Große Batteriespeicher: Der nächste Schritt der Stromwende
Große Batteriespeicher werden wichtiger für die Energiewende. Laut einer Studie verfünffacht sich ihre installierte Leistung in den nächsten 2 Jahren.
Aktuell baut es im niedersächsischen Alfeld einen Stromspeicher mit 137,5 Megawatt Leistung. Rein rechnerisch reicht diese aus, um eine Million Haushalte eine Stunde lang mit Elektrizität zu versorgen. Die Anlage, die Ende kommenden Jahres ans Netz gehen soll, ist dann der größte Speicher seiner Art in Europa.
Tatsächlich werden Stromspeicher immer wichtiger, einerseits, weil der Strom aus der Steckdose viel teurer ist, als der mit der eigenen Solaranlage auf dem Dach produzierte. Mitte dieses Jahres waren deshalb hierzulande bereits 1,5 Millionen Heimbatterien mit einer Gesamtkapazität von 13 Gigawattstunden installiert. Andererseits stellt insbesondere der angezogene Solarausbau die Netzbetreiber vor Herausforderungen: Nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz besitzen Photovoltaikanlagen einen sogenannten Einspeisevorrang. Wenn viel Sonne scheint, drückt dadurch so viel Strom ins Verteilnetz, dass die Belastungsgrenze erreicht wird. Deshalb fordert selbst Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur mit bündnisgrünem Parteibuch, „neue Solaranlagen steuerbar zu machen, um die Netze stabil zu halten“.
Die Netzbetreiber sollen deshalb die Möglichkeit bekommen, bei viel Sonne neuere Photovoltaikanlagen abschalten zu können. Das allerdings würde den Ausbau der Sonnenkraft bremsen, weil Investoren nicht mehr kalkulieren könnten, wann sich ihr Kraftwerk amortisiert. Dabei gibt es Alternativen: Statt abzuschalten, kann der Strom auch zwischengespeichert werden.
Batteriespeicher werden günstiger
„Die Kosten großer Batteriespeicher sind massiv gesunken. Viele Akteure planen deshalb gerade erhebliche Kapazitäten“, erklärt Carsten Körnig, Chef des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW Solar) gegenüber der taz. „Das Geschäftsmodell besteht darin, günstigen Solarstrom zur Mittagszeit einzuspeichern und diesen Strom später wieder zu verkaufen, wenn hohe Nachfrage besteht.“
Kyon Energy hat nach eigenen Angaben bereits Stromspeicher mit einer Leistung von über 120 Megawatt am Netz. Neben dem Projekt in Alfeld hat Kyon Energy in diesem Sommer die Genehmigung für eine weitere Anlage in Helmstedt mit einer Speicherleistung von 110 Megawatt erhalten. Und Kyon Energy ist nicht der einzige Akteur.
In der Oberlausitz plant der Braunkohlekonzern LEAG gemeinsam mit dem US-Batteriehersteller ESS den Bau eines 50-Megawatt-Speichers. Dieser soll im Jahr 2027 in Betrieb genommen und später weiter ausgebaut werden.
Im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt baut das deutsch-norwegische Unternehmen Eco Stor in unmittelbarer Nähe des Umspannwerks Förderstedteinen einen gigantischen Batteriespeicher. Die aus sechs Einheiten bestehende Anlage wird am Ende eine Leistung von 300 Megawatt erbringen. Die Siemens-Tochter Fluence baut in Baden-Württemberg einen 250-Megawatt-Speicher, der ebenfalls Ende kommenden Jahres ans Netz gehen soll.
Insgesamt 1,8 Millionen Kilowattstunden
Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft sind aktuell Großspeicherkapazitäten für 1,8 Millionen Kilowattstunden installiert. Eine Marktuntersuchung des Analyse-Unternehmens Enervis rechnet mit einer Verfünffachung bis Ende 2026. Enervis hat dafür die von Projektierern der Bundesnetzagentur angemeldeten Speicherprojekte ausgewertet.
Demnach werden in zwei Jahren acht Millionen Kilowattstunden erwartet. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 summierte sich die Kapazität der Großspeicher gerade einmal auf 600.000 Kilowattstunden. Bis Ende dieses Jahres werden es schätzungsweise 2,6 Millionen sein.
Als Großspeicher werden Batterien bezeichnet, die mehr als ein Megawatt Leistung haben. Neben Kleinspeichern, die in privaten Haushalten im Einsatz sind, kommen mittlerweile mehr als 166.000 Elektroautos hinzu, die in Deutschland mit ihren Batterien am Netz sind. Der ehemalige Fossilkonzern Eon hat eine Potenzial-Analyse vorgelegt, derzufolge diese Autos eine „Schwarmbatterie“ bilden.
„Rechnerisch können die zugelassenen Fahrzeuge bereits genug Strom speichern, um 1,75 Millionen Haushalte zwölf Stunden lang mit Energie zu versorgen“, erklärt Eon-Chef Filip Thon. Für die Berechnung hat Eon angenommen, dass 60 Prozent der Akku-Kapazitäten aller zugelassenen E-Autos nachts flexibel zur Verfügung stehen. Daraus ergibt sich ein Speicherpotenzial von knapp 5.500 Megawattstunden.
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