Staatsanwaltschaft entlastet Letzte Generation: Zu spät

Klimaaktivisten waren nicht schuld am Tod der Radfahrerin im Oktober, hat die Berliner Staatsanwaltschaft festgestellt. Doch die Stimmung hat sich bereits gedreht.

Weißes Fahrrad mit Trauerkerzen

Mahnwache für die von einem Betonmischer getötete Radfahrerin im November 2022 in Berlin Foto: Stefan Boness/Ipon

Der Ermittlungseifer der Öffentlichkeit war schier grenzenlos. Nachdem im Oktober 2022 eine Radfahrerin in Berlin von einem Betonmischer überrollt wurde, standen die Schuldigen für ihren Tod für viele sofort fest. Es waren die Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation, die mit einer Blockade einer Schilderbrücke dafür gesorgt hatten, dass ein Spezialrettungsfahrzeug der Feuerwehr im Stau feststeckte und den Unfallort erst mit acht Minuten Verspätung erreichte.

Die ach so nervigen „Klima-Terroristen“ waren nun also „Mörder“, so riefen es viele empört in die Öffentlichkeit. Empathie angesichts des tragischen Todesfalls war dabei kein Motiv in der überdrehten Debatte. Die Frau, eine von zehn im Berliner Straßenverkehr getöteten Rad­fah­re­r:in­nen im Jahr 2022, wurde instrumentalisiert, um den Klima-Aktivist:innen die moralische Legitimation für ihr Handeln abzusprechen. Und viele mischten mit: Zeitungskommentator:innen, die Berliner Feuerwehr und Po­li­ti­ke­r:in­nen nahezu aller Parteien.

Nun ist die Berliner Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis gekommen, dass die beiden Blo­ckie­re­r:in­nen für den Tod der Radfahrerin nicht verantwortlich sind. Die Entscheidung der Notärztin vor Ort, den Betonmischer von der eingeklemmten Frau abzufahren und nicht auf das Anheben durch ein Spezialfahrzeug zu warten, war richtig. Die Ärztin hatte das damals schon begründet, hören aber wollten es viele nicht. Die Feuerwehr etwa agierte ganz im Sinne von Berlins Innensenatorin als Ankläger gegen die Aktivist:innen.

Der Befund der Staatsanwaltschaft ist wichtig für die Aktivist:innen, die bei ihren Straßenblockaden sehr darauf bedacht sind, Rettungsgassen freizuhalten. Gleichzeitig ist es ein Urteil über jene, die sich anmaßten, Rich­te­r:in zu spielen. Gleichwohl ist die Debatte seitdem gekippt: Immer mehr Menschen wollen in Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen die größere Bedrohung sehen als im Klimawandel. Wenn die Letzte Generation ab 24. April Berlin lahmlegen will, wird man diese Stimmen trotz dieses Urteils wieder überdeutlich hören.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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