Urteil zu den Plakaten vom III. Weg: Hetze ok, Pimmel nicht
Das Chemnitzer Urteil zu den Wahlplakaten der Partei III. Weg folgt einer absurden Begründung: Die Plakate dürfen bleiben, weil die Zielgruppe unklar sei.
D er sportlich nicht untalentierte Fußballspieler Mehmet Scholl hatte 1994 im Jahrbuch des FC Bayern München den Satz „Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt“, als sein „Lebensmotto“ angegeben. Die Fußballfreunde der rechtsradikalen Partei III. Weg übernahmen nun den Spruch für ihre in Zwickau aufgehängten Wahlplakate, nur den Halbsatz mit den Bäumen ließen sie weg: Der versteht sich bei Grünen ja von selbst. Die notorischen Spaßbremsen von der Ökopartei waren erwartbar empört.
Erst recht, als das Verwaltungsgericht Chemnitz zugunsten der Neonazis und zulasten der Stadt Zwickau, die eine Entfernung verfügt hatte, urteilte: Die Plakate dürfen ebenso hängen wie die Grünen. Damit bestätigten die Chemnitzer nur eine Entscheidung der Zwickauer Staatsanwaltschaft. Die einzige Auflage des Gerichts: Die Hassbotschaften müssen hundert Meter vom jeweils nächsten Plakat der Grünen entfernt angebracht sein.
Der III. Weg hat immerhin nicht „Pimmel“ geschrieben, denn das ginge in einer Demokratie gar nicht. Hetze ist gut, ein Mordaufruf okay, der kleine Pimmel aber ist die rote Linie.
Es sei „unklar, wer überhaupt angesprochen wird“, denn damit könnten Wähler:innen wie Politiker:innen der Grünen gemeint sein, lautet die Begründung für den Beschluss. Ach so, na dann. Darüber, welche der beiden Gruppen aufzuhängen das Verwaltungsgericht als in Ordnung ansähe und welche nicht, hält es sich schlau bedeckt.
Ein Plakat „Knallt alle Nazis ab“ würde nach derselben Logik sicher ebenfalls genehmigt – man wüsste schließlich nicht, welche Nazis denn exakt gemeint wären: die vom III. Weg, die der AfD oder der NPD? Deren Wähler:innen oder deren„Politiker:innen“? Die in der Polizei oder die in der Justiz? Egal, Hauptsache, die Dinger hängen hundert Meter vom Gericht entfernt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Trumps Krieg gegen die Forschung
Byebye Wissenschaftsfreiheit
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten