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Christian Drosten„Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich“

Hatte die Coronapandemie ihren Ursprung in der Natur oder im Labor? Virologe Christian Drosten ist überzeugt: China könnte für Klarheit sorgen.

Christian Drosten im Januar 2025 in einem Labor der Charité Foto: Jens Gyarmaty

taz: Es war gar nicht so einfach, Sie von einem Interview zu überzeugen, Herr Drosten.

Christian Drosten: Es gibt so diese Standardinterviews im Moment: Fünf Jahre Pandemie und was haben wir gelernt … Es ist mir wichtig, dass ein Zeitungsinterview darüber hinausgeht.

taz: Dann versuchen wir das mal. Es gibt ein interessantes Paradoxon im Umgang mit gefährlichen Viren. Und das fängt so an: 2011 gab es eine große Debatte um das gefährlichste Virus, das jemals in einem Labor erzeugt wurde …

Drosten: … Sie meinen die Forschung meiner Kollegen Ron Fouchier und Yoshi Kawaoka.

Editorial: 5 Jahre Corona

Superspreader. Impfdurchbruch. Impfneid. Herdenimmunität. Geisterspiele. Osterruhe. 1G. 2G. 3G plus. Maskenmuffel. Booster. Helden des Alltags. Covidioten. Na, was geht in Ihnen vor, wenn Sie diese Begriffe lesen? Beklemmung, Abwehr – oder etwa Nostalgie? Der Beginn der Covid-19-Pandemie jährt sich zum fünften Mal, und während die taz-Redaktion normalerweise sehr begeisterungsfähig ist für Sonderseiten zu Jahrestagen aller Art, liefen die ersten Planungsrunden hier eher schleppend an.

Corona? Danke nein, da halten die Leute am Kiosk ganz freiwillig mindestens anderthalb Meter Abstand. Zu nah, zu schmerzhaft, zu kacke war diese Zeit, die Lücken in Familien und Freundeskreise riss, weil jemand starb oder sich abwandte. Die nachweislich bei vielen Spuren in der Psyche hinterließ, insbesondere bei jungen Menschen. Die Krankheitsverläufe hervorbrachte, die den Alltag vieler Menschen auch heute noch massiv einschränken.

Wie also würdigen, dass fünf Jahre vergangen sind – so, dass man es auch lesen will? In Brainstormingrunden kamen wir auf die wildesten Ideen. Wie wär’s denn mit Corona-Sonderseiten, auf denen wir Corona nicht erwähnen? Alles irgendwie auf der Metaebene verhandeln, mit einer Reportage aus einem Ort, an dem es Corona nie gab (dem polynesischen Inselstaat Tuvalu zum Beispiel) oder ein Interview mit Christian Drosten führen, aber übers Fliegenfischen und die Trendfarbe der Saison (ein warmer Braunton).

Wir haben Christian Drosten dann tatsächlich angefragt – nachdem wir eingesehen hatten, dass die Pandemie ausreichend offene Fragen hinterlassen hat, um sich in einem Dossier ernsthaft mit ihr zu beschäftigen. Und so spricht unsere Gesundheitsredakteurin Ma­nue­la Heim mit Deutschlands bekanntestem Virologen über im Labor erzeugte Viren und warum zu seiner Verwunderung auch 2025 noch immer kein Beleg dafür vorliegt, dass die Pandemie einen natürlichen Ursprung hatte.

In einer langen, sehr persönlichen Reportage erzählt unsere Kollegin Shayna Bhalla von ihrer Long-Covid-Erkrankung, die Anfang 2022 begann, als die Menschen um sie herum langsam wieder in Clubs oder auf Reisen gingen. Mit Anfang 20 musste sie lernen, dass Belastung bedeuten kann, sich die Haare zu kämmen. Und dass sie diese Ungewissheit in ihrem Leben so schnell nicht loswird.

Eiken Bruhn beschäftigte sich während der Pandemie viel damit, was dieses Virus gesellschaftlich so anrichtet – und fragt sich heute, ob sie selbst damals zu vorschnell vermeintliche Lösungen herbeischrieb. Ihr Text ist ein Plädoyer, dem Gegenüber zuzuhören – und wirklich verstehen zu wollen, warum jemand denkt, wie er denkt.

Unsere Kolumne „Starke Gefühle“ übernehmen diese Woche sechs Schü­ler­prak­ti­kan­t:in­nen. Sie berichten von techniküberforderten Leh­re­r:in­nen, von ausgefallen Skifreizeiten, von Einsamkeit, aber auch von Zusammenhalt trotz Lockdowns. Gleich daneben steht die Antwort auf die Kinderfrage einer Zehnjährigen, ob Corona denn jetzt schlimmer als die Pest war.

Und schließlich erklärt Lukas Heinser, was alles Schönes von der Pandemie geblieben ist. Vom In-die-Armbeuge-Niesen über Desinfektionsspender-Mahnmale bis hin zu „Stand jetzt“ – der Formulierung, die jede mittel- bis langfristige Planung infrage stellt, die uns zeigt: Alles ist Gegenwart, alles kann sich sofort und vollständig verändern.

Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre, und: Bleiben Sie gesund! ­Leonie ­Gubela

taz: Genau. Die New York Times hat damals von einem „technisch herbeigeführtem Weltuntergang“ geschrieben. Es hieß zunächst, das im Labor erzeugte Vogelgrippevirus sei zu 60 Prozent tödlich und könne über die Luft übertragen werden.

Drosten: Die Forschungsfrage war damals: Wie schnell können H5N1-, also Vogelgrippeviren, gefährlich werden für den Menschen? Ron Fouchier und sein Team haben verschiedene Mutationen, die bereits in der Natur vorkamen, im Labor kombiniert und auf Frettchen angepasst. Frettchen sind repräsentativ für die menschlichen Atemwege. Nach ein paar Anpassungsschritten entstand ein Virus, das tatsächlich über die Luft zwischen Säugetieren übertragbar war. Ron Fouchier hat das damals in einem wissenschaftlichen Meeting als das vielleicht gefährlichste Virus, das je in einem Labor untersucht wurde, bezeichnet. Das führte dann zu einer zugespitzten Debatte in der Öffentlichkeit.

taz: Die Publikation der Studienergebnisse wurde zurückgehalten, es gab ein Moratorium für diese Art von Forschung.

Drosten: Diese Diskussion wurde sehr breit geführt, ja.

taz: Inzwischen zirkuliert das natürliche Vogelgrippevirus in den USA bei Milchkühen – ohne dass darüber so erhitzt in der Öffentlichkeit debattiert wird. Ist das nicht paradox?

Drosten: Man kann inzwischen auch virologisch belegen, dass sich das Vogelgrippevirus in den USA schon ein Stück an Säugetiere angepasst hat. Und das, was dabei herauskommen könnte, kann sicherlich so gefährlich sein wie das, was auch in den Experimenten von Ron Fouchier bearbeitet wurde.

taz: Es wird aber viel weniger überwacht als im Labor.

Drosten: Ja, das findet in sehr großen Milchviehbetrieben mit Tausenden Tieren statt, die das Virus weitergeben und vermehren können. Wir wissen inzwischen: Auch Menschen werden dadurch infiziert.

taz: Die potenzielle Bedrohung durch ein Laborvirus wird viel intensiver wahrgenommen als die reale Bedrohung durch ein in Massentierhaltungsbetrieben zirkulierendes Virus.

Drosten: Das ist auch in gewisser Weise verständlich. Es ist eine monströse Vorstellung, dass in einem Labor ein gefährliches Virus entwickelt wird, das dann vielleicht durch Schlamperei entweicht, und am Ende haben wir eine Pandemie.

taz: Genau so ein Laborunfall wird immer noch als Auslöser der Coronapandemie diskutiert. Welche Rolle spielt diese Debatte in Deutschland?

Drosten: Ich glaube durchaus, dass viele Menschen in Deutschland sich dafür interessieren. Im Vergleich wird die Diskussion allerdings in den USA viel schillernder geführt, viel kontroverser. Dort kommen auch Informationen aus Ministerien und Sicherheitsbehörden in die Öffentlichkeit, ohne dass Belege geliefert werden. Das stimuliert natürlich hitzige Diskussionen.

Christian Drosten

2002 wurde die internationale Wissenschaftswelt aufmerksam auf den Virologen Christian Drosten: als Mitentdecker des neuartigen Sars-CoV-1-Virus, das vor allem in Asien 2002/2003 die SARS-Pandemie auslöste. Da war der 1972 geborene Mediziner aus Lingen im Emsland gerade 30 Jahre alt. Intensiv beteiligt war Drosten ab 2012 auch an der Erforschung der Atemwegsinfektion Mers, die vor allem auf der arabischen Halbinsel auftrat. Seit 2017 ist er Leiter der Virologie an der Charité Berlin.

Als international renommierter Experte für Coronaviren spielte Drosten eine große Rolle in der Erforschung und Bekämpfung der Sars-CoV-2-Pandemie. Drostens Arbeitsgruppe entwickelte im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung den weltweit ersten Diagnostiktest. Er gehörte zum Kreis der Berater der Bundesregierung und erklärte im populären Corona-Podcast des NDR halbwegs allgemeinverständlich die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse.

taz: Liegt es auch an Ihnen, dass in Deutschland weniger hitzig diskutiert wird? Schließlich haben Sie von Anfang an vehement argumentiert, dass ein natürlicher Ursprung wahrscheinlicher ist als ein Laborunfall.

Drosten: Die Vehemenz wurde mir vielleicht nachgesagt, aber so war das nie. Ich habe einfach das wiedergegeben, was wir in meinem Wissenschaftsfach wissen. Und ich muss auch darauf hinweisen, dass sich die Datenlage seit 2020 weiterentwickelt hat und meine Bewertung ebenso.

taz: Beginnen wir von vorne. 2019 tritt das Virus, das wir später Sars-CoV-2 nennen, das erste Mal gehäuft im Umfeld des Markts im chinesischen Wuhan auf. Dort wurden auch Tiere gehandelt, die als typische Überträger auf den Menschen gelten. In Wuhan gibt es allerdings, und das ist sicher der Ursprung für alle Spekulationen, auch ein Labor, das an Sars-Viren forscht.

Drosten: Das Institut in Wuhan ist eines der größten Forschungsinstitute für Virologie in China. Nach der ersten Sars-Epidemie im Jahr 2002/2003 wurde dort, aber auch in Peking und anderen Orten, an Sars gearbeitet. In Wuhan gibt es eine Arbeitsgruppe, die relativ früh die Verbindung zwischen dem Sars-1-Virus und Fledermäusen gefunden hat, und diese Arbeitsgruppe hat seitdem weiter daran gearbeitet. Ich kannte die leitende Wissenschaftlerin aus dem Forschungsfeld.

taz: Als Sie die ersten Nachrichten über ein unbekanntes Virus aus Wuhan gehört haben, kam Ihnen das nicht komisch vor? Ausgerechnet Wuhan.

Drosten: Nein. Meine Assoziation war eher: Das trifft sich ja gut, dann ist direkt jemand vor Ort, der sich damit befassen kann. Ich hatte gleich am Anfang die leitende Wissenschaftlerin kontaktiert und hatte den Eindruck, sie weiß selbst noch nicht, was genau passiert, befasst sich aber erwartungsgemäß direkt damit. Dann hat aber schnell das Zentrum für Krankheitskontrolle aus Peking übernommen, wie sie sagte.

taz: Sie glaubten jedenfalls an einen natürlichen Ursprung.

Drosten: Das halte ich immer noch für wahrscheinlich und das nehmen auch fast alle Wissenschaftler an, die mit dem Thema befasst sind. Annehmen heißt aber nicht wissen.

taz: Was meinen Sie mit Wissenschaftlern, die damit befasst sind?

Drosten: Das sind Wissenschaftler, die in dem spezifischen Feld forschen und Detailkenntnis haben. Im Gegensatz dazu argumentieren manche Experten aus einer entfernten Perspektive, ohne Detailkenntnis. Die sind sicherlich gute Wissenschaftler in ihrem Feld, aber eben nicht in diesem.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

taz: Und was sagen die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen mit Detailkenntnis?

Drosten: Da passt eigentlich alles zusammen: Die frühen Infektionen hatten eine räumliche Verbindung zum Markt. Dort gab es die Zwischenwirte, Marderhunde, und das Virus wurde genau da auf dem Markt gefunden, wo auch diese Tiere verkauft wurden. Auf dem Markt hat man auch die frühen beiden Viruslinien gefunden, von denen die Pandemie ausging. Diese Linien sind geringgradig unterschiedlich und gehen nicht auf einen bekannten gemeinsamen Vorfahren im Menschen zurück. Der Mensch hat also mit einiger Wahrscheinlichkeit das Virus mehrmals erworben, und das passt eher zu Infektionen an einer Gruppe von Tieren als im Labor. Natürlich könnten sich die Markttiere auch an infizierten Menschen angesteckt haben, aber wahrscheinlicher ist eine Infektion des Menschen am Tier, wie auch bei Sars-1.

taz: Das klingt nach indirekten Indizien.

Drosten: Richtig, das sind alles nur Indizien. Ein Beweis fehlt für den natürlichen Ursprung genauso wie für den Laborursprung. Und das Frappierende ist, dass der Beweis für den natürlichen Ursprung eigentlich erbracht werden könnte. Chinesische Wissenschaftler haben dafür alle technischen Möglichkeiten. Es ist medienbekannt, wenn auch für mich nicht überprüfbar, dass zu der Zeit auf dem Markt und auch in Zuchtbetrieben bestimmte Tierarten, die als Wirte im Verdacht stehen, gekeult wurden. Und es ist für mich schwer denkbar, dass so etwas passiert, ohne dass Proben genommen und getestet werden. Bei dem Sars-1-Ausbruch 2002/2003 hat es ein paar Jahre gedauert, aber dann kamen immer mehr Studien aus China, die wasserdicht gemacht haben, dass dieses Virus aus solchen Tieren kommt.

taz: Das hätten Sie hier auch erwartet?

Drosten: Ja, und ich muss sagen, je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich. Verbietet die Staatsräson, dass daran gearbeitet wird? Mag sein. Die andere Erklärung wäre aber, dass da gar kein natürliches Virus war. Die Politik sollte nach all den Jahren deutlicher die Forderung an China stellen, jetzt wirklich zu beweisen, dass es aus der Natur kommt.

taz: Wenn Sie jetzt sagen, dass dieses Virus vielleicht doch aus dem Labor kam, wird das für Aufruhr sorgen.

Drosten: Das würde ich so direkt auch nicht postulieren. Es ist aber nicht dasselbe, wenn wir im Jahr 2020 den Beleg für einen natürlichen Ursprung noch nicht haben, wie wenn wir im Jahr 2025 diesen Beleg immer noch nicht haben.

Christian Drosten in seinem Büro Foto: Jens Gyarmaty

taz: Das Sars-CoV-2-Virus verfügt über eine besondere Eigenschaft, die es so übertragbar beim Menschen macht.

Drosten: Das ist eine Viruseigenschaft, die berechtigterweise erst einmal zu Stirnrunzeln führt: die sogenannte Furinspaltstelle. Das ist etwas kompliziert, aber wir müssen uns kurz die Zeit nehmen zu verstehen, was das ist.

taz: Nur zu.

Drosten: Sie kennen doch diese Transportsicherungen bei Schränken oder Waschmaschinen – erst wenn man die abmacht, klappt die Tür auf oder dreht sich die Trommel. Und die Furinspaltstelle ist quasi ein Werkzeug, das beim Virus mitgeliefert wird, um seine Transportsicherung zu entfernen. Das Virus wird dadurch aktiviert und kann sich in den Atemwegen von Säugetieren besser ausbreiten. Bei dem Sars-1-Virus und seinen Verwandten in Tieren hatte man diese Furinspaltstelle vor der Pandemie nicht beobachtet, und das ist das Hauptargument der Verfechter der Laborursprungstheorie: Wenn es die sonst nicht gibt, muss die da jemand künstlich reingebaut haben.

taz: Das sehen Sie anders?

Drosten: Wir kennen solche Furinspaltstellen aus anderen Coronaviren und wir wissen von Influenzaviren, dass sie durch Mutation in der Natur entstehen und das Virus damit plötzlich hochansteckend ist für Tiere und Menschen. Das Vorkommen dieser Furinspaltstelle bei Sars-CoV-2 ist zwar auffällig, aber das ist erst mal ein Phänomen, das nichts beweist.

taz: Inzwischen ist aber bekannt, dass in Wuhan Forschung in diese Richtung geplant war.

Drosten: In meiner Anfangseinschätzung zum Virusursprung wusste ich davon noch nichts. 2021 wurde mithilfe des amerikanischen Informationsfreiheitsgesetzes veröffentlicht, dass amerikanische Wissenschaftler bereits 2018 einen Antrag auf Forschungsfinanzierung gestellt hatten für Arbeiten, die in meiner Bewertung durchaus nicht harmlos sind. Das Labor in Wuhan ist in diesem Förderantrag als Partner genannt.

taz: Um was genau handelte es sich dabei?

Drosten: Man wollte Sars-Viren aus Fledermäusen ins Labor bringen und isolieren. Für den Fall, dass man es nicht schafft, diese Viren in Zellkulturen zur Vermehrung zu bringen, wollte man ihnen künstlich ausgerechnet eine Furinspaltstelle einsetzen. Das ist aus diesem Blickwinkel durchaus besorgniserregend.

taz: Ist das vergleichbar mit dem, was Ron Fouchier damals gemacht hat?

Drosten: Es ist anders. Ron Fouchier hat verschiedene in der Natur vorkommende Veränderungen von H5N1-Viren im Labor zusammengetan, um zu schauen, ob das Virus dadurch gefährlicher wird. Solche Kombinationen entstehen auch in der Natur. Wenn ich dagegen Sars-Viren eine künstliche Furinspaltstelle einsetzen würde, dann würde ich etwas machen, das möglicherweise in der Natur noch gar nicht da ist und von dem ich schon vermuten könnte, dass es das Virus übertragbarer macht.

taz: Und welcher Nutzen läge darin?

Drosten: Zunächst ein technischer Nutzen, denn diese Viren lassen sich normalerweise gar nicht in Zellkultur vermehren. Das ist aber die Voraussetzung, um die Viren gründlich zu untersuchen. Erst dann könnte man auch beispielsweise einen Impfstoff gegen sie entwickeln. In dem Forschungsantrag wurde argumentiert, dass man Viren aus Fledermäusen vielleicht durch eine Furinspaltstelle dazu bringen könnte, sich im Labor besser untersuchen zu lassen.

taz: Aber der Antrag wurde abgelehnt?

Drosten: Richtig, wohl auch aus Sicherheitsüberlegungen. In der Öffentlichkeit stellt man aber zurecht die Frage, ob chinesische Wissenschaftler vielleicht dennoch daran gearbeitet haben. Hatten sie bereits die Technologie dafür? Würden sie diese Art der Forschung auch in Eigenregie durchführen? Ich habe das lange bezweifelt. Aber in jüngster Zeit habe ich manchmal ein ungutes Gefühl.

taz: Warum?

Drosten: Ich werde regelmäßig von wissenschaftlichen Journalen angefragt, Beiträge von anderen Wissenschaftlern zu begutachten. Was mir in letzter Zeit manchmal untergekommen ist, waren eingereichte Arbeiten aus China, die durchaus in diese Richtung gehen. Nicht speziell am Sars-Virus, dagegen sind wir jetzt ohnehin alle immun. Aber es gibt in Tieren noch andere zoonotische Viren, auch Coronaviren, die gefährlich sein könnten. Die würde man eigentlich im Labor nur mit gesteigerten Sicherheitsauflagen handhaben. Das wird aus diesen Studien aber manchmal nicht ganz klar. In letzter Zeit habe ich Arbeiten vorgelegt bekommen, die würde ich so hier nicht machen, und ich weise dann bei der Begutachtung auch darauf hin, dass das gefährlich sein könnte.

taz: Solche Forschung wird in China gemacht und die Ergebnisse werden auch hier bekannt?

Drosten: Wissenschaftler machen ja ihre Forschung nicht, um sie geheimzuhalten. Die Veröffentlichung ist das Ziel und der Lohn der Arbeit. Und diesen Antrieb gibt es natürlich nicht nur in der westlichen Hemisphäre. Gerade in China sieht man den schnellen technologischen Fortschritt wie eben auch in anderen Spitzengebieten der Technik. Rein aus dieser Perspektive betrachtet ziehe ich vor solchen Arbeiten meinen Hut. Aber es wird manchmal nicht klar, wie konsequent hier die Regulation und Kontrolle greift und ob die überhaupt so ausgeprägt ist wie bei uns.

taz: In der Debatte um Ron Fouchiers Forschung hatten Sie sich noch gegen zu starke Regulierung ausgesprochen. Offenbar hat sich Ihre Bewertung auch hier verändert?

Drosten: Sie beziehen sich auf eine Expertenstellungnahme, die 15 Jahre alt ist und die ich mitunterzeichnet habe. In der Wissenschaft ändert sich aber immer wieder die Faktenbasis und daran muss man auch seine Einschätzungen weiterentwickeln. Je mehr die Technik fortschreitet und je breiter sie angewendet wird, desto mehr Möglichkeiten gibt es auch für gefährliche Folgen.

taz: Wie können wir diese Risiken eindämmen?

Drosten: Die Frage stellt sich ganz unabhängig von der Laborursprungstheorie. Das Rätsel, wie es zur Coronapandemie kam, klären wir vielleicht nie auf. Aber nach vorne gedacht ist doch die Frage, ob es eine bindende Übereinkunft zu gefährlicher Forschung an Viren auf UN- oder WHO-Ebene geben kann und welche Durchgriffsrechte es da gäbe.

taz: Der WHO-Pandemievertrag ist gescheitert. Nur ein paar Jahre nach der Pandemie rücken die Länder schon wieder auseinander. Ganz aktuell wollen die USA aus der WHO austreten.

Drosten: Eine Chance, die wir vielleicht haben, ist so eine Art Soft Power in der Wissenschaft. Wir könnten sagen, dass wir zur Veröffentlichung eingereichte Arbeiten nur begutachten, wenn klargestellt ist, unter welchen Bedingungen sie genau gemacht wurden, wo die Virussequenzen dokumentiert sind und ob gefährliches Material nach Ende der Arbeiten wirklich zerstört wurde. Auch die renommierten wissenschaftlichen Journale könnten einen gemeinsamen Kriterienkatalog aufstellen.

taz: Ist das realistisch?

Drosten: In der westlichen Forschungswelt passiert das längst. Schon die bloße Spekulation um einen Laborursprung führt dazu, dass experimentelle Planungen noch kritischer und selbstkritischer angeschaut werden. Man macht einfach keine Arbeiten, die wirklich gefährlich sind. Und zusätzlich zu dieser Selbstkontrolle gibt es natürlich eine durchgehende behördliche Regulation und Überwachung der Arbeiten.

taz: Ende vergangenen Jahres gab es eine Konferenz zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Coronapandemie in Japan.

Drosten: Ja, da war ich auch.

taz: Eine Wissenschaftlerin sagte dort, dass wir uns in einer Welt bewegen, in der niemand mehr etwas von Covid hören will.

Drosten: Das war die Epidemiologin Maria van Kerkhove von der WHO. Auf einer ihrer Vortragsfolien hatte sie die Überschrift „Erinnert ihr euch?“ durchgestrichen und drübergeschrieben „Habt ihr vergessen?“. Das hat mich sehr beeindruckt. Sie illustrierte damit, was in der öffentlichen Wahrnehmung längst passiert ist: Wir koppeln uns ab von einer realistischen Rekonstruktion der Ereignisse. Manche Wissenschaftler haben die essenziellen Kennzahlen vergessen, und die meisten Privatpersonen haben die wahrgenommene und reale Bedrohung verdrängt.

taz: Das sind wahrscheinlich natürliche Abwehrreflexe.

Drosten: Ja, das mag gesund sein.

Wenn wir den Anspruch haben, demokratische Entscheidungen anhand von Tatsachen zu treffen, dann müssen wir uns in der Breite der Gesellschaft darum bemühen. Mitdenken ist anstrengend.

taz: Warum sollten wir diesem „Bleib mir weg mit Corona“ trotzdem nicht nachgeben?

Drosten: Wir werden ja auch Generationen nach uns haben, die irgendwie mal in die Dokumente schauen wollen. Denken Sie mal an die Spanische Grippe, die letzte Pandemie dieses Schweregrades: Hätten wir die Aufbereitung präsent gehabt, dann hätten wir vieles schon wissen können, was passieren wird.

taz: Zukünftige Generationen … das ist doch den Leuten zu abstrakt.

Drosten: Populäre Politik kann sich kurzfristig über Tatsachen hinwegsetzen, aber langfristig wird sich das rächen. Jetzt, wo die Gefahr überwunden ist, lässt es sich wohlfeil argumentieren. Aber wissenschaftliche Tatsachen sind weder verhandelbar noch bequem oder populär. Im politischen Raum sehen wir jetzt allerhand unsaubere Argumentation, von Verwechslungen und Auslassungen bis hin zu absichtlich gestreuten Fehlinformationen. Man muss aufpassen und populistische Strategien erkennen. Wenn wir den Anspruch haben, unsere demokratischen Entscheidungen anhand von Tatsachen zu treffen, dann müssen wir uns in der Breite der Gesellschaft darum bemühen.

taz: Klingt anstrengend. Auch dieses Interview ist kein leichter Stoff.

Drosten: Mitdenken ist anstrengend. So ist das nun mal.

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52 Kommentare

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  • "Klingt anstrengend. Auch dieses Interview ist kein leichter Stoff."

    nanü, - bald aus der puste?

    jedwede partizipation aber auch die individuelle selbstregierung erfordert doch das tausendfache u. mehr an anstrengungen.

  • Geänderte Faktenbasis

    Zitat „In der Wissenschaft ändert sich aber immer wieder die Faktenbasis und daran muss man auch seine Einschätzungen weiterentwickeln.“

    Ja, eben. Und die Faktenbasis hinsichtlich des Sinns oder Unsinns von brachial und sanktionsbewehrt durchgesetzter NPIs, natürlich erworbener Immunität durch kontrollierte Infektion nicht-vulnerabler Bevölkerungskohorten sowie der Risiko-Nutzen-Relation der mRNA-Technologie hat sich inzwischen deutlich gewandelt und zwingt zu einer nüchternen Manöverkritik. Der Streit geht jetzt doch nur noch um die Frage, was war ex nunc gesichertes Wissen und was hat sich erst a posteriori herausgestellt.

    • @Reinhardt Gutsche:

      "nicht-vulnerable Bevölkerungskohorten" gab es nicht. Nur solche mit weniger Risiko.



      Bei "Risiko-Nutzen-Relation der mRNA-Technologie" scheint Risiko ja plötzlich doch eine Bedeutung zu haben. Dann beziffern Sie das bitte mal!



      Ich habe die Vermutung, der Streit geht eher um die Frage, was so manche Menschen als gesicherte Fakten bezeichnen.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Was sind NPIs?

      • @Francesco:

        nicht-pharmazeutischen Interventionen

      • @Francesco:

        NPI = nicht-pharmazeutische Interventionen. Ich denk, der Originalkommentar ist aus der libertären Ecke. Aber vielleicht kann er es ja nochmal beschreiben, was er meint, ohne Latein und so.

        * Sanktionsbewehrt durchgesetzter NPIs: Reinhardt mag keine Maskenpflicht

        * natürlich erworbener Immunität durch kontrollierte Infektion nicht-vulnerabler Bevölkerungskohorten: Da gab's mal sone Diskussion, Krankenpfleger doch einfach mit Corona zu infizieren, die überleben das ja höchstwahrscheinlich, dann können sie wieder normal ihrer Arbeit nachgehen.

        * sowie der Risiko-Nutzen-Relation der mRNA-Technologie: unklar, was er damit meint, weil er ja vermeidet, Stellung zu beziehen. Ich denke, es ist Impfgegnergeraune, dass mRNA-Impfungen gefährlich sind usw.

        * nüchterne Manöverkritik: Soll wohl auch die damals getroffenen Maßnahmen nachträglich in die irrationale Ecke stellen.

        Auf der Schwurblerskala würde ich das mit ungefähr 4-5 Wd einschätzen (1 Wd = 1 Wodarg).

  • Mich stören die verzweifelten Versuche, einen Beweis für die Laborthese zu erzwingen - auch hier in den Kommentaren wieder. Ich denke es handelt sich dabei um den Wunsch, einen Sündenbock zu finden. Es soll eine Person geben, die man an den nächsten Baum knüpfen kann.



    Wie sollen wir denn dann mit all den anderen verfahren, die sich in der Pandemie schuldig gemacht haben? Die, die sich bereichert haben? Die, die mit der Maske unter der Nase herumliefen? Die, die andere auf offener Straße angeschrien haben?

    • @Jörg Schubert:

      Verzweifelte Versuche

      Zitat @Jörg Schubert „Mich stören die verzweifelten Versuche, einen Beweis für die Laborthese zu erzwingen - auch hier in den Kommentaren wieder. Ich denke es handelt sich dabei um den Wunsch, einen Sündenbock zu finden.“

      Mich stören die verzweifelten Versuche, einen Beweis für die Zoonose-These zu erzwingen. Dabei geht es nicht um Sündenböcke, sondern um Wissenschaftspolitik und die Hölle der militärischen Implikationen der synthetischen Biologie und die Rolle des Pentagon (und womöglich deutscher Finanzierungsquellen).

      Die internationalen Kontroversen um die adäquate epidemiepolitische Antwort auf Sars-Cov-2 (Great Barrington Erklärung vrs. John Snow Memorandum, hierzulande Drostianer vrs. Streeckisten usw.) stehen auf einem anderen Blatt und haben im Grunde nichts mit den konkurrierenden Ursprungshypothesen zu tun. Das sollte man gründlich auseinander halten. Das eine ist eher eine politische, das andere eher eine wissenschaftliche Debatte.

      • @Reinhardt Gutsche:

        Bitte nicht ablenken!



        Die Geschichten zur "Rolle des Pentagon" waren chinesische Propaganda.



        Der Absatz über "adäquate epidemiepolitische Antwort" hat keinen Bezug zu meiner Aussage.

  • Also "wissen" wir es eben immer noch nicht.



    Und das liegt an fehlender Information/Kooperation.

    Dennoch muss ich sagen, dass ich es unverantwortlich und unnötig finde, dass Viren mit so hohem Risiko erzeugt werden, um ggf. eine Impfstoff dagegen vorzuhalten. Wozu?

    Wir haben die Mutationen des Covid-Virus gesehen und gelernt, wie lange es dauert, bis dann ein/angepasster Imfpstoff zur Verfügung steht. Im Zweifelsfall ist das Virus schon um den Globus und hat seine Arbeit getan....

    Ich dachte, es gibt genügend natürlich enstehende Viren, die sehr gefährlich werden können! Bitte darauf konzentrieren, lieben Dank :-)

    • @AMuc:

      Nach dem, was Drosten hier im Interview wiedergibt, wird es zumindest in seinem Umkreis keinen Wissenschaftler geben, der unverantwortlich und ohne höheren Zweck gefährliche Viren im Labor erzeugt.



      Aber machmal hat es eben doch Sinn, im Labor mit gefährlichen Viren zu experimentieren. Ob und wann der Nutzen das Risiko rechtfertigt, soll ja die Wissenschaftscommunity gemeinsam entscheiden.



      Experimente werden normalerweise vor Start bereits begutachtet, auch von Wissenschaftlern, die keinen persönlichen Vorteil aus der Zustimmung oder Ablehnung der Forschung ziehen.



      Die Frage nach dem "Wozu?" sollte also durchaus beantwortet werden, bevor die Arbeit beginnt.

  • "Wissenschaftler machen ja ihre Forschung nicht, um sie geheimzuhalten. Die Veröffentlichung ist das Ziel und der Lohn der Arbeit."



    Schön wär's!



    www.wissenschaft.d...tomspion-enttarnt/

    • @Martin Rees:

      Das war keine Wissenschaft, sondern Forschung & Entwicklung. Genau wie es die Pharma- und jede andere Industrie tut. Die Methoden sind die gleichen, aber die Ziele sind andere.



      Diesen Unterschied kennen viele Wissenschaftsfeinde nicht.

      • @Jörg Schubert:

        Bei dhm.de



        "Nach Beginn des Ersten Weltkrieges erfasste die allgemeine Kriegseuphorie auch die Universitäten: 93 Wissenschaftler, unter ihnen Max Planck, Adolf von Harnack und Fritz Haber, unterzeichneten den Aufruf „An die Kulturwelt“ vom 4. Oktober 1914. Sie gehörten damit zur Mehrheit der kriegsbefürwortenden Wissenschaftler, der nur eine kleine Minderheit von Pazifisten wie Albert Einstein oder der Mediziner Georg Nicolai (1874-1964) gegenüber stand. Viele Wissenschaftler stellten sich aus patriotischer Überzeugung dem Militär zur Verfügung. Eine wichtige Rolle während des Krieges nahm hierbei die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft ein, insbesondere das Physikalisch-Chemische Institut. Die Universitäten selbst konnten nur mit Mühe ihren Forschungsbetrieb aufrechterhalten, da viele Studenten und Dozenten in den Krieg gezogen waren und das Militär wissenschaftliches Personal abschöpfte."



        Ihre Trennschärfe ist vielleicht nicht ganz klar in allen Punkten und Kritik ist nicht Wissenschaftsfeindlichkeit, ebenso wie Skepsis ist sie deren Wertschätzung.

      • @Jörg Schubert:

        "Am 28. Dezember 1942 genehmigte US-Präsident Franklin Roosevelt das Manhattan-Projekt zur Entwicklung und zum Bau der ersten Atombomben. Als Standort für die Labors wurde ein abgelegener Ort im US-Bundesstaat New Mexico gewählt. Robert Oppenheimer wurde zum wissenschaftlichen Direktor ernannt, und Generalleutnant Leslie R. Groves, der den Bau des Pentagons beaufsichtigte, wurde ihr militärischer Leiter. Kanada und Großbritannien unterstützten das Projekt in erheblichem Maße, und es wird geschätzt, dass über 600 000 Menschen daran arbeiteten."



        kas.de als Quelle



        Diese Sicht ist nicht apodiktisch:



        "Neue wissenschaftliche Entdeckungen wecken Neugier. Sie erklären, was bisher unerklärlich war, und können sogar die Welt verbessern. Doch was passiert, wenn Forschende ihren Beitrag bereuen?



        Diese Frage steht im Zentrum des Films Oppenheimer, der im Juli 2023 in den deutschen Kinos gestartet ist. Er erzählt die Geschichte des U.S.-amerikanischen Physikers J. Robert Oppenheimer, der die Welt ins Atomzeitalter führte."



        nationalgeographic.de



        Vielleicht haben in Wuhan auch Forschende in der Entwicklung von "XY" gearbeitet, ich wäre mit klaren und ethischen Grenzziehungen etwas restriktiver.

        • @Martin Rees:

          "Doch was passiert, wenn Forschende ihren Beitrag bereuen?"



          Die Frage lässt sich leicht beantworten: nichts. Es ist dann längst zu spät. Oppenheimer konnte lediglich den Rest seines Lebens vor Missbrauch seiner Erkenntnisse warnen. Nicht sehr erfolgreich, wie wir heute wissen.



          Das bringt es für mich auf einen Punkt: Erkenntnisse der Wissenschaft werden gerne mit deren Ge- oder Missbrauch verwechselt. Es war nicht Oppenheimers Entscheidung, die Bomben auf Japan zu werfen. Ihm die alleinige ethische Verantwortung dafür zuzuschreiben, halte ich für zu bequem.



          Genau so bequem denken die, für die immer pauschal "die Wissenschaft" schuld ist, wenn etwas schief geht.

          • @Jörg Schubert:

            Ein Perspektivenwechsel:



            "Ist es analytisch begründet und politisch sinnvoll, die neuen Möglichkeiten der Humangenetik und Reproduktionsmedizin sowie ihre gesellschaftliche Nutzung als „eugenisch“ zu charakterisieren?



            Nicht selten soll der Kritik an pränataler Diagnostik (PND) oder Präimplantationsdiagnostik (PID) durch die Behauptung, die heutige Reproduktionsmedizin weise eugenische Züge auf, höhere moralische und politische Durchschlagskraft verliehen werden. Dass Befürworter*innen und Protagonist*innen dieser Technologien solche Assoziationen zurückweisen, ist nicht überraschend; doch auch unter denjenigen, die den Verheißungen der Reproduktionsmedizin skeptisch gegenüberstehen, sind Verweise auf die Eugenik höchst umstritten. In der Tat ist es politisch..."



            Da habe Sie mit "Wissenschaft" einen Punkt gesetzt. Tatsächlich ist es das Problem, zwischen Wissenschaft und Anwendung eine ethische Brücke zu schlagen, das ist ein Teilbereich einer Profession, die Schlimmeres verhindern will.



            Quelle



            www.gen-ethisches-...fortschrittsvision



            So weit auseinander liegen wir nicht.



            Ethik tut not!

          • @Jörg Schubert:

            Aber Oppenheimer hat die Entwicklung der Bombe geleitet. Sein Beitrag beschränkte sich nucht auf Grundlagenforschung.

  • Noch kein Querdenker-Kommentar, der auf Herrn Drosten einprügelt? Kommt bestimmt noch.

    Herr Drosten vergisst zu erwähnen, dass es viele WissenschaftlerInnen und noch mehr WissenschaftsjournalistInnen gibt, die schnell, laut und voreilig an die Öffentlichkeit gehen und auch mangelhafte Daten, falsche Fakten, Fehlschlüsse und blanken Unsinn verbreiten. Neben der 'guten' Wissenschaft, die meist im stillen und in langwieriger Kleinarbeit versucht Fakten besser zu erkennen und zu verstehen, ist solche 'quere' Populärwissenschaft aber fast der Normalfall. Beispielhaft sei nur auf die große Zahl von Naturdokus hingewiesen, in denen offen oder im Subtext immer wieder vom 'natürlichen Kampf ums Überleben' die Rede ist. Das ist aber ein Kampf, den es so als Naturprinzip gar nicht gibt und eine brutale Uminterpretation von Prinzipien der Evolution. Die sorgen nur für eine andauernde und ziellose Transformation von Biomasse.

    • @Stoersender:

      Es gab nicht nur diesen "populärwissenschaftlichen Ungenauigkeiten", die sie hier aufzeigen. Es gab auch eine Menge gezielt konstruierter Desinformation. Die gab es auch mit wissenschaftlich aussehendem Hintergrund. Schauen Sie sich mal an, was im Umfeld eines gewissen Herrn Wodarg verbreitet wurde!

  • Auf der einen Seite ein harmloses (?) Virus in amerikanischen Kühen als "Massentierhaltungsvirus" framen, aber dann nicht erkennen, dass Corona in kleinbäuerlicher und althergebrachter Kleintierhaltung (Stadtmenschen lieben das ja) entstanden ist...

    Passend dazu wird hier in einem Artikel der MKS-Ausbruch in Brandenburg in Bezug zur Agroindustrie gesetzt - dabei sind das freilaufende Landschaftspflege-Büffel.

    Also vielleicht doch pro mehr Hygiene, pro mehr Kontrolle, pro "Massentierhaltung"?

    • @Otto Mohl:

      Kleinbäuerliche und althergebrachte Kleintierhaltung???



      Zu oft "Die gute Erde" von P. S. Buck gelesen???



      Haben Sie mal die Pelztierfarmen gesehen, in denen Marderhunde (Nr, 1 Anwärter als mutmaßlicher Zwischenwirt) in China gezüchtet werden? Da sind zig-tausend Tiere auf engstem Raum zusammengepfercht...

    • @Otto Mohl:

      Da haben Sie wohl oder mohl einiges gründlich missverstanden.

      Die Hypothese, dass der Coronavirus natürlichen Ursprungs ist, bezieht sich auf den Handel mit und Fleischkonsum von Wildtieren. Fledermäuse, Marderhunde, Pangoline und anderes Getier werden in u.a. China gejagt, dann verkauft, dann zubereitet und dann gegessen. Wenn eine Übertragung von solchen Wildtieren vermutet wird, dann muss immer noch erforscht werden, wie die Ansteckung erfolgt.

      Der Begriff 'Massentierhaltung' fällt im Artikeln nur im Zusammenahng mit einem konkreten Infektionsgeschehen in den USA. Da wird kein Virus geframt und naunciert darauf hingewiesen, dass mutierte Vogelgrippeviren nicht nur Rinder sondern auch Menschen infizieren können.

    • @Otto Mohl:

      Je mehr Tiere pro Quadratmeter, desto schneller vermehren sich Krankheiten. Das gilt übrigens auch für Menschen.

  • Hat sich wacker geschlagen im Land der Dichter (Alu) und (Mit?) Denker , der gute Mann .....

  • Danke!

    Es hat sich gelohnt das lange Interview einmal durchzuarbeiten.

  • Jetzt ohnehin alle immun?

    Zitat: „Nicht speziell am Sars-Virus, dagegen sind wir jetzt ohnehin alle immun.“

    So what? Wir sind jetzt ohnehin alle immun? Also auch die 20% Ungeimpften hierzulande? An der Impfung kann es dann also nicht liegen, denn die auf diese Weise erworbene Immunität hält eh nur höchstens sechs Monate. Also kann es sich nur um die auf natürliche Weise durch Infektion erworbene Immunität handeln. Das führt zur Frage, warum dann das ganze Tamtam um die Impfung als solidar-patriotische oder gar christliche Pflicht?

    Prof. Drosten ist zwar Virologe und kein Immunologe, aber dennoch weiß auch er, daß eine Epidemie immer einen glockenförmigen Verlauf nimmt und endemisch wird, wenn sich genügend Menschen angesteckt haben und damit „immunisieren“, und zwar nachhaltiger als nur kurzzeitig durch Impfung.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Es ist hier die Rede von einen Grundimmunität gegen diese Art von Virus. Jede neue Mutation kann trotzdem zu neuen Infektionen führen. Die sind aber nicht mehr gefährlich, weil unser Körper "so etwas ähnliches" schon kennt. Die ungefährlichste Methode, unserm Immunsystem "so etwas ähnliches" beizubringen, ist nun mal eine Impfung.



      Fünf Jahre Zeit gehabt und immer noch nichts gelernt. Das kommt davon, wenn man nur Sachen glaubt, die einem in den Kram passen.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Ist man immun, wenn man die Erkrankugn immer wieder bekommen kann?



      Ist das Virus stabil, wenn es immer neue Varianten ausbildet?



      Ist es jetzt für Geimpfte weniger bedrohlich als für Ungeimpfte?



      Wenmn nur noch 20% ungeimpft sind, kann es das Land nicht mehr ins völlige Chaos stürzen, weil genug den "Laden am Laufen halten"....?!

      • @AMuc:

        Es geht bei "wir sind alle immun" eigentlich nicht darum, dass niemand mehr infiziert wird und niemand mehr Symptome bekommt. Unter der Zielvorgabe der Seuchenabwehr geht es darum, daß möglichst wenige Menschen an einer möglichen Infektion sterben oder sehr schwer erkranken.



        indiesem Sinne ist diese Gesellschaft gegen corona Viren der bekannten Arten vorläufig immun. Und das nicht nur 6 Monate, weil sich diese Grundimmunität in der Gesellschaft durch wandernde Infektionen ohne große Folgen immer wieder erneuert. Ähnlich wie bei Grippe.

      • @AMuc:

        Genau. Am Anfang zählten die Entscheider auf Herdenimmunität. Großer Fehler, aber das Vorsichtsprinzip wird gern außer acht gelassen, wenn die Hauptleidtragenden Rentner sind.



        Die Impfung... Ich wollte mich impfen lassen, das war 22 oder 23, aber weil ich erst 59 war, hatte ich ein Jahr lang nur FFP2-Masken. Zu jung für die Impfung. Ich trage die Maske bis heute im Treppenhaus, in der Fußgängerzone und in geschlossenen Räumen. Bis heute hatte ich kein Covid. Mit 60 hatte ich dann auch wieder Anspruch auf eine Impfung pro Jahr, die 6 Monate hält. Hab ich genommen. Meine Nachbarn, durchgeimpfte Senioren, hatten beide zweimal schlimm Covid, riefen jedesmal den Notarzt, der machte nichts. Sie hatten keine merklichen Nachwirkungen von der Infektion, und ohne Impfung wäre es vielleicht NOCH schlimmer geworden. Aber so supertoll wirkt die Impfung anscheinend nicht. Um so schöner, dass ich auf der Straße tatsächlich angebrüllt und angepöbelt werde wegen der Maske.

        • @Patricia Winter:

          Es tut mir sehr leid, dass Menschen, die auf ihre eigene Freiheit pochen (Ungeimpfte), Ihre Freiheit nicht respektieren wollen! Das sind ggf. meine Lieblinge aus der Nasenschutzzeit: tragen den Nasenschutz unterhalb der Nasenlöchr, weil man damit ja atmen muss :-)))) Kommt bei Infizierten ja keine Viruslast heraus ;-/



          Was mich irritiert: Die Impfung begann in D im Dezember 2020? Ihre Impfung erst 2022?



          Nachgewiesen hatte ich zwei Mal Covid. Dez. 2020 (im Krankenhaus beim Krankenbesuch angesteckt) > wenig belastend, aber lange Husten (natürliche Immunisierung, da noch keine Impfung?!). März 2023 > im Krankenhaus nach OP angesteckt (inzw. 3 x geimpft). Ziemlicher Kräfteverfall, Fieber etc., monatelang Husten und Schwäche. Jetzt aber OK.



          Sie sehen, die natürliche Immunisierung hilft nicht unbedingt und ohne Impfung wäre es mir ggf. an den Kragen gegangen, weil ich geschwächt war!



          Viren treffen immer die Alten - Immunsystem schwächelt, chron. Erkrankungen. Daher Grippe-Impfung für Menschen ab 60. Und: Cov-Impfung wurde als "Immuntraining" entwicklet. Nie wurde versprochen, dass die Impfung vor der Ansteckung schützt, sondern nur vor schweren Verläufen mit tödlichem Ausgang.



          Alles Gute!

        • @Patricia Winter:

          Ich, 55 und leider als fettwampiger (BMI z. Z. 39, Tendenz abnehmend) Diabetiker in einer Risikogruppe bin mittlerweile siebenmal geimpft, zuletzt im vergangenen Oktober - und hatte drei Wochen später tatsächlich Corona, zum allerersten Mal seit Ausbruch der Pandemie überhaupt! Ich führe dies jedoch nicht auf diese letzte Impfung zurück, sondern auf eine (mittlerweile ausgestandene) hartnäckige Bronchitis zurück, durch die meine Atemwege wohl vorgeschädigt waren... der Verlauf war harmlos, einen Tag leichtes Fieber, den darauffolgenden Tag noch erhöhte Temperatur, lediglich der anderthalb Wochen lang praktisch völlig verschwundene (aber danach recht bald wieder normalisierte) Geruchs- und Geschmacksinn waren schon gruselig...

        • @Patricia Winter:

          Leider lässt ein Einzelfall keinerlei Verallgemeinerung zu. Ich bin nur wenige Jahre jünger und hatte ebenfalls bis heute keine nachweisbare Corona - Infektion. Übervorsichtig war ich allerdings nicht. Meine App stand Anfang '22 wochenlang auf "Rot". Als die Gefährlichkeit der Virusvarianten stark abnahm, war mir auch das Impfen langsam zu lästig.



          Trotzdem kann ich nicht sicher sein, dass ich grundsätzlich vor Covid geschützt bin. Sie können aber auch nicht sicher sein, dass Ihr Verhalten Sie schützt. Es könnte so sein wie bei mir.



          Was ich damit sagen will: Anekdotische Erzählungen haben einfach keinen Wert. Sie haben sicher alles getan, um Ihr Risiko zu minimieren. Doch doch es gibt sicher auch Menschen mit der Erfahrung, dass das alles nichts genützt hat. Für den kleinen Rest an Risiko braucht man einfach Glück. Wir können beide nicht wissen, in welcher Form dieses Glück daher kam.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Sehr geehrter Herr Gutsche,

      das ist so nicht korrekt. Das Immunsystem entwickelt eine Antwort auf die jeweilige Virusvariante oder präziser ausgedrückt gegen das Immunogen mit dem es in Kontakt kommt (natürlich muss da eine Schwelle an Kontaktzeit und Anzahl der Immunogene überschritten werden, aber das ist ein anderes Thema). Dabei ist es für das Immunsystem irrelevant ob Sie sich infizieren oder wie im Fall einer Impfung eine Infektion „simulieren“. Für eine Immunität also der Aufbau eines immunologischen Gedächnisses müssen sie den Immonogen mehrmals ausgesetzt sein. Ob sie sich da mehrmals impfen lassen (meist 3 Mal) oder mehrmals anstecken ist für das Immunsystem irrelevant. Wenn sich das Virus durch Mutation ändert, wird ihr Immunsystem neu herausgefordert. Je nachdem wie, wie stark und wo der Virus mutiert ist, kann es sein dass es eine „Restantwort“ gibt sprich der Verlauf nicht so stark ist oder es so ist, als wäre es ein vollkommen „neuer“ Virus. Das ist z.B. bei Viren mit hoher Mutationsrate wie Grippe der Fall. Deshalb stecken sie sich da jedes Jahr neu an…

  • Ich möchte in der Gesundheitspolitik mehr Drosten und weniger Wagenknecht.

    • @Claude Nuage:

      Wieso schränken sie das so weit ein? "Weniger Wagenknecht" ist doch immer gut!

  • Es scheint mir, dass Herr Drosten in Anbetracht denkbarer Nachforschungen zur Coronaentstehung (Trump / R. Kennedy) noch versucht die Kurve zu kriegen.

    Für jeden klar bei Verstand war die Wahrscheinlichkeit eines Laborunfalles immer naheliegender als die Markttheorie. Aber allein das diskutieren zu wollen war Verschwörung.



    Und wie hat man Andersdenkende pauschal desavouiert, auch hier in der taz.







    taz.de/Verschwoeru...-der-Uni/!5750356/

    • @independent:

      Eine Verschwörung wäre es gewesen, wenn das Labor in Wuhan das Virus ABSICHTLICH auf die Menschheit losgelassen hätte... bloße Schlamperei begründet dies noch nicht!

      • @Yadgar:

        Die Verschwörung bei Laborfehler läge dann darin, die ganze Geschichte u. Fledermäuse und Markt als Ursprung des Virus entwickelt und systematisch verbreitet zu haben. Und die wäre dann in China passiert und nicht auf Drosten oder andere deutsche zurück zu führen.



        So eine "Ursprung war Labor" Erzählung zu verbreiten, hat indes eigene negative Wirkungen, die ohne harte Faktenbasis nicht akzeptabel sind.

    • @independent:

      Mir ist nicht ganz klar, was du damit bezweckst diesen Artikel zu verlinken. Die Vorwürfe gegen Wiesendanger bleiben doch bestehen.

    • @independent:

      Sie sollten lernen, auch anderen Menschen, die nicht Ihrer Meinung sind, "klar bei Verstand" zu sein.



      Hier legt ein Wissenschaftler seine äußerst differenzierte Sichtweise dar.



      Sie wissen wissen es aber trotzdem besser? Recht unwahrscheinlich.

    • @independent:

      Das stimmt so nicht. Es gibt gute wissenschaftliche Begründungen, warum die Markttheorie wahrscheinlich ist. Und im Gegensatz zur landläufigen Meinung kann man sich im Fall von SARS CoV 2 die Primär und Sekundärliteratur sehr wohl frei zugänglich durchlesen und sich seine Meinung bilden: Hier zwei wissenschaftliche Artikel zum Thema als Beispiel:



      pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38631919/



      pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35881010/

      • @Gast :

        Es gibt in China ca. 40.000 dieser Wildtiermärkte. Und das Virus springt "rein zufällig" auf dem einen Tiermarkt in Wuhan auf den Menschen über, der sich nur 200 Meter entfernt vom einzigen Labor in China befindet, in dem an Coronaviren geforscht wurde.

        Was würde Inspektor Columbo sagen, wenn ihm einer diese Geschichte auftischen würde?

        • @Sumpfrose:

          "Ich hätte da noch eine Frage......"

        • @Sumpfrose:

          Er würde sich kurz vorm Weggehen noch einmal umdrehen und bemerken: Ich hab da noch eine Frage!



          Denn dieser Zufall alleine ist auch für Columbo nichts weiter als eine kleine Auffälligkeit.



          Erst wenn der Zeuge sich windet und kein Alibi vorweisen will, obwohl er behauptet, eines zu haben, wird es verdächtig.

        • @Sumpfrose:

          Er würde sich im Rausgehen umdrehen und sagen : Ach, eine Frage noch: Ist Wuhan denn wirklich das einzige chinesische Labor in der Nähe eines solchen Tiermarktes?

  • Als Herr Drosten Studien aus China als Beweis aufführte, habe ich aufgehört zu lesen.......

  • Eine Wohltat, dieses Interview, auch und gerade wegen seiner Länge, Danke dafür!



    Mein "Mitleid" gilt jenen Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und Politiker*innen, die in einer Zeit, in der alles mögliche zu einem Problem von Weltrang erhoben wird, mit fakten- und wissenschaftsbasierten Argumenten Öffentlichkeit für dieses wichtige Thema schaffen wollen. Hut ab vor jenen, die da Rückgrat zeigen!

  • Ja, damals wurden meine (und die vieler anderer auch) Hinweise zum Laborursprung des Virus gelöscht. So wie vermutlich auch dieser jetzt...

    • @Stefan Gröschel:

      Ja, es müsste eine App geben, in die man alle Kommentare einspeist, und so wenigstens für eine Analyse - ohne blindes Veröffentlichen jeden Mists - gegenüber stellen kann, was alles wann heraus moderiert wurde. Das gäbe vielleicht ein erhellendes Bild über die angewandten Kriterien.

    • @Stefan Gröschel:

      Dein Kommentar und Martin Spieler_ würde mal sagen mutig. Ich hatte mich nicht getraut darauf hin zu weißen. Aber was soll mensch sonst lesen um sich tagespolitisch zumindest einen Eindruck zu verschaffen.