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„Patriots“-WaffenlieferungDie Europäer könnten an allen Fronten verlieren

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Wenn Trump die Lieferung der „Patriots“-Waffen durchsetzt, werden die Europäer zu Vasallen. Was gut für die Ukraine ist, könnte für die EU fatal werden.

Bringt die Patriot Schutz oder Abhängigkeit? Foto: Oliver Lang/dapd

E uropa müsse unabhängiger von den USA werden und selbst für seine Sicherheit sorgen. Das sagte Friedrich Merz (CDU) im Bundestags-Wahlkampf. Vier Monate später führt der Kanzler Deutschland und die EU in eine immer größere Abhängigkeit von den Amerikanern.

Ob beim 5-Prozent-Ziel in der Nato, beim Zollstreit mit den USA oder bei Waffenkäufen: Immer wieder tut Merz alles, um US-Präsident Donald Trump entgegenzukommen. Dass er nun auch noch „Patriots“ für die Ukraine bestellen und Trump dafür bezahlen will, passt ins Bild.

Für die Ukraine mag dieser Deal eine gute Nachricht sein, für Europa ist es fatal. Deutschland gibt zu erkennen, dass es bereit ist, einen Tribut an die Schutzmacht USA zu zahlen. Die EU gerät unter Druck, dasselbe zu tun – Dänemark will schon nachziehen.

Mit Unabhängigkeit und strategischer Autonomie, also den proklamierten Zielen auch der deutschen Europapolitik, hat das nichts zu tun. Wenn Trump sich durchsetzt – und es sieht so aus –, werden wir Europäer zu willigen Vasallen.

Ausrede Geopolitik?

Die geopolitische Lage lasse leider nichts anderes zu, heißt es achselzuckend in Berlin und Brüssel. Angesichts der Bedrohung durch Russland müsse man alles tun, um die USA bei der Stange zu halten. Doch dies ist eine falsche, gefährliche Analyse.

Die größte ökonomische Gefahr geht derzeit nicht von Putin, sondern von Trump aus. Mit seinem Handelskrieg bedroht er die ganze Welt. Der angedrohte 30-Prozent-Zoll auf Waren aus der EU käme einem Handelsverbot gleich.

Europäer müssen sich von Trump befreien

Für die Exportnation Deutschland wäre er katastrophal. Gefahr droht auch vom abrupten amerikanischen Kurswechsel in der Ukraine. Niemand weiß, wie ernst es Trump meint. Will er den Europäern noch mehr Geld für Waffen abpressen?

Schon jetzt müssen sich die meisten EU-Länder für die Aufrüstung verschulden; mehr geht nicht. Ungemach droht auch in der China-Politik. Trump versucht mit aller Gewalt, Deutschland und die EU gegen China in Stellung zu bringen.

Wenn die Europäer nicht verdammt aufpassen, könnten sie an allen Fronten verlieren: im Handel mit China, mit den USA, am Ende sogar in der Ukraine. Denn der Krieg gegen Russland ist nicht zu gewinnen, Putin wird sich nicht an den Verhandlungstisch bomben lassen.

Die EU muss daher Grenzen setzen. Sie darf sich nicht länger erpressen lassen, nur um Trump bei Laune zu halten. Sie muss sich endlich auf sich selbst besinnen und aus der fatalen Umklammerung des rücksichtslosen MAGA-Manns lösen.

Kanzler Merz scheint dazu allerdings nicht in der Lage. Will er es überhaupt noch?

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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3 Kommentare

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  • Der Autor schreibt von der EU, meint aber offensichtlich Deutschland. Nicht alle Staaten in Europa befinden sich in einer derartigen Abhängigkeit zu den USA wie Deutschland. Da gilt es fein säuberlich zu trennen.

    Deutschland als Vasall der USA ist auch nichts neues. Gerade in Sichheitsfragen hat es sich Deutschland in den letzten Jahrzehnten bequem eingerichtet, auf Kosten der USA.

    Die Blindheit hierzulande bestand darin, dass davon ausgegangen wurde es gäbe Verhältnisse in der Welt die von Dauer sind.

    Öl und Gas vom "Best Buddy" Wladimir, Wirtschaftsaufschwung durch Xi und die USA waren ja eh seit 49 der Big Brother in allen Belangen. Also alles gut.

    Die Zeiten ändern sich und nicht wenige Anrainerstaaten blicken jetzt spöttisch auf Deutschland. Solidarität ist keine Einbahnstraße und gerade diese hat Deutschland seit der Wiedervereinigung oftmals vermissen lassen. Da war "Germany first" das Motto.

    Und auch wenn jetzt der Aufbruch erfolgt, bis das Iris Satellitenprogramm und die militärischen Planungen umgesetzt sind, ist Deutschland militärisch abhängig von den USA und wird es auch bis zur Einführung eines atomaren Schutzschildes bleiben. Da gibt es kein Weg zurück.

  • "Kanzler Merz scheint dazu allerdings nicht in der Lage. Will er es überhaupt noch?"



    Welcher Politiker wäre aktuell dazu in der Lage? Die bundesdeutsche Politik lebt noch in alten Zeiten und kann sich nicht vorstellen, dass die USA nicht mehr der Freund sind.



    Dass die Politik die Bedrohung durch die Zölle nicht verstanden hat, spricht Bände. 30% bricht nicht Europa, es bricht der dt Wirtschaft das Genick. Jahrzehntelange Exportfixierung, mach D extrem verwundbar, dass alle Politiker immer noch meinen sie können dieses System irgendwie retten, in dem sie die Augen vor der Weltlage verschließen ist eine Katastrophe und ein Freifahrtschein für D in die Rezession mit den entsprechenden innenpolitischen Folgen, die daraus zwingend folgen werden. Schwarz-Blau ist dann möglicherweise nur der Übergang zu noch schlimmerem.

  • So grundsätzlich hat der Autor ja recht. Aber der abschließende Satz unter dem Artikel fehlt:

    Nur wie?