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GDL fordert 35-Stunden-WocheWarum eigentlich nicht?

Raoul Spada
Kommentar von Raoul Spada

Die Bahnangestellten der GDL legen für die 35-Stunden-Woche halb Deutschland lahm. Weniger Arbeit, gleicher Lohn – eigentlich keine schlechte Idee.

Erfurt, 10. Januar: Lokführer Lukas Böhme und andere streiken vor dem Hauptbahnhof Foto: Martin Schutt/dpa

F ünfunddreißig Stunden wollen die nur noch arbeiten! Faule Zugführerinnen, faule Zugbegleiter*innen, faule Bordgastronomen und Mitarbeitende in den Werken. Schämen sollten die sich! Die GDL fordert im Schichtdienst eine Beschränkung der Arbeitszeit auf wöchentlich 35 Stunden – und das, ganz schön frech, bei vollem Lohnausgleich. Und ein Wochenende wollen sie noch obendrauf.

Dabei arbeiten andere doch viel mehr: Die protestierenden Landwirt*innen, hört man diese Woche, arbeiten mindestens 70 Stunden die Woche. Elon Musk gleich 80. Vorstände und Manager, das weiß jedes Kind, hören mit dem Arbeiten nicht mal im Schlaf auf.

Hier werden allerdings Leute in einen Topf geworfen, die eine Menge trennt: Elon Musk ist der reichste Mensch der Welt. Landwirte, und damit sind explizit nicht die häufig ausgebeuteten Land­ar­bei­te­r*in­nen gemeint, sind Unternehmer, Grundbesitzer und Hofeigentümer. Sie können sich die Kaffeepause als Arbeitszeit deklarieren und das neue Auto als Betriebsausgabe. Auch wenn das für sie sicherlich eine ganze Menge Verantwortung bedeutet: Am Ende gehört ihnen der ganze Hof, mitsamt aller Produktionsmittel, der Immobilien und dem teuren Grund und Boden.

Die Führungsetagen, so auch bei der Bahn, werden wiederum mit guten Gehältern und Bonuszahlungen an Unternehmensgewinnen beteiligt. Wer allerdings, so wie die Streikenden bei der Bahn, nichts von den Profiten sieht, darf auch mal forsch weniger Arbeit bei gleichem Lohn fordern. Wenn die Unternehmen in ein paar Jahren noch Nachwuchs wollen, müssen sie jetzt die Arbeitsbedingungen verbessern. Sie müssen mehr ausbilden, sich für Einwanderung starkmachen und auch die Arbeitszeiten verringern.

Die Befürchtungen von Arbeitgeberverbänden vor dem Abschwung haben sich auch in der Vergangenheit nicht erfüllt

Ob das auf lange Sicht funktioniert? Können Ar­beit­neh­me­r*in­nen bei gleichem Lohn weniger arbeiten, ohne dass die Wirtschaft leidet? Gegenfrage: Warum eigentlich nicht? Die von Arbeitgeberverbänden laut geäußerten Befürchtungen vor dem Abschwung haben sich auch in der Vergangenheit nicht erfüllt: Mehr Sozialleistungen führen nicht dazu, dass Ar­beit­neh­me­r*in­nen die Füße hochlegen. Im Gegenteil: Trotz Bürgergeld sind mehr Menschen als je zuvor in Arbeit, und weniger als je zuvor sind arbeitslos.

Klar kostet die Arbeitszeitreduzierung was. Vielleicht kann die Bahn bei den Vorstandsboni eine Scheibe abschneiden, anstatt die Kosten direkt wieder an die Ver­brau­che­r*in­nen weiterzugeben. Dafür müsste sich aber vielleicht auch mal ein gewisser Verkehrsminister aus dem Straßengraben trauen.

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Raoul Spada
Jahrgang 1992, ist stellv. Ressortleiter, Themenchef und Editorial SEO im Regie-Ressort der taz.
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49 Kommentare

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    Die Moderation

  • Ich will das nicht bezahlen.

  • Eine 35 Stundenwoche bringt mehr Überstunden, denn mehr Lokführer gibt es nicht. Aber es könnte das autonome Fahren attraktiver machen.

    • @Narrenfell:

      Wird ein Beruf attraktiver, steigen die Chancen, dass sich mehr Menschen für den Beruf entscheiden..,

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Stimmt, aber die Attraktivität des Berufs als Lokführer wird nicht durch geringere Arbeitszeit gesteigert.

        • @Tom Tailor:

          Ja. Aber es ist ein Anfang und nicht die einzige Forderung.

  • Die nervige GDL, die ihre Macht als kleine Gruppe an einem wichtigen Schalthebel des Bahnbetriebs immer wieder ausspielt lässt mich als überzeugten Bahnfahrer über die 0 h Woche für Lokomotivführer nachdenken. Es sollte eigentlich zumindest mittelfristig kein Problem sein bei Zügen die Lokomotiven auch ohne Lokomotivführer in der Lokomotive zu betreiben.

    • @Fridolin:

      "Es sollte eigentlich zumindest mittelfristig kein Problem sein bei Zügen die Lokomotiven auch ohne Lokomotivführer in der Lokomotive zu betreiben."

      Die erforderlichen Investitionen wären enorm. Und natürlich müsste auch noch die Technik entwickelt werden.

      Die Bahn ist gerade dabei, die letzten Formsignale an Hauptstrecken zu entfernen.

    • @Fridolin:

      Sollte eigentlich kein Problem sein, aber von der Umsetzung sind wir in Deutschland noch Jahrzehnte weg.

  • Einfache Frage. Hier die klare Antwort: warum sollten Lokführer für weniger Leistung mehr Geld bekommen, während Landwirte bei gleichbleibender extrem hoher Leistung weniger Geld bekommen sollen? Eine derart einseitige Bevorzugung von Lokführern ist in der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation nicht vertretbar. Wer da andere Vorstellungen hat, muss sich nicht wundern, wenn demnächst die wirklich systemrelevanten Berufsgruppen zum Generalstreik aufrufen. Dann wird das Gejammere und Gezetere riesig sein. Von mir aus sollen die Lokführer so lange streiken, bis ihr Job überflüssig wird. So würde sich das Symptom Weselsky ganz von alleine lösen.

    • @Klaus Kuckuck:

      Das Ziel soll also sein, dass alle unter schlechten Bedingungen arbeiten?

    • @Klaus Kuckuck:

      youtu.be/M1gYRmIZV...i=177y3B14smDZ2NaE

      Würden Sie bitte beim gucken den Blutdruck messen und posten? Würde mich freuen.😁

      • @Nansen:

        Danke der Nachfrage. Alles im Normbereich. Opa K's. Geschichten lösen aber evtl bei den Landomas in der Altenresidenz noch Kreislaufwallungen aus. Ist ja noch ganz rüstig und flott der Gute. Unterm Strich betrachtet fördert der alte Mann jedoch nichts besonderes zutage und witzig ist er, wenn man ehrlich ist, auch nicht. Immerhin reicht es anscheinend noch für das Altenteil und Ihre Unterstützung ist ihm auch sicher.

  • taz: "Die Bahnangestellten der GDL legen für die 35-Stunden-Woche halb Deutschland lahm. Weniger Arbeit, gleicher Lohn – eigentlich keine schlechte Idee."

    'Weniger Arbeit, gleicher Lohn' - Das wäre ja noch schöner, wenn in der Deutschen Bahn (DB) die "Faulheit" ausbrechen würde, denn kleine Bahnangestellte sind ja schließlich keine Bahnmanager. Außerdem muss die "staatliche Aktiengesellschaft" DB-AG ja auch sparen, sonst könnte sie ja ihren Bahnmanagern nicht weiterhin ein Jahresgehalt von zwei Millionen Euro (2.000.000 €) zahlen.

    Was so alles bei der Deutschen Bahn (DB) schief läuft, darüber hatte ja schon die Kabarettsendung 'Die Anstalt' 2019 eine TV-Sendung gemacht. Geändert hat sich allerdings nichts, außer dass die Bahnmanager auch noch zusätzlich dicke Boni bekommen. Vielleicht sollte man wirklich endlich mal 'Bahn-Experten' aus Japan holen, denn die Züge in Japan fahren pünktlich ab, und das obwohl in Japan mehr Menschen in den Zügen sitzen als bei uns.

    ***25 Jahre Bahnreform: eine Erfolgsgeschichte - Die Anstalt vom 29.01.2019 | ZDF*** www.youtube.com/watch?v=AV_TXjFc5I8

  • Die 35-Stunden-Woche ist eine Notwendigkeit: Die Produktivität steigt derart schnell und stark an, dass wir eher über eine 32-Stunden-Woche reden sollten. Bei VW gab es mal die 30-Stunden-Woche. Es ginge weitaus mehr. Aber vielerorts passiert gar nichts, ne Weile hatte man noch die 37,5 Stunden-Woche, inzwischen eher 38. bzw sogar die 39-Stunden-Woche. Um aber auf die Produktivität reagieren zu können, müsste die Arbeitszeit viel stärker sinken.

    • @Andreas_2020:

      Sie können doch ein produzierendes Gewerbe nicht mit einem Dienstleister vergleichen

    • @Andreas_2020:

      "Die Produktivität steigt derart schnell und stark an,..." In welcher Form sollte es bei Lokführern zu einer Produktivitätseröhung kommen? Wie sollten die in 35 Stunden / Woche die gleiche Strecke (oder mehr) wie in 39 Stunden / Woche schaffen?

      Das ginge doch allenfalls über mehr Geschwindigkeit auf der Strecke bei gleichzeitiger Ausdünnung der angefahrenen Stationen.

    • @Andreas_2020:

      Lokführer können nicht produktiver werden. Die können nicht zwei Züge gleichzeitig fahren, oder viel schneller fahren. Nicht jeder Beruf kann produktiver werden.

    • @Andreas_2020:

      Die Produktivität der Lokführer misst sich für mich in Fahrtzeit und Pünktlichkeit/Zuverlässigkeit der Züge.

      Wo sehen Sie dort eine Produktivitätssteigerung?

  • Dieser Tarifkonflikt zeigt wunderbar, wozu Verkürzungen der Arbeitszeit im produktiven und verdichtbaren Bereichen der Dienstleistung von der Arbeitgeber:innenseite gerne angenommen wurden und hier eben nicht taugen: zur Verdichtung von Arbeit und mindestens gleichbleibender Produktivität in weniger Zeit bei verringerten Lohnzuwächsen (hierzu empfehle ich veschiedene Veröffentlichungen von Vobruba aus grauer Arbeitskampfvorzeit). Dieses Spielchen ist bei Lokführer:innen "leider" so nicht möglich.

  • "Sie können sich die Kaffeepause als Arbeitszeit deklarieren und das neue Auto als Betriebsausgabe."

    Mir isses völlig egal, ob schiefe Polemik aus konservativen, rechten oder progressiven, linken Kreisen kommt. Sie hilft nie, die berechtigten Anliegen von Berufsgruppen einzuordnen bzw. verständlich zu machen.



    Es ist völlig wurscht, ob da über "faule Bahnarbeiter" oder Bauern die "ihre Kaffeepause als Arbeistszeit deklarieren" gespottet wird.



    Und dass die Boni der Vorstände eine Frechheit sind, ist ja keine Frage.



    Bei 40.000 GDL Mitgliedern, die alle eine Lohnerhöhung von 555 Euro pro Monat und einem Inflationsausgleich von 3500 Euro erhalten, ergibt das Netto-Mehrkosten von rund 406 Mio Euro.



    Wenn dafür jetzt rund 10 % der Arbeitszeit für das gleiche Geld wegfallen, entsteht ein Loch von etwa 35 Mio plus Arbeitgeberanteil der Sozialabgaben. Und die geforderten 25% Schichtzuschlag sind da noch gar nicht dabei..



    Deshalb isses schlicht unseriös zu suggerieren, dass man das mit "einer Scheibe der Vorstands-Boni" (etwa 5 Mio) finanzieren könne.



    Ob die Forderung jetzt berechtigt sind oder nicht, natürlich wird das am Ende der Verbraucher zahlen. Da führt gar kein Weg dran vorbei.

  • Warum nicht.

    Wenn wir 10 Leute bei der Bahn beschäftigen die bei reduzierter Arbeitszeit die Arbeit erledigen die sonst 8 Leute erledigt hätten kann man das machen.

    Man muss sich dann aber auch bewusst machen, dass diese zusätzlichen 2 Leute in Zeiten des Fachkräftemangels nicht mehr irgendwo anders eingesetzt werden.

    Das kann man in Ordnung finden, aber man sollte das im Hinterkopf behalten wenn man sich das nächste Mal darüber aufregt wenn in anderen Branchen die Leute fehlen.

    Den Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn kann ich selbstverständlich nachvollziehen - hätte ich auch gerne.

    Gesellschaftlich betrachtet kommt die Forderung zum falschen Zeitpunkt: Es wäre die richtige Maßnahme sobald die seit Dekaden versprochene Massenarbeitslosigkeit durch Automatisierung und Digitalisierung droht. Aber die lässt natürlich wieder auf sich warten

  • Natürlich, warum eigentlich nicht? Vielleicht weil dann noch weniger klappt bei der Bahn? Oder weil das Modell einfach nicht auf alle Branchen anwendbar ist? Man kann sich ja gut vorstellen, dass manches Wochenpensum auch locker in z.B. 4 Tagen zu schaffen wäre, aber sagen Sie das mal der Krankenschwester und ihren Patienten. Erstere würden dann wohl zur Bahn wechseln, letzteren würde es schlecht ergeben.

  • Weniger Arbeit würde ALLEN in unserem Land guttun! Die flächendeckende Einführung der (max.) Viertagewoche bei gleichem Lohn selbstverständlich ist schon seit den 80er Jahren überfällig.



    Die meisten "Chefs" sind aber in alten Gedankenmustern verfallen und haben den Schuss noch nicht gehört.



    Für mich wäre die Bahn und ihre Mitarbeiter nur ein Anfang. Wir brauchen hier aber überall ein Umdenken:



    Mehr Wert auf glückliche Menschen legen und weniger Wert auf "Arbeitsplätzchen" und das "Wohl der Industrie"!

    • @realnessuno:

      Dann brauchen wir halt aber auch 20%mehr Arbeitskräfte, wo sollen die herkommen? Und wo die ganze Infrastruktur für die? Die Wohnungen? Der Strom?

    • @realnessuno:

      Ich frage mich bei diesen Diskussionen immer, wie sich dann der Arbeitsmarkt entwickeln soll? Es fehlt in vielen Bereichen an Personal, reduziere ich die Arbeitsstunden, benötige ich bei gleichem Output mehr Personal. Oder ich reduziere den Output, was beim Beispiel Bahn sehr schwierig zu vermitteln ist.

  • "Weniger Arbeit, gleicher Lohn – eigentlich keine schlechte Idee."

    Von nichts kommt nichts, sagt eine alte Weisheit.



    Weniger Arbeitszeit bei gleichem Lohn bedeutet aber auch höhere Fahrpreiskosten.



    Wenn alle Berufe auf 35 Wochenstunden gehen, dann wird die Kranken- und Pflegeversicherung teurer, die Handwerker....

    Das größere Problem aber ist: Wo sollen eigentlich die Arbeitskräfte herkommen, die jetzt schon fehlen und bei einer 35 Stundenwoche noch viel mehr fehlen werden?

    Wie gesagt: Von nichts kommt nichts.

    • @Rudi Hamm:

      Selbst bei Sklaverei, 7 Tage die Woche in 14h-Schichten, würden Arbeiter in vielen Branchen fehlen. Mehr und mehr Bürger Deutschlands gehen in Rente bei weniger Nachwuchs.

      Kann man also gleich 4 Tage, 35h machen. Der Drops ist schon gelutscht.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Interessanter Lösungsansatz. "Ist eh alles kaputt, da können wir es auch richtig kaputt machen"

  • Dieser Kommentar wäre vielleicht einer Schülerzeitung würdig aber nicht eines Mitarbeiters des Wirtschaftresorts der TAZ!



    Das Bezahlgefüge bei der Bahn ist durchaus vergleichbar mit anderen großen Unternehmen. Sollte die Bahn ihr Management "unüblich" honorieren wollen, dann wird es wohl schwierig werden die Jobs qualifiziert zu besetzen.



    Das bedeutet höhere Kosten werden wir Bahnkunden wohl tragen müssen.



    Auch sollte bedacht werden, dass die aktuell streikenden Mitarbeiter der Bahn beträchtliche Steuer freie Zulagen erhalten, die diese bei vergleichen mit anderen Mitarbeitern nicht anführen! Das heist, diese Personen finden eigentlich in der Realität gar nicht so schlecht.

    • @Fridolin:

      Ich glaube nicht, dass die Managerjobs bei der Bahn aktuell qualifiziert besetzt sind. 60% Pünktlichkeit? Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken an…

    • @Fridolin:

      arbeitskampf ist für uns alle.

    • @Fridolin:

      Wäre das Management in den vergangenen Jahrzehnten qualifiziert gewesen, wäre die DB nicht in solch einem desolaten Zustand.

  • Die GDL ist für die Lokführer zuständig, nicht für die Zugbegleiter. Das würden sie gerne, sind es aber nicht. Und eine 35-Stunden-Woche nur die Lokführer ist mehr als doof.

  • Ich glaube schon, dass die allgemeinen kommenden Lohnrunden unter der Inflation bleiben sollten. Weil wir in dem langen Boom der letzten Jahre schon ordentlich gewonnen haben und wir einer Welt gegenüber stehen die eher weniger als noch mehr zu bieten hat.



    Was jedoch schwerer wiegt ist, dass das sich enthalten von Verantwortung immer noch so stark entlohnt wird. Und deshalb stehe ich voll hinter den Forderungen der GDL. Die, die wirklich hier die Arbeit verrichten, die sonst kaum noch einer machen möchte muss 24/7 verfügbar sein, hat kein Anrecht auf Biorytmus und erhält dafür 3000 Netto? Dagagen platzt die Bahn vor einem Mittelbau (den vornehmlich die EVG vertritt) die gern im Büro sitzen und sich Verantwortung zuschieben, siehe Schnelligkeit, Effizienz und Zuversicht was Bauprojekte, Fahrpläne und Kosten angeht. In diesem Sinne gilt das auch für Pfleger, Bauarbeiter und weitere Beschäftigte, die Arbeiten verrichten, die sonst eben keiner machen möchte. Da wird sich das Lohngefüge ändern müssen, alles andere passt in keine Marttheorie obwohl wir ingesamt wohl erst einmal verlieren werden, wenn wir die Herrausforderunge die vor uns stehen ehrlich betrachten.

  • Warum eigentlich nicht?



    Weil die fehlenden 5 Wochenstunden nicht durch höhere Produktivität o.ä. kompensiert werden können.



    Entweder stellt die Bahn ~2800 zusätzliche Lokführer ein (höhere Kosten und woher eigentlich die Leute nehmen?), oder es fahren halt weniger Züge (weniger Einnahmen).

  • Absolut. Sehe ich auch so. Der erste Effekt wird allerdings sein, dass noch mehr Züge ausfallen. "Personalmangel" ist schon heute ein auf den Bahnsteigen dieses Landes häufig gehörter Grund für Verspätungen und Ausfälle.

    Es müssten also mehr Leute eingestellt werden. Da fällt mir dieses Wort "Fachkräftemangel" ein. Zusätzlich zum letzten Pisa-Ergebnis. Leute, die zwei einfache Sätze nicht verstehen können (->Textverständnis/Lesen) werden so schnell keine Fachkräfte werden.

    Ich sehe allerdings ein großes Potential in der Automatisierung. Warum eigentlich braucht ein Zug auf Schienen, der sich sklavisch an Signale halten muss, einen Lokführer, der in Abständen auf einen Knopf drücken muss um anzuzeigen, dass er noch nicht eingeschlafen ist? Aber das werden die Lokführer wohl nicht gerne hören.

    Wenig problematisch sehe ich allerdings, woher das Geld dafür kommen könnte. Vermögenssteuer, Vorstands- und Managergehälter und Boni kappen etc. Aber das wird leider nicht passieren. Denn die Vermögenden, Vorstände und Manager entscheiden darüber.

    Ich denke. es bleibt schwierig.

  • Das Unternehmen "Bahn" hat in den letzten Jahren eine praktisch vollständige Abwirtschaftung der Infrastruktur (Gleise, Brücken, Stellwerke), Dienstleistungsqualität (Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit) und des wirtschaftlichen Ergebnisses (2022: 227 Mio € Miese) erreicht. Trotzdem werden Boni in Millionenhöhe ausbezahlt. Warum sollte sich das ändern?



    Andererseits: die Boni betrugen ca. 5 Mio €. Welchen Prozentsatz der Mehrkosten für Personal soll das etwa ausgleichen?



    Will sagen: der Spruch mit den Manager-Boni ist zwar nett, aber leider Unsinn. Die Arbeitszeitreduktion kann nur zu einer Preiserhöhung führen.

  • Am besten man arbeitet an der Einführung autonomer Züge, dann müssen die Zugführer gar nicht mehr arbeiten.

    • @Lars Sommer:

      Das scheitert an fehlender Digitalisierung und zu vielen Bedenkenträgern. Selbst wenn es letztere nicht gäbe bräuchte es Jahzehnte und hunderte Milliarden bevor das umsetzbar wäre.

  • Natürlich sind die Boni für sich genommen ein Skandal. Aber zu glauben, man könne hier "durch Abschneiden einer Scheibe" verhindern, höhere Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, ist doch irgendwie ohne Substanz. Denn selbst wenn man die kompletten fünf Mio. EUR Bonus berücksichtigt (wie gesagt, dass das geradezu unanständig ist, ist ein anderes Thema), kommt man, wenn man das Geld auf die 20.000 Lokführer "umrechnet", auf gerade Mal 20 EUR im Monat. Das ist sicher deutlich weniger, als man sicht dort als Lohnerhöhung vorstellt, von Arbeitszeitverkürzungen ganz zu schweigen.

  • "Die Arbeiter heißen Arbeiter, weil sie arbeiten.



    Die Unternehmer heißen Unternehmer, weil sie was unternehmen.



    Würden die Arbeiter was unternehmen, müssten die Unternehmer arbeiten."

    (Bertolt Brecht)

  • 6G
    692662 (Profil gelöscht)

    BMW Regensburg hatte mal die 36 Stunden Woche bei 4 Diensten und Lohnausgleich umgesetzt. Das hat damals funktioniert.

  • Die 35 Stunden Woche ist ein 40 Jahre alter Hut in der IG Metall mit 7 Wochen langen Streik. Also so neu und revolutionär ist das nicht. Anscheinend ist das aber vergessen worden. Also weiter so. Und viel Erfolg

  • Bin auch der Meinung wie Herr Spada.



    Jedoch eine Voraussetzung: Der Laden muss vorher super funktionieren! JedeR der Bahn fährt ist derzeit maximal genervt. Unfähiges Management, oft demotivierte und freche Mitarbeiter. Bezahlen, und das jedes Jahr mehr, das tut der Kunde und Steuerzahler zuletzt. Preiserhöhungen für schlechten Service sind bereits verkündet. Dass die Bahn Gewinne mache, die verteilt werden können, das ist ein Märchen. Sie macht in Wirklichkeit zu wenig Gewinn und kann daher auch nicht ausreichend investieren.



    Für Migration in den Arbeitsmatkt ist zudem die Politik verantwortlich, nicht die Bahn.



    Überall in diesem Land passiert zu wenig, und wenn, dann oft nicht das richtige.



    Dass die GDL, Herr Weselsky in diesem Fall, diese Schwäche für eine kleine Klientel ausnutzt ist gleichermaßen verständlich wie unverschämt und geht zu Lasten der Kunden und Steuerzahler.

  • Nun, im Gegenzug (oh, fast ein Wortspiel) lesen wir, dass ein gewisser Ministerpräsident Teilzeitregelungen aufs Altgleis (schon wieder, s.o.) schieben, die Wochen- und Lebensarbeitszeit erhöhen möchte.

  • Wer würde nicht weniger für den gleichen Lohn arbeiten?

    Das Problem in der heutigen Zeit ist, dass es schlicht nicht genug qualifizierte Leute gibt um solch einen Schritt aufzufangen. Die Bahn müsste ihr Angebot zusammenstreichen und/oder die Kunden noch mehr Verspätungen akzeptieren...

  • Schaut man sich die exorbitanten Steigerungen der vergangenen Jahre an, dann sind die Forderungen völlig abgehoben. Völlig.

  • Viele würden sich freuen, wenn es sie selbst betreffen würde. Aber so lange sie selbst nicht diesen Bonus haben, soll es auch kein anderer haben. Da ist es dann auch egal, ob man selbst sich überhaupt dazu aufrafft dafür aufzustehen, Arbeitskämpfe zu bestreiten oder nur auf seine "Kollegen" zu setzen.

    Das ist die aktuelle Gesellschaft...solange man nicht selbst profitiert, wird dagegen gewettert. Wenn Unternehmen teils horrende Millionen oder Milliarden-Gewinne machen, regt sich keiner auf, WIE sie dazu kamen. Andere hoffen wohl als Kleinstaktionär sogar noch nen Krumen abzubekommen durch die Dividende. Doch sei denen gesagt, was ihr da bekommt, ist weit weniger als das was ihr als Kosten meistens vorher für die Produkte zahlt. ;)