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Putin-Fans in OstdeutschlandParadoxe Sympathien

Unserem Autor begegnet eine hartnäckige Parteinahme für die Erben der Sowjetunion, ausgerechnet in der ehemaligen Besatzungszone. Wie kommt das?

„Nas ne dogonjat“ („Sie kriegen uns nicht“) steht auf dem Shirt bei einer Pegida-Demo in Dresden Foto: Sean Gallup/Getty Images

„Ich liebe ihn heute noch!“, sagt meine Friseurin – und ich liebe sie für diese Liebeserklärung an Wladimir Putin am zehnten Kriegstag nicht. Ich liebe sie noch weniger für die Ansage, dass sie den Medien ohnehin nie traue und jetzt erst recht nicht.

Meine Friseurin liebe ich sonst sehr, sie stammt noch aus dem Laden, der früher in der SED-Bezirksleitung, später sächsischer Landtag, die Bonzen beschnitt. Normalerweise reden wir zwei entspannt über meinen Beruf.

Sie ist nicht die einzige Putinversteherin in Dresden und im Osten des mir plötzlich seltsam näher gerückten Deutschlands. Überhaupt nicht entspannt geht es seit dem Überfall auf die Ukraine in Mailverteilern, Whatsapp-Gruppen oder bei persönlichen Begegnungen zu. Der Tenor: Ist ja schlimm, was der unberechenbare Putin da macht.

Aber hat nicht der Westen, voran die US-Amerikaner, das arme, kuschelbedürftige und gen Westen lächelnde Russland seit 30 Jahren so in die Enge getrieben, dass sein Zar jetzt gar nicht anders konnte? Die Notwehrthese der früheren ARD-Moskau-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz nach der Krim-Annexion 2014 steht Pate.

Ein neuer Spaltpilz auf Skatrunden

Bitte nicht schon wieder eine neue Gletscherspalte im vereisten gesellschaftlichen Klima, barme ich. Haben wir besonders im Osten nicht genug mit einer zerklüfteten Landschaft zu kämpfen nach Pegida, Flüchtlingshassern, querdenkenden Totalverweigerern und Impfkriegern? Wieder dringt ein neuer Spaltpilz in Geburtstagsfeiern oder Skatrunden vor, auch in akademische.

Wieder dringt ein neuer Spaltpilz in Geburtstagsfeiern oder Skatrunden vor, auch in akademische

Woher rührt ausgerechnet in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone die hartnäckige Parteinahme für die Erben der Sowjetunion, eine latente Sympathie, die sich auch durch die Gräuel eines totalen Krieges nicht beirren lässt? Wir müssten die Sowjets doch am besten kennen! Bei Erklärungsversuchen fühle ich mich von Empirie, Sozial- oder Politikwissenschaften weitgehend allein gelassen und auf eigene Erfahrungen und Beobachtungen verwiesen.

Zuerst kommt mir eine Variante des Stockholm-Syndroms in den Sinn. Also paradoxe Sympathie gegenüber denen, die einem Gewalt antun. Das klappt für meine Generation nur noch bedingt, die Schulkinder der 1960er und 70er Jahre in der DDR, die bloß noch Ausläufer des harten Stalinismus und des 17. Juni 1953 erfuhren. Mit dem Atavismus der blutigen Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 freilich.

Aber sonst spürten wir die Knute der einheimischen Kremlstatthalter, weniger die der Führer des Sowjetreiches. Wobei das immer in Zusammenhang mit der historischen Schuld des deutschen Überfalls 1941 gefühlt und relativiert wurde.

Und: Wer kannte schon einen Russen persönlich? Berufliche Reisen in die Sowjetunion gab es, Ausgewählte durften dort studieren, aber touristisch war nicht viel los. Die Soldaten, die armen Schweine, wurden abgeschirmt. „Es ist ein Russ entsprungen“, sangen wir unverzeihlich zynisch auf dem Zeltplatz, wenn wieder eine bewaffnete Postenkette nach einem verzweifelten Deserteur suchte – bis wir die Schüsse im Wald krachen hörten.

Ost-Trotz oder trotz Ost?

Der koloniale Status wurde in der DDR mit Ironie sublimiert. Sowjetische Freunde oder Brüder? Freunde nicht, denn die kann man sich aussuchen. Aus einem sowjetischen Arbeiterlied wurde „Machorka her“, aus „Tom Dooley“ die Grigorij-Parodie, aus den Ghost Ridern die „30 Russen am Fuße des Ural“. Das war nicht mehr feindselig, und auch ich trug 1989 eine Gorbatschow-Plakette.

Zweite, nicht wissenschaftlich belegbare These: Der Osttrotz ist im Spiel! Bei der jungen Nachwendegeneration trifft man nämlich keine Putinversteher mehr, nur noch Kriegsgegner. Naiv stolperten die Ossis in die Einheit, im Glauben an den schnellen Wohlstand und an eine individuell narzisstische, nicht verantwortlich empfundene Freiheit. Dieser Glaube musste enttäuscht werden. Reaktion gegenüber den Wessi­okkupanten: Ätsch, dafür halten wir weiter zu den Russen!

Das nüchterne Argument fortgesetzter Wirtschaftsbeziehungen zieht kaum. Nur drei Prozent der sächsischen Wirtschaft sollen davon profitieren. Maßgeblich erscheint mir vielmehr die massenhaft gestützte Beobachtung, dass die „Ossis“ 89 zwar demonstrierten, aber von einer solidarisch-gemeinschaftsorientierten Demokratie nichts begriffen hatten.

Hofierung von Putin in Dresden

Bei den Rechten, die am lautesten nach Basisdemokratie schreien, wie bei einer erschreckend hohen Zahl ehemaliger DDR-Bürger ist die Sehnsucht nach autoritärer Führung, mithin nach Entlastung von der eigenen Mitverantwortung latent.

Bei Pegida und deren Derivaten, bei der AfD wird Putin geradezu als Messias verklärt. Als MDR-Reporter hätte man sich dort mit einem Mikrofon von Russia Today tarnen müssen. In der Oberlausitz fordern Inschriften und Banderolen „Schluss mit der Hetze gegen Russland!“.

Es ist dieselbe Region, in der die gegen alles irgendwie Staatliche demonstrierenden Gutbürger sonntags an der B96 schwarzweißrote Fahnen schwenken und die Sozialpolitik des Kaisers loben. Im Kollektiv-Unterbewussten wirkt die autoritäre Prägung der DDR fort, bis hinein in äußerlich demokratische Regierungskreise von Meck-Pomm oder Sachsen.

In Dresden sind die frühere Hofierung des Zaren und die Besuchseinladung an Putin bis heute nicht zurückgenommen worden. Wir befinden uns im adoleszenten Stadium Ostdeutschlands auf dem Weg zu demokratischer Emanzipation, die freilich auch im Westen keineswegs gefestigt erscheint. Ich werde Geduld und Nerven in teils unsäglichen Debatten bewahren, beim Krieg an der Heimatfront nicht mitmachen und meiner Friseurin weiterhin dankbar sein für die Übermittlung von Volkes Stimme.

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50 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

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  • Im Osten sprechen halt mehr Alt-68er russisch statt französisch. Auf Menschen deren Sprache man spricht und die man versteht schießt man eben nicht sondern versucht die Gemeinsamkeiten zu betonen. Insofern ist es doch logisch, dass die Ostler versuchen die Russische Politik zu verstehen. Mir ist in Westdeutschland keine Demonstration gegen Le Pen bekannt , obwohl deren Ansichten und die Ansichten ihres Vaters bekannt sind. Ah sich verstehe Provence, Bordeaux, Résistance. Versucht doch erst mal die Ostdeutsche Sozialisation nachzuvollziehen.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Also ich finde den Artikel seltsam (weil mir jetzt kein besseres Wort einfällt). Als hätten die Geschehnisse der letzten 30 Jahre nichts mit der heutigen Situation zu tun.



    "Von einer solidarisch-gemeinschaftsorientierten Demokratie nichts begriffen" hatten auch SPD und Grüne, als sie die Agenda 2010 einführten. Sollen da "die Ossis" dran schuld sein?



    "Der koloniale Status" wurde nach der Wende schließlich nicht abgeschafft. Ob in der Politik, der Wissenschaft oder der Wirtschaft - überall hatten (und größtenteils haben) vorrangig Westdeutsche das Sagen. Ost- und Südeuropa sind durch die Agenda 2010 und durch die von Schäuble und Merkel forcierte EU-Politik zur verlängerten Werkbank der deutschen Industrie degradiert geworden, Russland zum Rohstofflieferanten.



    Dass das autoritäre nationalistische Reaktionen hervorruft, nicht nur in Ostdeutschland oder Russland, sondern auch in Polen, Ungarn, Griechenland etc., ist einfach zu verstehen. Diese Verstehen muss aber nicht heißen, dass man Verständnis für Diktatoren hat. Die Frage ist hier nicht nur, was dieses Verständnis mit der DDR zu tun hat, sondern auch, was dieses Verständnis mit den letzten 30 Jahren Neoliberalismus zu tun hat, der in der BRD bereits 1982 von SPD und FDP mit dem "Lambsdorff-Papier" eingeleitet wurde de.wikipedia.org/w...r_Arbeitslosigkeit .



    "Zuerst kommt mir eine Variante des Stockholm-Syndroms in den Sinn. Also paradoxe Sympathie gegenüber denen, die einem Gewalt antun." - Herr Bartsch gibt die Antwort irgendwie schon selbst, aber seine Erkenntnis auf den Kapitalismus, namentlich die "soziale Marktwirtschaft" anzuwenden, kommt wohl nicht infrage.



    Um es mit Georg Kreisler zu sagen: "... und bei der nächsten freien Wahl wählen wir die Gleichen,



    die dafür Sorge tragen, daß wir uns nicht befreien."



    Wenn's nicht wahr ist: www.youtube.com/watch?v=dxA0QiQKehM

  • Als Ossi sage ich diese Personen(ich habe sie auch im Bekanntenkreis)



    sind nicht für Putin sondern gegen das was ihnen von oben vorgesetzt wird.



    Wenn die Mainstreammedien+Politik jetzt pro Putin wären und gegen US dann wäre die Meinung genau umgedreht…



    Ma ist eigentlich grundsätzlich dagegen alles was von oben kommt muss falsch sein

  • Putin betreibt Propaganda. Selbst wenn er offensichtlich lügt, tragen seine Anhänger das weiter.



    Reine Glaubenssache, was Putin sagt und macht, ist richtig.

  • Lieber Herr Bartsch,



    mein Tipp: Frisörin wechseln und vielleicht auch die Region.

  • Das russisch staatliche Lügenprogramm kommt nun langsam im rechten Raum an. Wen wundert's?! Gewohnt widerlich.

    • @Gerhard Krause:

      Langsam? Die russische Propaganda begürwortet schon lange Rechtsextremisten im Westen. Le Pen ist da nur das offensichtlichste Beispiel. RT-DE hat z. B. kräftig Werbung für die AfD gemacht mit zusammengeschnittenen Bundestagsclips, die stets die AfD als kämpferischen Underdog und die übrigen Parteien als faul/arrogant/korrupt darstellte.

  • Die spannende Frage ist doch: warum sind die Putin-Apologeten so viel präsenter in Ostdeutschland als....sagen wir in Tschechien. Oder in Ungarn. Vom Baltikum oder Polen gar nicht erst zu reden. Die hatten ja auch überschaubar positive Erfahrung mit Moskau. Liegt es daran, dass sich diese Länder nach 1990 aus eigener Kraft neu konstituieren mussten, die "Ossis" aber als kleiner Bruder eben einen Minderwertigkeitkomplex gegenüber Siegermächten (hier: der Westen) entwickelt haben? Dass man die Befreiung nicht als Befreiung, sondern als erneute Unterordnung begriffen hat?

    • @RagnarDannesjkoeld:

      Diese spannende Frage stelle ich mir, als ehemaliges Ostblockkind aus Polen, auch. Ihren Erklärungsansatz, daß gerade der eigenständige Neubeginn nach 1990 einen Bruch mit der ehemaligen Hegemonialmacht gefördert hat, finde ich überzeugend.



      Jedenfalls spricht mir Herr Bartsch aus dem Herzen:)

  • Na ja. Ich finde den Artikel sehr polemisch. DER OSTEN ist genau so divers wie DER WESTEN. Auch habe ich noch nie verstanden, wieso das Wort "xxxVersteherin" (ob x=Putin oder was anderes) so als quasi-Schimpfwort verwendet wird. War "Verstehen" nicht mal was Positives?

    • @Henni:

      Die Wahlerfolge von Linken und AfD im Osten sprechen nicht für "genau so divers".

    • @Henni:

      Stellen Sie sich vor, Putin hätte eine Frau vergewaltigt. Die hat sich so aufreizend gekleidet, verteidigt er sich.

      Dafür Verständnis zeigen, ist dann nicht positiv.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @mife:

        Etwas zu verstehen, heißt nicht, Verständnis zu haben. Das ist nicht dasselbe.



        Es lassen sich z.B. auch die geostrategischen und persönlichen Interessen verstehen, wegen denen Bush Jr. den Irak hat überfallen lassen.

    • RS
      Ria Sauter
      @Henni:

      Kann Ihnen nur zustimmen. Und solche Verallgemeinerungen, wie in dem Artikel, sind gefährlich.



      So entstehen Konflikte und Ablehnung.



      Ja, im Osten gibt es A.löcher, wie im Westen und überall auf der Welt.

    • @Henni:

      Natürlich ist der Osten auch divers, aber - einige kleine, primär von Wessis begründete Vorposten ausgenommen - nicht so divers wie der Westen. Eine Erklärung ist diese Diskrepanz aber immer noch keine, in dem Punkt gebe ich Ihnen Recht.

  • Vermutlich hat es auch einfach etwas damit zu tun, dass man "dagegen" sein will. Würde die Mehrheit hinter Putin stehen, würde dieser bei Pegida und Co. vermutlich verteufelt.

    Getreu dem Motto:



    1. Der Feind hat Unrecht.



    2. Wenn er Recht hat, gilt Regel 1

  • 40 Jahre sogenannten Sozialismus in der DDR haben Spuren hinterlassen. Parteien, die vermeintlich einfache Lösungen für alltägliche und grundsätzliche Probleme anbieten, werden gerne gewählt. Deshalb die Wahlergebnisse für AFD und Linke. Auch die jüngere Generation macht keine Ausnahme. Ausländerfeindlichkeit ist auch bei Wählern bzw. Anhängern der Linkspartei Alltag.

    • @Klempner Karl:

      wenn das stimmen sollte, frage ich mich wie der Westen es nach `45 geschafft hat, so eine Demokratie zu werden?



      Die hätten doch alle gar nicht dazu fähig sein sollen, immerhin waren die alle nazi-sozialisiert...

      (das ist ironisch gemeint, oder zynisch, den Unterschied weiß ich immer nicht so genau...)

  • Das meine Mitbürger 1990 in der großen Mehrheit CDU etc gewählt haben anstatt neues Forum, sagt doch alles. Und jetzt wählen viele davon AFD und fühlen sich als Opfer. Putin hilf, Merkel muß weg, etc PP.

    Ich diskutiere nicht mehr. Jedem sollte bewusst sein sind diese Kräfte an der Macht wird jede Rechtsstaatlichkeit ein jähes Ende finden.



    Deine Friseurin wird dir nicht helfen.

  • Die Gedanken des Autors kann ich gut nachvollziehen. Es macht Hoffnung, dass es vorwiegend die älteren Menschen sind, die Putin verehren. Alles was ihnen im Westen nicht gefällt, wie z.B. Flüchtlinge und offene Homosexualität wurde als typisches Ergebnis unserer Demokratie empfunden. Das führte zu Parolen, wie : "Merkel muss weg" oder "Putin hilf uns". Der Slogan "Wir sind das Volk" ist anmaßend und ziemlich dumm, diese Leute wollen gar nicht wissen, wer außer ihnen noch alles zum Volk gehört.



    Vom Westen den Wohlstand und von Putin die Ordnung, das ist ein unerfüllbarer Traum.

  • Ihr wart doch selbst Bewohner einer Besatzungszone. Schon vergessen, dass ihr vermutlich bis kürzlich von den Amis flächendeckend abgehört wurdet?

  • Vielleicht nimmt einmal jemand von den Westdödel zur Kenntnis, dass es anderswo andere Erfahrungen und Sichtweisen gibt. Diese unglaubliche Arroganz, im Besitz der objektiven Wahrheit und der Nabel der Welt zu sein, läuft nun schon seit 30 Jahren. Viele im Osten haben die Schnauze voll, dass die Westsicht der Dinge und der pathologische Russenkomplex sich als Halter "der Deutschen" etabliert. Seit dem 2. WK bestehen mal mehr, mal weniger Ressentiments gegen Russland. Sobald dort jemand einen Stift fallen lässt, gerät man im Westen in Panik. Vielleicht sollte das mal aufgearbeitet werden. Einen fairen Umgang hat Russland nie erfahren. Die vergangenen 20 Jahre standen symptomatisch für diese zementierte Aversion.

    • @Zelter:

      und ist, aus Ihrer Sicht jetzt aktuell auch nur wieder "ein Stift in Russland runtergefallen"

  • Man darf natürlich nicht vergessen, dass der Osten mit der Wieder Wiedervereinigung die Kälte des Kapitalismus gespürt hat, wenngleich es ihm heute gegenüber früher und insbesondere im Vergleich zu den anderen Ostblockstaaten viiiiiiiel besser geht.

  • An eine unlogisch Sache mit Logik ranzugehen ist schwerlich möglich, daher vielleicht so:



    Der Menschen Gefühlslage ist grenzenlos, Wissen aber oft sehr begrenzt.

    • @Tom Farmer:

      Das ist doch völliger Blödsinn. Weder ist man im Osten autoritätsfixierter (sonst hätten sich wohl mehr impfen lassen), noch ist das Wissen begrenzter. Der Abstieg des deutschen Bildungssystems ging vom Westen aus. Unsere Schulen und Allgemeinbildung waren top (Warum hatte das Abi im Osten 12, im Westen 13 Jahre? Im Westen gehörten 1 Jahr Schauspielunterricht dazu).



      Es ist die gnaden- und grenzenlose Arroganz, dass der Westen sich überlegen fühlt, alles besser weiß und bis heute einen Dreck auf ostdeutsche Erfahrungen gesetzt hat..



      Leider hatte man denen das Gefühl gegeben, die überlegene Gesellschaftsordnung zu sein. Die hat aber nicht gewonnen, sondern sie ist übrig geblieben.

      • @Zelter:

        Sie haben sooooo recht, was das Bildungssystem angeht...ich vermute ja dahinter System (dummes Volk regiert sich leichter)...und genau in der von ihnen aufgedührten Arroganz und Hybris des Westens liegt meiner Meinung nach auch die Begründung in all diesen Unterschieden im Verhalten der (jaja, ich weiß) "Ostdeutschen"....abgesehen von wenigen Gewinnlern ist ein Großteil enttäuscht, dass schnell mit "Weißer Riese" waschen leider dafür gesorgt hat, dass die ostdeutschen Innenstädte zu einem weiaus überwiegenden Teil in der Hand von "Investoren" aus Bayern, Hessen oder BW sind, was dafür sorgt, dass über Mietpreisanpassungen (allein das Wort ist schon Zynismus pur) viel Kapital aus dem im allgemeinen besitzlosen und kapitalarmen Ostdeutschland abgeschöpft wird. Diese Zementierung von..ja..Armut...sorgt für Frust, Enttäuschung und Wut, und daraus erwächst dann Sympathie für alles, was "dagegen" ist, heißt es Piraten, AFD, Putin oder NPD. Hauptsache nicht CDU, SPD oder FDP. Und wer jetzt wieder das Märchen vom Tellerwäscher ausgräbt, der versteht nichts von Wahrscheinlichkeiten...

        • @Max Weber:

          Und auch @zettler, sag ich doch: Emotionen Gefühlslage... wie auch bei Ihnen. Dagegen zu sein auch wenn man weiß, dass der für den man sympathisiert auch nix kann.



          Gefühl gegen besseres Wissen. Gefühl gewinnt.

  • Steile These: Im Osten sind sie historisch bedingt, autoritätsfixierter.

    Da passt ein Politiker, der ziemlich totalitär regiert und das macho-mäßig ziemlich gut in Szene setzt, ins Bild.

    Dazu hört man aus seinem großen Reich nichts von dem ganzen "Schwuchtelkram".

    Es wird nicht gegendert, Männer sind Männer, Frauen sind Frauen.

    Für schlichtere Gemüter, die auf klare Kante stehen, ist das vielleicht verlockend.

    • @Jim Hawkins:

      eben, für schlichte Gemüter. und die gibt es im Osten, wie im Westen, wie überall auf der Welt.



      Aber niemand ist aufgrund seiner Herkunft ein schlichtes Gemüt.

      • @nutzer:

        Nicht zwingend dumm. Aber oft nicht willig, selber zu denken. Um mal Rammstein zu zitieren: "Manche führen, manche folgen". Und die folgen.



        Nicht-Folger brauchen auch keinen Führer.

      • @nutzer:

        Na gut, woher kommt dann die Putin-Philie im Osten?

        • @Jim Hawkins:

          der Wendeknacks ist natürlich ein Punkt, das hat wirklich fast alle getroffen aber nicht alle haben es gleich verarbeitet und sind zu AF.. äh ..löchern geworden.Aber schlichte Gemüter haben es im Osten besonders leicht ein gemeinsames Thema zu finden... das ist im Westen weniger so.

        • @Jim Hawkins:

          Mal unterstellt, dass es die in Ostdeutschland signifikant häufiger gibt als im Westen, würde ich die Frage dann gerne erweitern "Woher kommt denn die Putin-Philie in den USA?"

        • @Jim Hawkins:

          Von den Ex-SEDlern, die heute Nazis sind?



          Das die Diktaturtäter autoritätsfixiert sind - geschenkt. Die Unterdrückten weniger als ihr Westdeutschen.



          Eine Diktatur braucht >20%, die sich beteiligen, sonst funktioniert sie nicht.

  • Könnte es sein, dass dabei ganz schlicht die Sehnsucht nach einem "Führer" eine Rolle spielt? Jemand dem man "folgen" kann, ganz ohne die Notwendigkeit der Benutzung des eigenen Kopfes? Der sagt, was richtig und falsch ist, und "immer das Richtige tut"?

    • @Kaboom:

      Das scheint auf den ersten Blick sinn zu machen. Nur waren viele von denen, die heute der DDR nachjammern(sic!), 1989 noch dabei, "Stasi in den Tagebau!" zu rufen. Ich kenne da einige, es ist wirklich so. Warum auch immer.

    • @Kaboom:

      Stimme zu. Es sind die geistig minderbemittelten und Schwachen, die einen Führer brauchen. Er nimmt Entscheidungen ab und mit ihm ist man auch plötzlich stark. Im Grunde sind Putinanhänger arme kleine Wichte. Die sich nicht einmal darum Gedanken machen einen Barbaren und Massenmörder zum Helden zu erklären.

    • @Kaboom:

      Steile These, aber völlig falsch. Die Russische Mentalität ist eine völlig andere als die westdeutsche Dekadenz und Überheblichkeit. Die hatte in einem Interview viel später schon Gorbatschow und die damalige Ostdeutsche Spitzenpolitik in den 2+4-Verhandlungen moniert. Es gab und gibt viele Verbindungen und gemeinsame Erfahrungen über die vielen Jahre. Die Russen sind echter und bodenständiger und nicht solche Schauspieler. Mir ist die russische Mentalität 10 x lieber als dieser oberflächliche westliche Cowboystil. Aber allein, dass man sich nicht einmal vorstellen kann, dass andere andere Erfahrungen gesammelt haben, spricht schon Bände über diese Westarroganz..

      • @Zelter:

        hm, also einen Unterschied in der West-Ostmentalität kann ich bestätigen.



        Aber die Behauptung, die russ. Mentalität entspräche der ostdeutschen... seh ich anders...



        Zu DDR Zeiten waren die Russen nicht unbedingt beliebt...

        und selbst wenn das stimmen sollte, (weil sowieso holzschnitzartig vereinfacht, a la DIE Russen, DIE Ossis) warum sollte ich mich mit der russ. Führung gemein machen, nur weil mir die Mentalität liegt? Menschen sind das eine, die politische Führung das andere, wenns eine Autoritäre Führung noch mal mehr..

  • Naja, ich stimme fast allem zu in diesem Artikel, aber was hat der Westen denn von einer solidarisch-gemeinschaftsorientierten Demokratie verstanden. Das ist jedenfalls nicht die Beschreibung die ich diesem Staat geben würde, auch wenn ich positive Ansätze in diese Richtung zu erkennen bereit bin.

  • Zitat:



    "Maßgeblich erscheint mir vielmehr die massenhaft gestützte Beobachtung, dass die 'Ossis' 89 zwar demonstrierten, aber von einer solidarisch-gemeinschaftsorientierten Demokratie nichts begriffen hatten."

    Anregende Erkenntnis.



    Die deutsche Wiedervereinigung war fragwürdig, ganz ähnlich wie die Nato-Osterweiterung. Der gesamte Osten hätte sich zunächst intern mit seiner Sowjetvergangenheit aussöhnen müssen, bevor er sich dem Westen "anschließt" und uns damit in seine unaufgearbeiteten inneren Konflikte hineinzieht. Das gilt für die DDR genau wie für die Ukraine, meine ich. Die Ukrainer, die in die EU oder Nato wollen, haben ja im Grunde genauso wenig begriffen wie die DDR-Bürger damals.

    • @Günter Picart:

      Wie man Vergangenheit aufarbeitet oder besser liegen lässt haben wir vom Westen eben aus der Aufarbeitung der Nazi-Zeit gelernt. Erst wurde geschwiegen, dann verdrängt, dann wurden aus Verrätern des 20. Juli 1944 plötzlich Helden und dann wurde der nazionalsozialistische Schuldkomklpex entwickelt oder wie H.M. Broder einmal sagte: "Die Deutschen versuchen an den Muslimen das wieder gut machen, was sie an den Juden verbrachen."



      Und der Westen wirft dem Osten fehlendes Begreifen von Geschichte und Aussöhnen vor? Wir waren um Lichtjahre weiter!

    • @Günter Picart:

      die Ostdeutschen, die DDR-Bürger... (und gleich auch noch die Ukrainer mit)



      wirklich? ist da einer, wie der andere? ohne Unterschiede, politischer wie gesellschaftlicher oder sonstiger Art?



      Is schon merkwürdig, wie sehr, wenn es den Osten betrifft mit Schablonen hantiert wird, die wenn sie auf andere Erdteile angewendet werden würden, maßlose Empörung hervorrufen würden. Und das zu Recht.

  • vielleicht auch eine Art von Stockholm Syndrom...?



    Im Osten mochte keiner die "Russen", kaum waren sie weg....



    na etwas überspitzt formuliert, aber das spielt da wahrscheinlich schon rein, mit Argumenten, hat das jedenfalls nichts zu tun.

    • @nutzer:

      Und noch was. Noch werden die Flüchtlinge (diesmal sind es Ukrainer statt Syrer) freundlich begrüßt. Warten wir mal ein halbes Jahr ab. Dann, wenn der Liter Benzin hier 4,99€ kostet und die kWh Erdgas 50 Cent.

      Dann sehe ich sie schon wieder. "Scheiß Ausländer. Die bekommen alles geschenkt. Und wir bekommen nichts. Unter Putin hätte es sowas nie gegeben! Auf zum völkischen Spaziergang."

    • @nutzer:

      Es kann sogar ganz banal sein.

      Eine beliebte DDR-Latrinenparole war (damals!): "Lieber stehend sterben als unter Russen(!) und Kommunisten kniend leben".

      Offenbar tickte man so



      "Scheiß Osten: Keine Bananen, keine Videorecorder und nach Malle dürfen wir auch nicht. Dagegen!"

      Dann kam Kohl, und versprache die berühmten blühenden Landschaften. Offenbar weckte das den Wunsch, dass das Gute (preiswerte Mieten, sichere "Arbeit") bleibt und nun noch das Westgeld kommt. Endlich Bananen. Endlich Videorekorder. Endlich Malle.

      Nun, es kam bekanntlich anders. Und da kam dann das auf "Scheiß Wessis! Keine Wohnung. Keine Arbeit. Immer noch kein Malle. Dagegen!"

    • @nutzer:

      Die Putinversteher waren allesamt mit der DDR zufrieden, so meine Erfahrung. Die DDR-Bürger, die sich heute über Russland empören, waren es auch über die DDR. Es sind unterschiedliche Charakter, die Spaltung hier im Osten ist schon extrem. Das hat nichts mit Stockholm-Syndrom zu tun.