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Überreichtum in DeutschlandEnde der Schonzeit

Es wird mehr berichtet über Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und eine globale Mindeststeuer. Eine handlungsfähige Regierung könnte diese Aufmerksamkeit nutzen.

Völlig enthoben: Die Reichen und Superreichen Foto: imago

A uf einem dieser Empfänge, mit denen sich der Medien- und Politikbetrieb in Berlin durch den Sommer hangelt, traf ich einmal Gerhard Schick. Der hatte Ende 2018 sein Grünen-Bundestagsmandat niedergelegt, um die Bürgerbewegung Finanzwende zu gründen, was ich bedauerte, denn linke Finanzexperten werden im Bundestag dringend gebraucht, also meckerte ich ihn an: Gerade mit einer Ampelregierung könne er doch wohl etwas bewegen! Er lächelte milde und sagte sinngemäß, er sei eigentlich ganz zuversichtlich, dass seine Arbeit auch außerhalb von Partei und Fraktion sinnvoll sei.

Diesen Sommer denke ich, dass er wahrscheinlich recht hatte. Die Berichterstattung über das ökonomische, ökologische und demokratische Problem, das der Überreichtum in Deutschland und anderswo produziert, hat sich enorm verstärkt, ist breiter geworden und gleichzeitig präziser. Das ist jetzt erst einmal meine Privatempirie (vielleicht fühlt sich für eine wissenschaftliche Erhebung jemand aus all den Medienstudiengängen angesprochen – das Semester fängt bald an!).

Aber die Zahl der Beiträge über die Vermögensteuer, eine wirksamere Erbschaftsteuer, eine globale Mindeststeuer, über alles Mögliche also, um der Vermögenskonzentration in wenigen Händen etwas entgegenzusetzen, ist doch auffällig.

Auch Capital berichtet mit kritischem Unterton (sieh an, da schreibt ein Ex-taz-Kollege), dass gerade in Deutschland die Über-100-Millionen-Dollar-Superreichen in letzter Zeit noch reicher wurden (plus 10 Prozent in einem Jahr) und damit die bloß Ein-bis-fünf-Millionen-Dollar-Reichen (plus 5 Prozent im selben Jahr) weiter hinter sich lassen.

Endlich Leben eingehaucht

Die Berichtsanlässe liefern hierbei oft die „Wealth Reports“ etwa der Boston Consulting Group – von dort stammen die eben zitierten Zahlen – oder auch von Oxfam. Anders aber als noch vor wenigen Jahren gibt es jetzt eine ganze Reihe von Organisationen, die sich zu solchen Routineterminen äußern und eigene Recherchen, Vorschläge und überhaupt ein paar Ideen beisteuern: Das Netzwerk Steuergerechtigkeit erwähnte ich letztes Mal an dieser Stelle, die abgabewilligen ErbInnen der Ini­tia­ti­ve ­taxmenow, aber auch Gerhard Schicks Bürgerbewegung Finanzwende gehören dazu.

Es sieht aus, als hätten diese Initiativen es vermocht, dem Thema endlich Leben einzuhauchen. Das bedeutet, dass die drängendsten Fragen sich herumsprechen: Wie kann es sein, dass in Deutschland Reichtum nicht messbar sein soll? Wer genau ist eigentlich diese Stiftung Familienunternehmen, die in Deutschland offenbar die Gesetzesvorlagen mitverfassen darf?

Auch der Sprachgebrauch und sein kultureller Resonanzboden werden aufgelockert. Reiche, Superreiche, Überreiche – der ganze Reichtumsbegriff wirkt plötzlich ganz frisch und ist vielfältiger geworden. Seit Jahrzehnten grübeln die SoziologInnen, wie sich in Deutschland das Gerücht aus den 50er Jahren halten kann, man sei eine „nivellierte Mittelstandsgesellschaft“ und irgendwie gleicher als das europäische Umland.

Der Historiker Hans-Ulrich Wehler hat dazu mal gesagt, dieses immer schon falsche Selbstbild habe sein „Unterfutter“ in den Jahren vor 1945: „Es gab eine erstaunliche Sehnsucht nach der Mitte, die auch von der Volksgemeinschaftsideologie angesprochen worden war.“

Ohne Reste dieser irrigen Vorstellung einer Mittelstandsgesellschaft in allzu vielen Köpfen hätte die Jahrzehnte währende Steuerverschonung der Vermögenden durch wechselnde Koalitionen nicht so gut funktioniert. Wenn diese ideologische Ära jetzt zu einem Ende kommen sollte, braucht’s nur noch eine handlungsfähige Regierung, um … – ach, Mist. Ich vergaß.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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56 Kommentare

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  • In Deutschland wird es für Durchschnittsarbeitnehmer immer schwerer, Wohlstand und Besitz zu halten oder zu erwerben. Ein Briefträger kann in München oder Düsseldorf eine Sozialwohnung mieten, die Löhne wachsen sehr langsam und dann zahlen viele Arbeitnehmer hohe Steuern und indirekte Steuern, während bei sehr reichen Menschen die Besteuerung lückenhaft und unzureichend ist. Absurderweise haben alle Regierungen seit 1982 daran mitgewirkt. Bislang bestand bei der Regierung immer der Wunsch, dieses Ungleichgewicht noch zu verstärken. Friedrich Merz z.B. plant das sogar ganz offen, noch extremer, wahrscheinlich müssen dann die Mehrwertsteuer und Einkommenssteuer angehoben werden, damit zehn Prozent ganz oben 'entlastet'werden können.

  • die forderung selbst ist keineswegs ein problem.



    das problem entsteht, wenn wir, die wir halt nicht superreich sind, bißl mehr als krümel abhaben wollen.



    spd, grüne, union, afd - kannste vergessen bgzl. reichensteuer. bsw träg die forderung auch nicht gerade als banner vor sich her. die LINKE, die diese forderung aufm zettel hat, hat sich gerade selbst ins politische nirvana verabschiedet.

    bleiben 1% der superreichen (oder so), die tax me now fordern. ebenfalls völlig unerheblich gegenüber dem einfluß der supperreichen auf die bürgerlichen parteien + dem fehlen eines linken korrektivs.



    oh, die gewerkschaften - spielen die dabei eine rolle?



    anwort: nö.

  • Menschheit Masse und Macht in Händen weniger Auserwählter von Gottes Gnaden oder im Namen Volkes selbstermächtigt war über Jahrtauende anthropologisches Maß das Mittel der Wahl von Erbfolge unter Wenigen, während die Vielen ranständ0g ihrem Mitsprache Mangel in Gebeten ergeben erduldeen oder ohnmächtig gen Himmel zu den Göttern schrien bis sich das durch Forderung der Vielen auf Mitsprache im Schneckentempo oder in Quantensprüngen Richtung Demokratie änderte. Dass sich nun angeblich Zuversicht verbreite, dass Masse und Macht Geldes in Händen Weniger nach römischem Gebot quot licet jovi non licet bovi, pecunia non olet widerlegt auf Agenda gerät, weil Geld eben doch gen Himmel stinkt. Die mit Geld gesegnet von unklaren Gnaden und Provenienz in Erbfolge Reicher, Schöner exponentiell mehr an CO2 Emissionen auslösen zulasten Weltklima mit Inflationär dynamisierten Kreditlinien neues Geld aus dem Nichts geschöpft, mehr an toxischen CO2 Emissionen produzieren wie benzingetriebene Mobile krankmachende Auspuffgase, Feinstaub als die Vielen, die aus Mangel Geldes atemlos mehr Atem brauchen wie an Land geworfene Fische, ist gut, dass Forderung nach Mitsprache bei Geld Masse Macht anschwillt

  • Wir haben keine handlungsfähige Regierung und wir werden nach den Wahlen auch keine handlungsfähige Regierung bekommen. Dazu braucht es nämlich Parteien, die entweder die absolute Mehrheit, oder Kompromisse schaffen. Beides ist inzwischen gleich undenkbar. SPD und Grüne werden sich Lindner noch zurückwünschen und Lindner wird sich in den Bundestag zurückwünschen.

  • "Eine handlungsfähige Regierung könnte das nutzen"

    Die Partei der "Unterscheidbarkeit" wird das zu verhindern wissen. Und ich meine nicht die Grünen.

  • "Wer genau ist eigentlich diese Stiftung Familienunternehmen, die in Deutschland offenbar die Gesetzesvorlagen mitverfassen darf?"

    Die Vereinigung der Spender der maßgeblichen Parteien 😉

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sie sollte eher "Stiftung Deutsche Oligarchen" oder "Lobbyverband Großkapital" heißen.



      Das wäre ehrlich aber zuviel verlangt.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ihr :-) trifft es wohl.



      Aber hier mal zwei Infos:

      lobbypedia.de/wiki...amilienunternehmen

      Und eine Liste der größten deutschen Familienunternehmen, die sich vermutlich in der Stiftung Familienunternehmen zusammengefunden haben, um für ihre Familieninteressen einzutreten. "Vermutlich" deshalb, weil die Stiftung keine Angaben genauen über ihre Mitglieder macht.

      de.wikipedia.org/w...men_in_Deutschland

  • Eine "Reichensteuer" ist der total verkehrte Ansatz, lasst die "Reichen" investieren, ja, sollen sie damit Geld verdienen aber wenigstens würde was passieren. Das EEG ist das beste Beispiel, ohne die Investitionen von privat Personen in PV-Anlagen und Windrädern wäre die Energiewende von Haus aus gescheitert. Warum sollte das nicht auch in anderen Bereichen funktionieren ?? Und man hätte den großen Vorteil das private Unternehmer, ganz im Gegensatz zu unserem Staat, wirklich darauf achten das ihr Geld effektiv eingesetzt wird.

    • @Günter Witte:

      Richtig ist, dass Menschen, die sowohl über Grundbesitz als auch Investitionskapital verfügten, absurd hohe Zuschüsse und Einspeisevergütungen erhalten haben. Ich bin angesichts unseres Billionen-Sozialstaats wahrlich kein Freund der "Umverteilung nach Oben"-Kamelle, aber was die PV angeht, ist der Spruch zutreffend.

  • In dieser Sache kann keine Regierung handlungsfähig (besser: handlungswillig) sein, der CDSUAFDP Mitglieder angehören. Selbst SPD und GRÜNE sind da nicht farbecht. Dazu kommt, dass die Superreichen eine enorme Kraft haben, derartige Bemühungen gleich im Keim zu ersticken. Und ist das Haus Springer nicht auch superreich??

  • Es könnte ja sein, dass Wohlhabende (vulgo Superreiche, Überreiche etc) die Power der Börse nutzen und nicht verteufeln, wie linke Kapitalismuskritiker. Springe jetzt in meinen Geldspeicher.

  • Es ist in den Köpfen anscheinend nicht angekommen, dass Geld gleichzusetzen mit Macht ist. Aus welchem Grund sollte die Macht sich selbst beschränken, wenn sie ungehindert wachsen kann. Andere Systeme, die nicht nur auf Privateigentum basieren, hat sie erfolgreich in die Knie gezwungen. Die einzigen Grenzen sind zur Zeit die ökologischen. Ggf. führen diese zu einer positiven Veränderung im Bezug auf gerechte Verteilung und Verbrauch von Ressourcen.

    • @JanD:

      Angewandter Wille ist Macht. Ob er in Geld verkörpert daherkommt oder in anderer Form (z. B. überzeugte Wähler oder auch blanke Gewalt), ist eigentlich egal. Wer mehr davon auf die Straße bringen kann, hat mehr zu sagen.

      Die "anderen Systeme" haben ihren Kniefall entsprechend auch ganz allein geschafft. Sie sind erst daran gescheitert, die jeweilige Bevölkerung wirklich mitzunehmen. Und als Reaktion haben sie versucht, Macht in totalitärer Repression auszudrücken, was gegn den Willen der Systemunwilligen auch nicht ankam. Das Geld der Verfechter des Privateigentums war dann nur noch nötig, um die letzten Nägel in den Sarg zu hauen.

  • Was ist denn "Überreichtum"? Wird das irgendwo definiert, und wenn ja nach welchen Kriterien?

    • @Tom Tailor:

      Ja, mehr als 100 Millionen Vermögen

    • @Tom Tailor:

      Dazu gibt es eine Menge Literatur. Einfach mal googlen.

  • Es handelt sich hierbei doch um eine Art Schattenboxen einer am Boden liegenden Linken bzw. einer außerparlamentarischen Opposition (die Die Linke würde ich in Ansehnung erwartbarer Wahlergebnisse eher zu Letzterem zählen). Nachdem realistische Themen (Schuldenbremse, "Kindergrundsicherung", Bürgergeld & Co.) durch sind und auch nicht weiter diskutiert werden, richtet man sich mit einer Art pavlowschen Reflex den vollkommen unrealistischen Themen zu. Da niemand weiter darüber diskutiert, gibt es auch keinen Wiederspruch.

    Das alles würde ich nicht als "Momentum" bezeichnen. Bleiben wir doch realistisch.

  • Die unfaire Nichtbesteuerung der Superreichen und multinationalen Unternehmen ist DIE Neue Soziale Frage (naja, 50 Jahre alt) auf die die ehemals sozialdemokratische Partei Deutschlands KEINE ANTWORT hat.



    Und Nein, es ist nicht nur die KKR Medien"Landschaft". Es ist v.a. ein SPD-Bundeskanzler der nicht die Eier hat dieses ursozialdemokratische Thema umzusetzen.



    Meine Stimme hat er (und seine Partei) dadurch verloren.

    • @So,so:

      Es stmmt nicht, dass Superreiche nicht besteuert werden.



      Wo haben Sie diesen Aberglauben her?



      Korrekt ist dagegen, dass niedrige Einkommen nicht besteuert werden.

  • Die Hälfte des Vermögens, Tendenz zunehmend, fußt auf Erben/Geschenktbekommen.



    Und auch die Chancen im Arbeitsmarkt sind ungleich verteilt.



    Bevor es alle merken, mit entsprechenden Folgen, sollten wir es rasch wieder korrigieren.

    • @Janix:

      Was wären denn die Folgen, wenn es alle merkten? Dass es dann den Reichen an den Kragen geht? Wohl kaum.

      Die parlamentarischen Vertreter der Reichen, CDU und FDP, sowie die Medien der Reichen, Springer und co., lenken seit Jahren, seit Jahrzehnten die Debatte immer wieder in eine ihnen genehme Richtung: Die Armen und die Ausländer bekommen zu viel in diesem Land, und den unteren Lohnsegmenten geht es nicht wegen zu niedriger Löhne so schlecht, sondern weil diese so hohe Abgaben für die Armen und die Ausländer leisten müssen. Und kaum einer aus der arbeitenden Masse hinterfragt mal die Verteilung des unglaublichen Wohlstandes, den die deutsche Volkswirtschaft Jahr für Jahr erwirtschaftet. Stattdessen (auch bei der SPD und den Grünen) immer wieder nur das Mantra von "mehr Wachstum"... bei natürlich ungeändertem Verteilungsschlüssel...

      • @Bussard:

        Ich bin bei Ihnen.



        Um aber auch die Frage zu beantworten:



        So öffnet man den politischen Raum für Extremisten, konkret: diese aberwitzigen Höckianer.

        • @Janix:

          Aber das ist doch gerade das aberwitzige an der Entwicklung: wer AFD wählt, wählt ja nicht mehr soziale Gerechtigkeit! Die AFD ist in Fragen der Verteilungsgerechtigkeit und des Besitzstandes ja noch krasser als die CDU! Mir sagt das, dass die Erklärung, die AFD werde wegen der sozialen Ungerechtigkeit in diesem Land gewählt, schlichtweg nicht stimmt!

  • Die Vermögensentwicklung ist Folge politischer Entscheidungen, nicht politischer Untätigkeit. Was nützen die Sachstandsberichte, wenn nichts aufgearbeitet wird. Z.B. wie es sein konnte, dass im ersten Jahr der Coronakrise (2020) das private Vermögen der Milliardäre von acht auf dreizehn Billionen Dollar steigen konnte, was einem Vermögenszuwachs von 60 % (!) binnen eines Jahres für etwa 2700 Privatpersonen entsprach?



    Und ist es nicht merkwürdig, dass trotz allgemeinem und alljährlichem Gejammer der Wirtschaftsinstitute über zu geringe Wachstumsraten, Konsum- und Exportflauten ... die privaten Vermögen der Vermögenden immer kontinuierlich gestiegen sind? Liegt es vielleicht daran, dass nicht Konzerne, sondern deren Eigentümer hauptsächlich von staatlichen Investitionen, Subventionen und Rettungspaketen profitieren? Juristische Personen (AG o.ä) verfügen über kein privates Konto, nur deren Eigentümer.



    Trotz/wegen zunehmender Krisen, Kriege und Katastrophen werden die Vermögenden immer vermögender. Und die Löcher in Staatshaushalten immer größer!



    Diskutieren wir also routiniert ein weiteres Jahrzehnt über Vermögens-, Erbschafts, Tobin-, Reichensteuer, Managergehälter, Boni?

    • @Drabiniok Dieter:

      "Privates Vermögen" heißt nicht Geld auf einem "privaten Konto". Reiche haben nur relativ wenig Geld auf dem Konto (sonst wären sie auch nicht reich). Das meiste Vermögen steckt in Firmenanteilen und Immobilien.

      • @Trollator:

        Ist mir alles nicht unbekannt. Aber Sie sind schon nah daran zu verstehen, weshalb die Vermögenden mit jeder staatlichen Subvention, mit jedem Zuschuss und mit jedem Rettungspaket für Unternehmen und Konzerne immer vermögender wurden und werden.



        Auf privaten Konten der Eigentümer landen die Unternehmensgewinne und Dividenden. Mit Ausnahme von Kleinanlegern und Sparern, ist das in der Regel bei Vermögenden überschüssiges "freies Kapital", dass in neue/zusätzliche Unternehmensanteile, Spekulationsobjekte, Immobilien etc. investiert wird, deren Unternehmensgewinne und Dividenden wiederum zu "freiem Kapital" werden ... Diese Spirale dreht sich mit enormer Dynamik und verschärft die Vermögensungleichheit. Will man diese Spirale bremsen, ist mehr nötig als eine Vermögens- oder höhere Erbschaftssteuer.

        • @Drabiniok Dieter:

          Klar, Kommunismus würde da "helfen". Das will aber keiner (zumindest die übergroße Mehrheit nicht).

          • @Trollator:

            Richtig, eine immer größer werdende Anzahl von Menschen in diesem Land glaubt offensichtlich, dass es helfen würde, die Steuern noch weiter zu senken, die Märkte noch mehr zu deregulieren und die Ausländer zu vertreiben. Das ist das Wahlprogramm der AFD. Also noch mehr von dem, was wir schon 30 Jahre lang hatten und zu der heutigen Situation geführt hat, soll alles besser machen.

            Ist das politische Unreife des Wahlvolkes, oder geht es in dieser ganzen Angelegenheit vielleicht um etwas ganz anderes?

          • @Trollator:

            Zumindest haben Sie offenbar das Prinzip der Vermögensentwicklung verstanden. Mehr konnte ich kaum erwarten. Es gibt Ideen und Lösungsvorschläge, die mehrheitsfähig wären und nichts mit Kommunismus zu tun haben. Belassen wir es dabei.



            Vielen Dank für Ihre Reaktionen.

  • Es geht auch um die geistige Substanz einer Gemeinschaft. Wenn sich einige mit Zaster glauben einen schlanken Fuß machen zu dürfen, weil sie (auch) den Finanzminister und dessen Partei auf ihrer Seite haben,



    dann braucht man sich über extremistische Parteien nicht mehr wundern, die dann Schlangenöl gegen so etwas verkaufen können.



    Gerechtigkeit ist ein sehr hohes Gut. Auch als Kind armer Eltern muss mensch noch halbwegs gleiche Chancen haben.

    • @Janix:

      Haben Sie den Eindruck, dem ist nicht so im deutschen Bildungssystem? Das frage ich als Kind armer Eltern.

      • @Tom Tailor:

        Ja, und das ist leider nicht Eindruck, das ist Statistik.



        In den 1970ern öffnete sich das Fenster für eine Weile dank SPD/FDP (damalige! FDP), danach wurde wieder abgeriegelt.



        "Survivor bias" zu verstehen ist immer ein hilfreiche Perspektive, u.a. bei Ihrem Einwurf. Beziehen Sie also alle anderen in die Grundgesamtheit ein. Manchmal ist man selbst der Ausreißer.

        Die öffentlichen Schulen sind unterfinanziert, während private die beschränkten Arztkinder durchpämpern. Der Studienzugang ist massiv verschieden.



        Später hat der eine schon die Connections und den Platz beim Bundesbruder, der andere muss die ganze Zeit durcharbeiten.



        Der eine hat die Wohnung zum 18. geschenkt, der andere nie im Leben.

        Ich hoffe, das fällt nicht so auf, dass es hier mal abgeht.

        • @Janix:

          Durchpämpern? Nachhilfe kann die Defizite der Schule beseitigen, nicht die Defizite des Schülers. Die Möglichkeiten auch einer guten Schule, dass auszubügeln, was die Eltern versaut haben sind begrenzt (nicht, dass wir gute Schulen hätten). Die Möglichkeiten einer Schule, gegen die Begrenzung durch Gene anzuarbeiten, sind gleich null. Soziale Gerechtigkeit ist ein anzustrebendes Ziel, aber selbst wenn das erreicht wäre, sind immer noch nicht alle Menschen gleich schön, gleich gesund und gleich begabt.

          • @Kurt Kraus:

            Die müssen ja gar nicht Mathe begreifen. Sie bekommen "verständnisvolle" Lehrer, der Papi zahlt in die Schulkasse, und nach dem Abschluss sorgen die Connections für den Rest. Manager o.ä. ist in manchen Branchen jetzt nix, was ein reales Abitur braucht.

            Intelligenzforschung reduziert das aktuell eben _nicht auf Gene.



            Intelligenz, gemessen am IQ, sagt den Schulerfolg halbwegs voraus. Nachher spätestens sind es andere Faktoren. Incl. Habitus.

      • @Tom Tailor:

        Ja, genau diesen Eindruck habe ich.

  • Zahlt die AG Deutsche Bahn eigentlich Steuern?

    • @Rudolf Fissner:

      Das wurde 30 Jahre lang gemacht - entsprechend Vorgabe der Regierung rund 500 Mio € Dividende pro Jahr (um das machen zu können, muss ein steuerpflichtiger Gewinn vorhanden sein und NACH Steuern noch soviel Geld übrig sein). In Summe jahrelang eine knappe Milliarde pro Jahr für den Staatshaushalt.

      Wenn man stattdessen versucht hätte, die Infrastruktur in Ordnung zu halten, hätte man steuermindernde (und zwar bis auf Null!) Betriebsausgaben gehabt und kein Geld, um Dividende zu zahlen. 😎

    • @Rudolf Fissner:

      Welches Unternehmen zahlt bei Verlusten Steuern? Der bestehende Verlustvortrag sollte für die kommenden Jahrzehnte ausreichen, damit sebst bei Gewinnnen keine Steuern gezahlt werden müssten.

    • @Rudolf Fissner:

      LOL.......... natürlich nicht. Denn an wem sollte die DB, welche sich in Staatsbesitz befindet, auch Steuern zahlen?

    • @Rudolf Fissner:

      Mehr als die Flieger oder nach Abzug der ganzen versteckten Bezuschussungen auch die Autos.



      Das erklärt unsere Fehlsteuerungen und -allokationen im Verkehrssektor auch ein wenig.



      Das kann man ändern: Dass Fuß, Rad, Bahn und Bus wenigstens faire Bedingungen vorfinden.

  • 'People in this World who are not poor, are rich.'



    Wenn schon das Thema, dann supranational. Reiche (also deutsche Mittelschicht) die auf ganz Reiche schimpfen um auf Fairness zu pochen. Allenfalls die halbe Miete.



    Ansonsten, guter Mann der Herr Schick, der durch sein Engagement thematisch mehr bewegt bekommt, als viele Presseartikel zusammen. Liegt aber oft nur an der Qualität der Schreibenden. Finanzbildung als Schulfach..., ich denke das würde etwas bewegen!

  • @DON GERALDO

    Und jetzt in kohärent, damit mensch das auch versteht?

  • Für mich ist u.a. Frank Zander ein Vorbild.



    Die Geissens hingegen (die Kinder können nichts dafür) ein Negativbeispiel.

    • @Horst Schlichter:

      Im Sinne dieser Reichen und Überreichen zählt Frank Zander sicher nicht zu ihnen, der hat ja auch für sein Geld gearbeitet.

  • natürlich sind wir eine mittelstands gesellschaft - der mittelstand zahlt die steuern, die alles am laufen halten

  • Die ganzen Diskussionen über höhere Steuern für Reiche lenkt doch davon ab, dass diese Leute weitaus geringere Abgaben haben als Angestellte.



    Auch deshalb, weil viele staatliche Ausgaben in die Sozialversicherungen ausgelagert wurden.

    • @Don Geraldo:

      Können Sie auch belegen?

      • @hartmood:

        Belege wofür ?

        Reiche bezahlen keine Sozialversicherung, das sollte Allgemeinwissen sein.

        Oder wollen Sie Belege für staatliche Aufgaben, die in die Sozialversicherungen ausgelagert wurden ?

        Mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung wird nicht nur Berufsberatung finanziert, sondern auch die Organisation des Kindergeldes. Beides auch für Kinder, deren Eltern keine Beiträge zahlen.

        Ich könnte jetzt noch weitaus mehr aufführen, aber hier ist eine schöne Zusammenstellung:



        www.boeckler.de/de...eistungen-7380.htm

        • @Don Geraldo:

          "Mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung ....."



          Ihnen ist schon klar das auch Beamte nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen.



          Oder auch der "kleine" Selbständige, wie z.B. ein Gastronom nicht.



          Aber das passt wahrscheinlich nicht so ganz in Ihr Weltbild.

  • Ist das so? Aktuell finde ich, abseits linker Medien, eher Beiträge darüber, wie viele Reiche Europa aufgrund hoher Steuern den Rücken kehren.



    "Eine handlungsfähige Regierung könnte diese Aufmerksamkeit nutzen."



    Und wie sollte sie das tun? Grüße gehen raus an Norwegen, wo die zusätzliche Besteuerung der Reichen gerade mehr kostet als sie einbringt weil die Steuerpflichtigen einfach in die Schweiz umziehen...

    • @Samvim:

      Sicher, was meinen sie wie die Pressearbeit der kleinen putzigen Familienunternehmen, die in gleichnamiger Stiftung zusammengefasst sind und denen ja die Verlagsgruppen auch gehören so funktioniert?

      • @Axel Schäfer:

        Welche Verlagsgruppen meinen Sie? Sicher nicht diejenigen, die zum RND gehören und einen Gutteil der deutschen Presselandschaft ausmachen.

    • @Samvim:

      Korrekt. Deswegen ist die Vermögenssteuer weltweit auch ein Auslaufmodell.

  • Ja. Grosses Lob an Finanzwende (die jetzt eine sehr kompetente Geschäftsführerin dazugewinnen konnten!).

    Auch nicht zu vergessen: die viele Kleinarbeit, die manche Wirtschaftswissenschaftler*innen schon lange tun: nicht alle in der Zunft sind vom Grosskapital gekauft. Die Gruppe um Piketty, Zucman, uva und die World Inequality Database [1] seien hier als Beispiel erwähnt.

    Fehlen nur noch Medien, die das publik machen -- äh... danke, Frau Winkelmann :-)

    [1] en.wikipedia.org/w...nequality_Database

  • "Den Reichen Geld wegnehmen? Dafür haben wir kein Geld! " C. Lindner