Tanit Koch beim NDR: Wird „Klar“ nun klarer?
Für die vom NDR geschasste Moderatorin Julia Ruhs übernimmt nun die frühere Bild-Chefredakteurin die Moderation. Ihr Vorteil: Mit schwierigen Formaten kennt sie sich aus.
N un also Tanit Koch. Die frühere Bild-Chefredakteurin wird das Moderatorinnenteam um Julia Ruhs beim Reportagemagazin „Klar“ ergänzen – für den NDR. Das ist mutig, Frau Koch! Das muss man erst mal bringen: sich auf ein hochumstrittenes Format einzulassen, bei dem man nach wie vor alles falsch machen kann.
Ruhs wurde nach wenigen „Klar“-Sendungen für jene Teile von der Moderation abgesetzt, für die der NDR verantwortlich zeichnet. Für die vom BR produzierten Sendungen bleibt Ruhs vor der Kamera. Vielen NDR-Redakteur:innen war das journalistische Handwerk der 31-Jährigen zu schlecht, manchen war sie auch zu rechts. Mit beidem haben die Kolleg:innen in Hamburg recht: Es gibt weitaus bessere Moderator:innen und Ruhs steht für eine sehr konservative, nach rechts abdriftende Haltung. Das sieht sie quasi selbst so, wenn sie in einem Interview mutmaßt, für den NDR zu rechts zu sein.
Aber genau für ihre Haltung ist Ruhs als „Klar“-Moderatorin eingekauft worden. Der Fehler ist also nicht erst mit ihren Moderationen passiert, sondern schon bei der Konzeption des Formats, inklusive Besetzung. Andererseits hat der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk (ÖRR), zu dem der NDR gehört, die Aufgabe, auch solche Haltungen abzubilden, Stichwort: Meinungspluralität. Nur so kann der ÖRR – jenseits von Wahlergebnissen – vermitteln, wie die Stimmung im Land ist und wer die Akteure sind, die welche Stimmung auch immer verbreiten.

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Im Grunde ist das genau der selbstgewählte Auftrag des „Klar“-Formats: „Antworten auf die großen Streitfragen unserer Zeit“ zu geben. So steht es jedenfalls auf der ARD-Homepage. Zu großen Streitfragen unserer Zeit zählen nun mal der Umgang mit rechten Narrativen, Migration, Corona-Aufarbeitung, Bauernproteste. Zugegeben ein Balanceakt, ein Sender kann es nie allen recht machen.
Man darf gespannt sein, wie Tanit Koch das Ausbalancieren zwischen Befriedung der rechten Zuschauerblase und dem Ruhigstellen der NDR-Redaktion hinbekommt. Aber Koch hat einen großen Vorteil: Mit schwierigen Formaten kennt sie sich aus.
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