Letzte Generation auf dem Rollfeld: Weiterhin ungehorsam

Die Letzte Generation blockiert mal wieder – diesmal Flughäfen. Die Aktivistinnen und Aktivisten müssen mit harten Strafen rechnen.

Ein Mann sitzt auf dem Rollfeld eines Flughafens und hält ein Transparent in den Händen, darauf ist zu lesen "Öl tötet"

Hier fliegt erstmal nichts: Klimaaktivisten blockieren den Flughafen Frankfurt am Main Foto: Letzte Generation/epa

BERLIN taz | Aktivisten der Letzten Generation haben in dieser Woche wiederholt auf den Rollfeldern von Flughäfen gegen die Fossilwirtschaft protestiert. Am Mittwoch klebten acht Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift „Öl tötet“ und sich selbst auf ein Flugfeld des Airports Köln/Bonn, am ­Donnerstag legten sieben Protestler mit dem gleichen Slogan den Flugverkehr in Frankfurt am Main lahm. Hatte die Gruppe nicht jüngst erklärt, künftig auf Blockaden verzichten zu wollen?

„Flughäfen sind Orte des fossilen Unrechts“, erklärte ein Sprecher der Organisation. Deshalb müsse sich der Klimaprotest weiterhin mit ihnen befassen. Konkret fordern die Aktivisten von der Bundesregierung, „ein rechtsverbindliches internationales Abkommen mitzugestalten und zu unterzeichnen, das den weltweiten Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle bis 2030 regelt“.

Das Thema stand im vergangenen Jahr auf der Agenda der Weltklimakonferenz COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Doch von dem ambitionierten Entwurf, der einen Kohleausstieg bis 2035 vorsah, ist kaum etwas übrig.

Mit ihrer Forderung ist die Letzte Generation nicht allein: Auch in Spanien, Norwegen, Finnland und der Schweiz wurden Flughäfen besetzt, in Großbritannien wurden die Aktivisten auf dem Weg zu Londons Flughafen Heathrow festgesetzt. Insgesamt beteiligen sich 13 Organisationen aus zehn Ländern am Protest.

„Der Vertrag ist keine Idee von uns, sondern stammt vielmehr aus den ­Staaten des Globalen Südens“, sagt Lina Johnsen, Sprecherin der Letzten Generation. Immer mehr Länder, die besonders stark unter der Erd­erhitzung leiden, unterstützen ihn, etwa die Allianz der kleinen Inselstaaten.

Flughäfen von Strategiewechsel ausgenommen

Tatsächlich hatte die Letzte Generation Anfang des Jahres einen Strategiewechsel beschlossen. Straßenblockaden soll es nicht mehr geben, statt dessen „ungehorsame Versammlungen“, mit denen der Verkehr ausgebremst, aber nicht mehr gestoppt wird. „Für Flughäfen gilt das Blockadeende aber explizit nicht“, sagt Johnsen, denn diese seien „substanzieller Teil der Zukunftsvernichtung“.

Johnsen erklärt, dass die Aktivisten niemals eine Rollbahn attackieren würden: „Unser Sicherheitskonzept schreibt vor, nur auf den Rangierflächen der Flugzeuge zu protestieren.“

Trotzdem müssen die Protestler mit harten Strafen rechnen. Alle Beteiligten müssen sich „wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, des Hausfriedensbruchs, der Sachbeschädigung und des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verantworten“, erklärte die Frankfurter Polizei.

In letzter Zeit waren die Aktivisten immer härteren Strafen ausgesetzt, in Berlin wurde vergangene Woche eine Klimaaktivistin zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt derzeit wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Permafrost geht bereits zurück

Eigentlich heißt die Gruppe „Letzte Generation vor den Kipppunkten“: Es geht um Vorgänge im Weltklima, die – einmal angeschoben – nicht mehr rückgängig gemacht werden können und die Erhitzung der Erde automatisieren. So lagern beispielsweise im permanent gefrorenen Boden Sibiriens und Nordamerikas, dem Permafrost, potenziell doppelt so viele Treibhausgase wie sich derzeit in der Atmosphäre befinden.

„Taut der Boden auf, entweichen diese, ohne dass die Menschheit irgendetwas dagegen unternehmen kann“, sagt Johnsen. Ein Prozess, der längst begonnen hat: Studien zufolge ist etwa die Grenze des dauerhaft gefrorenen Bodens bereits einhundert Kilometer Richtung Norden gewandert.

„Wir müssten also mehr Klimaschutz machen“, sagt Johnsen. Denn mehr Treib­haus­ga­se, die durch den tauenden Boden austreten, seien in den Klimaberechnungen der UNO für das 1,5-Grad-Ziel noch nicht eingerechnet. Stattdessen aber verstoße die Regierung gegen die eigene Klimagesetzgebung, wie jüngst etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg urteilte.

„Ich find’s auch doof, dass ich protestieren muss“, sagt Lina Johnsen. Sie empfinde diesen Protest aber als Mittel gegen ein Ohnmachtsgefühl, „das mich beschleicht, wenn man die ­Notwendigkeiten beim Klimaschutz mit der Realpolitik vergleicht“.

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