Grüne und CSU: Söder überspannt den Bogen

Das permanente Grünen-Bashing ist falsch. Wer die Grünen-Hetze der AfD kopiert, macht sich nicht zur Alternative der Alternative.

Markus Söder und Robert Habeck bei einem Messebesuch

Söder hat es sonst nicht so mit Habeck und den Grünen – hier bei einem Messebesuch Foto: Sven Hoppe/dpa

Der Feind ist grün. Diese Botschaft hat Markus Söder in den Mittelpunkt seiner Parteitagsrede gestellt und damit den Ton für den Wahlkampf der CSU gesetzt. Doch die Botschaft ist falsch – und könnte fatale Folgen haben.

Keine Frage zwar, dass sich zwei konkurrierende Parteien in der politischen Auseinandersetzung nichts schenken. Und dass es bei so unterschiedlichen Parteien wie CSU und Grünen schon mal kräftig rumpeln kann, ist eingepreist. Das sollte dem politischen Diskurs nicht schaden. Aber Söder überspannt den Bogen.

Grünen-Politiker sind schon jetzt am häufigsten Ziel politischer Straftäter. Indem Söder die politische Auseinandersetzung mit den Grünen kontinuierlich zum Kulturkampf hochstilisiert, facht er den Hass gegen die Partei nur noch weiter an – und senkt das Niveau der Debattenkultur mit seinen Entgleisungen („grüne Margot Honecker“) immer weiter.

Und die dogmatische Absage an eine schwarz-grüne Koalition ist auch nicht hilfreich. Sicher, die Aussage verpflichtet Söder zu nichts. Sind die Stimmen erstmal in der Urne, werden auch die Karten neu gemischt. Sollte ihm dann aus irgendwelchen Gründen eine Koalition mit den Grünen opportun erscheinen, wäre Söder der letzte, der sich an sein Vor-Wahl-Versprechen gebunden fühlte. Interessanterweise argumentiert Söder ja selbst in erster Linie mit wahltaktischen Gründen: Eine Union, die sich für eine Koalition mit den Grünen offen zeigt, werde nicht über 30 Prozent kommen, sagt er.

Und was ist mit den Gemeinsamkeiten?

Dass jedoch in einer Demokratie – gerade in Zeiten der Krise – alle demokratischen Parteien grundsätzlich miteinander koalieren können müssen, sollte eine Binse sein. Gerade jetzt wäre es nötiger denn je, bei allem Streit die Gemeinsamkeiten der demokratischen Parteien zu unterstreichen. Und natürlich sollten Koalitionen das Ergebnis von Wahlergebnissen sein und nicht eine Drohkulisse, um diese zu beeinflussen. Doch als Söders Vize Manfred Weber vor dem Parteitag darauf hinwies, bekam er vom Chef sofort eins auf den Deckel. Und auch schwarze Grünen-Versteher wie Hendrik Wüst und Daniel Günther können sich Söders regelmäßigen Spotts sicher sein.

Das mag Söder lustig finden, dabei vergisst er aber vor allem eines: Der Feind steht rechts. Wer die Grünen-Hetze der AfD zu kopieren versucht, wer ihr mit einer möglichst scharfen Migrationspolitik hinterherhechelt, macht sich nicht zur Alternative der Alternative. Er gibt den Rechtsextremen damit nur recht – und macht sie für manche erst recht wählbar.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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