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Erstmals Haftstrafen„Letzte Generation“ in den Knast

Zwei Männer wurden wegen einer Straßenblockade zu jeweils drei und zwei Monaten Haft verurteilt. Die Aktivisten sehen darin einen „Dammbruch“.

Polizisten lösen die festgeklebten Hände von Aktivisten der „Letzten Generation“ von der Fahrbahn Foto: Bodo Marks/dpa

Heilbronn dpa | Zwei Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ sind wegen einer Straßenblockade zu mehrmonatigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden. Die zwei Männer wurden am Montag vom Amtsgericht Heilbronn zu jeweils drei und zwei Monaten Haft verurteilt, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag sagte. Angeklagt waren sie wegen Nötigung.

Laut einer Sprecherin der Gruppe ist es die erste Haftstrafe ohne Bewährung, zu der Aktivisten der Gruppe verurteilt wurden. Die Männer hätten sich am 6. Februar auf einer Straße in Heilbronn festgeklebt. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Laut Gericht wurden drei weitere Aktivisten zu unterschiedlichen Geldstrafen zu jeweils 60 Tagessätzen verurteilt. Die Strafen für die zwei Männer fielen dem Gerichtssprecher zufolge strenger aus, weil sie schon öfter wegen ihres Klimaprotests auffällig gewesen seien und vor Gericht erklärt hätten, dass sie mit den Aktionen weitermachen wollten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Laut Medienberichten hatten die Aktivisten nach der Urteilsverkündung erneut mit einer Protestaktion für Behinderungen auf einer Heilbronner Straße gesorgt.

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38 Kommentare

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  • taz: "Zwei Männer wurden wegen einer Straßenblockade zu jeweils drei und zwei Monaten Haft verurteilt."

    Jetzt werden Klimaschutzaktivisten also mit der ganzen Härte des Gesetzes in die "rechtsstaatliche Realität" zurückgebracht, damit dem Kapitalismus auch ja kein 'Schaden' zugefügt wird. Das wäre ja auch noch schöner, wenn junge Klimaaktivisten die Verursacher des Klimawandels beim Geldverdienen stören würden - also sperrt man die Aktivisten einfach weg.

    Ob wir es jemals erleben werden, dass die Verursacher des Klimawandels in den Knast wandern? Sicherlich nicht, denn unsere sogenannten Volksvertreter rollen lieber weiterhin den 'roten Teppich' für die wahren Klimaterroristen aus. Im Grunde können wir den jungen Menschen eigentlich auch gleich sagen, dass ihre Zukunft leider ausfallen muss, weil Manager auch zukünftig das klimaschädliche Wirtschaftswachstum ankurbeln möchten und unsere Politiker sich nicht wirklich für Klimaschutz interessieren - und sich nicht einmal dafür schämen, dass man Klimaschutzaktivisten jetzt sogar schon "kriminalisiert", während die Verursacher des Klimawandels weiterhin in diesem Land "hofiert" werden.

    "In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht." (Kurt Tucholsky, Gesellschaftskritiker, Journalist und Schriftsteller, 1890-1935) – Auch im 21. Jahrhundert hat sich daran in Deutschland noch nichts geändert.

    • @Ricky-13:

      Verursacher:innen des Klimawandels sind wir alle und auch viele andere Länder. Also ab in den Knast mit allen.

      • @resto:

        Über Ihre intelligenten Kommentare freue ich mich immer wieder.

  • Die Rechtsprechung im Musterländle ist mehr als Grenzwertig. War bei S21 nicht anders.

  • Darf ich jetzt auch andere Nötigungen im Straßenverkehr anzeigen? Also wenn mit 230 und Lichthupe auf mich zugerast wird, zum Beispiel. Ich habe nämlich ein Handy mit Kamera und könnte da fast täglich Beweisvideos machen... Werden Stauverursacher jetzt alle eingesperrt, oder darf man während man zu schnell ohne Abstand fährt schon Staus verursachen? Dann muss die LG eben in Autos umsteigen und wie jeder anständige Mensch den Stau durch potentiell lebensbedrohliches Fahrverhalten verursachen. Wir brauchen da Rechtssicherheit mittels welcher Nötigung das Verursachen eines Staus ok ist. Drängeln ist sicher ok, das machen ja alle, aber was sonst? Sitzen ist böse, außer eben hinterm Steuer. Ach. Kompliziert.

    • @Eva Kern:

      Puh, Sie klingen echt wütend. Keine gute Idee so am Straßenverkehr teilzunehmen. Weder als Drängelnde, noch als Bedrängte. Zu Ihrer Frage gucken Sie hier nach: www.adac.de/verkeh...m-strassenverkehr/

  • In welchem Alter die beiden Verurteiten sind, wäre auch interessant....

  • ES gibt in einem solchen Fall wohl nichts Dümmeres als eine Haftstrafe.

  • Alle wissen: die Forderungen der Letzten Generation sind mindestens gerechtfertigt.. genau genommen hat das Bundesverfassungsgericht bereits darüber geurteilt, dass Regierung und Gesellschaft dem Anliegen der LG Rechnung tragen müssen.!!.

    Dass die Regierung (besonders die FDP) das offen verweigert ist Rechtswidrig..und der eigentliche Skandal.



    Und es gibt eine wachsende Zahl an Menschen die das sehr wohl verstanden haben.

    Wenn jetzt Aktivisten zusammen mit Kriminellen weg gesperrt werden, ist das die nächste (gefährliche) Stufe der Eskalation. Anstatt, wie in Hannover und anderen Städten, auf die LG zu zugehen...Law and Order..

    Und man muss die Sorgen volle Frage stellen, ob es hier zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung a la Dobrindt kommen könnte...

    Eines wird aber immer deutlicher: die Generationen des Wirtschaftswunders sind nicht reformierbar..und das wird sich absehbar in der Gesellschaft niederschlagen. Die alte Realität wird untergehen..und die Vertreter des erstarrten Glaubens, an die Wunder von Vorgestern werden mit ihr untergehen..

    (wie wird man wohl im Rückblick auf sie schauen.??).

    • @Wunderwelt:

      Laut Gesetz sind die Aktivisten Kriminelle, wie eben die anderen im Knast zumeist auch.

      • @resto:

        Kriminelle sind nach meiner Vorstellungen Menschen, die aus Gründen der persönlichen Bereicherung Dinge tun, die anderen Schaden..

        Demnach sind die LGs definitiv keine Kriminellen.. Aber vielleicht stimmt einfach mit unseren Gesetzen etwas nicht..oder vielleicht auch mit denjenigen, die sie nach ihrem persönlichen Sinne (Vorteil) auslegen...

        • @Wunderwelt:

          Ihre rein persönliche Meinung zählt nicht. Zum Glück haben wir allgemeingültige Gesetze. Außerdem finde ich die Aktionen der LG zu überhaupt nichts Nutze, außer, dass die eigene moralische Großartigkeit ausgestellt wird.

  • Schade, dass ich nicht Auto fahre. Sonst würde ich jetzt die Fahrer*in des mir im Stau vorausstehenden Autos auch mal wegen Nötigung verklagen.

    Oh, und gut, dass @DIMA mal wieder in diesem linken Saustall für Zucht und Ordnung sorgt! Jawoll!1!!

  • Siehe FAZ-Gastkommentar von Uni Prof für Rechtsphilosophie: Gleiches Recht für Alle ist der Konsens der Demokraten (Verkürzt Rawls).



    Niemand steht über dem Gesetz.



    Wer das für sich in Anspruch nimmt, muß geradezu mit der Justiz rechnen.

  • Gemessen an der Strafandrohung für Nötigung und der offensichtlich fehlenden Einsicht für das strafbare Verhalten bei den Angeklagten, erscheinen die vom AG Heilbronn getroffenen Entscheidungen noch recht nachsichtig. Aufgrund der prompten erneuten Straffälligkeit, zeigt sich, dass die Urteile bisher auch noch keine resozialisierende Wirkung entfalten konnten. Letztendlich wird aber auch die sich selbst ausgerufene "letzte" Generation einsehen müssen, dass Veränderungen in der demokratischen Gesellschaft nur mit demokratischen Mitteln erreicht werden können. Strafbarer und umweltschädlicher Aktivismus durch künstliche Verkehrsblockaden, die den CO2 Ausstoß hoch treiben, gehört dabei nun mal nicht zu den Mitteln der Demokratie.

  • Was fällt diesen Demonstranten denn auch ein? Wie kann man denn das legitime Recht auf Demonstrationsfreiheit einfordern? Da hätten sie mal lieber bei den Klimaleugnern mitmachen sollen. Da passiert nix........

    • @Perkele:

      Demonstrationsfreiheit gibt nicht das Recht, beliebig Straftaten zu begehen.

    • @Perkele:

      Sie tun so, als ginge es um Demonstrationsfreieht.

      Das stimmt doch nicht.

      Die beiden können demonstrieren, soviel sie wollen.

      Sie müssten nur die Nötigung weglassen.

      Man muss damit rechnen, dass die Strafe beim nächsten Mal noch höher ausfällt.

      Das StGB gilt ja nicht nur für die, die ich nicht leiden kann.

    • @Perkele:

      Es geht um die *Nötigung* dabei. Nicht um die Tatsache, dass jemand gegen oder für etwas demonstrieren möchte.

  • Bei Wiederholungstätern gibt halt Knast. Der Aufschrei der Aktivisten ist scheinheilig, schließlich ist inzwischen aus deren Unterlagen ja bekannt, dass sie damit intern damit früher oder später rechneten.

    • @DiMa:

      "Das Urteil ist nicht rechtskräftig."

    • @DiMa:

      Genau Wiederholungstäter wegsperren. Das nächste Mal dann Sicherungsverwahrung. Immerhin haben die unzähligen Opfer dieses abscheulichen Verbrechens das Ziel ihrer Fahrt nur mit Verspätung erreicht, da braucht es die ganze Härte des Rechtsstaats.

      • @Ingo Bernable:

        anschließe mich - auf unser aller Eisenfuß DIMA is Verlaß - ansonsten masel tov durch die Instanzen.

        (unterm—— bei allem Ernst—-



        “Ja, wenn der gnädige Herr nicht wär!



        Der gnädige Herr, was sagt aber der??



        »Mal fünfundzwanzig! Nach altem Brauch!«



        Richtig geraten! – So kommt es auch. –“



        by Wilhelm Busch



        www.zeno.org/Literatur/I/bwe2340c

      • @Ingo Bernable:

        Soviel Verständigkeit hätte ich hier garnicht erwartet! :)

      • @Ingo Bernable:

        Sicherheitsverwarung sieht das Gesetz nicht vor. Es reicht jedoch aus, den gesetzlichen Strafrahmen vollständig auszunutzen.

  • Was geschieht eigentlich mit den Managern der Erdölfirmen, die nachweislich seit den 1970er Jahren wussten, was sie da anstellten, aber mit millionenschweren PR-Kampagnen die Klimaforschung diskreditierten? Wird gegen die auch ein Verfahren eröffnet?

    • @K.M.:

      Wenn ich mir die Erwiderungen ansehe, läuft es mir bei den meisten kalt den Rücken runter.

    • @K.M.:

      Oder gegen jene, die die Welt jahrzehnte lang über die Giftigkeit von Tetraethylblei getäuscht haben und weltweit für ca 120 000 000 Tote verantwortlich sind.

    • @K.M.:

      Gegen welches Gesetz haben sie damit verstoßen?



      Damit dürfte die Frage beantwortet sein.



      Gesinnungstribunale sind in Deutschland glücklicherweise nicht mehr üblich.

    • 6G
      652797 (Profil gelöscht)
      @K.M.:

      Zweifelhaft, denn auch Sie sind auf die Erdölförderung angewiesen. In ziemlich jeden modernen Produkt ist Erdöl schließlisch enthalten.

    • @K.M.:

      Also, wenn ich mal so nachrechne, glaube ich nicht, dass noch viele der damaligen Manager noch leben.

    • @K.M.:

      Auf Basis welchen Vergehens? Bitte einfach mal die entsprechenden Straftatbestände auflisten…

    • 4G
      47351 (Profil gelöscht)
      @K.M.:

      Überlegen Sie, welche Straftat vorliegen könnte und erstatten Sie Anzeige.

    • @K.M.:

      Wenn sie gegen geltende Gesetze verstoßen haben und verklagt werden, kann auch gegen sie ein Verfahren eröffnet werden.

    • @K.M.:

      Ernsthaft? Jemanden wegen Geschäftstüchtigkeit anklagen? Ja wo sind wir denn?

      • @0 Substanz:

        Sind exakt dieselben Vergehen, die den Managern der Tabakindustrie vor rund 20 Jahren zur Last gelegt wurden. Und für die sie schuldig gesprchen wurden.

    • @K.M.:

      Na, wieviele werden davon wohl noch am Leben sein?

    • @K.M.:

      Auf welcher rechtlicher Grundlage würden Sie ein Verfahren eröffnen wollen? Stellen Sie doch einfach Strafanzeige.