Nouripours Abgesang auf die Ampel: Richtiger Zeitpunkt

Nouripour hat die Ampel lange verteidigt. Dass nun auch er resigniert hat, kommt zur rechten Zeit. Die Distanzierung von der FDP muss jetzt sein.

Omid Nourispour beim Sommerinterview der ARD in Berlin: Er hält die Ampel für eine „Übergangsregierung“ Foto: Paul Zinken/dpa

Jetzt ist die Lage wirklich ernst. Seit seinem Amtsantritt war Grünen-Chef Omid Nouripour in erster Linie damit aufgefallen, den Frieden innerhalb der Koalition zu beschwören. Konstruktiv zusammenarbeiten, die Erfolge feiern und den Streit nicht nach außen tragen: Das war sein Mantra.

Ein Jahr vor der Bundestagswahl hat jetzt aber selbst er resigniert. Die Ampel sei nur eine „Übergangsregierung“, sagte er am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Von nun an gehe es für die Grünen stärker um „Unterscheidbarkeiten“ von den Koalitionspartnern.

Richtig so. In einer Regierung gibt es zwar die kommunikative Notwendigkeit, die eigene Arbeit nicht noch schlechter zu reden, als sie ist. Die niedrigen Zustimmungswerte für die Ampel sind nicht nur, aber auch durch ihre miese Außendarstellung zu erklären. Je näher die Bundestagswahl 2025 rückt, desto dringlicher wird für die Grünen aber eben eine zweite, gegenläufige Notwendigkeit: sich speziell von der FDP und deren haushaltspolitischen Blockaden abzugrenzen.

Grüne Projekte sind mit der FDP nicht umsetzbar

Im Wahlkampf wird die Mitte-links-Partei mit allerhand Großprojekten werben, die Geld kosten: Transformation hin zur Klimaneutralität, Ertüchtigung der Infrastruktur, Sicherheit nach innen und außen – und das alles nach Möglichkeit sozial gerecht. Um glaubwürdig zu vermitteln, dass sie das in den nächsten Jahren zustande bringen würden, müssen die Grünen aber gleichzeitig erklären, warum ihnen bislang so wenig gelang.

Sie müssen die Frage der Investitionen zuspitzen und zum richtigen Moment vom einen Modus („Die Ampel ist besser als ihr Ruf“) auf den anderen („Mit der FDP ist das Notwendige nicht machbar“) umschalten. Das Risiko, wenn sie den Schritt zu spät gehen: Den Kurswechsel nimmt ihnen keiner mehr ab. Das Risiko, wenn sie den Schritt zu früh wagen: Arbeitsklima und Image der Ampel werden weiter beschädigt. Bei Letzterem ist nach unten aber ohnehin nicht mehr viel Luft. Welcher Zeitpunkt ist also der richtige? In der Abwägung ist diese Frage nicht schwer zu beantworten: jetzt.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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