Einführung der Gasumlage: Viel Lärm um das kleinere Problem
Die Gasumlage mit 2,4 Cent ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Sobald Preisgarantien auslaufen, steigt der Preis um ein Vielfaches.
J etzt steht die lange erwartete Zahl fest: 2,4 Cent Gasumlage fallen ab Oktober pro Kilowattstunde Erdgas an. Wer mit Gas heizt, zahlt allein dadurch je nach Größe und Dämmung der Wohnung 15 bis 50 Euro mehr pro Monat. Die tatsächliche Zusatzbelastung für alle Gasnutzer macht jedoch ein Vielfaches dieser Summe aus. Denn sobald bestehende Preisgarantien auslaufen – was, wenn es nicht schon passiert ist, bei den Verbrauchern spätestens in wenigen Monaten der Fall ist –, dürfte der Gaspreis um rund 25 Cent pro Kilowattstunde steigen.
Die Aufregung über die neue Umlage ist darum einerseits etwas irre, denn das Hauptproblem für die Gaskunden ist ein ganz anderes. Doch gerade deshalb ist es andererseits auch ein Fehler, dass die Gasumlage in dieser Form eingeführt wird. Es ist zwar durchaus nachvollziehbar, Gasimporteure zu retten, die aufgrund der Mehrkosten durch den Ersatz russischer Gaslieferungen existenziell bedroht sind – denn wenn sie pleitegehen würden, wären die Probleme noch weitaus größer.
Doch ist es wenig sinnvoll, dass auch diese Rettung allein von den Gaskunden bezahlt werden muss. Von denen werden viele durch die ohnehin fälligen Preisanstiege in massive finanzielle Schwierigkeiten geraten. Und durch die Umlage dürfte bei vielen der falsche Eindruck entstehen, dass daran vor allem die Politik schuld ist. Gleichzeitig werden Menschen, die ohne Gas heizen, weitaus geringere Kostensteigerungen tragen müssen.
Eine Umlage unabhängig von der Heizungsart oder eine Rettung der Importeure mit Steuermitteln wäre darum die deutlich bessere Lösung gewesen. Diese scheitert nicht nur daran, dass die FDP jede Steuererhöhung entschieden ablehnt. Sondern auch daran, dass das Wirtschaftsministerium die hohen Gaspreise nicht subventionieren will, weil das den Anreiz dämpfen würde, beim Heizen Gas zu sparen.
Tatsächlich scheint vielen Eigenheimbesitzern der Gaspreis immer noch ziemlich egal zu sein. Zwar hat die Nachfrage nach elektrischen Wärmepumpen zuletzt stark zugenommen. Doch im ersten Halbjahr 2022 machten Gasheizungen noch immer den Großteil aller neu eingebauten Heizungen aus. Das ist völliger Irrsinn.
Doch wer sich von einer marktbedingten Verfünffachung der Gaspreise nicht davon abhalten lässt, weiter auf Gas zu setzen, bei dem nützt es vermutlich auch wenig, wenn daraus inklusive Umlage eine Verfünfeinhalbfachung wird. Helfen würde hier ein Verbot neuer Gasheizungen. Doch anstatt ein solches Verbot früher als 2024 einzuführen, will es die Bundesregierung sogar wieder aufweichen – und setzt damit ein völlig falsches Signal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin