Verbot von rechtsextremem Magazin: „Compact“ darf wieder erscheinen
Im Juli hat das Bundesinnenministerium das rechtsextreme „Compact“-Magazin verboten. Jetzt wurde das Verbot ausgesetzt – zumindest teilweise.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das am 16. Juli vom Bundesinnenministerium vollzogene Verbot des rechtsextremistischen Compact-Magazins am Mittwoch im Eilverfahren teilweise ausgesetzt.
Das Gericht teilte unter anderem mit, dass es derzeit nicht abschließend beurteilen könne, ob der Verein „Compact Magazin GmbH“ sich tatsächlich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte und damit die Grundlage eines Verbots gegeben sei.
Des weiteren führt das Gericht seine Entscheidung zur Aussetzung des Verbots aus: Die verbreiteten Print- und Online-Publikationen des Vereins ließen zwar Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde erkennen und nähmen in ihrer Rhetorik eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen ein.
Jedoch bestünden „Zweifel, ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, dass das Verbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist.“
Das Gericht führt weiter aus, dass es auch mildere presse- und medienrechtliche Maßnahmen gäbe wie „Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen“. Ein „besonderes Gewicht“ sei in diesem Fall auf die Meinungs- und Pressefreiheit zu legen. Da die Vollziehung des Vereinsverbotes zu der sofortigen Einstellung des gesamten Print- und Onlineangebots führe, das den Schwerpunkt der Tätigkeit von Compact ausmache, sei das diesbezügliche Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit höher zu gewichten als das eigentliche Verbot.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte ihr Vorgehen damals einen „harten Schlag gegen die rechtsextremistische Szene“ genannt und das Verbot folgendermaßen begründet: „Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie.“
Die endgültige Entscheidung, ob das unter anderem von Rechtsexperten kritisierte Vorgehen Faesers rechtens war, fällt erst im Hauptsacheverfahren. Bis dahin darf Compact weiter erscheinen. Dessen Chefredakteur Jürgen Elsässer schrieb auf X: „Eine Entscheidung wird erst im Hauptsacheverfahren fallen, und das werden wir auch gewinnen.“ Abwarten.
Leser*innenkommentare
Ernie
Es geht um die Pressefreiheit, deswegen konnte es auch keine andere Entscheidung geben. Das Gericht handelt im Sinne der demokratischen Grundordnung.
Tino Winkler
Compact ist Hassfreiheit.
nutzer
"ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, dass das Verbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist.“"
ha ha haaaaa
man uß sich schon ein Schild "Ich bin ein Verfassungsfeind" umhängen, damit es geglaubt wird...
Libuzzi
@nutzer So ist es. Und damit ist die Bedienungsanleitung für rechte Hetzer auch gleich geschrieben: 50% der Beiträge gehen über Schrebergarten- und Karnickelzüchtervereine, und die Sache ist geritzt.
Philippo1000
In der Sache ist noch nichts entschieden, das erfolgt erst in der Hauptverhandlung. Die Entscheidung betrifft das Eilverfahren, nachdem das rechte Herzblättchen bis zur Entscheidung weiterhin erscheinen darf.
Sam Spade
Eine einleuchtende Stellungnahme des Gerichts zur vorläufigen Aufhebung des Publikationsverbots. Schon aufgrund der öffentlichen Erklärung von Frau Faeser, die sich eindeutig und ausschließlich auf das Magazin bezog konnte vermutet werden, dass das BMI das Vereinsverbot lediglich instrumentalisiert hat.
Die Pressefreiheit ist ein schützenswertes Gut und zudem selbstregulierend. Das stellt auch eine Verpflichtung dar. Und wenn die Redakteure des Compact Magazins dieser Verpflichtung nicht nachkommen und die Grenzen dessen, was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist überschreiten, steht es jedem Bürger dieses Landes frei Strafanzeige z. B. wegen Volksverhetzung zu stellen.
Dieser Aspekt irritiert insbesondere vor dem Hintergrund, dass dieses Rechtsmittel anscheinend kaum in Anspruch genommen wurde. Bei einer Publikation der zum Teil menschenverachtenden Inhalte bescheinigt werden, könnte eigentlich davon ausgegangen werden, dass zumindest der ein oder andere Volksvertreter Eigeninitiative an den Tag legt und rechtlich dagegen vor geht.
Oder anders ausgedrückt. Bei optimalen Zuständen hierzulande hätte das Compact Magazin eigentlich mit Klagen überhäuft werden müssen.
Kriebs
@Sam Spade "Bei optimalen Zuständen hierzulande hätte das Compact Magazin eigentlich mit Klagen überhäuft werden müssen."
--> Das ist ja gerade das perfide am Vorgehen von Faeser und dem BMI. Es ist vollkommen unstreitig daran, dass sämtliche Artikel des compact nicht strafbar waren. Ansonsten hätte die Staatsanwaltschaft auch von Amts wegen tätig werden müssen. Tat sie aber nicht. Auch großflächige Anzeigen anderer Juristen gab es wohl nicht.
Selbst der Verbotsbescheid ist ausdrücklich nicht mit rechtswidrigen oder gar strafbaren Inhalten begründet.
Pointiert gesagt: Fr. Faeser hat ein völlig legale Meinung verboten. Eine unappetitliche Meinung aber eben eine legale Meinung.
Gerald Stolten
Unfassbar, dass dieses menschenverachtende, volksverhetzende Machwerk wieder erscheinen darf.
-Vermutlich würde das Gericht auch den Völkischen Beobachter nicht beanstanden...!
Juan Vaho
@Gerald Stolten Immerhin eine steile These.
In aller Ruhe
Völlig erwartbarer Beschluss bei offenen Erfolgsaussichten. Immerhin hat das BVerwG bereits klargestellt, dass es das VereinsG für anwendbar hält, sodass diese Frage wohl erst das BVerfG rechtlich klären wird.
Rolf B.
Auch wenn dieses Magazin inhaltlich für viele Menschen unerträglich ist, obsiegt hier der Rechtsstaat. Zumindest vorläufig.
Libuzzi
@Rolf B. Hat er hier auch gesiegt? de.wikipedia.org/w...edia#Deutschland_2
Oder meinen Sie den Rechts-staat? Ich weiß, ein alter Treppenwitz. Aber angesichts ungleicher Maßstäbe zwar ein abgelutschter, aber immer noch treffender Kalauer.
Nachtsonne
Nun , Compact ist unstrittig ein übles Magazin. Das sehen nicht nur Linke so. Übel allein reicht aber nicht für ein Verbot. Die Entscheidung des BVG kommt nicht überraschend. Meines Wissens nach gab es zuvor kein einziges erfolgreiches Verfahren wegen Volksverhetzung gegen Compact. Auch bei weiterer Betrachtung durch das Gericht wird sich dieser Umstabd kaum ändern. Man kann Frau Faesers sportlichen Versuch über das Vereinsrecht ein Verbot zu erreichen auch durchaus als Angriff auf die Pressefreiheit verstehen. Ein fast einzigartiger Vorgang seit 1949.
Werner2
Ganz großen Dank, Nancy. Außer "Compact" nun bundesweit ins Gespräch zu bringen und damit Werbung in gewissen Kreisen zu machen, also nichts erreicht.
Halt, der eigenen Glaubwürdigkeit hat man auch noch geschadet. Ich mußte bei den Bildern der Hausdurchsuchung morgens um sechs bei dem Inhaber zuerst einmal an Churchill denken
"„Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe.“
―Winston Churchill
- gutezitate.com/autor/winston-churchill
Wer sich für Demokratie wirklich einsetzt, muß bei solch eigentlich selbstverständlichen Aspekten bürgerlicher Freiheiten 200% korrekt sein - und nicht das Gegenteil machen.
Libuzzi
@Werner2 Gehen Sie davon aus, dass Sie in einer Demokratie nach Gusto von Herrn Elsässer ganz sicher wissen, dass es nicht der Milchmann ist, der da morgens um sechs klingelt ...
WM
Da haben wir es wieder mal. Auf dem rechten Auge blind: Indymedia.Linksunten bleibt verboten und das rechte Blatt darf weiter machen. Wie sagte schon Christian Ehring: wir müssen bald nicht mehr in die Geschichtsbücher schauen, um einen Eindruck k davon zu bekommen, wie es in der Weimarer Republik war. Wo ist denn unsere „wehrhafte neue Demokratie“, von der immer gesprochen wird, wenn man sie mal braucht?
nutzer
@WM ja, das ist in der Tat schon merkwürdig.
Rudi Hamm
Leider war dies so vorhersehbar, wie viele Juristen schon im Vorfeld geschrieben haben. Compact wird die als Sieg verkaufen, womit Nancy Fasers Aktion ein Schuss in den Ofen war, ja sogar die extrem Rechten befeuert hat. Die werden das jetzt gebührend feiern.