Gesetzentwurf der Innenministerin: Die FDP bremst beim Waffenrecht
Bundesinnenministerin Faeser (SPD) will Rechtsextremen und psychisch Kranken die Waffen entziehen. Doch die Liberalen stellen sich quer.
Mitauslöser für Faesers Vorstoß war das Attentat von Hanau. Der Täter besaß legal Waffen und übte im Schützenverein, obwohl er psychisch krank war und vor seiner Tat wirre Schreiben an Behörden verschickte. Die Waffenbehörde bekam davon nichts mit – oder blieb untätig. Für Faeser darf das nicht noch einmal passieren. „Wer psychisch auffällig ist oder sich offensichtlich radikalisiert hat, darf keine Waffen besitzen, erst recht nicht legal“, erklärte sie.
In ihrem Aktionsplan machte Faeser das zu einem zentralen Punkt. Bei Extremisten und psychisch Kranken wolle man Waffenbesitz „wirksam verhindern“ sowie den Entzug von Erlaubnissen „besser durchsetzen“. Faeser schlug dafür ein neues Forum aus Waffenbehörden, Verfassungsschutz, Polizei und Verwaltungsgerichten vor. Die Ministerin verwies zudem auf die Dringlichkeit: Bis heute besäßen rund 1.500 Rechtsextremisten legal Waffen.
FDP bremst Verschärfungen aus
Tatsächlich arbeitete Faesers Ressort zuletzt an einem Gesetzentwurf für eine Waffenrechtsverschärfung. Laut einer Sprecherin liegt dieser inzwischen vor, wird aber noch intern abgestimmt. Mit der Neuregelung soll nun der Kreis der Behörden erweitert werden, an die Waffenbehörden Anfragen richten können, um extremistische oder psychische Auffälligkeiten von Waffenbesitzenden oder Antragstellern zu erfragen.
Umgekehrt sollen die Ämter die Waffenbehörden aktiv informieren, wenn sie Hinweise haben. Zudem sollen Regelanfragen der Waffenbehörden und Nachberichtspflichten „ausgebaut“ werden.
Nur: Wann der Gesetzentwurf von der Ampel verabschiedet wird, ist völlig offen. So bald, wie Faeser es wollte, jedenfalls nicht. „Ein Termin für eine Kabinettbefassung steht noch nicht fest“, erklärt eine Ministeriumssprecherin. Der Gesetzentwurf müsse auch erst noch mit anderen Ministerien, den Ländern und zuständigen Verbänden abgestimmt werden.
Die Verzögerung liegt auch an der FDP – die eine Gesetzesverschärfung ausbremst. „Wir haben in Deutschland bereits ein sehr strenges und detailliertes Waffenrecht“, sagt FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle der taz. Auch seien deutsche Jäger und Sportschützen „überaus rechtstreu“ und würden bereits heute regelmäßig überprüft. Sie dürften „nicht unter Generalverdacht gestellt“ werden. Bevor das Waffenrecht verändert werde, brauche es „zwingend“ eine Evaluation der jüngsten Waffenrechtsänderungen.
Tatsächlich wurde das Waffengesetz zuletzt 2020 verschärft. Seitdem müssen Waffenbehörden beim Verfassungsschutz abfragen, ob Antragstellende von Waffenerlaubnissen als Extremisten bekannt sind, gleiches gilt für Nachkontrollen. Darauf verweist auch Kuhle. Dass es dabei beim Austausch zwischen den Behörden hake, sei „kein Fehler des Gesetzes, sondern seines Vollzugs“. Viele Waffenbehörden seien „personell und fachlich überfordert“. Hier müssten Länder und Kommunen für Personal und Technik sorgen. Und: Gerade der Austausch mit Gesundheitsämtern sei „sehr sensibel“, einen Zugriff auf geschützte Gesundheitsdaten dürfe es „keinesfalls“ geben.
„Ernst zu nehmendes Sicherheitsrisiko“
Faeser und die Grünen indes pochen auf den Koalitionsvertrag. Dort vereinbarte die Ampel, Extremisten Waffenerlaubnisse zu entziehen und Waffenbesitzer „effektiver“ zu kontrollieren. Festgehalten ist aber auch die besagte Evaluation. Die wird es auch geben, versichert Faesers Sprecherin. „Erforderliche Änderungen des Waffengesetzes können deshalb aber nicht zurückgestellt werden.“ Zu Details, etwa ob und wie auf Gesundheitsdaten zugegriffen werden soll, äußert sich das Ministerium wegen des noch laufenden Erarbeitungsprozesses bisher nicht.
Auch der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich betont, Faeser dränge „zu Recht“ auf eine strengere Waffenkontrolle. „Rechtsextremisten und andere Demokratiefeinde mit Waffen sind ein sehr ernst zu nehmendes Sicherheitsrisiko.“ Hier sei es wichtig, „dass wir schnell in die konkrete Umsetzung kommen“, so Emmerich. „Am Ende des Tages spielt es keine Rolle, ob wir es Verschärfung, Anpassung oder Erweiterung nennen.“
Doch schon Faesers Vorgänger Horst Seehofer scheiterte an einer Waffenrechtsverschärfung. Auch der CSU-Mann wollte einen besseren Austausch zwischen Waffenbehörden, Polizei und Gesundheitsämtern erreichen. Am Ende opponierte nicht nur die Waffenlobby, sondern auch die eigene Unionsfraktion. Das Gesetz wurde nie verabschiedet.
Und auch jetzt machen Lobbyverbände wieder mobil. So erklärt der Deutsche Schützenbund zwar, man unterstütze das Ziel, Extremisten den Zugang zu Waffen zu erschweren, „uneingeschränkt“. Aber: „Weiterer Verschärfungen des Waffenrechts bedarf es nicht.“ Eine Entwaffnung der rechtsextremen Szene sei auch mit dem geltenden Gesetz möglich. Und gerade eine Abfrage und Interpretation von Gesundheitsdaten berge „große Schwierigkeiten“.
Faeser muss also noch einige Überzeugungsarbeit leisten. Bis dahin bleibt auch ihr Aktionsplan gegen Rechtsextremismus nur Ankündigung. Denn neben der ausstehenden Entwaffnung der Szene sind auch die anderen neun Punkte des Plans bisher weitgehend nicht umgesetzt.
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