ist, sind dem Westen Geld, Motivation und Waffen schon lange ausgegangen. "



          Vor einem Jahr hätte ich ihren Einwurf ja noch verstanden, mittlerweile stimmt das aber nicht mehr. Der russischen Armee gehen Munition und Gerät aus. Das sagen nicht nur westliche und ukrainische Experten, sondern auch eingebettet russische Kriegskorrespondenten und Kriegsbefürworter wie z.B. Igor Girkin, der mittlerweile ganz offen sagt, dass der Krieg für Russland militärisch verloren.



          Dazu z.B. dieses sehr nüchterne Interview des Militärökonomen Marcus Keupp vom Februar diesen Jahres:



          "Wenn das so weitergeht, dann werden sich die russischen Reserven so schnell abnutzen, dass wir im Sommer keine russischen Reserven mehr haben. Das gibt Ihnen ein Bild des militärischen Irrsinns, der da stattfindet. Diese riesigen Reserven, die sie ja noch aus der Sowjetunion herübergenommen haben, die werden zerstört in der Frist von wenigen Monaten, und die sind auch nicht in kurzer Zeit wieder aufzubauen. Also, es ist hart am militärischen Selbstmord, was da gemacht wird."



          www.br.de/nachrich...selbstmord,TW7hge0

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Phänomens Krieg, das er treffend als ‚wahres Chamäleon‘ charakterisiert hatte,“



    Jaja, „Der Krieg“ - ein Naturereignis - wie Erdbeben, Taifun und Hurrikan? Da können wir nix machen. Das müssen wir hinnehmen. Genau wie den Klimawandel.



    Schon in den 1980er- und 1990er-Jahren mussste ich mir bei Marketing- und Management-Seminaren eines US-amerikanischen Weltkonzerns Clausewitz-Idiotien anhören und es wurde erklärt, dass auch Wirtschaft Krieg sei. Denen fehlte es nicht an Strategie-Defizit.



    „Den Krieg politisch denken.“ Menschen spielen da keine Rolle. „Clausewitz verstehen“ – und dann zugrunde gehen.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Ja, so ist es: Der Mensch ist nicht nur weise. Die Prägung durch Instinkte als "steinzeitliches Rudeltier" in den älteren Hirnschichten schlagen immer wieder durch. Der Mensch ist eben auch ein Tier.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Aha. Und was ist jetzt Ihre Aussage? Die Amis sind böse und schuld?

      • @CarlaPhilippa:

        Nein. Ist doch klar!

        Däh! Ä“Herr - wirf 🧠 vom Himmel!“



        Dank im Voraus! Woll.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Nutzt ja nichts wenn nur der Gegner Clausewitz kennt. Strategisches Denken ist schon wichtig.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Na ja, wenn schon unsere Vettern, die Schimpansen, in Horden übereinander herfallen und wir dies während der gesamtem Evolution weitergeführt haben kann man durchaus von einem Naturereignis sprechen.



      Oder hatten Sie noch nie eine Mordfantasie bezüglich des einen oder anderen Zeitgenossen? Also, ich schon.

      • @Suchender:

        „Oder hatten Sie noch nie eine Mordfantasie bezüglich des einen oder anderen Zeitgenossen.“



        Doch, schon … habe diese Fantasien jedoch nie umgesetzt. Das ist ein entscheidender Punkt, der uns doch vom Schimpansen unterscheidet, bei aller Ähnlichkeit.



        Der Schimpanse kann nicht anders.

        • @Abdurchdiemitte:

          Wohlstandszähmung, wären wir nicht fett und satt würden wir hier nicht diskutieren sondern uns die Schädel einschlagen.

          • @Machiavelli:

            Ein echter Machiavelli.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Phänomens Krieg, das er treffend als ‚wahres Chamäleon‘ charakterisiert hatte,“



    Jaja, „Der Krieg“ - ein Naturereignis - wie Erdbeben, Taifun und Hurrikan? Da können wir nix machen. Das müssen wir hinnehmen. Genau wie den Klimawandel.



    Schon in den 1980er- und 1990er-Jahren mussste ich mir bei Marketing- und Management-Seminaren eines US-amerikanischen Weltkonzerns Clausewitz-Idiotien anhören und es wurde erklärt, dass auch Wirtschaft Krieg sei. Denen fehlte es nicht an Strategie-Defizit.



    „Den Krieg politisch denken.“ Menschen spielen da keine Rolle. „Clausewitz verstehen“ – und dann zugrunde gehen.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      man kann auch einfach die Augen zu machen und rufen "du siehst mich nicht!". Funktioniert ganz prächtig.

      Wobei der Vergleich zur Naturkatastrophe am Ende ganz passend ist, denn egal wie man es dreht, der Mensch ist Teil der Natur.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      Natürlich spielen Menschen bei Clausewitz eine Rolle. Aber eben nicht im Sinne von schützenswerten Hütern sondern als Resource, über deren Einsatz und Verbrauch entschieden wird.

      Das ist ein Mathematischer Ansatz auf zwischenstaatliche Konflikte in den Zeiten des Imperialismus. Das Muss man nicht gut finden und Ist absolut nicht vereinbar mit unserer modernen individual Gesellschaft.

      Aber in diversen Aspekten sind die Thesen anwendbar

  • Tausend Dank für diesen sachlichen Kommentar.



    Endlich ist da eine weitere Stimme, die dafür argumentiert, (auch) diesen Krieg in seiner gesamten Komplexität und politischen Dimension, jenseits allzu schablonenhafter Darstellungen von schwarz und weiß zu betrachten.

    Es gilt also, das ganze Politik- und Interessengeflecht um diesen Konflikt herum zu beleuchten und vor allem zu diskutiere, in welcher Welt wir morgen leben möchten.



    Das löst den Konflikt nicht, macht die Lösung auch nicht leichter - dafür aber sehr wahrscheinlich dauerhafter.

    Es braucht nun "nur" noch politische Akteure im Westen, die das auch offen und ehrlich tun wollen. Freiwillige vor!

    • @TTT:

      "Es gilt also, das ganze Politik- und Interessengeflecht um diesen Konflikt herum zu beleuchten"

      Das ist doch wieder nur eine wohlklingendere Form von "Die NATO/die Amerikaner/der Westen ist bzw. sind mit Schuld an dem Krieg".

      Christian Müller hat Recht, wenn er die Waffenlieferungen in homöopathischen Dosen hinterfragt. Wenn wir aus sehr guten Gründen wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt - und das heißt nichts anderes als die Befreiung der gewaltsam annektierten Gebiete - dann ist das derzeitige Vorgehen hinsichtlich zu geringer Waffenlieferungen für dieses Ziel kontraproduktiv.

      Eventuell übersehen er und Kritiker der Waffenlieferungen aber, dass diese sehr sparsam dosierten Waffenlieferungen eigentlich nichts anderes als Verhandlungssignale an Putin sind: "Je weiter Du eskalierst, desto mehr halten wir dagegen. Wir eskalieren aber nicht über das Niveau hinaus, das Du gesetzt hast - setze lieber auf Verhandlungen, Du wirst mit Deiner militärischen Aggression nicht zu einem Erfolg kommen."

      Insofern ist dem Vorwurf, "der Westen" würde die politische Komponente nicht beachten und nur in militärischen Dimensionen denken, bei weitem nicht richtig. Eine Strategie liegt hier vor. Vermutlich hat sie nicht zum Ziel, die Ukraine zu befähigen, die besetzten Gebiete zu befreien, sonst müsste man anders handeln und entschlossener unterstützen.

      Man kann darüber streiten, ob es die richtige Strategie ist. Ich halte die nur zögerliche Ausstattung der Ukraine mit schweren Waffen für falsch, denn letztlich entscheidet sich "der Westen" damit dafür, auf dem Rücken der ukrainischen Soldaten und der Zivilbevölkerung weiterhin auf Diplomatie zu setzen, Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren und Russland zu schonen. Eigentlich witzig, dass die querdenkenden Friedensbewegten genau das unserer Bundesregierung absprechen, obwohl es faktisch genauso Tag für Tag passiert.

      • @Bussard:

        👍

      • @Bussard:

        @bussard



        Interessanter Gedanke.



        Ich finde immer 'witzig', daß die erwarten, Diplomatie würde öffentlich passieren.



        Ob und welche Verhandlungen stattfinden weiß doch keiner, fände es auch sehr irritierend, wenn das öffentlich stattfinden würde.

        • @Peterbausv:

          Das Haken daran ist: Kanonenboot-Politik schafft Fakten und ist wirkungsmächtiger als Geheimdiplomatie … jedenfalls war das zuzeiten des Imperialismus so.



          Abet steuern wir auf genau diese Zeiten nicht wieder zu?

        • @Peterbausv:

          ...öffentliche Verhandlungen irritieren Sie wirklich mehr als öffentliches " Bevormunden " und ignorieren - der Wünsche der Mehrheit, nach Frieden ?



          Es werden doch immer die verschiedenen Demokratieformen, als die erstrebendwertesten Staatsformen " hochgehalten "....

    • @TTT:

      "Freiwillige vor!"

      Ich stimme Ihnen vollkommen zu, aber das Problem ist, dass sich keine Freiwilligen finden lassen werden. Das wäre bei der jetzigen Stimmungslage in den meisten westlichen Gesellschaften politischer Selbstmord.

    • @TTT:

      Wieso " im Westen "?! Meines Wissens lebt der einzige Verursacher des Krieges und der Einzige, der ihn problemlos beenden kann sehr im Osten: In Moskau.



      Der russische Faschismus muss zerschlagen werden - wie dereinst der deutsche. Und das einzige, was die Demokratie interessieren sollte, ist die Sicherheit der demokratischen Staaten vor den terroristischen Angriffen knallharter Diktaturen. Denn täuschen sie sich nicht: Nordkorea, der Iran, China und Russland - und ja, auch Typen wie Erdogan oder Orban und Netanjahu! - würden die Demokratie sofort und ohne Skrupel vernichten, wenn sie es könnten. Wie in den 1930er Jahren wird das demokratische Modell weltweit aggressiv herausgefordert - wenn es überleben soll, werden wir kämpfen müssen.

      • @Schytomyr Shiba:

        “Meines Wissens lebt der einzige Verursacher des Krieges und der Einzige, der ihn problemlos beenden kann sehr im Osten: In Moskau.”



        Ihr Satz beinhaltet gleich zwei Fehlannahmen, die in den Worten “Einzige” und “problemlos” zum Ausdruck kommen.



        Putin ist der Verursacher, ohne Zweifel, aber wohl nicht der EINZIGE … ohne ihm ergebene Vertraute wie Lawrow oder Shoigu sowie einem repressiven Machtapparat, der über Jahrzehnte effektiv aufgebaut wurde, könnte es auch nicht funktionieren.



        Inwieweit nach einer Mitschuld der russischen Bevölkerung im ganzen zu fragen ist, ist ein heißes Eisen, die Debatte hatten wir schon im Hinblick auf den Hitler-Faschismus und die Mitschuld der Deutschen … das Fass möchte ich jetzt nicht unnötig aufmachen.



        Des weiteren ist Putin beileibe nicht der EINZIGE, der den Krieg beenden kann … das können auch andere, man muss sich nur der Konsequenzen bewusst sein. Auch das wurde hier - sogar aktuell - aufs Ausführlichste diskutiert.



        PROBLEMLOS geht das Ganze leider Gottes auch nicht vonstatten, jedenfalls nicht aus russischer Sicht: muss ich an den internationalen Strafbefehl gegen Putin erinnern, an die gestrige Entscheidung der EU, die Ukraine vorbehaltlos bis zum Sieg zu unterstützen und an die Quasi-Relativierung dieser Position durch den US-Außenminister am heutigen Tag?



        Ach, wenn es doch so einfach wäre.



        Und noch etwas: “Der russische Faschismus muss zerschlagen werden - wie dereinst der deutsche”.



        Muss es denn immer gleich “Faschismus” sein, um die Solidarität mit den Opfern und Verteidigern gegen aggressive, kriegerische Handlungen zu legitimieren? Reicht nicht der Verweis auf Butscha und andere russische Gräueltaten, um zu finden, dass sich Putin vor dem IStGH verantworten muss? Muss er dafür ein Faschist, ein “Putler” sein?



        Ich denke, Sie haben sich hier ideologisch “verrannt”. Denken Sie darüber bitte noch einmal nach.

    • @TTT:

      Ich denke auch die aktuellen Akteure auf beiden Seiten müssen weichen, um in Zukunft eine faire Zusammenarbeit mit Russland zu ermöglichen.

      Die übergriffige Außenpolitik des Westens hat geholfen, Putin in seiner heutigen Form zu ermöglichen. Beim Amtsantritt war er anders drauf. Und "unsere" heutige Geopolitik ist nicht entscheidend gewandelt, alles würde sich ggf. in 20-30 Jahren nur schlimmer wiederholen.



      Dass Putin und seine Leute auch weg müssen bevor sich das Verhältnis normalisieren kann, ist schätze ich offensichtlich.

      • @Fabian Wetzel:

        Wir sollten man mit unfairen Fieslingen fairen Umgang pflegen? Putin kennt nur Putin und der hat immer Recht.

  • Die Kritik über den Einfluß von van Creveld geht etwas ins Leere, denn Politiker die Clausewitz nicht gelesen haben, haben von van Creveld meistens noch nie etwas gehört.



    Dabei muß man wirklich nur diesen einen Satz kennen:

    "Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln."

    Auch bei Putin habe ich meine Zweifel, daß er wirklich ein politisches Ziel hatte.

    • @Don Geraldo:

      Putin hat ein klares politisches Ziel. Er möchte für Russland die Territorien des Zarenreiches. Solange er eine Chance sieht, dies auf militärischem Wege zu erreichen, sind Verhandlungen sinnlos.

    • @Don Geraldo:

      gut ...

      mir sind beide namen geläufig.



      van crefeld ist mit seinen vorträgen auch auf youtube zu sehen.



      hörenswert & überzeugend.

      ich halte es mit einem wort von napoleon:

      die welt wird von zwei mächten beherrscht.



      der macht des schwertes und der macht des geistes.



      und immer siegt die macht des geistes über die macht des schwertes.

      • @adagiobarber:

        Hat Napoleon das gesagt? Echt jetzt? Warum hat er es dann nicht selber beherzigt? Oder sass er da schon im Exil auf St. Helena?

      • @adagiobarber:

        "und immer siegt die macht des geistes über die macht des schwertes."

        Aber nur, weil die Macht des Geistes immer bessere Schwerter entwickelte.

        Letztlich hatte Herodot recht:



        "Der Krieg ist der Vater aller Dinge."

  • Verstehe das Problem nicht. Der Krieg ist beendet, wenn Russland die Ukraine (in den Grenzen von 1991) verlässt. Bonusziel: Befreiung der durch das imperialistische Regime unterdrückten Völker abseits von Moskau.

    • @Vasco Schultz:

      Hah, das nennt man wohl: zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen … funktioniert leider nur im Märchen vom Tapferen Schneiderlein. Da waren’s sogar sieben auf einen Streich. Wie wär’s, China und den Iran vielleicht gleich mit?



      Die geopolitischen Realitäten sehen anders aus.

    • @Vasco Schultz:

      "Verstehe das Problem nicht."

      ...und den Artikel...

      "Der Krieg ist beendet, wenn Russland die Ukraine (in den Grenzen von 1991) verlässt."

      Und wenn das nicht klappt? Genau darum geht es im Artikel. Komplexe Dinge komplex denken, statt einfache Slogans verbreiten.

      PS: Es lohnt sich wirklich, Clausewitz zu lesen.

    • @Vasco Schultz:

      "Der Krieg ist beendet, wenn Russland die Ukraine (in den Grenzen von 1991) verlässt."



      Umkehrschluss: solange Russland das nicht tut, wird der Krieg weitergehen.

      Mittlerweile gehe ich davon aus, dass Putin den finnisch-russischen Krieg im Blick hat. Auch den hat Russland (Sowjetunion) verloren; trotzdem hat es im dann im Friedensvertrag Gebiete hinzugewonnen. Das bedeutet, dass Russland weitermacht, bis sich abzeichnet, dass ein ermüdeter Westen einschließlich Ukraine entsprechende Zugeständnisse zu machen bereit ist. Und das wird realistischerweise irgendwann passieren, machen wir uns nichts vor.

      • @Encantado:

        "Mittlerweile gehe ich davon aus, dass Putin den finnisch-russischen Krieg im Blick hat. Auch den hat Russland (Sowjetunion) verloren..."

        Genau genommen hat die rote Armee nach einer anfänglichen Niederlage gelernt und ihre Methoden angepasst. Im zweiten Versuch gelang es dann, Erfolge zu erzielen, die die finnische Führung dazu brachten, auf die sowj. Forderungen einzugehen.

        Das könnte allerdings tatsächlich Putins Gedanke sein. Wobei. Wer kann schon wissen, was Putin wirklich denkt?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Kann ich nur zustimmen

          "Sie beinhalteten Gebietsabtretungen, die deutlich über die von den Finnen vor dem Krieg abgelehnten Forderungen hinausgingen. Zwar wurden die Bedingungen zunächst mit Bestürzung aufgenommen, jedoch zwang die sich rasch verschlechternde militärische Lage zum Handeln. Am 28. Februar beriet Ryti mit Mannerheim, der feststellte, der Frieden müsse sehr bald, zur Not auch unter harten Bedingungen, geschlossen werden."

          de.m.wikipedia.org/wiki/Winterkrieg

          Die finnische Front war am zusammenbrechen und die Sowjets hätten mittelfristig ganz Finnland besetzen können.



          Aber da noch andere Dinge auf dem Zettel standen (Annexion des Baltikums und Bessarabiens Juni 1940), gab man sich mit Gebietsabtretungen zufrieden.

          • @Blutsbruder WinnePuh:

            Sieh an, so verhält es sich also mit den Mythos vom finnischen David gegen den sowjetischen Goliath. Das wird zuweilen nur anders erzählt.



            Wie gut, dass es die Geschichtswissenschaft gibt.