Vorwürfe gegen Annalena Baerbock: Hinschmeißen muss sie nicht

Die zentrale Aufgabe einer Kanzlerin ist Krisenmanagement – Baerbock lernt genau das gerade. Learning by doing, darin liegt ihre Chance.

Annalena Baerbock spricht bei einer Pressekonferenz

Muss endlich kämpfen, wie es sich für eine Kanzlerkandidatin gehört: Annalena Baerbock Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Politik ist Vollkontaktsport. Was hat Annalena Baerbock denn erwartet? Gewiss, ihr Co-Chef Robert Habeck hat zugunsten der Frau im Team verzichtet. Aber dachte Baerbock, dass da draußen, außerhalb der Grünen-Zentrale, lauter euphorisch gestimmte Grünen-Wähler.innen herumlaufen, die eifrig ihr Buch lesen, ohne kritische Fragen zu stellen? Hinter den Anwürfen stehe eine Kampagne. Ja, Himmel, was denn sonst? Es ist Wahlkampf!

Baerbock muss deshalb nicht hinschmeißen, auch Habeck hat seine Stolpersteine. Aber sie muss endlich kämpfen, wie es sich für eine Kandidatin gehört, die dieses Land führen will. Es rächt sich jetzt, dass Baerbock noch kein öffentliches Amt innehatte, Krisenbewältigung steht nicht auf ihrem Bewerbungsbogen. Gerade durchläuft Baerbock also Krisenmanagement Learning by Doing, und die Republik sieht ihr live und mit einer Spur Häme zu.

Dass darin auch eine Chance liegt, ist in der Diskussion über aufgehübschte Lebensläufe und übereiltes Bücherschreiben viel zu kurz gekommen. Das ist doch das Profil des Amtes, für das Baerbock sich bewirbt: Krisenmanagement. Merkel hat 16 Jahre lang vorgemacht, wie es geht, von Fukushima über die Euro-Krise, die Krise um die Geflüchteten und dann Trump. Das darf man unabhängig von der politischen Bewertung ihrer Politik festhalten.

Mit dieser Qualifikation wird man oder frau nicht geboren, im besten Fall ist sie das Ergebnis von Erfahrung. Die leidige Copy-and-paste-Geschichte und alle anderen (teils selbst) in den Weg gelegten Stolpersteine müsste eine Politikerin, die ins Kanzler.innenamt will, als Training für härtere noch kommende Wahlkampfattacken begreifen. Das grüne Team hat schlampig gearbeitet, Baerbock überempfindlich reagiert, aber jetzt ist es Zeit, Fehler auszuräumen und die öffentlichen Anwürfe hinter sich zu lassen.

Wer ins Kanzler.innenamt will, muss mit Lust und Leidenschaft kämpfen. In den kommenden Tagen und Wochen wird sich zeigen, ob Baerbock das kann. Genau gesagt wird sich zeigen, ob sie es verdient hat, gewählt zu werden.

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taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.

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