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Debatte um Panzerlieferungen nach KiewDeutsche Irrtümer

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die deutsche Debatte um Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine wird mit vielen Emotionen geführt. Doch es fehlt strategischer Weitblick.

Demonstration für Waffenlieferungen in die Ukraine im Juli in Berlin Foto: Stefan Boness

D ie deutsche Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern ist von Irrtümern geprägt. Der Spiegel behauptet, dass „deutsche Waffenlieferungen zentral für einen Sieg Kiews über das mächtige Russland“ sein können. Das stimmt nicht: In der ersten Jahreshälfte haben die USA Waffen und Unterstützung im Wert von 24 Milliarden Euro an Kiew geliefert – dreimal so viel wie alle europäischen Länder zusammen. Nur die USA können so schnell so viele Waffen und Geld mobilisieren. Wie lange die Ukraine diesen Verteidigungskrieg weiterführen kann, wird in Washington entschieden, nicht in Berlin, Warschau oder London. Doch wenn man der Union, manchen Grünen und FDPlern zuhört, scheint der militärische Erfolg der Ukraine von deutschen Kampfpanzern abzuhängen. Das ist entweder Dramatisierungsrhetorik, Selbstüberschätzung oder Ahnungslosigkeit.

Der zweite Irrtum lautet, dass Deutschland Kiew zu wenig unterstützt. Ein FDP-Politiker hat die deutsche Hilfe lächerlich genannt. Die Regierung werfe „Schiffbrüchigen Schwimmärmchen zu“. Viele Leitmedien schreiben seit Monaten das Gleiche. Dabei hat Berlin für 730 Millionen Euro Waffen geliefert: 24 Flakpanzer Gepard, 54 gepanzerte Truppentransporter, 14.900 Panzerabwehrminen, 100.000 Handgranaten, Antidrohnenkanonen, Mehrfachraketenwerfer und vieles mehr. Wer das für Schwimmärmchen hält, muss von sehr vielen, sehr schweren Waffen träumen.

Scholz hat die politischen Koordinaten in Deutschland entschieden in Richtung Militär verschoben

Ein weiterer Irrtum lautet: Der Kanzler steht immer nur auf der Bremse. Die Union fordert am Donnerstag im Bundestag die „Ausfuhr von Kampf-, Schützen- und Transportpanzern“ zu genehmigen und will so Scholz mal wieder als Zauderer überführen. Dabei hat der Kanzler die politischen Koordinaten so entschieden Richtung Militär verschoben wie zuvor nur Schröder und Fischer mit dem Einsatz der Bundeswehr in Kosovo und Afghanistan.

Die Ampel rüstet mit 100 Milliarden die Bundeswehr auf. Deutschland liefert, bislang undenkbar, massiv Waffen in ein Kriegsgebiet. In zwei Jahren sollen 15.000 BundeswehrsoldatInnen im Baltikum als Teil der Schnellen Eingreiftruppe der Nato rasch vor Ort sein. Inklusive 65 Kampfjets, Kriegsschiffe und KSK, um im Falle eines Falles russisches Militär zu bekämpfen. Faktisch wird Deutschland damit zur militärischen Schutzmacht für die baltischen Länder, die Putin zum russischen Einflussbereich zählt. In der deutschen Öffentlichkeit ist all das noch nicht angekommen.

Panzerdebatte als Chiffre

Scholz erklärt oft zu spät, was er tut – folgt aber eher strategischen Überlegungen als moralischen Impulsen. Deutschland liefert effektive Waffen, die aber eher hinter der Front eingesetzt werden. Eroberte deutsche Kampfpanzer wären ein gefundenes Fressen für die russische Propaganda, die den Überfall auf die Ukraine perfide als Zweiten Weltkrieg reinszeniert. Ist es also „beschämend“, so der Tenor deutscher Medien, nicht als Erste Hurra zu rufen und Kampfpanzer zu liefern? Briten, Franzosen und die US-Regierung zögern übrigens auch.

Die Panzerdebatte ist nur als Chiffre zu begreifen. Es geht dabei um etwas, das Deutsche wesentlich besser beherrschen als Militärtaktik oder Geopolitik – moralisch überhöhte Selbstverständigung. Das kernige Ja zu Panzerlieferungen gilt als ethisch nobel, ein Nein als verdächtige Bedenkenträgerei. In den 1980er und 90er Jahren reklamierte die Friedensbewegung die Moral für sich. Nun hat das Gefühl, auf der Seite des Guten zu stehen, die Seiten gewechselt: von Schwerter zu Pflugscharen zu Waffenexporten sofort. Die meisten Deutschen sind laut einer Umfrage gegen Panzer für Kiew. Dafür sind nur Anhängerinnen der Grünen.

Verwunderlich ist auch, dass hierzulande schon leise Hinweise auf Atomwaffendrohungen aus Moskau als Hasenfüßigkeit gelten. Keine Angst, die bellen nur. Und wenn nicht? Putin hat neben der Teilmobilisierung und Annexion besetzter Gebiete abermals mit Atomschlägen gedroht. Ein Zeichen von Schwäche, ja, aber gerade deshalb beunruhigend. US-Präsident Biden, der an Putin appellierte „Tun Sie es nicht!“, nimmt eine mögliche atomare Eskalation ernster als deutsche Leitmedien. Statt German Angst nun German Ignoranz – eine sonderbare Umkehr der 80er Jahre, als die USA Pershings stationierten und viele Deutsche den „atomaren Holocaust“ fürchteten.

Die diskursive Anordnung „Fast alle gegen den Bremser Scholz“ führt zu einer verzerrten Wahrnehmung. Verteidigungsministerin Lambrecht will die Richtlinien für Rüstungsexporte lockern. SPD-Chef Klingbeil schwärmt von der Führungsrolle Deutschlands in Europa. Kritik? Kaum. Es gibt im Parlament keine seriösen Kritiker der neuen deutsche Rolle; die Linkspartei ist ein Totalausfall. So läuft die Debatte immer nur in eine Richtung – sie bräuchte aber zwei. Nötig wäre, sich von der Fixierung auf Waffen zu lösen.

Die Ampel hat früh versucht, Ländern wie Indien und Indonesien Unterstützungsangebote zu machen, um so die westlichen Sanktionen zu stützen. Das gehört zur klassischen Rolle einer Zivilmacht. Hat Scholz über Symbolpolitik bei G7 hinaus genug dafür getan? Kommt noch was? Diese Fragen tauchen, begraben unter Leopard-Panzern, nirgends auf.

Die Grundsatzfrage lautet: Bleibt Deutschland eine zivile Macht, die auf Soft Power setzt, wenn es „militärische Führungsmacht“ (Lambrecht) in Europa wird? Mit einem Militär, das so selbstverständlich zum mentalen nationalen Gefühlshaushalt gehört wie in Frankreich oder Großbritannien. Will Berlin die schwierige Rolle eines euro­päi­schen Halbhegemons – stärker als alle Nachbarn, aber nie stark genug, um dominant zu sein – wirklich offensiv annehmen?

Der Krieg in der Ukraine bringt geopolitische Verschiebungen mit sich. In Deutschland diskutiert man lieber hochemotional über ein paar Panzer. Und verwechselt ein Puzzleteil mit dem großen Bild.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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80 Kommentare

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  • Sehr guter Kommentar!

  • Wenn man bedenkt, dass Polen 1.8 Milliarden Euros an militärischer Unterstützung an die Ukraine geliefert hat, bei einem viel geringeren Bruttosozialprodukt, dann verblassen die oben erwähnten 730 Millionen an deutscher Unterstützung schon sehr.

  • "Wenn es zu einer Niederlage Russlands kommen sollte, ist der Atomwaffeneisatz ein sehr reales Szenario. Putin wird sich nicht aus dem Kreml jagen lassen ohne die letzte Karte auszuspielen.



    Eine Niederlage Russland ist unmöglich, ein maximales Zurückdrängen aus der Ukraine ist das äußerste was möglich ist."

    Ihre Argumentation kann ich nicht nachvollziehen. Die Ukrainer brauchen doch die Panzer nicht, um Russland anzugreifen. Und wenn es der Ukraine gelingt, die russischen Truppen aus ihrem Staatsgebiet herauszudrängen (was realistisch ist), ist das natürlich eine Niederlage Putins. Und der sitzt dann als lame duck im Kreml und klebt an seinem Sessel, und muss sich mit seiner eigenen Camarilla und seinem Volk herumschlagen. Was nützen ihm da Atomraketen?

  • Vielleicht hat sich Herr Reinecke auch beim Philosophieren über das große Ganze nur noch nicht ausreichend mit der Realität im Krieg Russlands mit der Ukraine beschäftigt?



    www.spiegel.de/aus...-8d6a-0e1e6a58cca3

  • Der gute Artikel von S. Reinecke verschweigt sogar die umfangreiche nichtmilitärische deutsche Hilfe für die Ukraine, aber er verschweigt auch, dass die militärische Hilfe, gemessen am BIP, unter ferner liefen rangiert (Platz 17 oder so).



    Es gibt gute Gründe und gute Argumente für und gegen durchaus realisierbare Schützenpanzer- und Kampfpanzerlieferungen. Und noch mehr Spekulationen und festgefahrene Meinungen. Dazu Wahlkampf, SPD-Traditionen usw.



    Die besten und unwiderlegbaren Gründe für die Lieferung dieser Geräte hat natürlich die Ukraine.



    Eine Illusion, zu glauben, hier würde irgendetwas 100% objektiv richtig entschieden werden können.



    Nach meiner Meinung muss das aktuelle Momentum genutzt werden, die Ukraine bestmöglich bei der Rückeroberung im Osten und Süden des Landes militärisch mit den Waffen zu unterstützen, die dafür gebraucht werden.



    Parallel dazu sollte, ebenfalls um das Momentum zu nutzen, die russische Zivilgesellschaft mit allen möglichen medialen Maßnahmen und Kampagnen (ein fruchtbares Feld für Schreiber:innen offener Briefe) über die Realitäten und die Intentionen der Ukraine und des Westens informiert werden, um die Deutungshoheit des russischen Propagandaapparates zu schwächen.



    Die Teilmobilmachung und der Auftritt Lawrows im UN-Sicherheitsrat haben das günstige Momentum für effiziente Maßnahmen gestärkt.

  • Das ist der beste Kommentar, den ich heute gelesen habe.

  • Der größte Irrtum hierzulande ist zu glauben, ein Atomkrieg ließe sich verhindern. Wenn Putin will, wird auf den Knopf gedrückt, egal ob wir uns aus der Ukraine heraushalten oder ob mit Pomp Leo_2 geliefert werden. Putin hat sich mehrfach dazu geäußert, wie er dazu steht, eigentlich waren ihm schon die Panzerabwehrraketen zu viel, als es in den ersten Tagen darum ging, den Vormarsch auf Kiew zu stoppen.

    Andererseits hat er bisher keine Nuklearwaffen in der Ukraine eingesetzt, er wird es auch in Zukunft nicht tun. Vielmehr geht es darum, den Vormarsch gen Westen zu decken. In einer ersten Welle nutzt er seine Ch-47M2 Kinschal gegen Polen, Tschechien und weitere Länder des ehemaligen Warschauer Paktes. Im einer zweiten Welle werden taktische Nukes Richtung Aurich, Ingolstadt und Nörvenich fliegen. Und nein, es wird nicht das Ende der Welt sein. Vielmehr gilt es damit weiterzuleben, das beste daraus zu machen. Putin wird den Krieg verlieren.

    • @mdarge:

      Wenn es zu einer Niederlage Russlands kommen sollte, ist der Atomwaffeneisatz ein sehr reales Szenario. Putin wird sich nicht aus dem Kreml jagen lassen ohne die letzte Karte auszuspielen.



      Eine Niederlage Russland ist unmöglich, ein maximales Zurückdrängen aus der Ukraine ist das äußerste was möglich ist. Eine Pattsituation in der Russland formal ein paar Teile der Ukraine behält um im eigenen Land nicht gesichtslos dazustehen. So Kac...e diese Version ist, wie soll es anders laufen? Eine Ende des Krieges mit einer wiederhergestellten Ukraine UND Putin immer noch im Kreml, wird es nicht geben. Entweder oder, oder eben Atomwaffen.....



      Und genau da liegt die Gefahr in der deutschen Sicht, Panzer zu liefern, mit der Begründung es ginge um einen Sieg, ist gefährlich, erstens hängt ein Sieg nicht an dt Panzern und zweitens schwört es D auf eine Maximalposition ein, die unerreichbar ist. Im entscheidenden Moment wird uns das auf die Füße fallen.



      Und nur um das deutlich zu sagen, das ist kein Wunschszenario, lediglich rein strukturell überlegt. Das einzige was die ganze Lage ändern würde, wäre ein Palastputsch im Kreml, etwas, das wir nicht in der Hand haben.



      Die Ukraine unterstützen, russische Siege verhindern, auf Zeit spielen, das ist was der Ukraine und uns hilft. Entweder doch ein Palastputsch oder eben ein Einknicken Putins, was natürlich für den Westen niemals wie ein Einknicken aussehen wird. Ein Frozen Conflict.

      • @nutzer:

        Das ist genau eine der Positionen, die im Artikel kritisiert werden.



        "Die Ampel hat früh versucht, Ländern wie Indien und Indonesien Unterstützungsangebote zu machen, um so die westlichen Sanktionen zu stützen. ... Hat Scholz über Symbolpolitik bei G7 hinaus genug dafür getan? ... Diese Fragen tauchen, begraben unter Leopard-Panzern, nirgends auf."

        Doch so richtig klar ist der Artikel auch nicht "In zwei Jahren sollen 15.000 BundeswehrsoldatInnen im Baltikum",



        der Einsatz läuft schon. Vielleicht ist noch nicht die volle Truppenstärke erreicht, laut NATO sind sie schon da.



        www.nato.int/cps/e.../topics_136388.htm



        --> "Host nation: Lithuania



        Framework nation: Germany"

        Mein Kommentar geht von einer Eskalation aus, von der Scholz glaubt, sie verhindern zu können. Es wäre gut, wenn Scholz Recht behielte.

        Das mit dem "Frozen Conflict" halte ich verheerend falsch. Darauf zu vertrauen vergrößert das Leid. Es gilt das Momentum zu nutzen, das sich durch die Geländegewinne der Ukrainer ergeben hat. Was wir liefern ist, wie der Artikel korrekter Weise meint, egal, wichtig ist nur schnell zu liefern. Idealerweise schon gestern. An der Front soll nichts einfrieren, die Einheiten müssen in Bewegung bleiben.

        • @mdarge:

          und dann? Atomwaffen bringen definitiv mehr Leid als ein Frozen Conflict..



          Die Lösung dieses Krieges kann nur irgendwo dazwischen liegen.

      • @nutzer:

        Ich hoffe, dass das im Pentagon und in Paris genauso gesehen wird wie hier von Ihnen dargelegt. Vielleicht hat es ja sogar Scholz kapiert, nix Genaues weiß man von dem ja üblicherweise nicht.



        Alle übrigen, die Strack-Zimmermanns, Hofreiters, Baerbocks und wie sie alle heißen, sind jämmerliche impulsgesteuerte Wesen, mit weniger als kümmerlichem strategischem Fassungsvermögen. Die atomare Finalität liegt weit jenseits ihrer ihnen selbst zugestandenen Vorstellung. Realitätsverweigerung und Verdrängung in reinster Form.



        Dabei steht es wirklich übel. Jahrzehnte alte Doktrinen mit ihrer intrinsischer Logik scheinen nicht mehr zu gelten, sondern nur noch die aktuelle Verfassung eines oder einiger weniger psychisch Auffälliger über den Fortbestand der Welt zu bestimmen. Jede denkbare Spieltheorie versagt in solch einem Szenario zwangsläufig.

        • @Wolf Haberer:

          wie es das Pentagon oder Paris sehen ist doch völlig Wumpe. Im Frühjahr, wenn Putin seine 300tausend zusammen hat, fliegt seine Hyperschallwaffe nach Polen. Dann rollen seine Panzer gegen die NATO. Ob und was in der Ukraine bis dahin passiert, ist völlig egal. Die Warschauer-Pakt-Staaten sind das Ziel. Putin sucht nur nach dem Weg, um dort hinzukommen. Wäre die Ukraine wie Weißrussland, könnte er so durchfahren.

        • @Wolf Haberer:

          ich glaube nicht das Putin irrational handelt. Es geht um Machterweiterung und wenn die nicht gelingt um Machterhalt, kennt man diese roten Linien kann man daraus schon Handlungsstrategien mit dem vermeintlich irrationalen Putin ableiten.

  • Es wird oft so getan, als müsste man Deutschland in der Waffenfrage zum Jagen tragen. Aber Deutschland ist der wichtigste Waffenlieferant der Ukraine, auch was “Schwere Waffen“ angeht. Die Bundesregierung verkauft das nur mit Absicht so schlecht, um nach dem Krieg möglichst schnell wieder mit Russland an einen Tisch zu kommen. Gemeinsame Gas-Interessen usw.

    • @FancyBeard:

      Scholz' Gesinnung lässt sich am besten an diesen schon oft diskutierten Mardern festmachen. Die stehen bei der Industrie. Diese zu liefern würde die Bundeswehr nicht im geringsten einschränken und die Staatskasse noch nicht einmal Geld kosten. Die sind auch keine Kampfgeräte, sondern geschützte Personentransporter. Die kleine Kanone darauf könnte man abmontieren, wenn Scholz das so wichtig wäre.

      Doch er sträubt sich mit Händen und Füssen. Angeblich soll jetzt, nach sage und schreibe sieben Monaten, endlich dieser Ringtausch in die Gänge kommen, allerdings auch nur mit einem Teil dieser Marder. Sogar Dingos aus Beständen der Bundeswehr werden freigegeben, nur um nicht diese ungenutzten Marder freigeben zu müssen. Hauptunterschied zwischen Dingo und Marder: der Dingo hat Räder, der Marder fährt auf Ketten.

      Man kann es drehen und wenden wie man will, Scholz verheimlicht uns da was. Wenn er als Pazifist in die Geschichte eingehen will, dann soll er das sagen. Statt dessen kommt eine Ausrede nach der anderen, die jeweils wenige Tage danach widerlegt ist. Wahrscheinlicher ist seine Politik jedoch eine Politik seines Egos. Was er mal abgelehnt hat, gibt er auf biegen und brechen auch später nicht mehr frei. Lernfähigkeit aus Prinzip ausgeschlossen.

    • @FancyBeard:

      Das ist einfach falsch. Der wichtigste Waffenlieferant der Ukraine ist definitiv die USA. Bei den schweren Waffen sowieso.

      Danach kommen Polen und Grossbritannien. Gemessen an der Wirtschaftskraft kommen nach diesen beinahe alle Ex-Sowjetstaaten wie die baltischen Staaten, dazu Skandinavien.

      Erst hinter all diesen kommt Deutschland. Unabhängig von der Wirtschaftskraft an 4. Stelle, mit Berücksichtigung der Wirtschaftskraft an 17. Stelle.

    • @FancyBeard:

      "Deutschland ist der wichtigste Waffenlieferant der Ukraine"



      Das stimmt nicht. In absoluten Zahlen liegt DE hinter Kanada an 4. Stelle. Legt man die Hilfen auf das BIP um, sogar nur an 17. Stelle.

    • @FancyBeard:

      Die Lieferungen Deutschlands sind vom Volumen her gering. Sowohl im Verhältnis zum BSP, zur Länge der Frontlinie als auch in absoluten Zahlen gegenüber anderen Nationen. Von der Qualität her 80er bis 90er Jahre. Die intelligenten Waffensysteme stammen fast ausschließlich aus der englischsprachigen Welt, Schweden und zT Polen. Polen hat allein mehr als 300 modernisierte T72 geliefert.

  • Ich bin Stefan Reinecke außerordentlich dankbar für sein journalistisches Bemühen, die Debatte bezüglich der Unterstützung der Ukraine auf eine sachliche und differenzierte Ebene zu heben … gerade angesichts des Umstandes, dass den Foristen hier in der Kommune diesbezüglich schon reihenweise der Draht glüht bzw. gleich aus der Mütze zu fliegen droht.



    Jetzt, da für alle Welt offensichtlich geworden ist, dass Putin seinen eigenen Karre gerade an die Wand fährt, wenn nicht schon längst gefahren hat, könnten wir genauso gut mit dem gegenseitigen Denunziationen aufhören und durchaus etwas unaufgeregter diskutieren. Denn damit wird auch kein Menschenleben in der Ukraine gerettet, geschweige denn der Krieg beendet.



    Hinsichtlich der Waffenlieferungen an die Ukraine geht es schließlich nicht um das Ob - nun ja, vielleicht für diejenigen, die noch hinter jedem Busch einen Putin-Versteher wittern - , sondern lediglich um das Wie. Dass unser Kanzler das nicht kommunizieren kann (wie einiges andere Erklärungsbedürftige übrigens auch nicht) … das ist in der Tat tragisch. Dessen Job hat nun ja Stefan Reinecke hier in der taz erledigt.



    Da wir nach den jüngsten Entscheidungen Putin nicht mit einem schnellen Ende des Krieges rechnen können, eher im Gegenteil, wünsche ich mir nicht, dass die Solidarität mit der Ukraine nachlässt … weshalb es verfrüht wäre, angesichts der russischen Bredouille in Jubel auszubrechen und die nächsten militärischen Unterstützungsschritte wohl überlegt sein sollten.



    Den Kriegseuphoristen und Melnykianern hierzulande sei gesagt, dass ihre Meinungsblase nicht dem tatsächlichen Stimmungsbild in der Bevölkerung entspricht … mit kraftmeierischen Reden und Durchhalteparolen kann keine Zustimmung generiert werden, schon gar nicht über lange Zeiten.



    Deshalb unterstütze ich in dieser Frage die Haltung und das Vorgehen des Kanzler vielleicht nicht im Detail, aber im Grundsatz … so könnte er die deutsche Position im eigenen Land durchaus offensiver vertreten.

  • Ein sehr treffender Artikel!



    Die vorgetragenen Ansichten sprechen mir aus der Seele.



    Neben viel Kritik an den PanzerfahrerInnen sehe ich die Perspektive einer "Militärmacht Deutschland" ebenfalls kritisch.



    Neben der Hoffnung auf ein Ende der Kampfhandlungen, hoffe ich, wir kehren zur " guten deutschen Tradition" zurück, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.



    Diplomatie, nicht Waffen sollten das Weltgeschehen bestimmen.



    Vielleicht kommen wir nochmal mit einem blauen Auge davon. Bei einem ähnlichen Konflikt mit China backen wir nicht mal mehr kleine Brötchen.

    • @Philippo1000:

      Wenn wir jetzt Russland aufhalten, gibt China die nächsten Jahre Ruhe.



      Wenn nicht, expandieren sie.

      • @WeisNich:

        China hat seine Expansion längst vorangetrieben, nur auf andere Art und Weise. Nur will das keiner so richtig wahr haben. Vorrangig war doch immer nur der kurzfristige Profit, deshalb hat man China ganze Industriezweige in den Rachen geworfen einschließlich denen, die jetzt wohl dringend benötigt werden wie die Herstellung von Solarzellen. Nur ist China nicht ganz so dumm wie Putin, da wird die Brechstange erst angesetzt, wenn der optimale Hebelpunkt erreicht ist.

  • Der deutsche Irrtum ist es zu glauben, als "softe Zivilmacht" Kriege befrieden zu können. Echter Einfluss gelingt nur über wirtschaftliche und militärische Stärke. Das mag vielen bitter schmecken - ist und bleibt aber Realität.

    Trotzdem sollten wir nach dieser "Zeitenwende" klug handeln. Daher befürworte ich das Handeln von Olaf Scholz, denn Waffenlieferungen sollten keine Reflexhandlung, sondern wohl überlegt sein.

    Die Grundsatzfrage des Artikels, ob wir auf zivile Macht und "Soft Power" setzen sollen, ist mehr als aus der Zeit gefallen.

    Wird Zeit sich mit der Realität anzufreunden und aus diesem Traum aufzuwachen!

  • "Briten, Franzosen und die US-Regierung zögern übrigens auch."



    Das ist der Knackpunkt, der in der Diskussion übersehen wird. Die ukrainische Führungsleute hatten einige Tage bevor die Forderung nach den Leos hier in den Fokus der Debatte geriet, in den USA händeringend um Abramspanzer gebeten und keine bekommen. Kurz danach oder auch gleichzeitig kamen sie dann auf Deutschland zu wegen der Leos.



    www.tt.com/artikel...en-wirken-laut-usa

    Man kann ja sagen, Scholz ist überängstlich, wenn er den USA den Vortritt lässt und keine "Alleingänge" will. Aber man kann das auch vernünftig finden, vorwerfen kann man ihm das jedenfalls nicht. Wenn die Amerikaner Abramspanzer liefern, werden die Deutschen sicherlich nachziehen.



    Wichtiger wäre sowieso, die russische Teilmobilmachung als Zeichen der Schwäche, was es ohne Zweifel ist, dazu zu nutzen, den Russen ein Angebot zu machen. Der Moment für Verhandlungen ist ja ganz nüchtern betrachtet entgegen der öffentlichen Wahrnehmung momentan sehr gut.



    www.spiegel.de/pol...-baeb-98bb5c72f545



    Dafür müsste man aber die Blankoscheckpolitik beenden und mehr Druck auf die Ukraine ausüben, dass sie ihre Rückeroberungspläne (dafür wollen sie ja auch die Panzer) aufgeben oder relativieren. Die Ukraine müsste aus friedenspolitischer Sicht nach ihrem Sieg bei Charkiw eher gebremst werden als angefeuert. Nur traut sich das aus dem Westen leider auch keiner. Wäre aber wichtiger, als jetzt irgendwelche Panzer (die sowieso erst Monate später zur Verfügung stünden) zu schicken.

  • Man könnte diesen guten Kommentar noch ergänzen. Z.B. mit der Feststellung, dass nach einem erfolgreichen Referendum, das der Westen nicht anerkennt, der Donbass als besetztes russisches Gebiet durch die Ukraine bezeichnet wird. Das ist ja der Hintergrund des schnellen Referendums. Und Russland ist es egal, was der Westen dazu sagt. Russland wird aus diesem Angriffskrieg einen Verteidigungskrieg machen. Das scheint absurd. Aber es wird dann Krieg führen mit allen Konsequenzen. Die Eskalation ist noch nicht richtig im Gange. Und die Bundesregierung täte gut daran, den Gedanken ad acta zu legen, dass dieser Konflikt militärisch gelöst werden muss.

    • @Rolf B.:

      entscheiden der Ukraine die Unterstützung zu versagen, sofern man denn unterlassene Hilfeleistung für den richtigen Weg hält. Sollte dann allerdings auch Antworten darauf parat haben was nach einer Annektion der Ukraine käme oder welchen Weg man bei einer ggf. folgenden russischen Invasion in Moldau, Polen oder dem Baltikum einzuschlagen gedenkt.

    • @Rolf B.:

      "Und die Bundesregierung täte gut daran, den Gedanken ad acta zu legen, dass dieser Konflikt militärisch gelöst werden muss."



      Frage ist, welche Wahl die Bundesregierung denn so hat, wenn Russland den Konflikt derart eskaliert, dass es auf militärisch oder Kapitulation vor Russland hinausläuft?



      Denn machen wir uns nichts vor: Das Szenario Putins sieht vor, dass der Westen einknickt und Putin bekommt was er will. Damit hat er sich schon einmal verkalkuliert, aber ein anderes Spiel beherrscht er nicht.



      Und wenn der Westen dieses Mal einknickt, kann man Putin auch gleich die europäische Zarenkrone antragen. Drunter wird er's mittelfristig dann nicht mehr machen...



      Insofern bin ich auf Ihren Lösungsansatz abseits militärischer Möglichkeiten gespannt.

      • @Encantado:

        Im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht der Meinung, dass mithilfe der USA und anderer NATO-Staaten die Ukraine diesen Konflikt siegreich beenden wird.



        In kurzer Zeit werden wir die Eskalation mit erleben müssen und den Tod und das Leid noch wesentlich mehr Zivilisten und Soldaten.



        Z.B. wenn Russland wie damals die USA im Irak mit tausenden Bomben das ukrainische Militär vernichtete. Im Irak waren es auf einen Schlag über 200.000 irakische Soldaten. Und Mossul wurde von den USA komplett platt gemacht. Das können die Russen auch. Und vielleicht denken Sie dann darüber nach, ob es andere Lösungen hätte geben können. Sorry, dass mir das Leben der Menschen wichtiger ist als das Überleben einer Oligarchie.

        • @Rolf B.:

          Nur sehen das die Menschen in der Ukraine offenbar anders als sie, sonst hätten sie ja längst kapituliert. Sie haben sie aber entschieden ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu verteidigen, selbst wenn es sie ihr Leben kostet. Sie selbst mögen das Leben als Untertan einer Despotie der Verteidigung der Freiheit vorziehen, könnten aber wenigstens die Entscheidung dieser Menschen respektieren und anerkennen.

          • @Ingo Bernable:

            "die Entscheidung dieser Menschen respektieren"-?-



            Als "diese Menschen" erlebe ich in dieser Frage im wesentlichen immer nur die Präsentation des Präsidenten Selensky und seiner Militärs. Eine zB von einem internationalen Komitee (oder ähnlichem) durchgeführte Umfrage innerhalb der ukrainischen Gesamtbevölkerung wäre mal hilfreich in dieser Frage.

  • Ein sehr guter Artikel, danke!

    Auch mich befremdet der plötzliche Militarismus der Grünen. Und genau so fremdel ich mit der deutschen Selbstüberschätzung. Kurzum: Hervorragend analysiert.

    • 0G
      06455 (Profil gelöscht)
      @Sybille Bergi:

      Dem schließe ich mich an!!!

  • Ich lese praktisch kaum deutsche "Leitmedien" oder schaue hier TV und auch Leuten der Union höre ich eher selten zu, aber deutsche Panzerlieferungen führen natürlich nicht zum sofortigen ukrainischischen Sieg, das ist absurd und eine völlige Überschätzung der eigenen Möglichkeiten.

    Aber das ist ja auch gar nicht Sinn und Zweck davon. Wenn man sich anschaut wie der Kreml agiert und spricht, sieht er Russland selbst noch immer als Gigant, die Ukraine als Zwerg und auch wenn man bei der Invasion Fehler begangen habe, sei der eigene Sieg unausweichlich. So sehen das auch noch einige im Westen, aber das ist nicht der Fall, Russland hat 145 Millionen Einwohner und die Ukraine 40, macht ein Verhältnis von 3,5/1, das ist ein viel kleinerer Wert als z.B. Syrien und Ägypten zu Israel hatten und Israel hat die Kriege trotzdem gewonnen und das auch erheblich stärkere Kräfte Angriffskriege verlieren können, ist auch nichts Neues.

    Zurück zum Kreml, solange dieses Denken Bestand hat, gibt es für ihn keinen Grund für Verhandlungen mit der Ukraine. Nur wenn der Kreml realisiert, das er die Ukraine nicht besiegen kann und die Ukraine weiter militärische Fortschritte macht, wird es zu Verhandlungen kommen, die diesen Krieg beenden. Dafür muss die Ukraine mit dem beliefert werden, was sie braucht, um den Druck weiter hoch zu halten und der Kreml muss davon ausgehen, das die subsanzielle Unterstützung der Ukraine durch den Westen steht, Deutschland als größtes Land der EU ist dabei natürlich ein Faktor.

    Denn wovon der Autor hier schreibt ist, dass die Ukrainer zwar nicht verlieren, aber auch kein Druck auf die Russen ausüben können, das wird das Leid der Ukrainer verlängern und die Opferzahlen in die Höhe treiben und diesen Krieg immer weiter laufen lassen und das kann und darf nicht die Strategie sein.

    • @Sven Günther:

      Ein großer Unterschied fällt mir beim Grössenvergleich Israel/Nahostumliegerstaaten und



      Ukraine/Russland sofort auf. NEin eigentlich zwei:

      Zuerst der zweite:



      Israel hatte und hat immer die Luftüberlegenheit.



      Der andere wichtige:



      Israel hat immer beherrschte Pufferzonen um sein Staatsgebiet geschaffen.



      Dann kann man das eigene Gebiet natürlich später besser vor Übergriffen schützen.



      Bis jetzt traut sich aber niemand das der Ukraine zuzugestehen.



      Ich will diesen zweiten Umstand nicht werten, nur erst mal feststellen.

      • @Friderike Graebert:

        Zu 1. Israel ist ein kleines Land, etwas größer als Hessen von der Fläche, von Israels Grenze von Ägypten zum Libanon sind es nur 225 km und Israel ist ein schmales Land.

        Vergleichen wir das mit der Ukraine von der Längsachse, ist die Strecke ca. 1550 km Luftlinie. Da kommen wir zum ersten Unterschied, Israel kann praktisch nicht zurückweichen, dafür fehlt ihm schlicht die Fläche.

        Zu 2, die Araber und Ägypter wurden nach dem Unabhängigkeitskrieg von der Sowjetunion beliefert, hatte also auch entsprechend gute Luftabwehr, die vollständige Luftüberlegenheit hat Israel nur im Sechstagekrieg, weil es da am ersten Tag die ägyptischen und syrischen Luftstreitkräfte am Boden vernichtet. Im Unabhängigkeitskrieg, hat Israel 4 Propellerflugzeuge, wo der Pilot Granaten aus dem Cockpit wirft.

        Trotzdem gewinnen die Israelis, geben Sie die Ukrainer also nicht auf!

        Und Russland hat auch keine vollkommene Lufthoheit, sonst ebnen die die ukrainischen Angriffsspitzen ein, das passiert nicht, weil die Russen diese Fähigkeit nicht haben.

  • Es freut mich, einmal solch einen Artikel zu lesen. Monatelang wurde man aus Kommentarforen gesperrt, wenn man versucht hatte, die sachliche Ebene wieder zu entdecken und bei all den Millionen Militärexperten und 1914-Gejohle einen Fuß in die Tür zur Fachdiskussion zu bekommen.

    Wenn man der Ukraine helfen möchte, den Krieg Russlands gegen die Ukraine verurteilt, sämtliche Strategien und Möglichkeiten prüft, nur im Verbund mit den USA überhaupt ein Einsatz zum Erfolg führen könnte,



    dabei immer im Auge haben muss, Eskalationsmöglichkeiten zu bedenken, dann gebietet der Verstand, kühl darüber zu denken und zu entscheiden.

    Es muss klar sein, dass derjenige, der die Verantwortung trägt, sich nicht von einer wild gewordenen Horde bedrängen lassen darf.

    Die deutsche Debatte ist medial anfechtbar und emotional explosiv, weil sie eine Schwäche unserer Gesellschaft ist. Keine andere Nation in der EU würde sich so ausspielen und unter Druck setzen lassen. Selbstüberschätzung? Ja. Und historische Schuld.

    Bei Waffenlieferungen und Affinitäten zu Kampfpanzern:



    Oft sind Rüstungsgüter in Herstellung, Kosten, Lagerung, Effizienz in Europa nicht ausreichend betrachtet worden. Nur 2.000 Panzer in der EU. Ein Witz und eine Gefahr.

    Wir hören von Militärhistorikern, wie das Schlachtfeld bewegt wird; viel zu oft ist niemand derer selbst in Kriegseinsätzen gewesen; die veränderten "modernen Zeiten" in der Kriegsführung werden gleichgesetzt mit Stalingrad oder Syrien.

    Die PolitikerInnen, die so lauthals im Bundestag und Bundesregierung rufen, bedienen Wahlkampf und "Pöbel". Ein dumm gemachtes Völkchen, das auf den erstbesten Medienzug aufspringt. In dieser Woche der eine, in der nächsten Woche ein Zug in Gegenrichtung. Beliebig und ohne vorherige Sachkenntnis.

    In talkshows mit dem Unausweichlichen vermeintlicher Erkenntnis unterlegt. Von zielgerichtet ausgesuchten "Experten", die sich selbst dazu erklären oder Institutspositionen bekleiden, weil sie die Karrierefibeln kannten.

  • Ich stimme mit der strategischen Einordnung (USA etc) oben überein. Aber der Teufel steckt im Detail. Anton Hofreiter hat neulich sehr detailliert im DLF dargelegt, wie sehr z.B. die Lieferung von etwa 90 Leopard 2 Panzer der Verteidigung der Ukraine dienen könnte (auch aus anderen europäischen Ländern, die über diesen Panzer verfügen).



    Moralische und strategische Überlegungen gehören zusammen.



    Strategie allein kann die Auseinandersetzung mit dem Ausmaß der Massaker an der Zivilbevölkerung, der Abschuss von Raketen auf städtische Wohngebiete, die Folter in den Filtrationslagern, die Bombardierung lebenswichtiger Infrakstruktur der Zivilbevölkerung etc nicht ersetzen. Vielleicht sind Politiker* bei dem Thema, wie man mit Leiden und ihrem Effekt auf die Seele der Menschen, auch uns 'Zuschauern', umgeht, auch die falschen Adressaten. Es ist jedenfalls so, dass mit diesem brutalen Krieg, der Millionen von Menschen in die Flucht treibt und Hunderttausenden den Tod oder schwerste Verletzungen bringt, das Licht in Europa ausgeknipst wurde. Die Berichte über das Leiden, auch den Widerstand in der Ukraine in der TAZ verdeutlichen das.



    Es ist das Normalste von der Welt, dass auch hier Menschen darauf mit Depressionen oder Resignation reagierten, zusätzlich zu den anderen Krisen, auf die wir kaum eine Antwort finden. Mit diesen Gefühlen und Haltungen setzen wir uns als Gesellschaft zu wenig auseinander, genauso wenig wie mit der vernünftigen Angst vor dem Einsatz von Atomwaffen (egal, ob das zum Bluff dieses Massenmörders gehört). Die Verteidigung europäischer Menschenrechte/Werte bedeuten für den kritischen Journalismus, z.B. auf den Banderakult, der im Westen der Ukraine zelebriert wird, hinzuweisen, oder zu hinterfragen, wenn Amnesty International von ukrainischen Politikern bei ihren Recherchen Steine in den Weg gelegt werden. Auch russische Rekruten müssen nach der Genfer Konvention behandelt werden.

  • 6G
    650228 (Profil gelöscht)

    Vielleicht fehlt es auch einfach an der erforderlichen Expertise. Welcher deutsche Politiker kennt sich denn schon aus in der Welt des Militärs? Wer hat mit sowas praktische Erfahrung? Und wenn dann der eine Berater dies sagt und der andere das Gegenteil empfiehlt - wie sollen Scholz & Co. entscheiden, was das Beste ist? Irgendwie ein bisschen Stochern im Nebel... Und natürlich ist das bei der CDU nicht anders.

  • Na endlich mal ein durchdachter Kommentar.

  • PS: vielleicht ist der LeoII ja momentan der einzige Kampfpanzer der Sinn macht, da auch seine Ersatzteil in Europa und sogar der Türkei weit verbreitet sind. Im Gegensatz zu brit. Challenger und US-Abrams, deren Technik in Europa fremd ist. Aber Deutschland liefert ja nur in Friedensgebiete. - Wo Werte verteidigt werden, zieht man sich lieber zurück. Und das WKII-Argument: die Werte der Panzerbesatzung allein sollten zählen und nicht das technische Modell

  • Solange man Bundeswehrsoldaten als Mörder in Uniform bezeichnen kann und dieselben dafür kritisiert werden dass sie in der Bahn und Öffentlichkeit Uniform tragen und teilweise angespuckt werden, solange ist diese Diskussion überflüssig. Machen wir uns doch nichts vor, zumindest in Berlin, werden Bundeswehrangehörige in Uniform wie Aussätzige behandelt. Der Platz rechts und links in der U-Bahn bleibt leer, lieber stehen die Leute.

  • Irrational, emotional und fixiert ist natürlich immer der Andere. Rational und strategisch denkt man selber. Als Mittel der Diskreditierung ist so etwas beliebter denn je, dummerweise, wie auch hier, ist es aber in der Regel reine Unterstellung. Werden sonst überwiegend gerne linke Spinner und grüne Träumer so abgetan, sind hier diesmal die Befürworter von mehr Waffenlieferungen dran. Nur wo ist denn eigentlich die behauptete Emotionalität, Herr Reinicke? Ich kann keine entdecken. Die hier angeführten "Irrtümer" helfen da nicht weiter, denn sie sind vollkommen bedeutungslos. Für die diskutierte Frage ist weder von Bedeutung, dass die Lieferungen der USA umfangreicher sind, noch dass Deutschland schon viel geliefert hat. Wären deutsche Panzer nicht zentral für die ukrainische Verteidigung, dann würden sie ja von der Ukraine wohl kaum so sehr gewünscht. Dass Scholz ständig bremst, ist hingegen kein Irrtum, da gibt es nur die Frage, wie man das findet. Im Beitrag werden dann noch scheinbare Grundsatzfragen aufgetürmt, nur spielen die in Wirklichkeit gar keine Rolle oder sind längst beantwortet. Selbstverständlich ist Deutschland eine Schutzmacht für die baltischen Staaten, die sind Nato- Mitglieder, die müssen wir verteidigen. Völlig wurscht, ob das "in der deutschen Öffentlichkeit angekommen ist". Irreführend ist auch zu fragen, ob Deutschland die Rolle des Hegemons in Europa annehmen will. Das macht Deutschland schon seit Jahrzehnten, nur mit dem Scheckbuch. Dass es so leicht nicht mehr weiter geht, das ist das Neue. Dem stehen aber in Wirklichkeit keine rationalen Gründe entgegen, sondern, und hier entlarven Sie sich dann selber, Herr Reinicke, nur der "mentale nationale Gefühlshaushalt".

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Die Panzerdebatte ist nur als Chiffre zu begreifen. Es geht dabei um etwas, das Deutsche wesentlich besser beherrschen als Militärtaktik oder Geopolitik – moralisch überhöhte Selbstverständigung. Das kernige Ja zu Panzerlieferungen gilt als ethisch nobel, ein Nein als verdächtige Bedenkenträgerei.""

    ===

    Panzer westlicher Bauart sind "nobel" -- oder die Nichtlieferung sind Trophäen von "Verdächtigen" -- die immer noch dem Irrglauben anhängen, es ginge nicht um uns, sondern ""NUR"" um die Ukraine???

    Weder noch - Panzer aus den Beständen der ehemaligen Warschauer Pakt Staaten sind bald aufgebraucht - Tschechien ist einer der letzten Staaten, die einen Ringtausch ermöglichen werden.

    Amerikanische "Abrams " laufen mit Sprit oder Gas - was die Versorgung mit Energie für diese Panzer in der Ukraine überfordern würde.

    Was bleibt ist die Lieferung europäischer Panzer mit Dieselantrieb - siehe Leopard - wenn Ukraine diesen Krieg gewinnen soll.

    Das bedeutet: Mehr Pragmatismus ist ratsam - "Nobilität" und schon gar nicht "zweifelhafte Bedenkenträger" werden den Krieg gewinnen - sondern diejenigen, welche bessere Waffen nutzen und intelligent einsetzen.



    ==



    ""... leise (?) Hinweise, auf Atomwaffendrohungen aus Moskau und "Hasenfüßigkeit".""

    ==

    In Kaliningrad sind russische Atomwaffen stationiert die Berlin in 2 Minuten und Paris in 3 Minuten erreichen. Diesen Umstand hat Putin in seiner Rede gestern gemeint als er davon sprach, das Russland bei bestimmten Raketensystemen im Vorteil ist.

    Trotzdem gilt mit 100 prozentiger sicherer Wahrscheinlichkeit : Beim Einsatz von Atomwaffen gewinnt niemand - auch Russland nicht.

    Diese Gemengelage bedeutet: Vorsicht ist die Mutter der Porzelankiste - das meint übersetzt: Jede Bewaffnung der Ukraine sollte überlegt sein.

    Die Bewaffnung der Ukraine mit Leopard - Panzern wird kommen -- und die Bundesrepublik sollte vorbereitet sein. Es ist lediglich eine Frage des Zeitpunktes.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Kleine Anmerkung:



      Amerikanische Abrams besitzen Gasturbinen, die entgegen ihres Namens nicht mit Gas (im deutschen Wortsinn) sondern mit Flüssigkraftstoffen (Diesel ist möglich) betrieben werden.



      Allerdings verbrauchen sie deutlich mehr als vergleichbare Kolbenmotor getriebene Panzer, weshalb ich Ihrem Argument nicht grundsätzlich widersprechen möchte.

  • "Putin hat [...] abermals mit Atomschlägen gedroht. Ein Zeichen von Schwäche, ja, aber gerade deshalb beunruhigend. US-Präsident Biden, der an Putin appellierte „Tun Sie es nicht!“"



    Höfliche Appelle gegen Drohungen mit Atomwaffen wirken schon reichlich hilflos. Welche Optionen bleiben also um Putin vom nuklearen Waffengang abzuschrecken? Die Garantie eines Vergeltungsschlages durch die NATO? Die Ausrüstung der Ukraine mit eigenen atomaren Fähigkeiten? Sicher ein historischer Tabubruch, aber immerhin würde es lediglich vorweg nehmen was die Ukraine nach dem Krieg, sollte sie unabhängig bleiben, ohnehin anstreben wird. Das Auslaufen lassen zusätzlicher westlicher SLBM-U-Boote damit die Russen aus den entsprechenden Satellitenbildern ihre Schlüsse ziehen können?

  • Dass die Forderungen nach Panzerlieferungen so deutlich in der Debatte zu hören sind, hat vielleicht mehr mit den Mechanismen von Medien- und Lobbyarbeit zu tun als mit dem unterstellten fehlendem Blick auf das Gesamtbild. Sind 78 Fahrzeuge für 2400 km Front wirklich viel mehr als Schwimmärmchen?

  • "Verwunderlich ist auch, dass hierzulande schon leise Hinweise auf Atomwaffendrohungen aus Moskau als Hasenfüßigkeit gelten. Keine Angst, die bellen nur. Und wenn nicht? Putin hat neben der Teilmobilisierung und Annexion besetzter Gebiete abermals mit Atomschlägen gedroht. Ein Zeichen von Schwäche, ja, aber gerade deshalb beunruhigend."



    Einerseits gilt Putin bei vielen als größenwahnsinnig ,verrückt,egoman,usw.,aber so als so verrückt Nuklearwaffen einzusetzen dann auch wieder nicht. Ja was denn nun? Ist es denn so unwahrscheinlich,das angesichts einer möglichen militärischen Niederlage trotz Mobilmachung etc, dann auch taktische Atombomben eingesetzt werden? Es ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen,das ein Sieg der Ukraine,vor allem wenn der auch die Rückgewinnung der Krim und der Ostprovinzen beinhaltet, Putins Herrschaft schon ins Schwanken bringen könnte. Nicht wenige hoffen ja auf so eine Entwicklung.

    Nun ,wenn wäre ich ein "verrückter Diktator" und die mögliche Aussicht auf eine Gefängniszelle in Den Haag noch einer meiner besten künftigen Optionen ,am anderen Skalenende versteckt in einem Erdloch auf meine jederzeit mögliche Entdeckung und Hinrichtung zu warten stünde, ich aber zumindest noch die Aussicht auf einen "krachenden Abgang " als allerletzte Trumpfkarte in der Hand hätte...

    Soweit öffentlich bekannt wurde 1983 die Auslösung des globalen Nuklearkrieges aufgrund eines Fehlalarms durch den russischen Oberstleutnant Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow verhindert(de.wikipedia.org/w...rafowitsch_Petrow). Kann man sich darauf verlassen ,das auch heute "mutige Militärs" bereit wären,so ein Szenario zu verhindern? Gegen einen direkten Befehl gar?

    Auf jeden Fall eine sehr spannende Partie Russisch-Roulette mit hohem Einsatz!

  • In der ersten Jahreshälfte haben die USA Waffen und Unterstützung im Wert von 24 Milliarden Euro an Kiew geliefert – dreimal so viel wie alle europäischen Länder zusammen. Nur die USA können so schnell so viele Waffen und Geld mobilisieren.

    Dabei hat Berlin für 730 Millionen Euro Waffen geliefert

    Zwei Sätze aus dem Kommentar, nachdem es durchaus legitim gewesen wäre, das Lesen einzustellen. Der inharente Widerspruch schreit einen geradezu an.

    Lesenswert wird der zweite Teil des Kommentars durch (für mich) neue Ideen und Anregungen, über die nachgedacht werden muss.

  • Sehr guter Kommentar, sehr gute Analyse. Dankeschön Stefan Reinecke! :-)

  • "Verwunderlich ist auch, dass hierzulande schon leise Hinweise auf Atomwaffendrohungen aus Moskau als Hasenfüßigkeit gelten. Keine Angst, die bellen nur. Und wenn nicht?"

    Dann ist Putin irrational und uns bleiben wenig Optionen will man dann auch das Baltikum aufgeben wenn er mit Atomkrieg droht? Wo ist der Punkt wo man sagt nein hier kämpfen wir und wenn es zum Atomkrieg kommt ist dem so? Wenn Putin so irrational ist gibt es eigentlich nur zwei Optionen: vertrauen in die russischen Offiziere ihn spätestens dann aus dem Verkehr zu ziehen und Vertrauen in die Überlegenheit Amerikanischer Aufklärung, Elektronischer Aufklärung und Atomwaffen im Zweifelsfall mit einem Erstschlag den Großteil russischer Atomwaffen zu zerstören.

    • @Machiavelli:

      "...mit einem Erstschlag den Großteil



      russischer Atomwaffen zu zerstören."



      Worauf beruhte das Gleichgewicht des Schreckens im Kalten Krieg? Genau: dass ein solches Szenario nicht möglich ist, ohne den eigenen Untergang zu riskieren. Und es hat funktioniert, so pervers es auch war.



      Das hat sich nicht geändert.



      Der bei einer Vernichtung des Großteils verbleibende Teil des atomaren Arsenals reicht, um die Erde zu verseuchen.



      Manchmal fragt man sich...

      • @Encantado:

        Es geht mir um die Absurdität ständig auf der Gefahr eines Nuklear Krieges herumzureiten. Einen Atomkrieg fängt Putin an oder auch nicht, das kann man nicht beeinflussen, man lebt mit der Gefahr oder kapituliert vor dem Tyrannen. Will man mit der Gefahr leben kann man das rationalisieren, einen Ansatz zu tun habe ich oben geliefert. Ich glaube aber nicht das Putin Atomwaffen einsetzt selbst taktische nicht, weil die Welt danach für ihn viel ungemütlicher werden würde als es eine komplette Niederlage je werden kann.

        Angst vor dem Atomkrieg ist kein Argument für irgendwas.

    • @Machiavelli:

      -?-Und mit einem Erstschlag den Großteil russischer Atomwaffen zerstören."



      Und die Russen würden diesen, auf sie zufliegenden "Erstschlag" gar nicht bemerken? -Die würden doch schnellstens, den genaueren Umfang und Geschwindigkei dieses anfliegenden "Erstschlags" berechnet haben und mit ähnlich blitzschnellem Gegenschlag reagieren. - Wahnwitz also die Empfehlung eines" atomaren Erstschlags" seitens der Amerikaner. Die algorhytmischen Totalüberwachungsanlagen der Russen würde doch sofort losschlagen. Die Systeme sind so gebaut.Vieles würde abgefangen aber dennoch vieles zerstört. Aber der gleichzeitig losgeflogene Vergeltungsschlag in Richtung gegenerische Abschussorte wäre nicht weniger verheerend.

      • @Lästige Latte:

        Und genau deshalb kommt es nicht zum Atomkrieg und wir können die Angst davor ignorieren.

  • Ich vermisse in den Debatte auch schon länger die notwendige Komplexität.

    Kampfpanzer sind in der Tat nur ein Putzzleteil und nicht einmal eines der größten.

    Die mögliche interationale politische Dimension war mir komplett neu aber natürlich gibt es die.

    Es ist leider keine Überraschung und megapeinlich, dass Deutschland eine "Führungsrolle" übernehmen will, ohne in der Lage zu sein, über seine eigenen Grenzen hinauszublicken.

    Hoffentlich machen das mit der Führungsrolle weiterhin Andere.

  • Dieser Kommentar lässt mich ungläubig zurück. Er kritisiert die Haltung der Pro-Schwere Waffen Lieferung Politiker als moralische Überhöhung und keine politisch, strategische Lösung obwohl sie doch genau das sind: Eine Möglichkeit für die Ukraine verlorenes Territorium zurückzukommen, das gegenwärtige Momentum auszunutzen und diesen Krieg eben nicht in einer Starre festzuhalten sondern zügig zu entscheiden. Die Leopard Weigerung von Scholz sei hingegen eine strategische, könne sie doch von russischen Medien ausgeschlachtet werden. Können wir unsere Entscheidungen bitte einmal unabhängig von der Angst machen, wie russische Medien darüber berichten. Wie das Kaninchen vor der Schlange. Russische Medien schreiben eh was sie möchten und sie erfinden auch gerne und häufig Geschichten komplett wenn das ihr narrativ eines faschistischen, den Westen bedrohenden Russlands dient. Entscheiden wir doch einfach selbst

    • @Pittmitd:

      es geht doch um die deutsche Selbstwahrnehmung. 10 Panzer sind eben nicht der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage. Das zur Kenntnis zu nehmen würde der deutschen Diskussion gut tun und auch einiges an Polarisation ersparen.

  • "Verwunderlich ist auch, dass hierzulande schon leise Hinweise auf Atomwaffendrohungen aus Moskau als Hasenfüßigkeit gelten."

    Das deckt sich nun so gar nicht mit meiner Wahrnehmung. Tatsächlich klingt der Satz etwas nach "man darf ja nichts mehr sagen". Die Angst vor einem Atomkrieg sitzt, wie ich in meinem Umfeld beobachte, nach wie vor tief in Deutschland - am tiefsten bei denen, die vor 1975 geboren sind. Neu ist, dass Deutschland plötzlich keine reine Echokammer der Antiatombewegung mehr ist. Das ist für viele ungewohnt, provokant gesagt nicht unähnlich wie Widerrede auf politisch unkorrekte Sprüche.

    • @Fairchild670:

      In meinem Umfeld ist es wie bei Ihnen. Allerdings nicht im Medienkommentaren und dazugehörigen Diskussionen: da überwiegen schon die zynischen "Angsthasen-"diffammierungen. Als hätte es Hiroshima und Nagasaki nie gegeben.

      • @resto:

        Vielleicht habe ich es falsch verstanden, aber ich hatte den Artikel nicht als reine Medienkritik aufgefasst. Und gesamtgesellschaftlich halte ich die These "statt German Angst nun German Ignoranz" für einigermaßen steil.

    • @Fairchild670:

      Ich empfinde das ähnlich wie Stefan Reinicke.

      In der öffentlichen Debatte tauchen überwiegend die Maximalpositionen auf - meist als Begründung für eine eigentlich gewünschte Entscheidung.



      (Allein das ist schon mal ziemlich verdächtig.)

      Entweder wird das Risiko als vernachlässigbar dargestellt oder man unterwirft sich ihm.

      Dass man sich trotz des nun mal existierenden Risikos irgendeine Handlungsfähigkeit erhalten muss und das Risiko dennoch immer bleibt spielt in den Argumenten selten eine Rolle.

      Man kann das in der Tat als ein Zeichen dafür lesen, dass wir das Atomrisiko im Kern eigentlich verdrängen.

  • "Nur die USA können so schnell so viele Waffen und Geld mobilisieren."

    heißt das im Umekehrschluss das Europa nicht wehrfähig ist und massiv aufrüsten muss? es sieht fast so aus.

    neben dem Sondervermögen hat Herr Scholz nämlich auch zugesichert, dass dass das Nato ziel von 2% nun dauerhaft von Deutschland erfüllt werden soll. Diese Kosten liegen (ca. 25 Mrd. Euro pro Jahr von derzeit 50 Mrd auf 75 Mrd) auf die Dauer der Zeit natürlich bei weitem über den 100 Mrd. sondervermögen.

  • Es kann ja sein, dass die deutsche Debatte davon geprägt ist, um von anderen Dingen abzulenken.

    Eine wirklich linke Debatte aber, wie ich sie hier in der TAZ bisher nicht wahrgenommen habe, würde um das Konzept des Nationalstaates und dessen Folgen kreisen.

    Wie sagte schon Marx? "Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben." und weiter "Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit, dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Produktion und der ihr entsprechenden Lebensverhältnisse. Die Herrschaft des Proletariats wird sie noch mehr verschwinden machen...

    Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander."

    Vor dem Hintergrund ist doch die einfache Frage diese: warum sollten wirklich links denkende Menschen einen Nationalstaat verteidigen wollen? Wen verteidigt man da eigentlich wirklich? Und als Folge dieser Überlegungen dann: will man das wirklich tun?

    Das sind Überlegungen auf persönlicher Ebene; auf Ebene des Nationalstaates sieht es natürlich anders aus.

    Eine wirklich linke Debatte müsste sich vielmehr darum drehen, wieso man einen korrupten Staat, der von wenigen Oligarchen beherrscht wird, letztendlich beim Überleben helfen sollte.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Sie meinen Russland mit dem "korrupten Staat, der von wenigen Oligarchen beherrscht wird"?

      Damit stimme ich überein, wie aber sollten wir dessen Überleben oder nicht entscheidend beeinflussen?

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Ihre Art von "linker Debatte" läuft ziemlich deutlich auf ein "Bitte bediene Dich, Genosse Putin" hinaus...

    • @Herbert Eisenbeiß:

      "Eine wirklich linke Debatte müsste sich vielmehr darum drehen, wieso man einen korrupten Staat, der von wenigen Oligarchen beherrscht wird, letztendlich beim Überleben helfen sollte."



      Welchen Staat haben Sie da im Konflikt, um den es hier geht, konkret vor Augen?



      So als Allgemeinplatz vermag ich Ihren Beitrag nicht einzuordnen.

      • @Encantado:

        Die Ukraine natürlich, es geht hier um Panzerlieferungen in diese.

        • @Herbert Eisenbeiß:

          So weit ich informiert bin, sterben in der Ukraine hauptsächlich Menschen, viele davon haben sich nichts anderes zuschulden kommen lassen, als mehr oder weniger zufällig in einem Staat jenseits der russischen "Föderation" zu leben, kein Staat an sich.



          Deren Überleben zu ermöglichen, scheint für Sie keine Relevanz zuhaben.

  • Ich stimme mit dem Autor voll überein, ausser dass die Linke total versagt hat, Sarah Wagenknecht hatte sich glaube ich sehr kritisch zu Panzerlieferungen geäussert. Und ein weiterer Punkt ir din Deutschland schlicht übersehen bze verschwiegen wenn von den ukrianischen Erfolgen die Rede ist: die ukrainische Offensive bestand aus zwei Teilen, einer im Süden Richtung Cherson (der wichtigere Teil) und einer im Norden, Richtung Luhansk. Die Offensive Norden war erfolgreich, die im Süden ist nach sehr kleinen Geländegewinnen und hohen Verlusten von den Russen gestppt worden. Zum Gück gibt es das österreichische Bundesheer das zeinlich realistische Lageberichte gibt www.youtube.com/watch?v=4shBImLJoWM

    Die militärische Lage stellt sich also durchaus anders dar als sie in den deutschen Medien dargestellt wird. Das sollte doch auch zu denken geben...

  • "Statt German Angst nun German Ignoranz – eine sonderbare Umkehr der 80er Jahre, als die USA Pershings stationierten und viele Deutsche den „atomaren Holocaust“ fürchteten." Wer das erlebt hat und die Zeiten davor, dem war auch immer klar, dass die Lage immer unsicher war, weil ein Atomkrieg auch durch einen Zufall hätte ausgelöst werden können, da hatten sicher weder Befürworter noch Gegner der Nachrüstung großartig andere Ängste.



    Putin und seine Unterstützer sind in ihrem globalen Größenwahn jetzt rückblickend berrechenbar gewesen, was jetzt passiert kann glaube ich niemand seriös einschätzen, die Gefahr ist weiterhin gegeben. Was sicher nicht zu einer Lösung beiträgt, ist das komplette Durchdrehen von Teilen der Regierung und der Opposition.



    Man sollte mal versuchen einen gesellschaftlichen Konsens darüber zu erlangen, dass unser Land seine territoriale Verteidigungsfähigkeit wieder herstellt, den Nato Verpflichtungen vor allem gegenüber den osteuropäischen Nato-Mitgliedern nachkommt und künftige Auslandeinsätze vorher wirklich ernsthaft analysiert werden und man dann auch begründeter Weise nein sagt. Einfach nur damit die Gegenseite nicht den Irrtum wie beim Angriff auf die Ukraine unterliegt man könne durchmaschieren.

    Was Autokraten die Verfügungsgewalt über Atomwaffen haben so damit machen bleibt ein Risiko und Gegenstand einzig von Spekulationen, bei Reagan und Trump war man sich ja schon nicht sicher ob die immer so genau wissen was sie wollen und tun.

  • Dieser Kommentar war überfällig. Weil auch die taz auf die Leitmeinumg umgeschwenkt ist.

  • Detailverliebtheit bei gleichzeitiger Verweigerung von Strategie und reines Fahren auf Sicht, das ist schon ein Merkmal deutscher Politik und Medien.



    Die Frage was soll eigentlich erreicht werden, wird kaum gestellt und wird sie dennoch einmal gestellt, z.B. in der Energiewende, wird die Umsetzung dem Zufall, also dem Markt überlassen. Planung und Strategie sind merkwürdig unterrepräsentiert. Es scheint als schwanken wir zwischen Maximalforderung, ohne zu wissen, wie wir dorthin gelangen einerseits und Kleinkrämerei, mit Diskussion und Fokussierung auf jeden noch so kleinen Schritt andererseits.



    Vermutlich hängt das auch mit der deutschen Sparwut zusammen, wie Sascha Lobo im Spiegel vermutet. Die Behörden kennen ihre Kapazität und wissen, dass strukturierte Pläne gar nicht umsetzbar sind, rein aus Mangel an Personal und zusätzlich aus Mangel an Entscheidungsbefugnissen und Abstimmungsstrukturen, deshalb gleich maximal, das Wie kommt dann schon irgendwie hin oder eben absolute Fokussierung auf Kleinigkeiten, das was eben eine Abteilung im Überblick und in der Entscheidungsgewalt hat. Da aber dann richtig.

  • Es wurde längst ein Krieg zwischen USA und Russland- mit Ukraine als Stellvertreter. Die FOLGEN des Krieges werden auf die EU umverteilt. DAS ist das Kalkül.

    • @Igor Pavlov:

      Das haben die USA ja super hingekriegt - Russland zu einem Angriff auf die Ukraine zu bringen. Dieser teuflische Ami aber auch!

  • "Doch wenn man der Union, manchen Grünen und FDPlern zuhört, scheint der militärische Erfolg der Ukraine von deutschen Kampfpanzern abzuhängen. Das ist entweder Dramatisierungsrhetorik, Selbstüberschätzung oder Ahnungslosigkeit."



    Ich nenne es das alte deutsche Leiden, das schon so viel Elend über die Wlt gebracht hat: Kleinbürgers Großmannnssucht. Nie war ein besserer Zeitpunkt, Thomas Manns Ausführungen über die Deutschen zu lesen. Und natürlich Heinrich Manns "Untertan".

  • Ich habe mich extra registriert um mich für diesen - wie ich finde sehr wichtigen und leider im Gesamtdiskurs überfälligen - Kommentar zu bedanken. Also: Danke für diesen Kommentar.

  • Es ist schwer in der neuen Realität anzukommen, für manche mehr für andere weniger. Es wäre natürlich alles viel schöner und einfacher, wenn wir keine Waffen bräuchten, eine properierende Zivilmacht und Putin ein lupenreiner Demokrat wäre.

  • Natürlich kann man die Amtomwaffen-Drohungen des Kreml für gefährlich und bedenklich halten. Aber was nützt die Angst? Sollen wir uns erpressen lassen? Was hiesse es denn ganz am Ende dieser Spirale: wir beugen uns Russland und bekommen einen russisches Pass nur damit es keinen Atonkrieg gibt? Klar, kann jeder entscheiden wie er möchte, es gibt sicherlich viele die lieber Leben wollen auch unter einem Diktator.

  • "In Deutschland diskutiert man lieber hochemotional über ein paar Panzer. Und verwechselt ein Puzzleteil mit dem großen Bild."



    Erstens: Wenn einzelne Puzzleteile fehlen, wird das auch mit dem großen Bild nichts.



    Zweitens: Die Forderung nach Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern (und sei es nur die Lieferungs-Freigabe der von der Ukraine bei der Industrie georderten Panzer) als hochemotional abzutun, geht an den seriösen Analysen seriöser Experten und an den berechtigten Forderungen der Ukraine vorbei, die (zugegebenermaßen) gern auch emotional vorgetragen werden.



    Drittens: Um "Alleingänge" (bei der Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern) zu vermeiden, sollten Scholz und die SPD sich nicht in die Büsche schlagen, sondern sich um Mitstreiter bemühen!

  • Vielen Dank für diesen Beitrag, genau meine Sicht der Dinge, aber jede Kritik an Waffenlieferungen wird leider momentan direkt zunichte gemacht,



    man könnte meinen plötzlich ist ganz Deutschland zu einer Bande Waffenfans mutiert