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Historie der deutschen GrenzeGrenzen sind so 19. Jahrhundert

Die Debatte um die Grenzen Deutschlands erinnern an historische Debatten um nationale Souveränität – und zeigt: Grenzen sind soziale Konstrukte.

Auch 1950 waren Grenzen verhasst: Deutsche und französische Studierende zerstören Grenzpfähle zwischen Wissembourg und Germanshof Foto: dpa/SZ Photo

Nur wenige Tage nach der Ausweitung von Grenzkontrollen Mitte September bebilderte der Spiegel die „Neue Härte in der Migrationspolitik“ mit einer von vermummten Polizisten umringten Innenministerin. Etliche Artikel zitierten den Chef des BKA, der vom bereits erfolgreichen Kampf gegen Schleuser sprach.

Keine Frage, die medienwirksame Ausweitung von Grenzkontrollen hängt mit der rassistischen Mobilmachung der gesellschaftlichen Mitte in der sogenannten Migrationsfrage zusammen. Darüber hinaus führen die Maßnahmen zu einer Renationalisierung von Grenzen.

Das, was hier so medienwirksam in Szene gesetzt wird, ist die Erinnerung daran, dass zur Nation ein Territorium gehört, dessen polizeiliche Kontrolle alle Angehörigen der vorgestellten nationalen Gemeinschaft angeht. Dies etabliert nach Jahrzehnten europäischer Freizügigkeit nun ausgerechnet die Ampelregierung. Jenseits linker Warnungen vor dem Eingriff in das Asylrecht gibt es daran kaum umfassende Kritik.

Ähnliche Maßnahmen führten Ende des 19. Jahrhunderts zu grundlegenden, erhitzten Debatten. Dabei musste das Verhältnis des Staates zu seinem Gebiet in diesem Zeitraum erst bestimmt werden. Staatsrechtler wie Georg Jellinek, Paul Laband oder Hugo Preuß konstatierten die „Notwendigkeit eines abgegrenzten Gebiets für das Dasein des Staates“, dass also der Staat durch sein Territorium verkörpert werde.

Preuß formulierte, „eine Verletzung des Reichsgebiets“ sei „eine Verletzung des Reichs selbst“ und entspreche somit eher „einer Körperverletzung, nicht einem Eigentumsdelikt.“ Dies machte Grenzüberschreitungen überhaupt erst zu einer gravierenden Angelegenheit.

Vor allem bürgerliche Reisende beschwerten sich

Auch polizeiliche Kontrollen – wie sie nun an allen deutschen Außengrenzen vorgesehen sind – waren alles andere als selbstverständlich, zumal sich die moderne Polizei erst entwickelte. Als 1888 an der deutsch-französischen Grenze aufgrund außenpolitischer Spannungen eine Passkontrolle eingeführt wurde, folgten aufgebrachte Reaktionen.

Die Grenzpolizei prüfte die Staatsangehörigkeit von Reisenden, die diese jedoch oft nicht einmal selbst kannten. Das lag an komplizierten Regelungen in Elsass-Lothringen, für Frauen auch an Heirat, aber auch an dem, was in der Forschung als nationale Indifferenz bezeichnet wird.

Vor allem bürgerliche Reisende beschwerten sich, wie etwa ein Mann, der laut Frankfurter Zeitung bei der Passkontrolle „in einer Weise behandelt wurde, als ob er irgendeines Verbrechens verdächtig wäre“. Deutsche und französische Zeitungen kritisierten immer wieder die Willkür des polizeilichen Vorgehens.

Passpflicht stünde zu den Verkehrs-Verhältnissen der Jetztzeit in grellem Widerspruch

Vor allem aber galten die Passmaßnahmen als unmodern. Im Reichstag verglich ein elsässischer Abgeordneter, die Maßnahme mit Verhältnissen in Russland, „das man bis dahin als ein halb barbarisches Land angesehen hat“. Zeitungen warnten, dass Deutschland „in den Ruf eines ‚wilden Landes‘“ komme und dass die Passpflicht „zu den Verkehrsverhältnissen der Jetztzeit in grellem Widerspruch“ stehe.

Diese Kritik wird nur verständlich, wenn man bedenkt, dass seit der Reichsgründung 1871 Pässe an der Grenze weder für Staatsangehörige noch für Ausländer nötig waren. Generell wurden im 19. Jahrhundert Reisende eher im Landesinneren kontrolliert, sozialer Status war wichtiger als Nationalität und Migration wurde durch Ausweisungen reguliert. Somit erschien die polizeiliche Kontrolle als unzeitgemäß und warf grundlegende Fragen nach einem „zivilisierten“ Umgang mit der Grenze auf.

Ein Einwand findet sich ähnlich auch heute: der ökonomische Nachteil. So wie derzeit Pend­le­r:in­nen und Wirtschaftsverbände Grenzkontrollen innerhalb der EU als belastend bezeichnen, bemängelte etwa das Berliner Tageblatt den „verderblichen Einfluss auf Handel und Industrie“, die internationale Kundschaft bliebe aus und Rohstoffe erreichten ihr Ziel nicht mehr. Eine Kritik an Grenzkontrollen überhaupt war und ist damit jedoch nicht verbunden.

Die Passmaßnahme von 1888 wurde drei Jahre später wieder aufgehoben. Doch der mediale Fokus auf Grenzpolizei und Grenzzwischenfälle führte zunehmend zu einer Nationalisierung der Grenze. Mit technisch immer schnellerer Berichterstattung wurde es nicht nur für die Außenpolitik notwendig, sich mit dem „Grenzverletzungsproblem“ auseinanderzusetzen.

3.800 Kilometer Grenze

Auch für die Öffentlichkeit wurde die Grenze und ihre Überschreitung immer relevanter. Bilder und Berichte erreichten Le­se­r:in­nen in allen Teilen des Deutschen Reichs und etablierten überhaupt erst, dass Grenzkontrollen von nationaler Relevanz waren.

Auch heute zeigen Pressefotos, Hoheitszeichen oder Polizisten, die Autos durchsuchen, und Reportagen berichten von „vor Ort“ über Verhaftungen und Zurückweisungen. Es gibt wieder eine Aufmerksamkeit für die territorialen Ränder der Nation. Während es zuletzt vor allem „Freie Sachsen“ oder „Identitäre“ waren, die immer wieder Grenzabsperrungen simulierten, sind es nun offizielle politische Maßnahmen, die die Grenzen derart ins Bewusstsein rücken.

Sowohl für heute wie damals heißt dies allerdings nicht, dass Grenzen sich tatsächlich umfassend überwachen ließen. Der Rede von „massiven Zurückweisungen“, stehen 3.800 Kilometer Grenze gegenüber, die insgesamt nur sporadisch kontrollierbar sind. Und dennoch hält sich die Rede vom „Öffnen“, „Schließen“ oder gar von der Grenze als Mauer.

Diese Metaphern sind zentraler Bestandteil des nationalen Spektakels, weil sie verschleiern, dass Grenzen eine Praxis sind, die Menschen durchsetzen und eine Erfahrung, die Menschen machen. Wie diese aussehen, ist jedoch Teil eines gesellschaftlichen Deutungskampfes.

Und hier sehen wir eine Entwicklung, die der Nationalisierung der Grenzen des ersten deutschen Nationalstaates ähnelt. Rechtliche Normen – heute die europäische Freizügigkeit, damals die Passfreiheit – werden durch Ausnahmeregelungen außer Kraft gesetzt.

Grenzkontrollen machen das Territorium zu einer Sache des nationalen Interesses. Dies bedeutet nicht nur einen massiven Eingriff in die Bewegungsfreiheit zahlreicher Menschen und die Zurückweisung von Geflüchteten.

Unter Rückgriff auf die Polizei wird wieder eine nationale Gemeinschaft beschworen, die sich ihrer Grenzen bewusst sein soll. Das ist ein Appell, der nichts Gutes verheißt.

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39 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Die Grenzen haben deshalb heute eine so große Bedeutung, weil allein mit ihrem Überschreiten erhebliche Rechte einhergehen. Wäre dies nicht der Fall, würden vermutlich viel weniger Menschen es versuchen. Wäre es also besser, diese Rechte drastisch zu reduzieren?



    Wer offene Grenzen in Europa will, muss bereit sein, die Aussengrenzen wirksam zu schützen. Wer für das Asylrecht kämpft, muss gegen den Missbrauch dieses Rechts durch Migranten kämpfen. Das haben viele nicht verstanden, für die CDU Wähler schon Nazis sind.

  • Wenn die meisten Personen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, illegal über eine der Grenzen zu unseren EU-Nachbarn eingereist wären, könnte das Ziel, illegalen Aufenthalt zu verhindern, erreicht werden. Die meisten illegalen Aufenthalte entstehen jedoch durch legale Einreise und anschließendes Versäumnis der Ausreise. Es handelt sich also um eine teure und wenig effektive Maßnahme, die zudem den europäischen Binnenhandel und die Bürgerrechte einschränkt und die Personen-Freizügigkeit in der EU in Frage stellt.



    Deshalb wurde es auch von radikalen Nationalisten vorgeschlagen.

  • Interessanter noch in der Nachkriegszeit ist der Umgang mit flüchtigen Deutschen durch die westlichen Besatzungsmächte und dann später durch die junge Bundesrepublik. Diese wurden massiv abgewiesen.

    Dazu gibt einen sehr interessanten Artikel in der Zeit zur Entstehung des Asylrechts: www.zeit.de/2024/2...en/komplettansicht

    Dem Parlamentarischen Rat ging es bei der Formulierung des Asylrechts nicht vorrangig um um deutsche Flüchtlinge allgemein aus der sowjetisch besetzten Zone bzw. der späteren DDR. Man etablierte ein Asylrecht für die politisch verfolgten Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone Schutz zu gewähren.

  • Grenzen sind soziale Konstrukte. Das sind Sozialstaaten auch. Fällt das eine, fällt auch das andere.

  • Was will uns der Artikel sagen?🤷‍♂️



    "Grenzen sind so 19. Jahrhundert", aha.



    Aber dann: vorher wurden "Reisende eher im Landesinneren kontrolliert". Also vor dem 19. Jh doch auch schon Grenzen(?)



    "...sozialer Status war wichtiger als Nationalität und Migration wurde durch Ausweisungen reguliert" - aha, also zusätzlich zu den inländischen Kontrollen auch noch innergesellschaftliche Grenzen, also Grenzen Grenzen.



    Ausweisung von Migranten? Also MUSS es Grenzen gegeben haben, sonst kann ich ja niemanden ausweisen.



    Herrje, ich bring mal Licht ins Dunkel: Grenzen sind die erste Erfindung des Menschen. Territorium abstecken = Uridee.



    Limes, Hadrianswall, Chinesische Mauer, die ältesten Städte der Welt hatten Mauern drum = Grenzen.



    Das man Staatsgrenzen kontrolliert macht erst Sinn seit auch das Land dichter besiedelt ist. Früher waren eben nur Städte gesichert und das öde Land dazwischen oft schutzlos - wo wir beim Thema wären: Grenzen sind nicht 19. Jh, Grenzen sind Fortschritt.



    Die Idee ist nämlich, dass durch Kontrolle der Grenzen die Menschen innerhalb in Sicherheit leben können - eben das was man früher nur innerhalb der Stadtmauern garantieren konnte.



    Darum: Grenzen = Fortschritt.

  • Danke für diesen Artikel.

  • Die sogenannte angebliche Mobilmachung bzw. Renationlisierung, mithin die Grenzschließung ließe sich ohne weiteres beenden, indem das solidarische Sozialsystem aufgelöst wird. Jeder dürfte ungeachtet der Staatsbürgerschaft hier leben, müsste sich jedoch selbst unterhalten.

    Damit wären die Kosten der Migration hinfällig.

    • @DiMa:

      Die Polizeikosten würden durch die Decke gehen.

  • Sorry, aber der Artikel lässt .ich etwas verständnislos zurück.



    Grenzen werden dann überflüssig, wenn wir



    a) weltweit dieselben Gesetze haben



    b) weltweir dieselben Sozialstandards



    c) weltweit dieselbe Wirtschaftspolitik (Weltregierung!)



    d) und die Mehrheit der Menschen in jedem Land das auch so will.



    Für mich ist der Artikel stark ideologisch gefärbt. Die Wertung von Pros und Cons - was für mich die Essenz des Journalismus ist - fehlt hier völlig.

    • @Emmo:

      Der Artikel ist vor allen Dingen sehr informativ und widerlegt Ihre Thesen mit historischen Verweisen. Tatsächlich spielten Grenzen im 19. Jh. keine große Rolle, zumindest nicht für den Reiseverkehr. Das war mir selbst auch schon anhand meiner historischen Quellenstudien aufgefallen: Visa oder Pässe gab es zwar schon, für die Reisenden war das aber recht nebensächlich, kontrolliert wurde an den Grenzen nicht und man brauchte auch keine besonderen Formalitäten oder Genehmigungen, um in ein anderes Land zu reisen, wichtiger waren die Mittel und Beziehungen. Dennoch gab es auch damals keine "Weltregierung" und Gesetze und Sozialstandards waren weitaus divergenter als heute.

  • "Migration gibt es mit und ohne Kontrollen an den Grenzen. Es gab sie schon immer." So ist es, allen (Dumm-) Schwätzern zum Trotz.



    Um diese Grenzen vor "illegaler" Migration zu schützen und nur "legale" Migration zuzulassen, bedurfte es - richtig! der Erfindung des Passes.



    Wer so einen hat, darf über die Grenze, darf



    "pass"-ieren. Dazu hat Bert Brecht folgerichtig gesagt:



    "Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustand kommen, auf die leicht-



    sinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird."



    Alles klar?

    • @Auweiowei:

      Der Paß ist dafür da, dass der Bürger Steuern nur für eine definierte Anzahl von Menschen zahlen muß.

  • Die Implikation, dass Opposition gegen die Migrations-Situation automatisch auf Rassismus schließen lässt ist kontraproduktiv und häufig auch einfach falsch. Es gibt zahlreiche, rationale und nicht rassistische Gründe gegen diese Zustände zu sein. Die gegenwärtige Migration ist eine Armutsmigration, die das Sozialsystem über Dekaden hinweg zusätzlich belasten wird. Also zusätzlich zu der Belastung die ohnehin bereits durch die demografische Entwicklung entsteht und sich weiter verstärken wird.

    Gerne wird dann darauf verwiesen, dass wir genau wegen dieser Demografie mehr Migration brauchen und dieser Einwand ist nicht gänzlich falsch aber grob irreführend. Denn was wir bräuchten ist die Migration kompetenter & fertig ausgebildeter Fachkräfte das hat mit der Gegenwärtigen Realität nichts zu tun und wer etwas anderes behauptet lügt sich schlicht in die eigene Tasche.

  • Sehr viele Worte um letztendlich einen Punkt für unkontrollierte Migration zu versuchen.



    Dabei bleibt unerwähnt, dass genau dies den Aufstieg der AfD befeuert hat.

    • @1Pythagoras:

      Migration gibt es mit und ohne Kontrollen an den Grenzen. Es gab sie schon immer.



      Der Aufstieg der AfD wurde erst dadurch möglich, dass viele Mitbürger in das rassistische, xenophobe und von Ressentiments geprägte dumme Geschwätz eingestimmt haben, das seine Echokammern durchaus auch in der konservativen Presse gefunden hat. Leider gibt es unter uns eine Menge Törichter, die alles unkontrolliert nachplappern, was ihnen vorgeplappert wird.

      • @Aurego:

        Argumentum ad hominem in Reinkultur ist meistens kein Zeichen für Souveränität in einer Diskussion.



        Mal ein Beispiel aus der jüngeren deutschen Geschichte.



        Im Jahr des Mauerbaus flüchteten etwa 300000 junge, überwiegend gut ausgebildete Männer aus der DDR in die BRD. Glauben Sie der Mauerbau und die Grenzschließung hat sich auf die Zahl der Migranten in den Folgejahren irgendwie ausgewirkt oder ging die Migration einfach im gleichen Umfang weiter?



        Frau Merkel hat dieses Narrativ der Alternativlosigkeit in die Welt gesetzt weil sie grundsätzlich keine Debatten führen wollte. Berlin wollte die Grenzen nicht kontrollieren, da die Wirtschaft nach Nachschub für den Mindestlohnsektor rief. Möglich wäre das natürlich schon. Ob Kosten und Nutzen da in einem sinnvollen Verhältnis stehen, würde ich persönlich bezweifeln. Aber so zu tun, als wäre es nichtmal möglich, während alle Länder die vor uns ihre Politik änderten sofort 80% niedrigere Zahlen hatten, ist einfach eine Steilvorlage für die AfD. Die müssen einfach nur auf solche Kommentare zeigen und behaupten wir würden aus ideologischen Gründen selbst banalste Dinge leugnen.

        • @Šarru-kīnu:

          Der Hinweis auf eine von einem Unrechtsregime aufgebaute und mit Selbstschussanlagen und Grenzsoldaten mit Schießbefehl ausgestattete Grenzschutzanlage zeugt erst recht nicht für "Souveränität in einer Diskussion"!



          Davon abgesehen habe ich nicht ad hominem argumentiert, sondern nur auf eine Schwäche menschlicher Interaktion hingewiesen.



          Sie wollen bestreiten, dass es eine Menge Törichter gibt, die irgendwelchen Unsinn ohne weitere Überprüfung nachplappern? Ja, versuchen Sie es ruhig. Den Gegenbeweis werden Sie uns wohl schuldig bleiben.



          Frau Merkel hat lediglich das Schengen-Abkommen umgesetzt, mehr nicht. Das war notwendig, da sonst einige Länder der EU in größere Schwierigkeiten geraten wären, da das Dublin-Abkommen nur für Einzelfälle gedacht waren.



          Auch, als es in den 80er Jahren Grenzkontrollen gab, war es überhaupt gar kein Problem, die Bundesrepublik zu betreten, ohne kontrolliert zu werden. Dasselbe gilt auch jetzt noch - mit oder ohne ein paar Grenzkontrollen an bekannten Grenzübergängen.

        • @Šarru-kīnu:

          So ganz unrecht haben Sie ja nicht. Das Thema Migration - oder besser: Fluchtmigration - ist der Juckepunkt bzw. blinde Fleck jeder zeitgenössischen linken Faschismus-Anslyse. Denn was war zuerst da? Das Huhn oder das Ei? Konkreter: beflügelt ungeregelte, unkontrollierte Fluchtmigration den Aufstieg der AfD oder verhält es sich gerade umgekehrt so, dass das Gerede darüber - plus entsprechender verschärfter politischer Maßnahmen zwecks - den Faschismus befeuert? Bzw. umgekehrt zu dessen Bekämpfung beitragen kann?



          Ich habe da keine fertigen Antworten anzubieten, ich weiß nur, dass der Streit über die Zuwanderung die Linke/Arbeiterbewegung schon von Beginn an spaltete. Insofern kann man auch kaum Lafontaine schelten, dass er das Thema schon früh auf die Tagesordnung brachte. Da sollte man mit dem Vorwurf zurückhaltend sein, er betreibe das Geschäft der Rechten.



          www.marx21.de/lafo...erprotektionismus/



          Mir macht in diesem Kontext etwas ganz anderes Sorgen: lässt sich unkontrollierbare Fluchtmigration in Zeiten der sich verschärfenden globalen Multikrise überhaupt noch eindämmen? Wenn nicht, welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

          • @Abdurchdiemitte:

            "Mir macht in diesem Kontext etwas ganz anderes Sorgen: lässt sich unkontrollierbare Fluchtmigration in Zeiten der sich verschärfenden globalen Multikrise überhaupt noch eindämmen?"

            Die Ursachen für die größten Migrationsbewegungenbliegen in Syrien und der Ukraine und haben beide einen Namen: Putin

            Also ja. Die Ursachen lassen sich relativ schnell eindämmen.

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Staaten haben, wie Körper, eine „Aussenkante“. Die das drinnen von draussen trennt. Allein dadurch wird Autonomie erst ermöglicht.



    Die USA, die Briten etc. haben ja gar keine Pässe aber trotzdem Grenzen.



    Diese definieren nach innen wie nach aussen gewisse Hoheitsrechte, die selbst innerhalb des „Körpers“ das eine Organ gegen das andere Organ Autonomie garantieren.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      Soweit einverstanden. Wenn man das aber auf die Spitze treibt, wird’s Nationalismus, im schlimmsten Falle völkischer Nationalismus.



      Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich mich genau aus diesem Grund auch kritisch mit dem Zionismus befasse - wie übrigens auch beispielsweise mit dem türkischen Kemalismus -, ohne mich deshalb des Antisemitismus zeihen lassen zu wollen.

  • "Dies bedeutet nicht nur einen massiven Eingriff in die Bewegungsfreiheit zahlreicher Menschen"



    Inwiefern? Verweigert man EU-Bürgern die Einreise? An Flughäfen gibtt es auch Kontrollen und man muss Zeit mitbringen, Züge verspäten sich oder fallen aus.



    Lasst doch mal die Kirche im Dorf.

  • Der Artikel macht sehr gut deutlich, die Jungen AfD wählen.

    Wir erleben gerade, dass das Staatsgrenzen und deren Überschreitung ein bestimmendes Thema des 21. Jahrhunderts wird.



    In Amerika, in Europa -inner- und außerhalb der EU - , in Asien und in Afrika.

    Das zu ignorieren, ist Realitätsverweigerung.

    Die politische Linke hat auf die Gefahr durch einwandernde Islamisten mit terroristischen Absichten schlicht keine Antwort.



    (Ja, das ist zahlenmäßig nur eine sehr kleine Gruppe.)

    Sie erkennt nicht mal die Sorge davor wirklich als berechtigt an.

    Im Rückgriff des Artikels auf das 19. Jh. wird erklärt, was die Alternativen zu Grenzkontrollen sind: Kontrollen im Landesinneren, Regulierung der Migration durch Ausweisungen.

    Neudeutsch: verdachtsunabhängige Kontrollen sowie Zurückweisungen und Abschiebungen.

    Das ist doch aber genau das, was die Autorin unter "rassistische Mobilmachung" subsumiert.

    Zudem ist der soziale Status wichtiger als die Zugehörigkeit zur Nation.

    Das bedeutet, soziale Gleichheit ist kein Wert. Im Gegenteil.

    Dieses Gesellschaftsmodell ist rechts von der CDU anzusiedeln.

    Ist die Linke so erstarrt, dass sie keine Antworten auf die aktuellen Fragen findet?

  • Die Argumente überzeugen nicht: Grenzen seien nur ein soziales Kontrukt, sagt der Autor.

    Es stimmt das Gegenteil: sie waren immer da und ihr Nicht-Vorhandensein ist ein Märchen.

  • Nur ein paar kurze Überlegungen: Grenzen sind wichtig, um Identität zu gewinnen, das gilt für das Individuum genauso wie für Kleinstgruppen, größere Gruppen, Interessenverbände, Verwaltungseinheiten u.s.w.



    Grenzen schaffen Übersichtlichkeit.



    Grenzen durchlässig zu machen heißt nicht, sie zum Verschwinden zu bringen. Eine anscheinend unsichtbare Grenze macht es u.U. nötig, genau hinzuschauen.



    Grenzen sind nur für denjenigen lästig, den sie aus- oder einsperren. Für die anderen sind sie von Nutzen. Grenzöffnungen ändern Perspektiven und beinhalten immer Handlungsanweisungen.



    Grenzüberschreitungen werden durch Wunden markiert.



    Letztlich ist sogar meine Freiheit begrenzt, bekanntlich dort, wo die Freiheit...

    • @Vigoleis:

      " Nur ein paar kurze Überlegungen: Grenzen sind wichtig, um Identität zu gewinnen, ... "

      Selbstverständlich steht es ihnen fei, sich über Abgrenzungen zu identifizieren. Also über das, was sie nicht sind. Führt allerdings dazu, das sie nur wissen, was sie nicht sind. Und dies ergibt keine Identität, außer sie sind ein Identitärer.

      "Grenzen schaffen Übersichtlichkeit."

      Also lieber begrenzt als unübersichtlich? Begrenzen wir doch am besten die Meinungen, dann wird es sicher übersichtlicher.

      Bei solch komplizierten oder gar komplexen Zusammenhängen sind "kurze Überlegungen" leider immer zu kurz gegriffen, außer sie glauben an die afd.

  • Lieber Sanni,

    leider hilft es überhaupt nicht, sich hier über AfD-Dummheit zu beklagen.



    Diese Leute wissen nicht einmal, dass es die TAZ gibt, vielleicht können sie nicht einmal lesen.



    Aber dem Leser dieser Zeitung geht Ihr Beitrag runter wie Öl. Das ist ja auch schon was.

    • @Nairam:

      ... vielleicht können sie nicht einmal lesen.



      Genau so etwas hat immer super geholfen.



      Denn die "richtigen" Dinge können die leider lesen und umsetzten.



      Den ach so gescheiten Linken zum trotz.

      Und wenn Sie sich hier die Kommentare ansehen, widersprechen doch die meisten dem Autor.

  • Grenzen sind nicht nur soziale Konstrukte, sondern sie Trennen auch unterschiedliche Kulturen. Dies kann sinnvoll sein. Nicht jede politische Idee, die in Deutschland gut funktioniert muss gut in Frankreich klappen und umgekehrt. Kulturelle Differenzen als potentielle Konfliktquelle innerhalb von Gesellschaften vollständig zu ignorieren greift zu kurz.

  • "Grenzkontrollen machen das Territorium zu einer Sache des nationalen Interesses. "



    Vermutlich der einzig vernünftige Satz in diesem Artikel, der strömt Stubenhocker Mentalität aus von jemand der noch selten eine andere als die deutsche Staatsgrenze passiert hat. Den genau darum geht es. Zu einem Staat gehören Volk, Territorium und Staatsgewalt. Die Staatsgewalt dient dazu, dass es Recht und Gerechtigkeit für das Staatsvolk innerhalb des Staatsterritoriums gibt. Gäbe es eine Jurisdiktion auf weltweiter Basis, wovor uns Gott bewahre, haben doch schon in Deutschland die Bayer und Preußen untereinander so ihre Probleme, dann wären Grenzen nicht mehr nötig. Es gibt etwas zu beschützen innerhalb des deutschen Staatsgebietes. Nicht jeder ist dieser Meinung und mancher findet Deutschland sogar "Scheisse". Aber für den/die wären andere Lokationen vielleicht doch die bessere Wahl.

  • "Generell wurden im 19. Jahrhundert Reisende eher im Landesinneren kontrolliert, sozialer Status war wichtiger als Nationalität und Migration wurde durch Ausweisungen reguliert."

    Aha. Und das war besser so?



    Auch "so 19. Jahrhundert": der Sozialstaat. Wurde etwa gleichzeitig mit dieser Grenzen-Sache eingeführt, aus (auch vielen anderen) Gründen.

  • Für mich bedeuten Grenzen in erster Linie die Sicherung von "Rechtsräumen".

    Auch wenn ich lieber in einer Welt ohne Grenzen leben möchte, weiß ich es zu schätzen, dass, überspitzt ausgedrückt, nicht einfach Taliban-Angehörige, da wo ich wohne, ihre Lebensvorstellungen durchsetzen können, ohne sich strafbar zu machen. Sie könn(t)en es versuchen, aber sie machen sich damit strafbar und das ist für mich wichtig.

  • Ich muss so über unsere Regierung und ihre Verzweiflung lachen. Eifern der AfD nach und tappen von einer in die nächste ausgelegte Falle. Es ist einfach nur lächerlich, denn man darf sich bei all der Geschehnissen nicht in die Irre leiten lassen. Das sind alles unsere Freiheiten, die uns genommen werden. Freiheiten, für die andere gekämpft haben, werfen wir heute weg, weil die AfD-Dummheit grassiert. Eine Pademie der Dummheit.

    • @Sanni:

      Das Problem: würde "Open Borders" umgesetzt, hätte die AfD wohl bald absolute Mehrheiten in Bund und Ländern - oder sind Sie da anderer Meinung?

      • @Emmo:

        "open borders" innerhalb der Eu, aber sicher. Dafür wurde gekämpft. Wer gaubt, dass die Mehrheit der Bürger für die "Schließung" der Grenzen ist, der irrt. Es sind die Parteien, die das glauben und, wie ich schilderte, von der einen in die nächste Falle der AfD tappen. Wie mir scheint, auch Du?

        • @Sanni:

          Open borders für EU Bürger gibt es!



          Ich bin seit Jahrzehnten beruflich in der EU unterwegs und mir wurde noch nie die Einreise in irgend ein EU-Land verwehrt.

        • @Sanni:

          Sie haben meine Frage nicht beantwortet, also gehe ich davon aus, dass Sie keine besseren Argumente haben.ALLE Geenzen zu öffnen ist das sicherste Mittel, der AfD zu einer absoluten Mehrheit zu verhelfen.



          Und ad hominem Angriffe sind meist ein Zeichen schwacher Argumente und vor allem sehr unsouverän. Wir diskutieren ja hier zivilisiert und sind uns alle in der Ablehnung der AfD hoffentlich einig.



          Aber inhaltlich: Die EU hat Ausnahmeregelungen vom Prinzip explizit genehmigt - aus gutem Grund. Und grundsätzlich liegt das Problem EU intern darin, dass man nur halbe Sachen macht: Gemeinsame Währung und Bankenunion ohne eine gemeinsame Sozial- und Steuerpolitik, um nur ein Bsp zu nennen.



          Wäre die EU ein Bundesstaat müssten wir üner die Frage gar nicht diskutieren.

          • @Emmo:

            "Die EU hat Ausnahmeregelungen vom Prinzip explizit genehmigt - aus gutem Grund."

            Ausnahmeregelungen!

            Nicht Grenzkontrollen seit SIEBEN Jahren an der österreichischen Grenzen, auch nicht anlasslos pauschal an allen Außengrenzen. Anlass wäre eine dramatisch ansteigende Zahl von Grenzverletzungen, liegt aber trotz zahllose falscher Behauptungen faktisch nicht vor.