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Kulturkampf an den HochschulenUnis vor der Zerreißprobe

An der Berliner Universität der Künste (UDK) polarisiert ein antiisraelischer Protest. Jüdische Studierende fühlen sich nicht mehr sicher.

UdK-Präsident Nobert Palz versucht am 13. November mit Studierenden zu diskutieren Foto: student_collective_berlin/Instagram

Raum 333 soll an diesem Tag ein „Safe Space“ sein. Er bietet nicht viel: einen runden Tisch, einen Kopierer, aber vor allem eine abschließbare Tür. Im dritten Stock des Hauptgebäudes der Universität der Künste Berlin (UdK), unweit des Bahnhofs Zoo, ist die Kammer am Mittwoch (29. November.) für Studierende reserviert, die sich bedroht fühlen von Antisemitismus. Und von ihren Kommiliton*innen, die gegen Israel demonstrieren.

Eleni Manolopoulos und drei Mit­stu­den­t*in­nen sitzen am Tisch neben dem Kopierer und diskutieren: über eine Spaltung an ihrer Uni, über Studierende, die sich durch Faken News in abgeschlossenen Social-Media-Blasen blenden lassen. Und sie reden über die Theorie der Postcolonial Studies, von der sie sich wünschen, dass sie anders gedacht und angewandt würde. Anders jedenfalls, als Israel einen „weißen Kolonialstaat“ zu schimpfen.

In ihrer Runde kommen sie aus unterschiedlichen politischen Ecken, aus verschiedenen Studiengängen und sind nicht alle jüdisch. Alle aber beklagen eine einseitige Verurteilung Israels. „Wir setzen uns auch für die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen ein und sind gegen die rechte Regierung Netanjahus“, sagt Manolopoulos. Dennoch seien sie Anfeindungen ausgesetzt.

Furcht vor Übergriffen

Dass sichere Räume nötig wurden, liegt an einer polarisierten Stimmung nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober, die wohl viele, vielleicht alle Hochschulen im Land betrifft und an Kunsthochschulen besonders einschlägt.

Wir haben an der Uni ein massives Problem mit Antisemitismus

Eleni Manolopoulos

Jüdische Studierende trauen sich teilweise nicht mehr in die Klassen. So erzählen es die vier in der Runde. Und so bestätigt es auch die Leitung der UdK. „Das ist total erschreckend und darf nicht sein“, sagt Manolopoulos „Wir haben an der Uni ein massives Problem mit Antisemitismus.“

Vor allem linke Studierende ergreifen an den Unis derzeit Partei für die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und verweigern dabei teilweise eine Verurteilung des antisemitischen Terrors. An der UdK waren sie besonders laut und besonders sichtbar. Mit rund 4.000 Studierenden, über 70 Studiengängen und 300-jähriger Geschichte zählt sie zu den größten und bedeutendsten Kunstakademien der Welt.

Eine Aktion vom 13. November brachte der UdK bundesweite Schlagzeilen. Rund 100 Studierende hatten das Foyer des Hauptgebäudes besetzt und ihre Hände rot eingefärbt. Einige interpretierten das als eine Anspielung auf das Foto eines Lynchmords an zwei Israelis in der West Bank.

Geschrei statt Diskussion

UdK-Präsident Nobert Palz versuchte mit ihnen zu diskutieren und wurde fast eine Dreiviertelstunde lang angebrüllt. Als Palz anhob, die Verurteilung des Terrors der Hamas müsse der gemeinsame Nenner sein, begann das Geschrei. Er solle Israel verurteilen, den „Genozid“ und den „Kolo­nialismus“.

Stein des Anstoßes für die Protestierenden war eine Erklärung der Hochschulleitung vom 10. Oktober, in der sie sich solidarisch mit Israel zeigte. Die UdK landete mit dem Statement auf einer Liste, die weltweit Kulturinstitutionen danach einteilt, wie sie sich zur „palästinensische Befreiungsbewegung“ angeblich verhalten.

Die Tabelle kursiert im Netz, ist mittlerweile aber nicht mehr öffentlich einsehbar. Eine Kopie liegt der taz vor. Mit Stand vom vergangenen Dienstag gab es 1.042 Einträge. In Zeile 976 steht die UdK in Rot markiert als „pro zionist“. Davor und dahinter Theater, Galerien, Kollektive und Kunstakademien aus der ganzen Welt. Auch zu Einzelpersonen kursieren solche Listen.

Während Manolopoulos und die anderen im dritten Stock ausharren, werden im Foyer im Erdgeschoss Sitzkissen zum Streik für Palästina ausgebreitet. Eine Handvoll junger Leute mit Pali-Tüchern verteilt Flugblätter.

Kritik an Hochschulleitung

An der UdK würden kritische Stimmen unterdrückt, heißt es darin. Die Uni solle Solidarität für die palästinensischen Opfer zeigen, sich für Waffenstillstand einsetzen und die Beziehungen zu den Partneruniversitäten in Jerusalem und Tel Aviv beenden.

Hört man sich an der Hochschule um, so wird klar: Der Krieg in Nahost wird in den Klassen breit diskutiert – und ausgleichende Stimmen kaum geduldet. Der taz liegen Auszüge eines Chatverlaufs einer Klasse vor, in der ein Studierender den Einwand vorbringt, auch die Taten der Hamas und deren Verantwortung für zivile Opfer zu benennen. Andere in der Klasse haben dafür kein Verständnis.

Er informiere sich aus falschen Quellen, Israel sei an allem schuld und keineswegs besser als die Hamas. Der Riss, der sich hier offenbart, geht nicht nur durch die Studierendenschaft. Auch DozentInnen der UdK unterstützen den Palästina-Soli-Protest.

„Der Schaden für den Ruf der Institution ist erheblich“, sagt UdK-Präsident Palz der taz. „Es hat sich gezeigt, dass es inner­universitäre Strömungen gibt, die stark ideologisiert sind.“ Insbesondere aus der sich antirassistisch verstehenden, postkolonialen Ecke hätten Forderungen in den letzten Jahren auch antidemokratische Tendenzen gehabt.

Schulung in Demokratie

Palz spricht dabei von Studierenden wie Lehrenden. Sein Programm für das nächste Jahr: „basale Aufbauarbeit“. Er will verstärkt aufklären über die repräsentative Demokratie, eine bessere Medienkompetenz vermitteln und das Selbstverständnis der Künste in den Blick rücken.

Die Ambiguität des künstlerischen Produkts sei das Instrument, aus dem Dialog entstehen müsse, und keine polarisierte schwarz-weiß Betrachtung der Welt, so Palz.

Beim Streik am Mittwoch kommen auf die rund zwei Dutzend ProtestlerInnen fast ein Dutzend JournalistInnen. Eine junge Frau verliest eine Erklärung an ihre Mitstreiter*innen. Wer sich unwohl fühle, könne sich an das Awareness-Team wenden. Und: Wegen der aktuellen „Verleumdungskampagne“ solle man nicht mit der Presse sprechen.

Aufnahmen von MedienvertreterInnen seien nicht gestattet. Stattdessen dreht ein eigenes Filmteam, mit zwei Kameras und einem großen Puschelmikrofon. Auch die Protestierenden fordern ihren „Safe Space“.

Infiltration von Außen?

Etwas im Hintergrund beobachtet Georg Ismael die Szene. Er ist Mitglied der trotzkistischen Gruppe „Arbeiterinnenmacht“. Auf ihrer Webseite veröffentlichte die Gruppe am 1. November einen Text mit der Forderung, Gesetze aufzuheben, „die die Hamas als terroristische Organisation etikettieren“. Ismael hatte sich schon am 13. November in der UdK zu Wort gemeldet, war vorher auch bei einem Planungstreffen.

Ihm wird vorgeworfen, mit anderen die Proteste an der UdK von außen zu infiltrieren. Ismael weist das gegenüber der taz zurück. Er sei mit Studierenden an der UdK befreundet, aber nicht an der Organisation beteiligt.

Die Hamas lehne er „politisch“ ab. Am 13. November sei es emotional geworden, weil der Uni-Präsident die Trauer der Studierenden um die Opfer in Gaza nicht anerkenne. Für die Sorge, die jüdische Studierende verspürten, gebe es keine Grundlage.

Keine Sicherheit

Für Yoav Halevi ist die Angst hingegen real. Er ist in der Nähe von Tel Aviv geboren, heißt eigentlich anders und hätte an diesem Mittwoch eine Veranstaltung im Hauptgebäude gehabt. Wegen des angekündigten Protests traute er sich nicht hinein. Zwei Stunden später sitzt er in einem Nachbargebäude, im Kammersaal der musikalischen Fakultät. Er beschreibt sich als links, erzählt, wie er vor zwei Jahren nach Berlin kam, um Musik an der UdK zu studieren.

Seine Großmutter hat die Shoa überlebt. Sie hätte ihn vor Deutschland gewarnt. Er wollte ihr nicht glauben. Und jetzt? „Sicher fühle ich mich im Moment nur in meiner Wohnung und auf dem Flur meiner Fakultät“, sagt er. In der Öffentlichkeit spreche er kein Hebräisch mehr, nachdem er vor ein paar Wochen deshalb angespuckt wurde.

Halevi ist sichtlich erschüttert, als er berichtet, was er vor einer Woche im Fahrstuhl seiner Fakultät entdeckte. Neben „Gaza“ und anderen Schriftzügen war da ein durchgestrichener Davidstern. Er zeigt ein Foto. Der Stern ist klein, aber Halevi fragt sich seitdem, wer alles wisse, dass er aus Israel stamme.

„Ich hätte nicht erwartet, dass mich die Gefahr an meine Uni verfolgt“, sagt er. Die Leute, die da demonstrieren, seien überzeugt von der Propaganda der Hamas.

Auch Verwandte von ihm seien vom Terror des 7. Oktober betroffen. Zwölf Familienmitglieder und ein Pfleger hätten in einem Keller ausgeharrt. „Im Kibuz Be’eri, wo es am schlimmsten war“. Vier wurden ermordet, neun als Geiseln genommen. „Wir sind alle traumatisiert“, sagt Halevi. „Dann kommen wir zu unserer Uni und hören, wir seien selber schuld.“

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45 Kommentare

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  • "Für die Sorge, die jüdische Studierende verspürten, gebe es keine Grundlage."

    Ob es für die Sorge eine Grundlage gibt, können die Betroffenen schon selbst entscheiden.

    Wenn es nicht ins Weltbild passt, wird es eben einfach negiert.



    So einfach ist das!

  • Kleine Frage nebenbei,

    " Wird an den Unis nebenbei auch noch irgendwann was studiert ?"

    Und bei dem Gedanken, dass dort jene



    Leute ausgebildet werden die später mal was zu entscheiden haben, läuft



    es mir eiskalt den Buckel runter !

  • Leute mit Hochschulreife sehen Hamas und ihre Methoden als Bestandteil antikolonialen/ antiimperialistischen Befreiungskampfes?



    Wir haben ein Problem.

  • // Vor allem linke Studierende ergreifen an den Unis derzeit Partei für die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und verweigern dabei teilweise eine Verurteilung des antisemitischen Terrors

    // Rund 100 Studierende hatten das Foyer des Hauptgebäudes besetzt

    // UdK-Präsident Nobert Palz versuchte mit ihnen zu diskutieren und wurde fast eine Dreiviertelstunde lang angebrüllt

    Nicht zu fassen. Hat man schon mal über ein Hausverbot nachgedacht?

  • Ich würde mich als (recht) alt UND links begreifen und meine, die Hamas muß komplett getötet werden. Inklusive ihrer Kollegen vom IS.



    Das, was die machen, ist nämlich - liebe junge Studierende: Steinzeitfaschismus.



    Insofern kann ich derzeit Leute in D mit kleinkarierten Schals nicht ok finden. Diese sind definitiv keine Linken. Auch wenn sie es behaupten oder glauben. Es sind Blasengefangene.

  • Wie positioniert sich eigentlich die Vertretung der Studierenden in der UdK ?



    Oder habe ich das überlesen ?

  • "rund zwei Dutzend ProtestlerInnen" dazu vier im Safe Room. Ich will die Lage wirklich nicht kleinreden, aber ein bisschen Angstlust schwingt in manchen Berichten doch schon mit.

  • Ich würde gerne so manchen Leuten ihre in China bestellten Antifa-Shirts vom Leib reißen. Was für Leute im Namen des guten so rumlaufen, bei deren Sprüche und so weiter, mir die Haare kräuseln. Und gerade in der Uni-Szene. Leute die in Zukunft mal in wichtigen politischen und wirtschaftlichen Positionen sein könnten. Unfassbar alles.

    • @Jungle Warrior:

      "Leute die in Zukunft mal in wichtigen politischen und wirtschaftlichen Positionen sein könnten."

      Als "Lichtblick" könnte ich Ihnen anbieten, dass das gerade bei Kunstunis jetzt nicht sooo wahrscheinlich ist... ;-)

      • @Normalo:

        Die leiten dann die documenta oder werden Kunststaatssekretär... ;)

  • Wie las ich neulich in einem anderen Medium: wie man es in Übereinstimmung bringen kann, eine Hamas zu unterstützen, unter deren Herrschaft LGBTQ-Menschen wohl hingerichtet würden, die Frauen vergewaltigt und Kinder tötet und gleichzeitig in Texten nach Mikro-Aggressionen zu forschen - das soll mir mal einer erklären.

    • @Dr. McSchreck:

      Richtig, für mich als Schwulen ist das alles sehr befremdlich. Die Hamas ist eben keine linke und Richtung Fortschritt und Menschheitsbefreiung strebende Organisation, sondern eine faschistisch-totalitäre Terrorgruppe, die die Auslöschung der Juden zum Ziel hat, auf dem Weg dahin werden erst einmal die Schwulen an Baukräne gehängt, dann die Kritiker umgebracht und dann sind nach den Juden andere auch noch dran. DAS ist das Programm von Hamas, IS, Hizbollah etc. Und das die hier noch von wohlstandsverwöhnten Bürgeröchterchen und - söhnleins hofiert werden..... das ist einfach nur absurd.

      • @Leningrad:

        Lange Zeit war jetzt Anti-Kolonialismus die gesichert Gute Haltung und die Schwächeren wurden unterstützt.

        Jetzt wurde das Label Post-Kolonialismus von Frauenfeinden und Unterdrückern gekapert, weil es nichts darüber aussagt, was eigentlich Richtig von Falsch unterscheidet, außer indem gefragt wird in welcher Region jemand ist, und wir haben den Fall, dass die Schwächeren unübersehbar die schlimmeren Taten begehen.

        Wie wird die Haltung bezeichnet, bei der Leute v.a. durch ihre Herkunft beurteilt werden, und nicht durch ihre Handlungen?

      • @Leningrad:

        Seien Sie versichert, dass es nicht nur für Sie als Schwulen befremdlich ist; wobei befremdlich gradezu ein Euphemismus ist. Niemand der bei klarem Verstand ist und sich auf universale Menschenrechte beruft kann auch nur einen Funken Verständnis für Jamas und Co. aufbringen. Ich weiß nur nicht ob es nur Wohlstandsverwöhnung ist oder schlicht moralischer Bankrott und grenzenlose Dummheit.

  • Zu den Haltungen zu Israel im allgemeinen und dem Terrorangriff / antisemitischen Massaker der Hamas im Besonderen siehe auch die Reportage von Jean-Philip Baeck u Christian Jakob



    in der taz 28.10.2023 Linker Antisemitismus



    taz.de/Linker-Antisemitismus/!5966630/



    "Viele postkoloniale Linke weltweit stellen sich auf die Seite der Palästinenser. Manche verharmlosen oder bejubeln dabei den Terror. In Deutschland ist die linke Szene zerrissen."



    Das heißt, Sie müssen sich die Mühe machen, alle Gruppen im Einzelnen durchzugehen.



    Genau das tut Ahmad Mansour nicht.

  • Eine ziemlich verfahrene Situation. Das Anliegen der Studierenden, auf die palästinensischen Opfer hinweisen zu wollen, ist berechtigt. Woher nun diese selektive Empathie kommt, dieser Starrsinn und die Rechthaberei, wüsste ich gerne. Wenn die Trotzkisten die Hamas tatsächlich nicht als terroristisch ansehen, kann man ihnen nicht helfen. Verfahren, ja.

  • So Sprüche wie "Du informierst dich aus den falschen Quellen" sind wahrlich ein Zeugnis dafür, dass es mit der Bildung, Selbstbildung und Fähigkeit dazu bei diesen Studis wohl nicht zum besten steht - von der Herzensbildung mal zu schweigen. Diese Selbstgerechtigkeit und der mit scheinbarer Solidarität und Weltverbesserungswunsch schlecht getarnte autoritäre Charakter erinnert dann doch eher an die RAF als an pazifistische oder gar kluge Menschen...

    Ziemlich erschreckend, wenn sie das unter Diskurs verstehen.

    • @hierbamala:

      Alleine schon er Spruch :"it's not complicated" auf dem Bild zeugt von Einfalt und Ignoranz. Die Uni muss sich ganz klar positionieren und entsprechenden Student/-innen Hausverbot erteilen

  • Die Überschrift ist doch etwas übertrieben. Wie viele Universitäten betrifft das denn im Vergleich zur Gesamtheit? Es wirkt auf mich als wäre dies ein Problem weniger und sehr ähnlich aufgestellter Universitäten. Es wäre interessant zu Erfahren warum sich gerade in diesen Milieus solche Meinungen radikalen Meinungen finden. Oder gibt es auch naturwissenschafltlich geprägte Uni's/Fakultäten an denen vergleichbare Prozesse stattfinden?

    • @Lebkuchenhausmeister:

      In Berlin soll es an allen Unis der Fall sein. Ich bin zu alt, aber man liest entsprechende Berichte und die Rektoren mussten sich ja jeweils deutliche Kritik anhören, wenn sie zu "israelfreundlich" den Terror verurteilt haben. Von Boykottforderungen mal abgesehen, die es auch an den beiden großen Unis definitiv gibt.

  • Ich finde den Begriff "Kulturkampf" in der "Unter-Überschrift" (?) beschönigend. Meiner Meinung nach ist das kein "Kulturkampf", sondern Antisemitismus und könnte auch so eindeutig benannt werden.

    Das Verhalten der antisemitischen Studierenden ist beschämend und mir graut davor, dass solche Personen später einmal einflußreiche Positionen einnehmen, beispielsweise bei der documenta.

    • @*Sabine*:

      Genauso sehe ich das auch. Allerdings ist dies kein neues Phänomen. Schon Anfang der 90iger wurde ein Student vollkommen geschnitten, der NUR darauf hinwies, dass man sich doch einmal auch die israelische Sicht anhören könnte (alles im Konjunktiv). Also, das ist kein neuerliches Problem.

    • @*Sabine*:

      Volle Zustimmung, verehrte @*Sabine*. Wobei ich anstatt "beschönigend" lieber "verharmlosend" wählen würde.

      Falls solche Typen mal bei der documenta etwas zu sagen hätten, wäre das sicher übel genug.

      Aber noch schlimmer fände ich es, wenn sie später selbst an den Hochschulen unterrichten und dort als Professorinnen und Professoren auf den Umgang mit solcher Gesinnung Einfluß nähmen.

      Oder, wenn sie in Ministerien oder den diversen Einrichtungen für politische Bildung einen Posten bekämen und dann etwa Broschüren zum Nahost-Konflikt redaktionell betreuten.

  • Manchmal weiß ich gar nicht was ich schlimmer finde, die Hamas oder ihre strunzdummen linken Unterstützer die ernsthaft glauben sie würden etwas Gutes tun und nicht merken wem sie das Wort reden. Es ist erst die Dummheit von vielen die der Bösartigkeit von wenigen zur Macht verhelfen kann.

    • @Fran Zose:

      So einen guten Kommentar habe ich in letzter Zeit selten gelesen. Natürlich ist die Hamas schlimmer, wird aber von irgendwelchen Jugendlichen und "Junggebliebenen" hochgejubelt. Die meisten dieser Jugendlichen werden innerhalb von 10 Jahren zu den intolerantesten Kleinbürgern, die jedoch für die durch sie hinterlassene "verbrannte Erde" keine Verantwortung übernehmen wollen.

      • @Leningrad:

        Nur ist diese verbrannte Erde langfristig betrachtet das eigentliche Problem. Und es ist nicht die Hamas, die den chronischen unterschwelligen Antisemitismus erzeugt, der wie ein morbus Crohn immer da ist und immer wieder aufflammt, wenn er einen Anhaltspunkt findet (also z. B. Isreal mal wieder irgendwas falschmacht).

        Was die Hamas macht, ist natürlich doppelt diabolisch - einmal in der völligen Menschenverachtung ihrer Methoden und zum Zweiten, wie sie damit Israel in die Lage bringt, sich nur so wehren zu können, dass rund um den Globus die Ressentiments wieder Futter bekommen. Das ist für sich betrachtet ohne Zweifel "böser", aber vom Ergebnis her betrachtet "schlimmer" ist aus meiner Sicht die Verwandlung dieser Steilvorlage durch bereitwillige "Israelkritiker". Sie richtet den Hauptschaden an - nämlich dass die Polarisierung bleibt, Leute wie diese Hamas-Schlächter weiter einen guten Nährboden haben und Israel bei seinen Nachbarn und in großen Teilen der restlichen Welt nie auf einen grünen Zweig kommt.

  • Ahmad Mansour bringt auch den Teilaspekt des linken Antisemitismus in seinem aktuell hier erschienenen Artikel exakt auf den Punkt. Einige wachten langsam auf, aber viel zu viele steckten weiterhin den Kopf in den Sand. Denen, die weiterhin nicht aufwachen wollen und sich weiterhin auf die Seite der menschenverachtenden Israelhasser schlagen, tragen die Verantwortung dafür, dass Jüdinnen und Juden sich an deutschen Hochschulen nicht sicher fühlen können und in Angst leben müssen. So sind denn nun auch einige Reaktionen innerhalb der Kommentierfunktion zT erbost über Artikel, in denen es explizit um linken Antisemitismus geht. Es ist begrüßenswert und wichtig, dass dieser Spiegel nun auch den LeserInnenschaften linker Medien vorgehalten wird und nicht mehr nur auf Focus, FAZ etc thematisiert wird. Danke an die Taz Redaktion, dass Ihr diesem, gerade für linke Kreise, schwierigen Thema vermehrt Aufmerksamkeit schenkt.

    • @Klaus Kuckuck:

      Sehe ich auch so. Bin wirklich froh, dass die TAZ nicht den Diskurs über den Antisemitismus den anderen Medien überlässt. Bravo!

  • Tja. Da hatte die Großmutter von Yoav Halevi wohl einfach recht.

    • @Henriette Bimmelbahn:

      "Da hatte die Großmutter von Yoav Halevi wohl einfach recht."



      Das grundsätzlich Bittere dabei ist, dass das nicht auf Deutschland beschränkt ist...

    • @Henriette Bimmelbahn:

      Ist das nicht ein Albtraum?????

  • Hätte mir das jemand vor 3 Monaten prophezeit, ich hätte ihn für verrückt gehalten.

    • @rero:

      Bereits als ich in den 90igern an einer westdeutschen Uni studierte, wurde ein Student gemobbt, nur weil er darauf hinwies, dass man sich ja - fairerweise - beide Meinungen anhören könnte.... also nicht vor drei Monaten, sondern vor über dreissig Jahren.

  • das ist unfassbar!

  • Es ist für mich unfassbar, wieviele junge Leute, die sich als links bezeichnen, davon überzeugt sind, dass Israel eine Kolonialmacht sei, und die "From the River to the Sea ..." Grafiken teilen. Ich habe auf Twitter schon jede Menge Künstler geblockt, die ich mal toll fand und denen ich gefolgt bin. Für viele bedeutet der Satz "die Situation entstand nicht erst am dem 7. Oktober", dass sie nicht weiter gehen müssten als bis in die 1950er Jahre. Harte Fakten stören nur beim antiimperialistischen Kampf und anscheinend will man glauben, dass es davor kein jüdisches Leben in der Region gab, bzw. dass der Antisemitismus ja "nur" eine Folge der Gründung des Staates Israel ist. Besonders beschämend ist dabei, dass man sich die Gewalttaten der Hamas schönredet und man das Leid der Opfer in Israel kleinredet um sich nicht von seinem Weltbild abbringen zu lassen.

    • @sandoftime:

      > schon jede Menge Künstler geblockt, die ich mal toll fand

      Das geht mir auch so. Es erschreckt mich, wie unreflektiert viele Künstler sind, bei denen ich reflektiertes Denken und künstlerische Verarbeitung ihres Verstehens erwartet hätte.

      Das hat allerdings schon während Corona angefangen, z.B. als plötzlich eine "Rette den Planeten"-Band ein "Wir sind alle Trucker"-Lied veröffentlichte.

    • @sandoftime:

      Und was den Antisemitismus betrifft: Der wurde aus Europa importiert.

      • @Francesco:

        Das stimmt nicht: www.bpb.de/themen/...er-antisemitismus/



        Allerdings wurde der - schon vorhandene - islamische A. von europäischen Antisemiten "befruchtet" und so entstand die Mischung, die zum 7. Oktober geführt hat.

        • @Henriette Bimmelbahn:

          Aus dem verlinkten Text:



          "Solange der Islam im Kontext vormoderner Zustände einer religiösen Doktrin folgte und im Antijudaismus verharrte, war er nicht antisemitisch. Erst im 19. Jahrhundert wurden Muslime mit dem europäischen Hass auf Juden konfrontiert: Priester und Diplomaten brachten die ,Ritualmord‘-Legende des christlichen Mittelalters in den Orient. So machte 1840 die ,Damaskus-Affäre‘ international Schlagzeilen. Mönche und der französische Konsul beschuldigten Juden, einen Ordensbruder und dessen Begleiter ermordet zu haben, da sie deren Blut für ein bevorstehendes Pessachfest benötigten. Die antijüdischen Diffamierungen, Hetzkampagnen und Ausschreitungen, die nun folgten, wiederholten sich in den folgenden Jahrzehnten im gesamten Osmanischen Reich, jeweils angestachelt durch christliche Minderheiten im Orient."

  • Nun, da fällt einem doch sofort dieser köstliche Sketch von der seit über 20 Jahren in Israel äußerst beliebten Satiresendung "Eretz Nehederet" ein, von der auch die "Heute Sow" noch so einiges an Witz, Mut, Spritzigkeit und Scharfsinn lernen könnte. Und das in einer Welt, die von Feinden und Faschismus umgeben ist.

    "Welcome to Columbia Untisemity".



    www.youtube.com/watch?v=rbfccVBo9tE

    Ein wunderbarer Spaß, der längst um die Welt geht - außer in gewissen Ländern natürlich - und bestimmte amerikanische Studenten auf die Schippe nimmt, die den Kunststudent*innen an der Berliner Uni nicht unähnlich sind.

    Dieser Sketch lässt sich auch großartig auf die ganze postkolonialistische Kunstszene erweitern, die den Unterschied zwischen Postkolonialismus und Antisemitismus nicht gebacken kriegt. Irgendwie hängen die hinterher.

    Um dem ein bisschen abzuhelfen, hier ein vorzüglich geschriebener taz-Artikel zu dem Thema:

    "Postkoloniale Theoretiker: Leerstelle Antisemitismus"

    taz.de/Postkolonia...oretiker/!5678482/

    • @shantivanille:

      Ist das dein Ernst? Habe es gerade angeschaut - platt, rassistisch, wenig klug.



      Und dabei bin ich immer (fur mich) unbequem ehrlich innerhalb der Linken, antiimperialistischen bubble. Merkwürdiger “Humor”.

      • @N.Laj:

        Platt und wenig klug - kann man drüber streiten. Die paradoxe Qualität der Unterstützung islamistischer "Freiheits"-Bewegungen durch Leute, die bei denen in der Tat vom nächsten Hochhaus fliegen würden, hypersubtil zu persiflieren, erscheint mir jetzt auch eher schwierig. Dazu ist die Realität allein schon viel zu holzhammermäßig.

        Aber das "rassistisch" müssten Sie mir wirklich mal erklären. Wer ist rassistisch dargestellt? Die naiven westlichen Aktivisten, weil sie weiß und - naja - naiv sind? Der generische Hamas-Typ, weil er als gewaltbereiter, intoleranter Islamist mit levantinischen Zügen und arabischem Akzent dargestellt wird? Wüsste jetzt nicht, wo da das "Vor"Urteil läge. Die Hamas ist nunmal in der Levante beheimatet, spricht gewöhnlich Arabisch und vertritt GENAU diese Inhalte.

    • @shantivanille:

      Danke für den YT-Link XD



      Böse - und gut.

  • Beschämend, dass es an deutschen Hochschulen Aufklärung über repräsentative Demokratie geben muss, dass jüdische Studierende und ihre Unterstützer während pro-palästinensischer Proteste auf ihrem Campus sich in safe spaces aufhalten müssen.