piwik no script img

Christian Ströbele zum Ukrainekrieg„Man muss Putin alles zutrauen“

Christian Ströbele, langjähriger Grünen-Abgeordneter, warnte oft vor Aufrüstung, unterstützte bewaffnete Befreiungsbewegungen. Was sagt er jetzt?

„Schwere Waffen jetzt“: Demonstration zum Ukrainekrieg Mitte April in Berlin Foto: Paul Zinken/dpa
Interview von Michael Sontheimer

taz: Christian Ströbele, wie war deine Reaktion auf Wladimir Putins Einmarsch in der Ukraine?

Christian Ströbele: Ich war schockiert. Ich ging fest davon aus, dass Putin die russischen Truppen nicht die Ukraine angreifen lässt. Nicht weil ich ihn für einen Ehrenmann gehalten hätte, sondern weil ich dachte, er ist ein schlauer Fuchs und begeht keine solche kolossale Dummheit wie diesen Angriffskrieg.

Worin siehst du seine Dummheit?

Bild: epd-bild/RolfxZoellner
Im Interview: Christian Ströbele

82, und Michael Sontheimer, 67, zählten 1978 zu den Grün­de­r:in­nen der taz.

Ströbele (Foto) ist Rechtsanwalt. Ab 1970 übernahm er die Verteidigung von RAF-Mitgliedern. 1978 gehörte er zu den Mitbegründern der Berliner Alternativen Liste, die später in den Grünen aufging. Mit Unterbrechungen war er von 1985 bis 2017 für die Grünen Mitglied des Bundestags, wo er immer wieder von der Fraktionslinie abwich.

Sontheimer verließ in den 1990er Jahren die taz und ging zum Spiegel. Seit 2007 ist er Mitglied des Kuratoriums der taz Panter Stiftung.

Putin kann sich möglicherweise militärisch durchsetzen, aber nur mit enormen Kosten. Wenn es zutreffend ist, dass schon über 15.000 russische Soldaten bei seiner „Spezialoperation“ umgekommen sind, das muss er erst mal den Russinnen und Russen erklären. Und ich hätte es auch nicht für möglich gehalten, dass er reihenweise Staatsoberhäupter, vor allem aus dem Westen, empfängt, bis hin zum US-Präsidenten Joe Biden, und sie derart unverschämt anlügt.

Putin kommt aus dem sowjetischen Geheimdienst KGB, von Agenten kann man doch nicht die Wahrheit und nichts als die Wahrheit erwarten.

Putin hat jede Glaubwürdigkeit und jedes Vertrauen verspielt. Unwiderruflich. Ich dachte, er droht bis zuletzt, aber lässt seine Truppen nicht einmarschieren.

2001 sprach Putin als erster russischer Präsident vor dem Deutschen Bundestag. Du warst damals Abgeordneter der Grünen. Wie hast du ihn und seine Rede in Erinnerung?

Er sprach deutsch, was der Kommunikation förderlich war. Und Putin machte ein positives Angebot, gemeinsam für Frieden und Sicherheit in Europa zu sorgen. Das war doch die Erwartung von vielen nach dem Fall der Mauer, nach dem Ende des Kalten Krieges, dass die atomare Konfrontation abgebaut wird, dass man keine hochgerüsteten Armeen mehr braucht.

Wie reagierten die Abgeordneten auf Putins Rede?

Der Plenarsaal war voll wie sonst selten. Alle sprangen auf, klatschten, es gab Standing Ovations. Ich fand das völlig daneben und blieb sitzen.

Warum das?

Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass man ihm seine Sünden nicht einfach nachsehen kann. Er kam vom KGB und hatte da wohl schon einige schmutzige Dinge getan. Und er hatte schon brutal Krieg geführt, nicht in Europa, aber in Tschetschenien. Er hatte Grosny in Schutt und Asche bomben lassen.

Ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei, das waren die Säulen, auf denen die Grünen Anfang 1980 gegründet wurden, Petra Kelly war eine ganz große Pazifistin. Nie wieder Krieg; Frieden schaffen ohne Waffen; Schwerter zu Pflugscharen. Das hätte die Mehrheit der Grünen sofort unterschrieben. Heute will die Außenministerin Annalena Baerbock in der Ukraine Frieden schaffen mit schweren Waffen. Wie konnte es zu einer derartigen Verkehrung der politischen Positionen bei den Grünen kommen?

Das Grauen dieses Krieges in der Ukraine hat diesen Positionswechsel bewirkt. Petra Kelly war Pazifistin, es gab viele damals bei den Grünen. Ich persönlich war und bin kein Pazifist, das muss ich immer wieder betonen.

Hat die Parteispitze sich nicht, um auf Bundesebene regierungsfähig zu werden, auch militärpolitisch dem Mainstream angepasst? Die von Baerbock und Habeck im letzten Wahlkampf geforderten Treueschwüre zur Nato sprachen doch für sich.

Der letzte Streit, den ich in meiner Partei hatte, drehte sich bei der Erstellung des Programms zur Bundestagswahl um die Frage, ob die Bundeswehr bewaffnete Drohnen bekommen soll, Killerdrohnen, wie ich sie nenne. Ich war heftig dagegen, weil ich wusste, wie die Amerikaner in Afghanistan, Somalia oder im Irak schätzungsweise Tausende Menschen mit ihnen umgebracht haben, Islamisten, aber auch viele Zivilisten. Die Position des Vorstandes, für die Anschaffung dieser Drohnen, wurde von Jürgen Trittin vertreten. Es gab eine Kampfabstimmung, mit knapper Mehrheit wurde die Anschaffung von Killerdrohnen grundsätzlich gebilligt.

Seit dem 24. Februar ist alles anders. Ich habe mich auch für die Lieferung defensiver Waffen an die Ukraine ausgesprochen

Kanzler Scholz hat in seiner Rede über die Wende zur Aufrüstung verkündet, dass solche Drohnen jetzt in Israel gekauft würden.

Seit dem 24. Februar, seit dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine, ist alles anders. Der Angriff auf die Ukraine, die Zerstörung des Landes, hat uns alle in Angst und Schrecken versetzt. Ich habe mich auch für die Lieferung defensiver Waffen an die Ukraine ausgesprochen.

Inzwischen geht es um die Lieferung von Panzern, Artilleriegeschützen und Kampfjets.

Das sollte nicht geschehen. Da bin ich dagegen, schon weil Putin dies als Vorwand nehmen könnte, Deutschland und andere Nato-Länder, deren Regierungen schwere Angriffswaffen wie Panzer liefern, als Kriegspartei anzusehen und anzugreifen. Das wäre der Weltkrieg.

Du hast betont, dass du kein Pazifist bist und warst. Du hast bei der Bundeswehr gedient und als Kanonier einen Preis für gutes Schießen bei der Flugabwehr gewonnen. Aber als die Bundeswehr sich am Nato-Angriff auf Serbien beteiligte, sagtest du am 25. März 1999 im Bundestag in Bonn: „Ich verstehe meine Fraktion nicht, die für mehr Frieden in der Welt angetreten ist, die eine Friedenspolitik machen will – sie setzt sich hier hin und ist damit einverstanden, dass – wenn von deutschem Boden nach 54 Jahren wieder Krieg ausgeht – darüber hier nicht einmal geredet wird.“ Ich erinnere mich, dass du zutiefst erschüttert warst.

Ja, das war ich. Die Bundesregierung mit Joschka Fischer als grünem Außenminister war für die Beteiligung an diesem Krieg. Der Bundestag hatte ein halbes Jahr zuvor schon dafür gestimmt. In der Nacht hatte die Nato angegriffen, und die PDS, die Ostvorgängerin der Linken, wollte es auf die Tagesordnung setzen, aber der Antrag war abgelehnt worden. Ich bin im Bundestag nach vorne gegangen, vorbei an den Reihen der Grünen, meiner Fraktion, von denen mich einige mit eisigen Mienen anstarrten. Ich habe die kurze Rede gehalten, aus der du zitiert hast. Der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse von der SPD hat mich anständigerweise reden lassen.

Schon damals unterstützte die komplette Bundestagsfraktion der Grünen, von dir abgesehen, eine Beteiligung der Bundeswehr an einem Nato-Einsatz ohne UN-Mandat und ohne Kriegserklärung. Nach diesem Sündenfall scheinen die heutigen Bekenntnisse der Grünen zur Nato und die Forderung nach Aufrüstung und Lieferung von schweren Waffen in ein Kriegsgebiet nur eine konsequente Weiterentwicklung, oder?

Ja, die entscheidende Frage ist: Wo zieht man die Grenze? Ich war allerdings immer der Meinung, dass Befreiungsbewegungen im globalen Süden das Recht haben, mit Waffen gegen Unterdrückung und für ihre Selbstbestimmung zu kämpfen. Und dass Länder, die militärisch angegriffen werden, natürlich das Recht haben, sich zu verteidigen.

Von 1980 bis 1992 sammelte die taz unter dem Stichwort „Waffen für El Salvador“ mehr als 4,7 Millionen Mark, die an mehrere Guerillagruppen im mittelamerikanischen El Salvador übergeben wurden. Damit diese das grausame, von den USA unterstützte Militärregime zu Fall bringen konnten. Es gab harte Debatten in der taz. Du warst einer der Initiatoren der Aktion. Wie siehst du sie heute?

Ich finde das noch immer richtig. Es war damals unzweifelhaft, dass in El Salvador ein Volk mit grausamsten Mitteln von einem rechten Regime unterdrückt wurde. Der Auslöser war dann der Mord an Erzbischof Romero im März 1980, der sich für die Rechte der Bauern einsetzte. Er wurde während einer Messe vor dem Altar von einem Militär erschossen. Inzwischen wurde er vom Papst „heilig“ gesprochen. Ich war selbst in El Salvador und habe mich während des Bürgerkrieges und danach vor Ort kundig gemacht. Schrecklich ist natürlich, dass El Salvador heute das Land mit der höchsten Mordrate der Welt ist.

El Salvador gehört zu den Ländern, bei denen bundesdeutsche Linke sich mit Befreiungsbewegungen oder kommunistischen Regierungen solidarisiert und sie unterstützt haben, die sich dann zu üblen Diktaturen entwickelt haben. Ich denke an China, Vietnam, Kambodscha, Simbabwe, Angola, Nicaragua. Da werden die Pressefreiheit und die Menschenrechte heute mit Füßen getreten. Ist das nicht auch ein Argument für Pazifismus?

Mit Abstand am wichtigsten für die radikale Linke war der Krieg in Vietnam, während dem der U.S.-Airforce-General Westmoreland den Vietnamesen drohte, sie in die Steinzeit zurückzubomben, und zwei Millionen Menschen durch US-Bomben starben. Ich habe damals zusammen mit einem Anwaltskollegen Geld für den Vietcong gesammelt und es zu deren Botschaft nach Ostberlin gebracht. Dazu stehe ich noch heute. Das würde ich so wieder machen. Allerdings ist es leider so: Wenn man ein Volk dabei unterstützt, seine Unabhängigkeit und Rechte zu erkämpfen, hat man keine Garantie dafür, dass anschließend dort demokratische Zustände einkehren.

Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann, aber auch Ralf Fücks, Reinhard Bütikofer und andere Grüne gehörten in den 1970er Jahren dem maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) an, der Massenmördern wie Idi Amin in Uganda oder Pol Pot in Kambodscha huldigte. Waren die Achtundsechziger nicht furchtbar naiv?

Das ist stark übertrieben. Nicht Die 68er. Sicher gab es diese kommunistischen Kleinparteien, aber das waren vielleicht ein Prozent der APO und der Bewegung der sechziger Jahre.

Bei den Grünen kamen die aber wieder an, weil sie eine Partei brauchten und mit ihren Parteien keinen Erfolg hatten. Die Maoisten konnten sich immer auf den berühmten Satz von Mao berufen „Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen“. Und die Linke pflegte generell einen Kult des bewaffneten Kampfs: die Pariser Kommune, der Spanische Bürgerkrieg, Fidel Castro und Ché Guevara, Ho Chi Minh. Doch in den letzten Jahren wurde vom „postheroischen Zeitalter“ gesprochen, in dem das Individuum sich nicht mehr für ein größeres Ganzes opfert oder geopfert wird. Mit dem Ukrainekrieg erleben wir die Bewunderung der Helden, die für das Vaterland sterben, nationalistisches Pathos. Kommt das jetzt alles zurück?

Das ist zu befürchten. Ich halte es dennoch für richtig, dass eine Gesellschaft sich gegen Gewalt, gegen Angriffe von außen und innen, gegen Unterdrückung mit Waffengewalt wehren kann und auch wehrt. Du hast Nicaragua erwähnt, ich kenne Daniel Ortega, ich war mehrmals mit Delegationen des Bundestags in Nicaragua. Dass jemand so wegdreht wie er, zum blutigen Diktator wird, tja … Das ist offenbar leider menschlich, das kommt leider vor. Dennoch war es richtig, Ortega und die Sandinisten in ihrem bewaffneten Kampf gegen den Diktator Somoza zu unterstützen.

Wäre es dann nicht auch richtig gewesen, wie es der einstige Maoist und Pol-Pot-Anhänger Ralf Fücks, später Grüner, schon seit etlichen Jahren gefordert hat, der Ukraine Waffen zu liefern?

Nein. Nicht Panzer und schwerste Waffen. Solange ein Krieg nicht unmittelbar bevorsteht, muss man vorrangig alles andere tun, als Waffen zu liefern. Frieden schaffen ohne Waffen, heißt aktiv zu werden, bevor die Waffen zum Einsatz kommen. Es hätte schon zur Kenntnis genommen werden sollen, dass viele Russen sich nicht so ohne Weiteres mit dem Zerfall der Sowjetunion abgefunden haben. Es hätte gesprochen werden müssen, eine Konferenz nach der anderen, aber gerade im letzten halben Jahr vor den angeblichen russischen Manövern kam doch vom Westen nichts mehr, keine Initiative. Keine Verhandlungsvorschläge.

Die Bundesregierung hat auf Putins Angriff auf die Ukraine damit reagiert, dass sie die alte US-Forderung erfüllen will, zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für Rüstung auszugeben. Findest du das richtig?

Nein. Wenn die Bundeswehr in so einem desaströsen Zustand ist, wundere ich mich zunächst, warum Verteidigungsministerinnen und Wehrbeauftragte nicht schon lange Alarm geschlagen und erklärt haben: „Wir haben keine Unterhosen mehr.“ Die Bundeswehr muss – wenn es sie schon gibt – ausreichend ausgerüstet und abwehrbereit sein, aber es sollte nach dem Ende dieses Krieges genau geprüft werden, was sie wirklich braucht, um abwehrbereit zu sein.

Was hätte die Bundesregierung als Alternativen zu verstärkter Rüstung?

Die Fähigkeit und Bereitschaft zu Abwehr durch die Bundeswehr ist herzustellen und ein verlässliches Abwehrbündnis mit anderen Staaten. Aber gegen einen Angriff mit Atomwaffen hilft alles nicht.

Albert Einstein sagte: „Im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.“

Ich war früher gegen alle Militärbündnisse, auch die Nato, die ja nicht nur ihre Mitgliedstaaten gegen Angriffe verteidigt, sondern auch in Afghanistan oder Libyen Angriffskriege geführt hat. Und Nato-Mitglied Türkei überfällt Nachbarländer. Aber ein Bündnis ausschließlich zu Zwecken der Verteidigung gegen Angriffe von außen macht Sinn.

Völlig zu Recht erregt sich die Welt über fünfzig Tote bei einem russischen Raketenangriff auf einen ukrainischen Bahnhof. Als US-Drohnen in Afghanistan, dem Irak und Syrien regelmäßig Dutzende von Zivilisten auslöschten, interessierte das bei uns und im Westen kaum jemanden. Warum diese Doppelstandards?

Der australische Journalist Julian Assange hat sein Leben dafür riskiert, solche Kriegsverbrechen der amerikanischen Streitkräfte in Irak und Afghanistan zu dokumentieren. Diese ganzen Schweinereien.

Westliche Politiker, wie unsere Außenministerin Baerbock, beklagen die Gleichschaltung der russischen Medien, aber sehen gnädig darüber hinweg, dass die US-Regierungen von Trump und Biden Julian Assange seit drei Jahren in Auslieferungshaft in einem Hochsicherheitsgefängnis in Großbritannien halten und ihn wegen Spionage anklagen wollen. Weil seine Enthüllungsplattform WikiLeaks Korruption und US-Kriegsverbrechen öffentlich gemacht hat. Hast du dafür eine Erklärung?

Das liegt daran, dass auch die westlichen Geheimdienste nur dann glauben, funktionieren zu können, wenn sie den Agenten, die sie anwerben, absoluten Schutz vor Enttarnung bieten. Da hat Assange, aber auch Edward Snowden mit seinen Enthüllungen eine Bresche geschlagen. Assange und WikiLeaks ist von US-Politikern wiederholt vorgeworfen worden, sie hätten Blut an den Händen, weil sie Informanten enttarnt hätten. Aber es gibt bisher keinen Beleg dafür.

Hat der Westen nach Ende des Kalten Krieges den Fehler gemacht, seinen Sieg zu sehr auszukosten und einen neuen Versailler Vertrag durchgesetzt, der den Keim des nächsten Krieges schon in sich trug? Egon Bahr, der Vordenker der Entspannungspolitik von Willy Brandt in den 1970er Jahren, scheint das geahnt zu haben, als er 2013 Schülern erklärte: „Ich als alter Mann sage euch: Wir leben in einer Vorkriegszeit.“

Da ist was dran. Die Politiker des Westens haben den Eindruck erweckt, dass alle im Osten jetzt zufrieden sein können. Die Interessen der Russen sind ignoriert worden. Es wurde nicht darüber geredet, wie man die Wiederkehr einer Konfrontation mit Russland vermeiden kann, wie man Sicherheitsgarantien geben könnte. Stattdessen rückte die Nato mit ihren Raketen immer näher an die Grenzen zu Russland vor. Die Chancen, mit Russland zu einer stabilen sicheren Ordnung nach dem Ende des Kalten Krieges zu kommen, sind vertan worden.

Die Vorstellung von Wandel durch Handel, dass die Globalisierung mit einer immer stärkeren wirtschaftlichen Integration für Demokratie und Frieden sorgt, können wir auch abschreiben. Ihr hat Putin jetzt mit dem Rückgriff auf Nationalismus und Imperialismus des 19. und 20. Jahrhunderts eine klare Absage erteilt.

Wir haben uns von den russischen Energielieferungen zu sehr abhängig gemacht. Jetzt kaufen wir Fracking-Gas von den USA und reisen als Bittsteller zu dubiosen Scheichs. Das einzig Positive an der Energiekrise ist, dass die Energiewende hier eine nicht für möglich gehaltene Beschleunigung erfährt.

Die ersten russischen Truppen sind am 24. Februar in der Ukraine einmarschiert, jetzt wird schon von einem längeren Krieg gesprochen. Erfahrungsgemäß ist es viel leichter, einen Krieg anzufangen, als einen Krieg zu beenden. Was sollte jetzt geschehen?

Es wird für die Ukraine und ihre Regierung furchtbar schwierig. Es muss wohl eine Einigung über eine irgendwie geartete und garantierte Neutralität der Ukraine geben. Putin wird auf die Krim nicht verzichten und die sogenannten Volksrepubliken im Osten. Selenski auch kaum. Der Kriegsverlauf wird entscheidend sein. Putin war bodenlos dumm. Er hat die Schweden und Finnen in die Nato getrieben.

Als die US-Regierung Krieg in Vietnam führte, wusste sie nie genau, warum sie das überhaupt tat, eigentlich machten die Amerikaner nur weiter, taten das nur, um eine für die militärische Supermacht gesichtswahrende Lösung zu finden. Ohne eine solche wird Putin nicht aufhören.

Meist funktioniert das aber nicht. Die letzten Amerikaner wurden 1975 unter chaotischen Umständen vom Dach der US-Botschaft in Südvietnam evakuiert. In Kabul gab die Nato im vergangenen Jahr auch kein besseres Bild ab, als die Taliban die Macht übernahmen.

Falls Putin militärisch nicht siegen kann, dürfte es Jahre dauern, bis er das akzeptiert.

Noch schrecklicher: Er hat ja auch schon mit Nuklearwaffen gedroht. Trump hat einmal gesagt, warum haben wir Atomwaffen, wenn wir sie nicht einsetzen? Jetzt würde er Putin mit einem Nuklearschlag drohen, wenn er Präsident wäre. Wenn Putin ernsthaft vor einer Niederlage steht, wer weiß, was er dann tut. Zutrauen muss man ihm alles.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

76 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Die Interessen der Russen sind ignoriert worden. Es wurde nicht darüber geredet, wie man die Wiederkehr einer Konfrontation mit Russland vermeiden kann, wie man Sicherheitsgarantien geben könnte. Stattdessen rückte die Nato mit ihren Raketen immer näher an die Grenzen zu Russland vor."

    Das klingt so, als ob Passiv-Aggressivität die beste aller politischen Strategien wäre. Irgendein Prahlhans oder Autokratenversteher wird schon kompromissbereit sein, weil er sich in seiner Gemütlichkeit nicht stören lassen will - außer es geht um seine eigenen Interessen natürlich.

  • Schön dass in dieser Zeitenwende rückwärts noch besonnene Menschen wie Ströbele zu Wort kommen.

    Die derzeitige Situation ist ein Dilemma, in dem jede Reaktion etwas Falsches hat. Gibt man Putin nach, belohnt man unerwünschtes Verhalten. Mehr Waffen aber führen zur Eskalation mit dem Risiko eines Atomkriegs, der das ganze menschliche Leben auf der Erde gefährdet. Wirkliche Friedenspolitik muss verhindern, dass es überhaupt zu solchen ausweglosen Situationen kommt.

    Jeder Konflikt ist ein System gegenseitiger Wechselwirkungen. Aktionen aus Hass und Härte füttern den Hass und die Rache der Gegenseite. Niemand hätte den Militarismus des Westens mehr stärken können als Putin, seine Macht beruht aber ebenso auf NATO-Verhalten. Verstärkt werden Konflikte durch jeweils einseitige Betrachtung, die den Anteil der eigenen Seite an der Vorgeschichte ignoriert. Das Böse der Gegenseite entschuldigt alles Fehlverhalten, das zum Konflikt geführt hat. Das Teuflische an Putin lässt die Ukrainer als Engel erscheinen und macht den ukrainischen Botschafter zu Deutschlands höchster Instanz, vor der alle anderen zu kuschen haben.

    Es gibt einen Weg zum Frieden: Rechtzeitiger Respekt und Verständnis. Es scheint aber, als wäre Frieden gar nicht mehr erwünscht.

  • "Wenn die Bundeswehr in so einem desaströsen Zustand ist, wundere ich mich zunächst, warum Verteidigungsministerinnen und Wehrbeauftragte nicht schon lange Alarm geschlagen und erklärt haben: „Wir haben keine Unterhosen mehr.“"

    Man fragt sich, ob Herr Ströbele die letzten 20 - 40 Jahre Zeitung gelesen hat und/oder auch nur mit einem einzigen Soldaten sprach. Das Spiegel-Cover zum Thema "Bedingt abwehrbereit" stammt aus den 1960ern. Seitdem hat sich an dieser Zustandsbeschreibung der Bundeswehr nichts, aber auch gar nichts geändert. Der Generalinspekteur der Heeres betonte in einem Interview neulich erst erneut, dass man gar keine Panzer und andere schwere Fahrzeuge in die Ukraine liefern könne, da man die wenigen, die überhaupt funktionieren, zur Erfüllung der Bündnisverpflichtungen und den großen - nicht funktionierenden Rest - als Ersatzteillager benötigt, um die funktionierenden überhaupt betriebsfähig zu halten.

    Die Bundesrepublik spart die Bundeswehr seit Jahrzehnten kaputt und auf Verschleiß. Das kann man als Pazifist gutheißen, da auf diese Weise rein tatsächlich sichergestellt wird, dass von Deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgeht. Man sollte aber nicht so tun, als wären diese Ausrüstungsdefizite nicht seit Jahrzehnten bekannt.

    • @Kriebs:

      Wenn man eine Beamt*innen-Armee installiert, ist und bleibt die größte Herausforderung die nächste Verwaltungsreform.



      So bitter es ist, die "besten" Armeen der Welt haben eine Erzählung, die beschreibt, wofür sie existieren und der sich im Ernstfall alles unterzuordnen hat.



      In Deutschland hingegen muss mindestens noch einmal die letzte Durchführungsverordnung gründlich studiert werden, bevor es losgehen darf. Der Bewegungsmangel deutscher Bundeswehramtsstuben mag den Militarismus einhegen, ob er aber zur Friedenssicherung gleichermaßen effektiv beiträgt, darf bezweifelt werden.

  • Ströbele: "Das einzig Positive an der Energiekrise ist, dass die Energiewende hier eine nicht für möglich gehaltene Beschleunigung erfährt."

    Leider ist das nicht so. Beispiel Photovoltaik-Ausschreibungen im Jahr 2022: Bestehendes Gesetz der GroKo 5.900 MW, Gesetzentwurf aus dem Haus Habeck: 5.900 MW. Im nächsten Jahr gerade 600 MW mehr. Und dann ist noch zwei Jahre Zeit bis zr Realisierung, in denen steigenden Zinsen und Anlagenpreise auch zu einem Projektabbruch führen können.

    Steigen also die Kosten für die zur Herstellung der Solaranlagen benötigte Energie zu sehr, kann dass dazu führen, dass das Solarprojekt unwirtschaftlich wird und wir weiterhin Energie aus Russland &Co-Diktaturen beziehen.

  • Drohnen...



    "Ich war heftig dagegen, weil ich wusste, wie die Amerikaner in Afghanistan, Somalia oder im Irak schätzungsweise Tausende Menschen mit ihnen umgebracht haben, Islamisten, aber auch viele Zivilisten."

    Für diese Wahrheit sitzt Assange lebenslang im Knast.

    Bomben auf Zivilisten zu werfen ist abgrundtief feige, ähnliches gilt für die Drohnen.



    Wo soll dieser Wahnsinn hinführen?

    Und aus welchem lächerlichen Grund werden Tausende umgebracht?



    Die Legende von Kain und Abel ist uralt. Genau das passiert in der Ukraine. Putin der Brudermörder.

  • Hitlers Überfall auf Polen war nun aber gerade nicht der NS-Ideologie geschuldet, anders als der Überfall auf die Sowjetunion. Hitler wollte ja eigentlich zusammen mit Polen die Sowjets überfallen und hat erst umgeschwenkt und den Hitler-Stalin-Pakt geschlossen, als das nicht klappte (Müller, Der Feind steht im Osten, Berlin 2011).



    www.hsozkult.de/pu...eview/id/reb-16439

  • "Putin war bodenlos dumm. Er hat die Schweden und Finnen in die Nato getrieben."

    Dafür darf er dann die Ukraine einsacken?.

    Putin spielt mit der Angst. Und die Belohnung ist, dass er nicht die Welt in die Luft jagt.

    Die Ukraine braucht definitiv mehr schwere Waffen. Deutschland muss definitiv schneller zu einen Öl- und Gasboykott kommen!

    • @Rudolf Fissner:

      Sehe ich genauso. Ströbele und Küppersbusch, die ich sonst sehr schätze, sagen in etwa, mit mehr schweren Waffen gibt es nur noch mehr Opfer. Viele sehen das genau andersherum: Diese verheerende Aggression muss unbedingt besiegt werden und aus rein praktischen Gründen werden dafür diese verdammten Waffen benötigt. Wir können die unglaublich solidarischen Menschen dort nicht im Stich lassen.



      Putin lässt nicht einmal die Evakuierung der Zivilbevölkerung zu. Seine Vorstellungen zur Beendigung des Krieges verlangen die totale Unterwerfung und sind absurd.



      Ohne überzeugenden Widerstand würde der Krieg weitergehen wie schon seit 8 Jahren im Donbass. Danach läge, wie am Wochenende angekündigt, die Republik Moldau und andere Staaten mit russischen Minderheiten in der Schusslinie. Langfristig hat P keine Chance: Russland ist in der UNO bis auf Nordkorea, Belarus, Eritrea etc isoliert. Die halbe Welt unterstützt tatkräftig den Befreiungskampf der Ukraine, eines Landes, das sich schon im orangenen Aufstand und die Maidan-Revolution gegen die Korruption bewährt hat (und der für dieses Freiheitsstreben zwei Landesteile gewaltsam entrissen wurden).

  • Jede Schwäche des Westens veranlasst Putin einen Schritt weiter zu gehen. Es ist an einem Punkt angelangt, wo ein Zurück nicht mehr möglich ist. Sich auf Lieferung von Defensiv-Waffen zu beschränken, bedeutet soviel wie gar nichts zu unternehmen. Dann kann man es auch sein lassen, weil die Ukrainer so ihr Land verlieren werden. Herr Ströbele, den ich als Politiker immer geachtet habe, verkennt hier diesen Zusammenhang.



    So ist es weder Fisch noch Fleisch.

  • Wir hoffen alle auf die Zeit, in der Drohnen gegen Drohnen kämpfen.



    Da wird mein Pazifismus zur Realität.



    Als ich damals auf dem Commodore Elite spielte ...

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    An Christian Ströbele kann sich nicht nur die Grüne, sondern auch die Linke Partei ein Vorbild nehmen. Für mich eine der integersten Politiker:innen in der Geschichte der bundesdeutschen Demokratie.



    Danke für dieses Interview.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    Egal, ob grün, gelb, rot..etc., die Aussage „Man muss Putin alles zutrauen“ ist nach 3 Monaten Krieg nun wirklich keine Neuigkeit!

    "Frieden schaffen ohne Waffen!", der altgediente Spruch der Friedensbewegung ist und bleibt der einzig vernunftbegabte Appell. Die "Erkenntnisse" bzgl. Wettrüsten und Aufrüstung im Sinne "drohend rot-blinkender Warnmodi" sind seit den 70-iger und 80-iger Jahren nur allzu bekannt!

    Nicht nur US-Außenminister Kissinger warnte vor fortschreitender NATO-Osterweiterung. Und nun hat man den Salat, der schlimmer nicht hätte kommen können, der alles über den Haufen wirft, was den ehemals kalten Krieg bis hin zum 8. Nov. 1989 beendete.

    Krieg ist und bleibt keine Lösung, demzufolge auch keine Aufrüstung.

    • @93851 (Profil gelöscht):

      Kissinger? Der, der endloses Leid in Kambodscha verursacht hat, das man noch heute sieht, wenn man das Land betritt? Er mag einen wertlos Friedensnobelpreis haben, aber einen Platz in der Hölle wünscht ihm mindestens ein ganzes Land - ganz ohne Propaganda, allein wegen der Wahrheit. Würde Cheney heute von Frieden reden, würde ich mich diese geballte Heuchlerei genauso zum Kotzen bringen.

    • @93851 (Profil gelöscht):

      Wen eine Seite abrüstet, hat sie aber leider kein bisschen zusätzliche Sicherheit vor einem Krieg, sondern im Gegenteil obendrein das Problem, dass die dann deutlich stärkere andere Seite womöglich im Krieg doch eine einfache Lösung zu sehen glaubt.

      • @o_aus_h:

        Ja, richtig. Das klassische Todschlagargument. Aber haben Sie sich mal die Zahlen zur militärischen Aufrüstung der letzten 10 Jahren angeschaut? Wer ist da wohl der Vorreiter?

        Ströbele hat in diesem Interview mit jeder Aussage recht. Das ist alles ein Wahnsinn und wer glaubt, man könne diesen Krieg nur mit weiteren Waffenlieferungen und Wettrüsten beenden, sollte mal ein Geschichtsbuch aufschlagen.

  • Schade, das Herr Sontheimer nicht die Gelegenheit genutzt hat um pointiert nachzufrafen.



    Aber wahrscheinlich darf man dem Urgestein nicht mit scharfsinnigen Nachfagen kommen. ich hatte mehr erwartet.

    • @ChristianP:

      Ich auch.

      Das war ein Wohlfühlinterview.

  • Ich vermisse den Ehrenmann Ströbele im Bundestag. Was seine Haltung zu Killer-Drohnen angeht merkt man aber das er aus der Vorcomputerzeit stammt.



    Denn die Drohnen sind ein unvermeidbares Produkt der technischen und digitalen Weiterentwicklung.



    Zukünftige Kriege werden von Schwärmen ferngesteuerter UAVs gewonnen werden. Wer die nicht hat kann sich gleich ergeben oder sterben.



    Zum Vergleich der heldenhafte Angriff polnischer Kavalaristen auf deutsche Panzer in WW2.



    Sie sind "alternativlos" solange Russland noch nicht demokratisch ist.

    • @Timelot:

      Ich komme aus der Computerzeit - Drohnen, ein spannendes Thema. Vor allem wenn sie umgedreht werden, black ops 2 wenn ich nicht irre.



      Schön wären UN Drohnen, die einfach einen Fluchtkorridor für Zivilisten durch einen Belagerungsring pflügen/fräsen würden. Oder ODIN aus ghosts um in Bild zu bleiben.

    • @Timelot:

      Ich stamme auch noch aus der Vorcomputerzeit ... vielleicht kann ich deshalb fast alles unterschreiben, was Stroebele im Interview zum Thema Krieg und Frieden geaeussert hat, auch in seiner ganzen Widersprüchlichkeit.



      Aus militaerhistorischer Perspektive hat es die Debatten um die ethische Rechtfertigung neuer "durchschlagender" Waffensysteme übrigens immer schon gegeben ... Papst Innozenz II. ächtete beispielsweise 1139 den Einsatz der Armbrust, weil diese problemlos die Rüstungen der damaligen gepanzerten Ritterheere durchschlug und somit die bisherige mittelalterliche Art der Kriegsführung komplett über den Haufen warf.



      de.wikipedia.org/w...htete_Kriegsmittel



      So neu sind also die derzeitigen Diskussionen um Landminen, Drohnen etc. auch nicht ... unbestritten ist jedoch, dass es sich dabei in allen Fällen und zu allen Zeiten um Mordwerkzeuge handelt.

    • @Timelot:

      Diesen heldenhaften Angriff hat es in der Realität nie gegeben. Er ist ein Mythos.

  • Man sollte nicht so schnell den alten und den neuen Scharfmachern nachgeben. Dieser Krieg ist nicht der einzige und eine Zukunftstrategie kann man nicht von momentanen Ausbrüchen abhängig machen.

    • @Kaffka:

      Das heißt, sie sehen den Ukrainern beim Sterben zu und sagen ihnen:"Nein, wir basteln jetzt erstmal ein Zukunftsstrategie. Ihr seid ja nicht die Einzigen, die von Faschisten überfallen werden."?

      Echt jetzt?

      Weil Deutschland ja die Welt retten muss?

      Dieser Krieg ist gerade der einzige in unserer Nachbarschaft und einer der ganz wenigen zwischenstaatlichen in der Welt.

      • @rero:

        Wir Deutschen müssen eben alles übertreiben, im Guten wie im Schlechten.

      • @rero:

        Ganz unberechtigt ist die Frage nach einer Zukunftsstrategie nun aber doch nicht, oder?



        Gerade sitzt der US-amerikanische Außenminister mit 38 Vertretern westlicher bzw. prowestlicher Staaten in der Air Base Ramstein und versucht, eine Anti-Putin-Koalition zu schmieden.



        Der Elefant im Raum ist doch, dass es längst nicht mehr um eine Befriedung oder Befreiung der Ukraine geht, sondern darum - aus westlicher Pespektive -, dem russischen Hegemonialismus ein für allemal das Wasser abzugraben ... denn jede Friedenslösung - ob auf Grundlage der Anerkennung russischer Gebietsansprüche (Krim, Doubass), eines Sieges der Ukraine (Rekonstitution des ukrainischen Staatsgebietes in den Grenzen von 1991) oder irgendeines Ergebnisses "dazwischen" - birgt den Keim eines neuen Krieges bereits in sich. Entweder wird der Appetit des "russischen Bären" weiter befeuert oder Russland wird eine Niederlage als eine Art Diktatfrieden ("Versailles") empfinden. Weitere Munition für neuen russischen Revanchismus. Am Ende wird der Westen die Frage beantworten müssen, ob man den Krieg bis vor die Tür des Kreml tragen will, um das System Putin zu stürzen ... die Kaempfe muss man sich wahrscheinlich vorstellen wie die der Anti-Hitler-Koalition 1945, heute kommt noch das nukleare Bedrohungsszenario hinzu.



        Aber auch, wenn die weitere Eskalation verhindert werden kann, muss man sich vergegenwärtigen, dass jede Waffenlieferung in die Ukraine das Sterben und die Zerstörung dort erst einmal fortsetzt. Nichts zu tun allerdings genau so.

  • Ich finde das sehr eindrucksvoll, dass er damals sitzen blieb, während fast alle anderen frenetisch klatschten. Linken geht es oft so, dass irgendwann plötzlich diejenigen, die vorher ganz anderer Meinung waren, ihre neuen Opponenten in aller Form verurteilen, während sie sie vorher lobten und diejenigen ausgrenzten, die dies nicht mitmachten. Thatcher ist berühmt davor, erst nach dem Angriff auf die Falkland-Inseln erkannt zu haben, dass es eine Junta ist. Plötzlich überholte sie in ihrer Rhetorik all die Linken, die jahrelang gegen die Junta kämpfte. Ganz ähnlich war es bei Saddam Hussein, und auch bei Assad, vorher ließ man syrische Deserteure aus Deutschland abschieben, plötzlich erkläre man die, die sich weit vorher für syrische Geflüchtete eingesetzt hatten, zu Assad-Freunden, weil sie fürchteten, dass der Krieg zu einer Eskalation des Elendes führen wird. Ebenso wenig wie bei der argentinischen Junta, Saddam Hussein oder Assad sollten wir den früheren Freunden und heutigen Gegnern bei Putin glauben, dass es ihnen um Menschenrechte geht. Sie würden sonst die Menschen im Jemen nicht in den Untergang treiben, die Geflüchteten im Meer nicht ertrinken lassen und sie hätten, wenn es ihnen ernst wäre, auch nicht Menschen nach Afghanistan, dem bereits damals unsichersten Land der Erde, abschieben lassen.

  • Danke für das Interview. Selten geworden in der taz, Linke Einordnungen und Fragen mit historischem Bezügen und Kontext zu lesen. Die Gründergeneration war halt noch ne andere... heute leider zuviel progressiv neoliberaler Quark.

    • @Jannis13:

      Stimme sehr zu. Auch ihren langjährigen UN-Korrespondenten Andreas Zumach könnte die taz öfter zu Wort kommen lassen.

  • Die Unterscheidung zwischen Offensiv und Defensiv-Waffen ist sachlich unsinnig.

    Es geht um Distanzen!



    Wenn die Russen aus 100 km Entfernung das Land in Schutt und Asche legen, kann man ihnen nicht nur Panzwerabwehr mit max 5km Reichweite zugestehen. Das macht keinen Sinn, Herr Ströbele. Das ist nur reine Ideologie. Und für diese Ideologie sollten keine Menschen sterben.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @Tellerwäscher:

      Fast. Die 100km sind eine absurde Zahl.. fernlenkwaffen haben eine deutlich größere Reichweite, Artillerie eine deutlich geringere.

      Es gibt allerdings durchaus Waffensysteme mit denen keine Offensiven Tätigkeiten umgesetzt werden können und die sinnvoll wären. Beispiele dafür sind Luftabwehr oder Raketen Abwehr Systeme .. die sind nicht so präsent in der Öffentlichkeit und haben auch ihre Probleme (Radarsuchende Raketen zB), aber letztlich lassen sich damit kaum Städte beschiessen.

      Diese waffensysteme werden auch bereits eingesetzt und stehen häufig in der Nähe kritischer Infrastruktur (Kraftwerke, Raffinerien usw.) .. aber deren Munition ist genauso begrenzt. Gelegentlich behauptet das Ukrainische Militär auch Lenkwaffen abgefangen zu haben. Bei Odessa ( Raffinerien) zB

  • "weil Putin dies als Vorwand nehmen könnte, Deutschland und andere Nato-Länder, deren Regierungen schwere Angriffswaffen wie Panzer liefern, als Kriegspartei anzusehen und anzugreifen. Das wäre der Weltkrieg." da ist er ein bischen spät dran: Polen, Frankreich, Griechenland, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Baltische Staaten und einige mehr. Der Zug ist abgefahren, besser aufspringen und auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.

    • @Machiavelli:

      Man sollte auf einen Zug nicht aufspringen, nur weil er voll ist. Man sollte sich trotzdem vorher vergewissern, dass er in die richtige Richtung fährt.



      Auch wenn man damit das Risiko erhöht, ihn zu verpassen.

      • @Herma Huhn:

        Die Richtung bei der wie die Demokratie gegen die Faschisten unterstützen? Ja das ist die Richtige.

      • @Herma Huhn:

        Nun ist in diesem Fall die richtige Richtung leicht zu erkennen.

        Auch Ströbele rechtfertigt ja nicht Putin.

    • @Machiavelli:

      Der untergegangenen?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Machiavelli:

      Das wäre die Seite der Gewinner?

  • Liggers. Uns einigt - mit großem Bruderherz*39 - nicht nur - im selben Krankenhaus in Halle/Saale geboren zu sein & unsere Ost-West-Vita: Die handcrafted juristisch geschulte - unbestechliche Stimme sine ira et studio - der Vernunft.



    Danke für jedes Wort - Chapeau.

    • @Lowandorder:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an:

      “ HC Ströbele

      Jedes Wort.







      Warum fand ich just heute diese alte Leserbrief-Seite? taz.de/!535442/



      „Es gibt junge Greise und alte Talente, Geburtsscheine sind keine Argumente.“







      (HC wäre ein guter Minister gewesen.)“

      kurz - anschließe mich •

  • Was ich nicht verstehe: niemand redet über die UN. Warum wird eine globale Institution nicht von ihren Mitgliedern so ertüchtigt, dass sie die Amis als Weltpolizisten ablösen können? Was ist daran so schwierig??

    • @Grenzgänger:

      Ja gute Frage. Wäre mir auch am Liebsten. Ich vermute, zwei Punkte.



      Der eine ist: Die notwendige Abgabe von Macht und Einfluß möchte niemand durchziehen. Der andere: Who watches the watchmen? Da müsste



      Der Schritt, die notwendige Transparenz, sowie eine Demokratisierung der UN müsste global/zivilgesellschaftlich und von den kleineren Staaten durchgedrückt werden. Übrigens braucht`s so eine "World community police" nicht nur bzgl. Krieg sondern auch beim Klima, nuklearer Abrüstung usw. Scheitert alles an zwischenstaatlicher Konkurrenz.

      Ansonsten, Ströbele sagt durchaus einige richtige Sachen, aber wieso was beim maoistischen, autoritären Vietcong mit seinen Folterlagern, Terrorstrategien und Massakern noch richtig gewesen sei, für die Ukraine, also einen demokratischen Staat mit deutlich geringeren "Fehlern" nicht gelten kann, erschließt sich mir wirklich nicht. Weil die sich nicht "links" markiert oder weil es da diese ominöse, unbekannte Grenze gibt ab der Putin vollkommen durchdreht, suizidal wird und Atombomben wirft? Entweder existiert diese nicht, wovon nach bisherigen Betrachtungen auszugehen ist: dann immer her mit den schweren Geschützen. Oder es gibt sie, dann wird sie aber auch wohl kaum da liegen wo Deutschland ein paar ausrangierte Panzer und Haubitzen auf einen Zug lädt. Anscheinend kommt der Diskurs der russischen Staatsmedien, nach denen man längst im Krieg mit dem Westen ist und weitere osteuropäische Staaten als nächstes dran seien hier bei uns auch nicht so wirklich an... oder ukrainische Leben werden von der kryptoputinistischen bis dogmapazifistischen Fraktion der Linken und Sozialdemokrat:innen scheinbar als minderwertig angesehen. Als ob mensch noch nicht gesehen hätte wie die russischen Besatzer dort vorgehen wo sie schalten und walten können... in Bucha, Mariupol, Volnavacha... oder die letzten 8 Jahre lang im Donbass.

    • @Grenzgänger:

      Das geht ganz einfach: wenn die UN gegen die russische Invasion eingesetzt werden soll sagt Russland "nein". Die UN kann jetzt einfach Putin (und die übrigen Autokraten übergehen, vor die Tür setzen und intervenieren - dann ist sie die NATO 2.0



      Oder die UN setzt weiterhin auf Konsens und Geschlossenheit - dann bleibt sie vollständig, legt aber die Hände in den Schoß

      • @Questor:

        Mit eins der Hauptkonstruktionsprobleme der UN. Es gibt keine globale Demokatrie, und selbst wenn die möglich wäre bislang keinen Modus um die Bevölkerung von autokratischen Staaten an den Autokraten vorbei über internationale Sachlagen abstimmen zu lassen.

    • @Grenzgänger:

      Weil Sie dort praktisch niemals die notwendige Mehrheit zum Einsatz militärischer Gewalt erhalten.

    • @Grenzgänger:

      Weil die UN dann in die Souveränität der Staaten eingreifen könnte und müsste, und daran haben die Mitglieder kein Interesse. Das Elend fängt doch schon im Sicherheitsrat mit den Vetomächten an, und setzt sich beispielsweise fort im UNHRC, wo derzeit so echte Wahrer der Menschenrechte wie China, Kuba und (bis zur aktuellen Suspendierung) Russland sitzen. Schaut man sich an, welche Länder der UNHRC verurteilt, dann findet man regelmäßig Israel mit weitem Abstand an der Spitze, Länder wie Syrien, Nordkorea, Iran oder Eritrea dagegen auf den hinteren Plätzen.

    • @Grenzgänger:

      Sorry - die kluge jurProfessorin - die dazu - Weltpolizei/Weltregierung - sich - viel belächelt - dezidiert artikuliert hat - fällt mir grad nicht ein. But.

      Als Einstieg auf die Schnelle zum Widerstreit Interessen der Staaten



      ( darum geht’s => © Egon Bahr!):



      www.deutschlandfun...litischen-100.html



      &



      de.wikipedia.org/wiki/Weltregierung

      • @Lowandorder:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - wirft ein:

        “ Was ist daran so schwierig??“ (Grenzgänger) Ich hätte das nicht lesen sollen. Nun suche ich eine Antwort... und bin hier gelandet: de.wikipedia.org/wiki/Aporetik



        —— service —



        Aporetik



        Auseinandersetzung mit schwierigen oder unlösbaren philosophischen Fragen und Problemstellungen

        unterm—— Sternstunden —-



        Der alte Gestalthase Bruno-Paul de Roeck führt dazu en passant zu seinen früheren …öh Beschäftigungen an:



        ”Wieviele Engel finden auf einer Nadelspitze Platz?“ - “…sehr spannend“ - 🧐 -

    • @Grenzgänger:

      Dazu müsste erst einmal das Veto-Recht im Unsicherheitsrat abgeschafft werden und daran hat keiner der Veto-Mächte ein Interesse.



      Nicht die USA, nicht Russland, nicht China, nicht Frankreich und auch nicht die „großen“ Briten.



      Eigentlich kann man diesen Verein, bei der derzeitigen Satzung, getrost auflösen.

    • @Grenzgänger:

      Das die 5 größten Mafiosi der Welt dort ein Veto haben. Selbst wenn dann müsste die UN solche Voll machten haben das die Länder der Welt faktisch nicht mehr souverän sind.

      • @Machiavelli:

        Ja, exakt das wäre bei dem was diese Länder in ihrem Ringen um Einfluss so anrichten nicht das Schlechteste. Schade dass es all diese diversen, behaupteten Weltverschwörungen nicht gibt... eigentlich müsste mensch sie erfinden. =_=

        • @Nora_X:

          Wäre schön, haben wir aber nicht. Würde auch in Deutschland zu sehr viel Gezeter führen würden die UN hier die Wehrpflicht einführen und die Bundeswehr in die Ukraine abkommandieren.

    • @Grenzgänger:

      Russland hat ein Vetorecht und nutzt dies schon seit Jahren destruktiv und obstruktionistisch.

      • @Suryo:

        Selbst ohne das Vetorecht Russlands, im globalen Süden gibt es leider mehr als genug Länder, die auf der Seite Russlands stehen, um eine solche Entscheidung auch ohne Vetomacht verhindern zu können.



        Da hilft es auch nicht, wenn wir im Westen sagen, die sind doch nur auf Propaganda reingefallen.

        • @Herma Huhn:

          Hinsichtlich dieser Länder würde ich eher Chinas Rolle als problematisch betrachten. Durch die Belt-and-Road-Initiative samt Schuldenfallendiplomatie kann China schon jetzt auf zahlreiche Staaten des globalen Südens, aber auch zB auf Ungarn oder Montenegro, starken Druck ausüben.

  • Ströbele lehnt weiter die Strategie der militärischen Abschreckung ab. Im Fall von El Salvador wurde aber durch die Bewaffnung der Guerilla mit Flugabwehrraketen ein militärisches Patt erreicht, das dann u.a. zur UN-Friedensmission ONUSAL geführt hat mit Auflösung der Guerilla und der Repressionsorgane des Staates. Dies ist ein Beispiel dafür, dass Waffen sehr wohl Frieden schaffen können. Wäre die Ukraine in der Vergangenheit in die NATO aufgenommen worden oder militärisch stärker aufgerüstet worden, wäre höchst wahrscheinlich dieser katastrophale Krieg verhindert worden.

  • Was nicht sein kann, das nicht sein darf. Trotz der russischen Vernichtungskriege in Grozny und Aleppo und vieler Hinweise, konnte oder wollte sich Ströbele, wie so viele, einen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht vorstellen. Die Naivität großer Teile der politischen Eliten des Westens, bezahlen nun die Ukrainer mit ihrem Leben. Ihnen dazu jetzt auch noch effektive Distanzwaffen zu verweigern, mit dem vorgreifenden Argument der Gefahr eines Atomkrieg , ist hanebüchen, da Putin unter diesem Gesichtspunkt in jedes Land einfallen könnte. Ströbele vermeidet es klar zu sagen, dass seine Strategie im Grunde die Kapitulation oder die Niederlage der Ukraine bedeuten würde. Denn nur mit sog. " Defensivwaffen" können selbst die Tapfersten sich nicht gegen Raketen wehren.

  • "Lieber keine schweren Waffen an die Ukraine liefern weil Putin das als Vorwand nehmen könnte die entsorechenden Lieferanten selbiger anzugreifen..." Genau mit solcher Schwäche macht man Despoten groß.

    • @Goodfella:

      Das hängt immer davon ab, wie Sie Ihren Gegner einschätzen. Es ist ein Pokerspiel und da vertraue ich lieber auf Polit-Profis, als auf Zeitungsleser wie Sie.



      Und: Sie haben nur einen Versuch, aber die Verantwortung für Milliarden ...

      • @Christian Lange:

        Vertrauen Sie dann doch bitte lieber auch auf die Polit-Profis, die den Angriff erwartet haben, statt auf diejenigen, die insb. den USA Kriegshysterie vorgeworfen haben, weil Russland so etwas ja nie tun würde.

  • Gute Fragen, die ich so bei der taz lange nicht erlebt habe. Und manchmal auch sehr gute Antworten. Ströbele steht da sicherlich nicht alleine da, wenn er sich fragt, warum in den letzten Jahren/Jahrzehnten nicht Alarm geschlagen wurde wegen der teils desaströsen Ausrüstung der Bundeswehr. Wahrscheinlich wäre eine weitere Frage dringend zu beantworten. Nämlich, wie man 40 oder 50 Milliarden Euro so spurlos versenken kann. Steckt vielleicht einfach nur eine korrupte Einkaufspolitik dahinter, die völlig überhöhte Preise anstandslos akzeptiert?

    Wenn alle Politiker so Vernunft geleitet und klug wie Ströbele denken und handeln würden, dann hätten wir eine Bundeswehr, die das Land verteidigen würde. Nicht am Hindukusch, nicht in der Ukraine, sondern hier. Im Verbund mit Partnern in der EU.



    Wenn ich noch an den dämlichen Spruch denke, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, dann muss man sich nicht wundern, wenn Putin Russland in der Ukraine verteidigen will. Beides gefährliche Irrtümer.

    Das mit dem Hindukusch hat sich erledigt. Jetzt heißt die Parole, dass UNSERE Freiheit in der Ukraine verteidigt wird und in Deutschland entwickelt sich ein heroischer Kampfgeist, solange andere sterben. Es werden wieder Fähnchen geschwenkt. Dieses Mal blaugelb. Bis zur Fußball WM. Dann wieder schwarzrotgold. Im Land unserer Freunde, die mit ihren Bomben unsere Freiheit im Jemen verteidigen.

    • @Rolf B.:

      Yep.



      Darüber rätsle ich auch schon lange: Deutschland hat den siebtgrößten Militäretat der Welt, rund 50 Milliarden oder so, Russland den, ich glaube fünftgrößten, mit zehn oder zwanzig Milliarden mehr (USA Platz eins mit 800, nur nebenbei). Kam heute in der Tagesschau. Und die Russen haben ihren Atomwaffenpark, bauen irgendwelche Hyperschallwaffen und neue Langstreckenraketen und unterhalten nebenbei eine gigantische Panzerflotte. Während es der BW an Unterhosen mangelt. Wie bitte kann das sein?

      • @Ruhig Blut:

        Mehrere Gründe:



        - zum einen sind die Gehälter in Deutschland viel größer.



        - Die Verwaltung in der Bundeswehr wie überall ist viel zu groß, teuer, ineffizient



        - Rüstungsbeschaffung ist extrem politisch da wird dann in das FCAS System Unmengen an Geld gebuttert anstatt was zu kaufen was es schon gibt, gleiche bei den schweren Hubschraubern da macht man seit 20 Jahren rum will nicht nur Hubschrauber in den USA kaufen sondern auch tonnenweise Technologie und Patente um die der deutschen Industrie zur Verfügung zu stellen.



        - Es wird fast immer in Deutschland gekauft selbst wenn es gesamtwirtschaftlich keinen Sinn macht und die angebotene Ware schlechter und teurer ist als Alternativprodukte



        - Teure Auslandseinsätze. Russland lässt sich seine Militäreinsätze in Syrien bezahlen, in Mali läuft der Militäreinsatz unter dem Vorwand es seien Söldner etc.



        - Russland hat nie seine Militärlager aufgelöst, daher hat es viele Ersatzteile und Fahrzeuge auf Lager. In Deutschland wurde viel verschrottet und verkauft.

        Letzter Punkt ist die russische Armee halt doch nicht so toll wie ich und die meisten Analysten gedacht haben.

      • @Ruhig Blut:

        Allein 12 000 Menschen arbeiten (?) in der Beschaffungsbehörde der Bundeswehr .



        Das kostet Geld !

      • @Ruhig Blut:

        Man muss eben auch wehrhaft sein wollen.

        Es ist eben in erster Linie eine Frage der Motivation, nicht der Ausrüstung.

        Hier wollte keiner.

        Auch Ströbele ist nun nicht dafür bekannt, dass er vehement für eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr eingetreten ist.

        Lieber Guerilleros in El Salvador.

      • @Ruhig Blut:

        Ineffizienz, mangelnde Logistik, unfähige Politiker, unfähige Wähler.



        Sport als Religion - nach mir die Sintflut.

        Das sind die Gründe, wahrscheinlich längst nicht alle.

      • @Ruhig Blut:

        Ganz einfach: vergleichen Sie mal das Preisniveau in beiden Ländern. Was meinen Sie, was ein russischer Soldat den Staat kostet?

        Im übrigen ist der russische Militärhaushalt viel größer als offiziell angegeben. Gemessen am BIP ist der russische Militäretat vermutlich einer der größten der Welt.

  • Zitat:



    "TAZ: Inzwischen geht es um die Lieferung von Panzern, Artilleriegeschützen und Kampfjets.

    Str.:Das sollte nicht geschehen. Da bin ich dagegen, schon weil Putin dies als Vorwand nehmen könnte, Deutschland und andere Nato-Länder, deren Regierungen schwere Angriffswaffen wie Panzer liefern, als Kriegspartei anzusehen und anzugreifen. Das wäre der Weltkrieg."

    Ströbele kann ja dagegen sein - nur: Das obige Argment ist an politischer Naivität schwer zu überbieten:



    Putin wird genau dann weiter eskalieren, wenn er fürchtet, dass diese Lieferungen seinen 'Sieg' gefährden: Und dann gibt es voraussichtlich einen Weltkrieg (Punkt). Dafür bedarf es für ihn keines Vorwands.



    Das ganze Gerede von "Kriegspartei" usw. führt auf dieser Stufe der Eskalation letztlich nur noch dazu, Putin- Gegnern ein schlechtes Gewissen zu machen ('Wenn wir nicht zur Kriegspartei werden, dann machen wir uns wenigstens nicht schuldig....).



    Die Zwickmühle ist offensichtlich: Genau dann, wenn ein militärischer ERFOLG der Ukraine (dank welcher weiteren Kriegsparteien auch immer) absehbar wird, wird Putin mit seinem "Weltkrieg" antworten. Diese Logik ist nur zu durchbrechen, wenn dieser Krieg auch für Russland absehbar ein Desaster wird (und es dann auch noch eine militärische Führung gibt, der DAS nicht mehr egal ist).



    Kurz: Entweder man interveniert konsequent, oder aber gar nicht. Ob man dabei auch noch "formell" zur Kriegspartei wird, spielt für den weiteren VERLAUF des Krieges schon längst keine Rolle mehr - oder?

    • @Levi Athan:

      Richtig. Die Entscheidung, ob es zum Weltkrieg kommt, ist allein die Putins. Und er wird sich dabei mit Sicherheit nicht mit den Finessen des Kriegsvölkerrechtes befassen. Man kann ihn so oder so nicht davon abbringen, wenn er denn unbedingt will. Einen Vorwand findet er sowieso.

  • Hätte man Russland wirklich entgegenkommen sollen?

    Eine Retrospektive trifft die momentane Krise nicht. Dem Rückblick mangelt die damalige Situation und Perspektive. Was sich seit damals bis jetzt entwickelt hat ist von zwanzig Jahren soweit entfernt wie zuvor hundert Jahre. Die Waffentechnik, wirtschaftliche Entwicklung hat wieder eine total andere Verwundbarkeit und Perspektive geschaffen. Das ist ja gerade an was die Sichtweise des Diktator im Kreml mangelt.

    Schon dem Beobachter fällt auf: es ist der Krieg des 21tem Jahrhundert gegen das 20te Jahrhundert, in der Technik in der Zielsetzung und in der Moral. Letzteres bewegt sich zuweilen noch nicht mal auf dem Niveau des 20ten Jahrhundert. Und Putin kann den Krieg nicht gewinnen. Im Umkehrschluss wird er ihn verlieren. Die Frage ist nur: was kostet das die Menschheit?

    Und NEIN! Man kann den damaligen Politikern im Umgang mit der Situation keine Vorwürfe machen.



    Wenn die Welt immer wieder davon ausgehen muss, das ein Präsident der über ein großes Land gebietet und auf einem riesigen nuklearen Arsenal sitzt, ein Aggressor im Stil des 19ten Jahrhundert ist, dann braucht in dieser Welt niemand mehr Kinder zeugen, denn baldigst wäre unser aller Schicksal dann besiegelt.



    Wenn wir nicht aufhören in national engstirnigen Kategorien zu denken und die Menschheit nicht als Ganzes begreifen, werden wir auf dem Planeten nicht überleben!



    Genau diese Perspektive, genährt durch die Vergangenheit aber auch den Blick in den Weltraum, bricht alle anderen Perspektiven! Denn es geht um unser aller Überleben in diesem Universum als Spezies.

    Genau das ist die Dummheit der Autokraten das nicht zu erkennen. Und genau deshalb sind die zum Untergang verurteilt.

    • @Thomas Rausch:

      Thomas Rausch



      Sie ziehen aus Ihrer richtigen Einschätzung, ,seltsamerweise , die falschen Schlüsse !



      Die Dummheit der Autokraten sind ja existent und weltweit auf dem Vormarsch !



      Da nützt es nichts das " wir " aufhören in engstirnigen



      Kategorien zu denken !



      Das ist ja dass derzeitige , wohl nicht lösbare und bedrohliche Problem !



      Sicher ist nur eines : Das man Feuer nicht mit Treibstoff bekämpft !

  • "Es hätte gesprochen werden müssen, eine Konferenz nach der anderen, aber gerade im letzten halben Jahr vor den angeblichen russischen Manövern kam doch vom Westen nichts mehr, keine Initiative. Keine Verhandlungsvorschläge."

    Wie hätte das bitte aussehen sollen? Putins im letzten Jahr vorgetragene Forderungen liefen komplett auf einen einseitigen Rückzug der Nato und eine Preisgabe des Baltikums hinaus. Russlands Abgebot im Gegenzug: Nichts! Sowohl im Budapester Memorandum von 1994 wie in der Nato-Russland-Grundakte von 1997 hatte Russland die territoriale Unversehrtheit der Vertragsstaaten garantiert. Spätestens 2014 war aber völlig klar, was schriftliche Verträge Russland wert sind: Ebenfalls Nichts! Russland möchte Sicherheitsgarantien, war aber umgekehrt nicht bereit, sich selbst an seine vertraglich zugesagten Garantien zu halten. Auf welcher Basis soll man da verhandeln?

    Ströbele hat völlig zu Recht auf Grosny hingewiesen und hat - seiner Darstellung zufolge - schon 2001 Putin nicht über den Weg getraut. Umso unverständlicher, dass er dennoch die Fama von der angeblich infolge der Nato-Osterweiterung gescheiterten gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur wieder aufwärmt. Denn genauso wie er haben das jene osteuropäischen Länder gesehen, die der Nato beigetreten sind, weil sie in dieser den einzigen wirksamen Schutz gegen die imperialen Gelüste Putins sahen. Völlig zu Recht, wie jetzt leidvoll die Ukraine erfahren muss, die der Nato bekanntlich nicht beitreten durfte.

    • @Schalamow:

      "Wie hätte das bitte aussehen sollen? Putins im letzten Jahr vorgetragene Forderungen liefen komplett auf einen einseitigen Rückzug der Nato und eine Preisgabe des Baltikums hinaus. Russlands Abgebot im Gegenzug: Nichts!"

      So ist das mit Verhandlungen: Man stellt die eigenen Ideen vor und hört sich die der anderen Seite an. DANN wird darüber verhandelt - und am Ende steht ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können.

      Aber vom Westen kam: Nichts!



      Auch der letzte Versuch Putins im Januar, seine Vorstellungen von Sicherheitsgarantien vorzutragen, um darüber zu VERHANDELN, wurde vom Westen kühl ignoriert. Erst NACH diesem letzten Versuch - und als man im Westen auch von nichts anderem sprach als von einem bevorstehenden Militärschlag gegen die Ukraine (also offenbar Bescheid wusste) - setzte Putin seine (extra offen sichtbar vorbereitete) Kriegsmaschine in Gang: Also jeder, der wollte, hätte verhandeln können. Aber NIEMAND wollte - und nun haben wir den Salat.

      Übrigens wird auch jetzt nur über Eskalation und schwere Waffen, nie aber über ernsthafte Verhandlungen und spezielle Konferenzen diskutiert. Dabei quatschen wir uns schlafwandlerisch in den Atomkrieg - versprochen. Das kann - wer Augen hat - nun wirklich jeder kommen sehen. Aber es wird ausgeblendet, bis es zu spät ist. Zum Haareraufen..

      • @tom-pex:

        Bei ihrem Kommentar wird mir speiübel. Nicht alles kann kompromissfähig und verhandlungsfähig sein. Putins Forderungen haben das Selbstbestimmungsrecht der Völker und ihre Souveränität in Frage gestellt.

        Das System Putin, die Russische Föderation, die Gemeinschaft Unabhängiger (sic!) Staaten, die Eurasische Wirtschaftsunion und auch die Russisch-Belarussische Union konnten sich in Osteuropa als Alternative zur EU oder NATO nicht durchsetzen. Nicht weil die Staaten in EU und NATO hineingezwungen wurden, sondern weil sie die russisch kontrollierten Organisationen ablehnen.

        Was Russland hier als Bedrohung darstellt, ist doch was ganz anderes: das eigene Systemversagen kaschieren, die Unattraktivität des eigenen Regimes leugnen und die eigene Reformunwilligkeit/-fähigkeit in Beton für Bunker gießen.

        Akzeptieren Sie es endlich: Was nicht gut ist, hat nicht immer das Potential doch noch gut zu werden und erwarten Sie nicht, dass andere ihrem Wunsch nach etwas Besseren einer abgehalfterten Ideologie unterordnen wollen.



        Die Ukraine hat jedes Recht ihren eigenen Weg zu gehen und muss nicht jede Kröte schlucken, weil Ihnen der Schneid fehlt, auch mal harte Zeiten durchzumachen.

      • @tom-pex:

        "Auch der letzte Versuch Putins im Januar, seine Vorstellungen von Sicherheitsgarantien vorzutragen, um darüber zu VERHANDELN, wurde vom Westen kühl ignoriert."

        Mit der Mär, es sei Putin lediglich um "Sicherheitsgarantien" gegangen, brauchen Sie jetzt wirklich nicht mehr zu kommen. Das ist pure Propaganda, nicht zuletzt gedacht für eine geneigte westeuropäische Öffentlichkeit, der man Verhandlungsbereitschaft suggerieren wollte.

        Putin's Vorschläge waren nicht an den "Westen", sondern ausdrücklich nur an die USA adressiert (Treaty between The United States of America and the Russian Federation on security guarantees; Vertragsentwurf v. 17.12.21 mid.ru/print/?id=1790818&lang=en); die osteuropäischen Staaten inklusive deren Sicherheitsbedürfnisse kamen da gar nicht vor. Und von den USA wollte er u.a. einen Rückzug ihrer Truppen von den Territorien ihrer osteuropäischen Nato-Verbündeten (Art. 5), den Abzug aller Atomwaffen (Art. 7) sowie den Verzicht auf militärische Unterstützung der Ukraine (Art. 4). Alles natürlich völlig einseitig, denn irgendwelche Verpflichtungen Russlands gabe es, wie erwähnt, nicht.

        Letztlich lief das ganze erkennbar darauf hinaus, Russland völlig freie Hand in Osteuropa zu lassen und ist so meilenweit von einem seriösen Verhandlungsangebot entfernt, dass man darüber nicht ernsthaft diskutieren, geschweige denn als Verhandlungsbasis verwenden konnte.

        Wenn Ihnen nachts im Park jemand mit Messer gegenübertritt, "verhandeln" Sie dann auch darüber, ob er die komplette Brieftasche und Uhr bekommt, oder 20€ vielleicht auch reichen?

  • "Es hätte schon zur Kenntnis genommen werden sollen, dass viele Russen sich nicht so ohne Weiteres mit dem Zerfall der Sowjetunion abgefunden haben."

    Das hat man zur Kenntnis genommen, aber was hätte man denn machen sollen? Der Phantomschmerz der Russen ist doch nur deren Problem.

    "...gerade im letzten halben Jahr vor den angeblichen russischen Manövern kam doch vom Westen nichts mehr, keine Initiative. Keine Verhandlungsvorschläge."

    Welche denn? Die Neutralität der Ukraine? Da hat kein anderes Land etwas zu sagen außer der Ukraine selbst. Wir wissen mittlerweile, dass Russland die Ukraine als Staat und als Nation vernichten will, dass alles Ukrainische ausgelöscht werden soll. Das war mit Sicherheit schon lange der Plan. Welche Vorschläge hätten Russland davon abbringen können? Und gaben sich westliche Staatschefs nicht noch Tage vor der - damals schon längst befohlenen - Invasion in Moskau nicht die Klinke in die Hand?

    Tatsache ist: der Westen hätte gar nichts tun können. Der Angriff auf die Ukraine ist purer Ideologie geschuldet. Man hätte Putin genauso wenig davon abbringen können wie Hitler vom Überfall auf Polen.

    • @Suryo:

      So ist es, der gute Ströbele träumt an diesem Punkt leider.