Volksfest Gillamoos: Aiwanger sieht Demokratie in Gefahr

Auf dem Gillamoos kübeln Söder, Merz und Aiwanger gegen die Bundespolitik. In der Flugblatt-Affäre wittern die Freien Wähler weiterhin eine Kampagne.

Aiwanger winkt vor einem Plakat Freie Wähler

Hubert Aiwanger feiert auf dem Volksfest Gillamoos Foto: Sven Hoppe/dpa

ABENSBERG dpa/taz | Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat bei seiner Rede auf dem Gillamoos-Volksfest vor einer politischen Spaltung des Landes gewarnt. „Dieses Land wird derzeit politisch tief gespalten bis hin zu einer Situation der Regierungsunfähigkeit“, sagte Bayerns Vize-Ministerpräsident am Montag im niederbayerischen Abensberg. Als Beispiel nannte er Umfragen in ostdeutschen Bundesländern, in denen „Randparteien“ mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinten. „Dann ist die Demokratie in höchster Gefahr“, sagte Aiwanger.

Seine Partei wolle deshalb „ein Angebot der vernünftigen Politik“ an Wähler der Mitte machen, sagte Aiwanger. Sie habe dabei die Pflicht, „Fehlentwicklungen ganz deutlich zu benennen“. Mit Blick auf seine umstrittenen Äußerungen zum Heizungsgesetz bei einer Kundgebung im oberbayerischen Erding sagte der Freie-Wähler-Chef: „Ich sah mich in keiner anderen Situation als diese Dinge beim Namen zu nennen, damit die sehen, dass die Bevölkerung diesen Weg nicht mitgeht.“

Aiwanger hatte bei der Kundgebung unter anderem gesagt, dass eine schweigende, große Mehrheit die Demokratie wieder zurückholen müsse. Vertreter anderer Parteien hatten Aiwanger dafür scharf kritisiert und ihm Populismus vorgeworfen.

CSU-Chef Markus Söder hat die Bundesregierung in seiner Rede auf dem Gillamoos-Volksfest scharf attackiert. „Die Hampel-Ampel ist die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte“, sagte Söder bei dem gemeinsamen Bierzelt-Auftritt mit CDU-Chef Friedrich Merz. „Woche für Woche Streit“, kritisierte er. „Woche für Woche Hin und Her.“

Nach der Bundestagswahl 2025 werde die Union die Ampel ablösen, sagte Söder optimistisch voraus. „Die Ampel wird das Jahr 2025 nicht mehr erfolgreich als Regierung bestreiten. Die lösen wir gemeinsam ab.“ Kurz nach der Beginn der Rede hatte ein Störer versucht, Söder aus dem Konzept zu bringen. Der Mann wurde aus dem Zelt getragen.

Merz lobt Söder für Aiwanger-Aufarbeitung

Der CDU-Vorsitzende Merz lobte Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für die Aufarbeitung der Affäre um Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Söder habe in den vergangenen Tagen eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt, und die habe er bravourös gelöst, sagte Merz. „Sehr gut, genauso war's richtig, das so zu machen.“ Söder hatte am Sonntag seine Entscheidung mitgeteilt, Aiwanger am Ende trotz aller Vorwürfe rund und ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten im Amt zu belassen.

Merz attackierte in seiner Rede die Ampel-Regierung zur Halbzeit der Legislaturperiode in scharfen Worten. „Wir sind fest entschlossen, es spätestens in zwei Jahren besser zu machen als diese Regierung“, sagte Merz. Deutschland habe eine bessere Regierung verdient. „Fachkräftemangel haben wir in erster Linie in der Bundesregierung – und nicht bei den Ingenieuren in Deutschland.“ Merz warf SPD, Grünen und FDP unter anderem schwere Fehler in der Energie- und in der Migrationspolitik vor. Die Abschaltung dreier funktionierender Atomkraftwerke kritisierte er als „Dämlichkeit“ und „Schwachsinn“.

Die Generalsekretärin der Freien Wähler, Susann Enders, bezeichnete die Vorwürfe gegen Aiwanger als „Riesenkampagne“. „Es ist eine Wahnsinnszeit im Moment“, sagte Enders. „Eine Riesenkampagne hält uns seit über einer Woche in Atem.“ Ihre Partei und Aiwanger hätten aber angesichts der Vorwürfe in „unzähligen E-Mails, unzähligen Telefonaten“ viel Zuspruch erhalten. „Ihr habt uns als Freien Wählern so viel Rückhalt gegeben in den letzten Tagen“, sagte Enders.

Bayerns SPD attackiert Aiwanger

Der bayerische SPD-Landeschef Florian von Brunn sprach Ministerpräsident Söder Führungskraft ab. In der Flugblatt-Affäre habe sich gezeigt: „Söder hat keinen Einfluss“, sagte er am Montag. Söder habe sich an den Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger „gekettet, er ist auf ihn angewiesen“. Von Brunn eröffnete auf dem Volksfest Gillamoos den politischen Frühschoppen der SPD.

Dabei attackierte er Aiwanger erneut: Ein antisemitisches Flugblatt sei keine Jugendsünde – „nein, es ist eine Sauerei“. Er kenne viele, die Unsinn in der Jugend gemacht hätten. „Aber ich kenne niemanden, der so üble Flugblätter in der Tasche hatte. Das ist kein dummer-Jungen-Streich. Das ist rechtsradikal und nichts anderes.“

Das immer Anfang September stattfindende Volksfest Gillamoos hat eine mehr als 700-jährige Tradition im Landkreis Kelheim in Niederbayern und ist gerade für die politischen Reden am letzten Festtag überregional bekannt. Parallel gibt es einen Bierzelt- und Volksfestbetrieb.

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