Immer mehr Autos: In Verkehrswende ungenügend
Nicht weniger, sondern mehr Autos drängeln sich auf Deutschlands Straßen. Es fehlt an Anreizen für den Abschied vom Verbrenner.

T rotz aller Klimaziele, Appelle ans gute Gewissen und wissenschaftlichen Warnungen: Die Deutschen fahren immer noch nicht nur viel mit dem Auto, sondern sogar immer mehr. Während der öffentliche Nahverkehr unterfinanziert ist, Züge verspätet sind und marode Radwege gern gemieden werden, rollt der motorisierte Individualverkehr lebhaft voran. Das Auto bleibt das Lieblingsverkehrsmittel – selbst auf Kurzstrecken, selbst in Städten, selbst in Zeiten von Rekordtemperaturen und Umweltkatastrophen.
Und das nicht zuletzt auch aufgrund von extrem steuerbegünstigten gewerblichen Fahrzeugen. Die Verkehrswende, die eigentlich dringend notwendig wäre, kommt nicht voran. Warum? Weil die politischen Entscheidungen wie zu oft zu stark auf die Interessen der Autolobby ausgerichtet sind.
Es fehlt an klaren Maßnahmen: an einem konsequenten Abbau von Subventionen für die Verbrenner, an einer spürbaren CO2-Bepreisung, an einem massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes und vor allem an einem politischen Willen, der bereit ist, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Stattdessen wird der Status quo gepflegt: Dienstwagenprivilegien bleiben unangetastet, fossile Kraftstoffe werden immer noch subventioniert, und die Pkw-Maut scheiterte kläglich.
Der Umbau der Städte zu autoarmen oder gar autofreien Zonen bleibt die Ausnahme. Wer das Auto weniger attraktiv machen will, muss Alternativen schaffen – und zwar flächendeckend und bezahlbar. Natürlich ist die Politik hier gefragt, aber auch die Verbraucher:innen machen es sich zu leicht, wenn sie davon ausgehen, dass technologische Fortschritte reichen, ohne dass das eigene Verhalten verändert werden muss. Es braucht Strategien, die Verkehrswende und Klimaschutz ernsthaft angehen.

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Solange es Politiker:innen nicht wagen, das Auto aus seiner privilegierten Stellung zu verdrängen, wird die Verkehrswende nur ein Schlagwort bleiben – und damit die Klimaziele in weiter Ferne.
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