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Bilanz der Ampel-RegierungDas war die Ampel

Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP ist Geschichte. Eine gute oder eine schlechte Nachricht? Und woran ist die Koalition letztendlich gescheitert?

Eiseskälte im Schloss Bellevue, als Präsident Steinmeier Christian Lindner seine Entlassungs­urkunde überreichte Foto: Kay Nietfeld/dpa

Es hätte gut werden können. Die Idee der Ampel lautete: Ein Bündnis, wenn vielleicht auch kein Projekt, so doch aber eine Koalition wird geschaffen für einen sozial-ökologisch-liberalen Politikentwurf, gelenkt von Aufbruchsgeist und Modernisierungswillen. Denn nach 16 Jahren unter Angela Merkel, in denen das Prinzip Aufschub und Zeitgewinn regierte, muss ganz viel passieren, am besten überall gleichzeitig.

Man teilte ein liberales Gesellschaftsverständnis und die These, dass im Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität nicht nur Klimaschutz, sondern auch genug Gewinnchancen für (hoffentlich, irgendwie) alle steckten. Die Fotos der AmpelverhandlerInnen aus dem Herbst 2021 vermittelten viel von alldem. Die vielfach gepriesene und aus Pressesicht wirklich erstaunliche Vertraulichkeit der Koalitionsgespräche bezeugte schnell wachsendes Vertrauen in der rot-grün-gelben Truppe.

Hat sich erledigt. Die Ampelkoalition ist Geschichte, und nichts deutet darauf hin, dass sie in absehbarer Zeit wiederkehren könnte. Zwar hörten sich die schon in ihrer Inszenierung geschichtsbuchreifen Auftritte am Mittwochabend von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) schwer danach an, als gebe es vor allem ein persönliches Zerwürfnis zwischen diesen beiden.

wochentaz

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Doch sind die gegenseitigen Vorwürfe der Charakterschwäche, die seither so süffiges Schlagzeilenmaterial hergeben, sehr wohl Folge der Strukturschwäche der Ampel-Idee: Sie brauchte Geld, viel Geld, um all das anzuschieben, was sie anschieben wollte, und das sollte aus teils umgewidmeten Nebenhaushalten – aus Coronatopf mach Klimatopf – kommen, die nicht der Schuldenbremse im Grundgesetz unterworfen waren. Nachdem das Bundesverfassungsgericht vor fast genau einem Jahr dieser großzügigen Auslegung der grundgesetzlichen Haushaltsregeln jedoch den Garaus gemacht hat, ging halt nichts mehr.

Eigentlich hätte das niemanden überraschen dürfen. Christian Lindner hatte zum Start der Koali­tionsverhandlungen im Oktober 2021 das Motto der FDP ausgegeben, mit dem er dann auch sein Selbstverständnis als Finanzminister verklebte: erstens keine Steuererhöhungen, zweitens Einhalten der Schuldenbremse. Schon da hoben sich viele Augenbrauen: Das versprach interessant zu werden, wie Lindners Gelöbnis sich mit dem Versprechen von SPD und Grünen vereinbaren lassen würde, dass die Industrie die Kosten der klimaneutralen Umrüstung mit Steuergeld bezahlt bekäme.

Umbau der Energieversorgung war ein kolossaler Kraftakt

Zur Präsentation des Koalitions­vertrags Ende November 2021 wurden die Fragen lauter, wie all die schönen Pläne von Bürgergeld über Bahn und Digitalisierung bis eben Klima denn finanziert werden sollten. Doch erst einmal sagte der Grüne Robert Habeck nur etwas schnippisch: „Wir wissen genau, wie wir es bezahlen.“ Nicht umsonst war Olaf Scholz zuvor Finanzminister gewesen. Das ausgetüftelte Konstrukt von Schattenhaushalten und umgetauften Corona­mitteln der neuen Regierung erkannte die Union jedoch ganz richtig als Angriffsfläche.

Als sie im April 2022 ihre folgenschwere Klage wegen Verstoßes ­gegen die Schuldenbremse beim Bundesverfassungsgericht einreichte, hatte sich der politische Kosmos Europas jedoch komplett verschoben. Über Haushalt musste sowieso noch einmal ganz anders gedacht werden – und jedenfalls nicht kleinteilig. Am 24. Februar 2022 hatte Russland die Ukraine überfallen, drei Tage später Scholz im Bundestag die „Zeitenwende“ ausgerufen. Das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr hatte er, immerhin, mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) abgesprochen.

Das Grauen des Krieges, die Ängste, die er auslöste, die von Mehrheiten geteilte Einsicht, dass nun Aufrüstung und Wehrhaftigkeit wieder Thema sein würden, auch die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge konnte die Textur der politischen Gefühle in Deutschland nur verändern. Der Umbau der Energieversorgung weg vom russischen Gas samt Ausgleichzahlungen für Unternehmen und VerbraucherInnen war ein kolossaler Kraftakt. Es bleibt eines der Rätsel der Ampel, warum sie so wenig davon profitieren konnte, warum es ihr so wenig als Erfolg zugerechnet wurde, dass sie die enormen innenpolitischen Herausforderungen durch den Ukrainekrieg fürs Erste eigentlich ganz ordentlich bewältigte.

Der Grundkonflikt jeder Klimapolitik

Doch vielleicht ist ein Krieg sowieso zu groß, verrückt zu vieles gleichzeitig, als dass das System von Anspruch und Anerkennung in einer Demokratie noch halbwegs berechenbar funktionieren könnte. Und sollte jemand im Frühjahr 2023 gedacht haben, ‚Mensch, die Buden sind im Winter ja gar nicht kalt geblieben, und die Inflation sinkt auch schon wieder‘, so wird er sich daran jedenfalls nicht lange gefreut haben. Denn im Streit um Habecks Heizungsgesetz brach der Grundkonflikt jeder Klimapolitik auf: Im Prinzip sehen die meisten ihre Notwendigkeit ein, ernsthaft anfangen will aber niemand. Jedenfalls nicht die HausbesitzerInnen.

Es ist wahrscheinlich müßig darüber nachzudenken, ob die ImmobilieneigentümerInnen nur rechtzeitig von Wärmepumpen-Zuschüssen hätten erfahren müssen. Das kommunikative Versagen der Grünen, die Häme der FDP und die mangelnde Solidarität der SPD konnten von den fossil interessierten Kreisen genutzt werden, um die Stimmung gegen die Pumpe, gegen Habeck, Grüne, ja das ganze Klimabrimborium überhaupt zu drehen.

Wäre es nicht die Wärmepumpe gewesen, hätte sich wahrscheinlich bald etwas anderes geboten, um eine grundsätzliche Abwehr des Umstands zu entzünden, dass Klimaschutz mehr als kosmetische Veränderungen im Lebensstil verlangen könnte. Vielleicht ist es umgekehrt sogar eher verwunderlich, dass in Deutschland noch eine ökologisch ambitionierte Regierung an den Start gehen konnte, als der reaktionäre Backlash sich doch längst in ganz Europa – und anderswo – ausbreitete.

Die Schuldenbremse hat die Ampel gekillt

Jetzt sieht alles danach aus, als würde eine kommende Regierung, voraussichtlich unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz, mindestens in Teilen schon von dem antiliberalen, antiökologischen, antiemanzipativen, rechtspopulistischen Sud getränkt. Zu riechen war er ja schon zuletzt in der Ampel in der Debatte zur jüngsten Verschärfung der Asylgesetze.

Auch das Papier mit Vorschlägen, wodurch Olaf Scholz nun ganz am Ende versuchen wollte, Christian Lindner vom Absprung abzuhalten, enthielt fossile, überwunden geglaubte Elemente wie die Erdgasförderung in Deutschland. Doch das wird Lindner schon alles gar nicht mehr gelesen haben. Er hatte seinen Wahlkampfkatalog zur Stärkung des Wirtschaftswachstums ja bereits präsentiert. Investitionen, wie sie Scholz und auch Habeck verlangen, um den tatsächlich schwächelnden deutschen Unternehmen zu helfen, lässt er mit Verweis auf die – genau: Schuldenbremse nicht zu.

Die Schuldenbremse hat die Ampel gekillt. Natürlich brauchte es einen, der sich daran festkettete, und das war Lindner. Doch sein mächtigstes Blockadeinstrument hat ihm vor 15 Jahren eine eine weit über Union und SPD hinausreichende große Koalition geschmiedet – zu einer Zeit, da sich das Haushaltsgebaren einer schwäbischen Hausfrau als hinreichende volkswirtschaftliche Vernunft verkaufen ließ. Das Gas kam schließlich billig aus Russland, und für komplexere Lagen reichte die Fantasie nicht. Darin steckt ironische Tragik.

Verbesserung im Niedriglohnsektor

Auf der Strecke bleiben nun aber nicht nur wirtschaftspolitische Maßnahmen, sondern viele Gesetze, die noch gebraucht worden wären: ein Gewalthilfegesetz zum Schutz von Frauen oder die Verbesserungen der psychotherapeutischen Versorgung. Dem „Rentenpaket“ braucht niemand hinterherzutrauern, es war in der Sache nie so wichtig, wie SPD und FDP es gemacht haben.

Geschafft hat die Ampel eine anhaltende Verbesserung im Niedriglohnsektor: Der gesetzliche Mindestlohn von 12 Euro im Herbst 2022 hat Millionen Menschen mehr Einkommen verschafft. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist angelaufen und kann selbst von Friedrich Merz nicht mehr rückgängig gemacht werden. Cannabis. Selbstbestimmung. Ob es die Krankenhausreform noch durch den Bundesrat schafft, ist offen. Vollständige Bilanzen der Ampel können erst in einigen Wochen geschrieben werden.

„Mehr Fortschritt wagen“, war der Koalitionsvertrag überschrieben. Die Ampel war ein Wagnis, und das ist nun gescheitert – an den Altlasten der Großen Koalition, an den Auswirkungen eines Krieges. Aber gescheitert ist die Ampel eben auch an sich selbst – an dem Trugschluss, dass ein paar kulturelle Gemeinsamkeiten den tiefen, den identitären Gegensatz in der Finanz-, sprich Verteilungs- und Gerechtigkeits­politik überwinden könnten.

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34 Kommentare

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  • Gescheitert ist die Ampel auch an den unterschiedlichen Ansätzen zum Klimaschutz Deutschlands:

    Die FDP will ihn eigentlich gar nicht, wenn dann aber über den CO2-Preis statt über 100 Einzelregelungen.

    Eine Einigung auf einen hohen CO2-Preis nebst Belastung des besonders von Wohlhabenden genutzten Flugverkehrs, gab es aber nicht, und damit auch keine Finanzierung von Klimageld und Ende des Solidaritätszuschlags aus derartigen Einnahmen.

    Führende Grüne wiederum haben den CO2-Preis nie als ökologisches Gestaltungsmittel in sich selbst gesehen (dazu ist er ja derzeit auch viel zu gering), sondern hauptsächlich als Einnahmequelle für Subvention des ökologischen Umbaus und eines Klimagelds als Sozialleistung (dafür waren die Einnahmen dann eben auch zu gering).

    Weil die Grünen den Klimaschutz nicht so wollten, wie ihn die FDP am ehesten vertragen hätte, und die FDP nicht nach Grünen-Facon, hatte man sich auf viele Nullnummern geeinigt.

    Somit war die Dauerkrise der Koalition schon in der Koalitionsvereinnarung mit dem Verzicht auf effektiven CO2-Preis angelegt. Übrigens auch die Unzufriedenheit der FDP infolge der ausgebliebenen Abschaffung des Solis und der stattdessen vorgenommen

  • Frei nach einem Gedicht, das hoffentlich noch viele kennen...

    Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.



    Wer jetzt noch Öl verheizt, ist selber schuld.



    Wer vor der toten Ampel steht,



    braucht viel Geduld.



    Und wer in Rente geht, den trifft es sehr.



    Wer jetzt nach Deutschland will,



    muss lange draußen bleiben.



    Und manche Mutter mit dem Kind hats ganz besonders schwer.



    So viele, die im dumpfen Nebel durch die Straßen treiben,



    Verstehen diese Welt und ihren Sinn nicht mehr.



    Herr: es ist Zeit - und ja, ich weiß:



    nicht zum Gedichteschreiben.

  • An der Zukunft verzweifeln!



    Es sind echte Probleme zu lösen, Probleme die,wenn sie nicht angegangen werden, konkret Leben kosten. Es geht aber nicht nur um die Umwelt. Wir leben in einer Umbruchzeit. Völlig unverständlich wie da Politiker auf der Schuldenbremse stehen können?



    Der Kanzler hat im Bezug auf den gefeuerten Finanzminister die richtigen Worte gewählt.Mit dieser intriganter FDP Gurkentruppe war doch noch nie was vernünftiges anzufangen. Was allerdings den Oppositionsführer anbelangt, so könne der ja ein Mistrauensvotum im Parlament starten, wozu ihm,offensichtlich das Schicksal eines Rainer Barzel in Erinnerung, die Courage fehlt. Da gestaltet sich die Kritik am angeblich zu späten Misstrauensvotum weit ungefährlicher.Was soll der Bürger davon halten: das Bürgergeld abschaffen, die Schwarze Null als Mantra in den nächste Wahlkampf führen. Wo soll da ein Aufbruch sein?



    Die CDU/ CSU ist immer noch ausgebrannt von den vier vorhergehenden Legislaturperioden.Deshalb hat sich auch Söder nicht um den Parteivorsitz sehr bemüht. Merz ist ein Übergang, deshalb müssen die SPD und Grünen da irgendwie durch. Ein überforderten Merz nützt dem Land gar nichts und erst recht nicht der EU

  • Immer das Geschwätz von der Schuldenbremse !! Wenn ein Eimer Löcher hat, und man diese nicht verschließt, kann man Wasser hineinschütten was man mag, der Eimer wird nicht voll. Das Geld, Steuereinnahmen, waren da nur wurde es teilweise total sinnlos ausgegeben. Bestes Beispiel ist die Inflationäre Aufbauschung der Beamtenstellen unter der Ampel, über 11500 Stellen mehr als unter Merkel, was jetzt mal schlappe 7 Milliarden Euro mehr kostet als vor 3 Jahren ( ga.de/sonderthemen...ffen_aid-105655107 ).



    Der Staat sollte ein Vorbild sein und kein Selbstbedienungsladen für Getreue.

  • "Es bleibt eines der Rätsel der Ampel, warum sie so wenig davon profitieren konnte, warum es ihr so wenig als Erfolg zugerechnet wurde, dass sie die enormen innenpolitischen Herausforderungen durch den Ukrainekrieg fürs Erste eigentlich ganz ordentlich bewältigte."



    Ja. Das war lobenswert. Die Bürger*innen haben aber nur die trotzdem stattgefundene Inflation zur Kenntnis genommen.



    Die Geldbörse wurde schlank.



    Dafür gibt es keinen Dank.

  • Scholz wollte von Lindner einen neuen Nothaushalt/Notfallfonds mit dem Argument, dass sich sonst Waffenlieferungen und Investitionen für Infrastruktur und Unternehmenssubventionen nicht gemeinsam unter einen Hut bringen ließen.

    Ich vermute mal, dass auch der Sieg von Trump und die Drohung, die Waffenlieferungen der USA zu reduzieren, bei Scholz eine Rolle spielten.

    Wenn das der Fall war, dann kann ich über so einen Kriegskredite-SPD-Kanzler nur den Kopf schütteln, weil sich hier auch eine unselige Historie der SPD wiederholen würde.

  • Die Ampel ist, wie im Schlussakkord des Textes zusammengefasst an "Altlasten", am "Krieg" und vor allem den der Konstellation innewohnenden Antagonismen gescheitert? Sozusagen am Sein? Nein, was wirklich fehlte, war Sollen, Wollen und Können auf allen Ebenen. Am erfolgreichen Umgang mit Lasten, Kriegen und Kompromissen zeigt sich doch erst der wahre Könner, der Meister der Staatskunst. Daran gebrach es den Protagonisten.



    Noch ein Aspekt fehlt. Was die Vor-, Nach- und Querdenker des weiten linken Spektrums immer verdrängen: Die deutsche Gesellschaft ist viel stärker konservativ grundiert als oft befürchtet (oder erhofft). Deshalb enden noch so gut gemeinte Verbesserungsvorschläge, die mit Forderungen nach (persönlichen) Änderungen verbunden sind, in einer Art stiller Konterrevolution. Die sich in Umfragen/Wahlen Bahn bricht.



    Hat sich nie jemand gefragt, warum seit Amtsantritt ausgerechnet Hr. Pistorius durchgehend der mit Abstand beliebteste Politiker ist? Ein in der Wolle gefärbter konservativer SPDler? Er verkörpert fast exemplarisch alles, was (im besten Sinne) konservative Wähler schätzen: Pragmatismus, Führungsstärke, Zuverlässigkeit, Bodenständigkeit, immer bereit und uneitel.

  • Die FDP wurde halt von der Interessensvertretung der Industrie und Selbstständigen zur neoliberalen Sekte. Und Interessensvertreter können ein "This for that" machen, Sekten können doch keine Ketzerei machen. Wenn selbst die Industrie Investitionen fordert, aber Lindner das nicht sieht...Sekte.

    • @Kartöfellchen:

      So so. Sie hätten also eine noch schärfere Einhaltung der Schuldenbremse gefordert.

    • @Kartöfellchen:

      Die Schuldenbremse ist im GG. Ob das von einer Sekte kam?

      Ich habe da auch noch ein, zwei Ideen wie wir das GG ändern können, die ihnen aber nicht gefallen werden. Merksch was?

  • Mal im Ernst. Wollen wir einen Weihnachtswahlkampf? Denkt mal an die letzte Wahl in Berlin.



    Vielleicht bringt ein wenig mehr Zeit ein wenig mehr Chaos.

  • "Die Schuldenbremse hat die Ampel gekillt."



    Und das ist auch gut so. Schon von Anfang an hatte sich die Ampel ziemlich herausfordernde Ziele gesetzt [1]: "Das versprach interessant zu werden..."



    Sehr interessant wurde es dann, als sich die außenpolitische Lange deutlich veränderte. Statt die "Ziele" und die damit verbundenen Geldausgaben an die veränderte Lage anzupassen, wurde eisern an ihnen festgehalten. Mit dem Ergebnis, das wir jetzt haben.



    [1] Dass die "Ziele" zum großen Teil darin bestanden, das Fell des Bären zu verteilen, bevor er erlegt ist (z.B. den Ökostrom zu verbrauchen, bevor er erzeugt ist), ist eine andere Frage.

    • @sollndas:

      Energie war das deutlichste _Plus der Ampel: Atomausstieg trotz Putin, rasche Gas-Unabhängigkeit von Russland, wo wir erschreckend hohe Abhängigkeit zuvor hatten und leere Gasspeicher! Wiederbelebung der Energiewende mit inzwischen teils sogar Nullpreisen für Strom auf der EEX.

      Man hätte die Investitionskasse des Staats gewiss füllen sollen, doch da hat Lindner lieber weiter der Autoindustrie und Milliardenerben unser aller Geld zuschieben wollen.

  • "Die Schuldenbremse hat die Ampel gekillt"

    Ja, die Misere fing an, als das Verfassungsgericht den Bundeshaushalt einkassierte.

    Die Ampel zerbrach aber nicht daran, sie zerbrach, weil sie mit dem vorhandnen Geld (das immer noch den größten Haushalt darstellte) nicht umgehen konnte. Sie konnte keine Prioritäten setzen. Man wollte gleichzeitig ein "Weiter So!" und eine "Zeitenwende". Jedem sollte es recht gemacht werden.

    Darüber hinaus wurde eine Politik betrieben, die die Wirtschaft im gegensatz zu anderen Ländern in eine Rezession steuerte.

    Und das "Wärmepunmpengesetz" wäre mit ein wenig mehr politisch handwerklichen Können auch durchgerauscht.

    „Mehr Fortschritt wagen“ war da nicht zu beobachten. Das war ängstliche hektische Poltik von Fahranfängern. die dann den Wagen vor die Wand gefahren haben.

  • Die Schuldenbremse hat die Ampelkoalition gekillt. Das ist gut auf den Punkt gebracht.



    Jedoch hat der Staat die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten. Man hätte alle vordringlichen Themen anpacken können, ohne an die Grenze der Schuldenbremse zu stoßen.



    - Sparen am (gescheiterten) Bürgergeld, welches nur noch halb so viele Menschen in Arbeit bringt wie das vorherige System.



    - Die viel zu hohen Strompreise braucht man nicht (wie nun geplant) staatlich zu subventionieren. Es wäre effektiver, mehr Strom an den Markt zu bringen: Gaskraftwerke für Zeiten der Dunkelflaute. Eine Übergangslösung bis verstärkter Netzausbau Europa resistenter macht.



    - Nicht eigentlich staatlichen Aufgaben auf die Wirtschaft abwälzen, Stichwort Lieferkettengesetz. Wir sind gerade dabei, eine furchtbar teure und nur Papier produzierende Lieferanten-Zertifizierungs-Branche heranzuzüchten. Die Menschenrechtssituation in den Lieferländern sollte Frau Baerbock mit ihren Gegenübern vor Ort politisch regeln.

    • @Spickerfresse:

      Die mit Erdgas betriebenen "Gaskraftwerke für Zeiten der Dunkelflaute" müssten aber auch erst mal bezahlt werden. Also wieder Subventionen?? Mit dem geplanten Trick, diese Subventionen erst während der Betriebszeit auszuzahlen, wird es auch nicht billiger. Zahlen sollen den fossilen Strom dann u.a. die Verbraucher von Grünstrom mit Umlagen? Nein danke.

  • "Das war die Ampel" ....und es ist gut, das sie jetzt aus ist.



    Ich habe in den über 50 Jahren in denen ich an der deutschen Politik



    teilhaben konnte, nie eine dysfunktionalere Regierung erlet !

    • @Barthelmes Peter:

      Was halten Sie von den Spätphasen Merkels und Kohls (und die hatten eine Zweierkoalition)?



      Trennen Sie ggf. ein "Ich mag deren Politik nicht" und "nie"/"dysfunktional". Bei Energie und einigen anderen Fehlern wurde tatsächlich Überfälliges endlich angepackt und bearbeitet, bei anderem gab es Blockade.



      Vermutlich wäre ein reines Rot-Grün schlagkräftiger gewesen, doch das war nicht gewählt worden.

      • @Janix:

        "Vermutlich wäre ein reines Rot-Grün schlagkräftiger gewesen, doch das war nicht gewählt worden."

        Sehe ich auch so, wäre vielleicht besser gelaufen. Weiß man's? Natürlich nicht. Aber mit einer FDP, die schon seit einer Weile Oppositionsarbeit in der Regierung macht, war das Ende eh nur eine Frage der Zeit.

  • Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland gab es vier Kanzler, die den Bundestag auflösen mussten: Brandt, Schmidt, Schröder (freiwillig nach der NRW Wahl) und nun Scholz. Alle von der SPD. Den Schluss, den man daraus ziehen muss, ob man will oder nicht, dass die funktionierende und damit wachsende Wirtschaft der Dreh - und Angelpunkt einer erfolgreichen Politik in dem Sinne ist, dass der Kanzler nicht zu Neuwahlen aufrufen muss

    • @Golzi:

      Schmidt hat den Bundestag nicht aufgelöst. Das war Kohl. Schmidt wurde auch von der FDP abgesägt.

    • @Golzi:

      > gab es vier Kanzler, die den Bundestag auflösen mussten: Brandt, Schmidt, Schröder (freiwillig nach der NRW Wahl) und nun Scholz. Alle von der SPD.

      Schmidt hat nie den Bundestag auflösen lassen. Das war der ab Oktober 1982 regierende Kohl (CDU), der die Vertrauensfrage absichtlich verloren hat, um am 6. März 1983 Neuwahlen abzuhalten und mit Amtsbonus zu gewinnen.

    • @Golzi:

      Daran ist fast alles falsch.



      Nicht der Bundeskanzler, sondern der Bundespräsident löst den Bundestag auf. Der Bundeskanzler kann ihn höchstens dazu auffordern, wie es Brandt nach dem gescheiterten Mißtrauensvotum gegen ihn getan hat.



      Gegen Schmidt war das Mißtrauensvotum dagegen erfolgreich. Sein Nachfolger Kohl verlor eine gefakte Vertrauensfrage, um Neuwahlen zu ermöglichen.



      Schröder tat es ihm gleich.



      Scholz ist tatsächlich der erste Bundeskanzler, der eine echte Vertrauensfrage verlieren wird.

  • Nach einer kurzen Phase der kollektiven Klimaeuphorie 2018/19, ausgelöst durch die FFF Bewegung, wurde deutlich, das Kapitalismus und konsequenter Klimaschutz nicht zusammen gehen.



    Konsequenter Klimaschutz ginge nur durch einen moderaten Verzicht auf Wohlstand, der jeden aber noch ein gutes bescheideneres Leben führen läßt.



    Die Auswirkungen wären ein sinkender CO2 Ausstoß, aber gleichzeitig auch schließende Betriebe, mehr Arbeitslose, Steuerausfälle, weniger Geld für Infrastruktur und Soziales.

    Hinzu kommt, das Menschen mittlerweile so konditioniert sind, das sie sich über Konsum definieren: Ich kaufe/reise also bin ich.

    Konsequenter Klimaschutz mit Verzicht ist also nicht umsetzbar und nicht gewollt! Es sind "nur" ein paar Solaranlagen und Windräder als Beruhigungspille machbar. Gerade mal 19% unseres gesamten Energiebedarfes ist erneuerbar.

    Eine alternde Gesellschaft, die auf eine Klimakatastrophe zusteuert, sie aber aus oben genannten Gründen nicht abwenden kann, ist moralisch kaputt und unregierbar geworden - egal von welcher Partei.

    Es gibt keine glaubhafte positive Zukunft mehr zu verkünden - wir können nur die Krise so gut es geht managen.

    • @Paul Schuh:

      Krisen (leider) werden ein Umdenken forcieren, und Veränderungen hatten immer auch eine Avantgarde, die den Genuss im Scheinbar-Weniger schon entdeckt hat.



      Ich bin dabei bei Ihnen, dass bei allem Fortschritt bei Elektrizität noch die weiteren Energieverbräuche angegangen werden müssen und auch wir Zeugs fortlassen müssen, wenn wir nicht jedes Jahr schlimmere Bedingungen wollen.



      Besser mutig gestalten als nur "managen", das haben der späte Kohl und Merkel gezeigt.

    • @Paul Schuh:

      Ich empfehle zur Lektüre das Buch "Unhaltbarkeit



      Auf dem Weg in eine andere Moderne" von Ingolfur Blühdorn.



      www.suhrkamp.de/bu...it-t-9783518128084

      Darin beschreibt er, das nicht der Kapitalismus gescheitert ist, sondern das ökoemanzipatorische Projekt der 80 er Jahre.

  • Arme brauchen mehr Charakter und mehr Schuzpe als Reiche. Hätte es mehr Geld gegeben, hätte man die Mängel daran sicher besser und länger kitten und kaschieren können. Aber gescheitert ist die Ampel an den Eignungsmängeln ihren Repräsentanten, die ständig parteipolitische Spielchen über Bild, Social Media und TV am Laufen hatten und sich dabei als ganz große Strippenzieher vorkamen - bis jene Strippen sich eben um ihren eigenen Hals gelegt haben.

  • Danke für diesen Kommentar!



    Er ist, anders als der Zeitgeist, der besagt: "Alles falsch, zurück auf 90er" deutlich differenzierter.



    Ja, Dreierkoalitionen sind schwierig und der kleinste Partner kann manchmal die größten Probleme bereiten.



    So war es im Übrigen auch in der GroKo, wo die CSU entgegen Ihrer Bedeutung für viel Wirbel sorgte.



    Dennoch und mit der FDP ist Vieles gelungen.



    Davon wird Einiges ja im Artikel erwähnt.



    Frieren musste Keiner, die Kriegsfolgen wurden gedämpft und die Inflation wieder abgesenkt.



    Eine echte Bilanz wäre allerdings mal die Fleißaufgabe, Alle Gesetze, die die Ampel beschlossen hat, aufzuführen.



    Das würde wirklich mal zeigen, wie viel Arbeit in Politik steckt.



    Die Ampel ist viel mit Dreck beworfen worden.



    Die linken BürgerInnen haben dabei übersehen, dass sie mit Ihrer durchgängigen Kritik die Rechten stärken, statt die Linken linker zu machen.



    Natürlich gibt es auch bei den Grünen OpportunistInnen, die mit einem Merz leben könnten. Für mich sind seine Ideen Umwelt- wirtschafts- und sozialpolitisch ein Rückschritt.



    Aber Trump macht ja auch Menschen glücklich...

  • „Denn nach 16 Jahren unter Angela Merkel, in denen das Prinzip Aufschub und Zeitgewinn regierte, muss ganz viel passieren, am besten überall gleichzeitig."



    Ja, ok. Aber nicht innerhalb von 4 Jahren und nicht mit dem Brecheisen.



    Das wir einen Menschgemachten Klimawandel haben, das wir uns von Russland abhängig machen, war 2002 (Rot/Grün) auch schon Usus, oder??

    • @Thomas Böttcher:

      Bei Energiewende weg von Fossil hat Rot/Grün damals tatsächlich gute Weichen gestellt (Fell, Scheer, Hustedt mit einzelnen anderen Progressiven) und jetzt sogar die Ampel teils auch. Das wäre tatsächlich das unabsprechbare Verdienst.

  • Danke für die Analyse.



    Das Wort "identitär" wird dabei in letzter Zeit etwas arg häufig verwendet und kleistert fundamentale ökonomische und Macht-Punkte oft über.



    Die FDP gebärdete sich leider als Interessenwahrer der kleinherzigen Großbürger, der absterbenden wie immer noch zu mächtigen Autoindustrie und der arbeitsscheuen Großerben. Hätte sie mal ihren Dahrendorf gelesen und verstanden!

    • @Janix:

      Zu Ralf D. sag ich mal nix - seine sehr zum Ärger seiner hansesnoby Mischpoche letzte Perle war lange meine klug-kompetente Psychotante!

      unterm——wie passend



      “PSYCHOLOGIE als »Selbst« erlebte innere Einheit der Person "seine Identität finden, suchen" paßt erkennbar nicht zu geistigem Kleinrentnerverein! Kein Wunder daß da schon mal einer die Reißleine zieht oder wie grad:



      Austritt! Woll



      (ps der launigen Sotissen von Vater RA Wetterwelle in den Sitzungspausen wurde ich leider nicht teilhaftig (andere Kammer).



      Aber - daß der alleinerziehende zu viel Spaghetti mit Tomatensoße 🥫 kredenzt hat!



      Erscheint angesichts der fulminanten Affigkeit vom Sohnemann mehr als glaubhaft •

    • @Janix:

      anschließe mich & auch hübsch -



      “Identität …kleistert … Punkte oft über.“



      Erinnert noch jemand?



      “Liberale



      Von der F.D.P. zur FDP“ Guido Westerwelle 🙀



      www.spiegel.de/pol...-fdp-a-132276.html



      Auf gleiche Augenhöhe mit den Volksparteien SPD und CDU will der neue Liberalen-Chef Guido Westerwelle seine Partei führen. Zumindest in drei Punkten hat er dieses Ziel schon erreicht: den drei Punkten im Logo der Partei. Die gehören seit dem am Sonntag zu Ende gegangenen Bundesparteitag endgültig der Vergangenheit an. Die F.D.P. ist ab sofort wieder die FDP - ohne Punkt und ohne Komma, wie SPD und CDU auch.



      Ihren Ursprung hatten die drei Punkte im symbolträchtigen Jahr 1968. Die FDP bereitete damals den Koalitionswechsel zur SPD vor, den wichtigsten parteipolitischen Umbruch ihrer Nachkriegsgeschichte. Für die typografische Entsprechung dieses Wechsels im Parteilogo sorgte der Legende zufolge ein Handwerker im Fraktionstrakt des damaligen Bonner Bundestags. … befestigte ein Hinweisschild für das Büro des gerade neu gewählten FDP-Fraktionschefs Wolfgang Mischnick provisorisch mit 🔩🔩🔩.



      Und diese drei Schrauben wurden zu den drei Punkten …“ •

  • Ein sehr guter Kommentar, Frau Winkelmann. Schließt nahtlos an Ihre Meinung aus dem Podcast an.