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Nato-GipfelEuropäischer Kniefall vor Trump

Anastasia Zejneli
Kommentar von Anastasia Zejneli

In Den Haag ging es vor allem um eins – den US-Präsidenten zu hofieren. Europa muss sich entscheiden: Auf den Knien bleiben oder sich erheben?

Trotz einiger Peinlichkeiten ist der Nato-Gipfel für Mark Rutte ziemlich gut gelaufen, Foto: Yves Herman/reuters

E inen „historischen Gipfel“ nannte Kanzler Friedrich Merz das Nato-Treffen in Den Haag. Historisch, das sind nicht nur die zukünftig exorbitant hohen Verteidigungsausgaben, die die Mitgliedsstaaten nun zusammenkratzen müssen. Nein, historisch waren auch die Bemühungen, einem Mann zu gefallen: Der Nato-Gipfel war ein einziger Kniefall vor Donald Trump. Die 31 Bündnispartner konnten ihr metaphorisches Knie gar nicht schnell genug auf dem blauen Teppich platzieren. Ganz vorn und am tiefsten gebeugt steht Mark Rutte, der Nato-Generalsekretär. Denn dieser hatte, seit klar ist, dass Trump wieder in das Weiße Haus einziehen wird, nur noch eine Aufgabe: Trump mit der Nato zu versöhnen.

Und das ist ihm in den vergangenen zwei Tagen mehr als gelungen. Das Treffen der 32 Bündnispartner war zu 100 Prozent auf den US-Präsidenten ausgerichtet. Bloß keine komplizierten Abschlusserklärungen, lange Besprechungen, kritische Nachfragen. Selbst ein Hotelbett war für Trump nicht genug, er übernachtete auf Einladung des Königs im Schloss. Trumps Dank? Er teilte Ruttes private SMS – ein weiterer schriftlicher Kniefall – im Netz. Wenn jemand Trump so lobt, wie es Rutte per vertraulicher Nachricht tut, warum nicht damit angeben?

Fatale Folgen

Für Rutte mag der Gipfel trotz kleiner Peinlichkeiten wie dieser gut verlaufen sein. Zumal sich die Nato-Länder auf eine Abschluss­erklärung einigen konnten. Und doch hat das Hofieren Trumps fatale Folgen. Denn es wiegt die Europäer in falscher Sicherheit. Sie vergessen, dass es in der US-Regierung starke Antipathien gegenüber den europäischen Bündnispartnern gibt, man erinnere sich an die Rede des Vizes J. D. Vance auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Unklar ist auch nach einem friedvollen Gipfel mit Trump, wie ernst sein Bekenntnis zu Artikel 5 wirklich ist. Auf dem Flug nach Den Haag sprach er davon, dass die Beistandsklausel verschieden zu interpretieren sei.

Und auch wenn Staatschefs wie Friedrich Merz nicht müde werden zu betonen, dass die höheren Verteidigungsausgaben keinen Gefallen darstellen, sondern aus dem Bewusstsein einer ernsteren Bedrohungslage heraus entschieden worden sind, ist das zumindest nicht die komplette Wahrheit.

Die Europäer müssen sich jetzt entscheiden: Bleiben sie auf den Knien oder erheben sie sich, um über eine souveräne Nato mit Mittelpunkt in Europa zu sprechen?

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Anastasia Zejneli
Redakteurin
Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund und gründete ein Kulturmagazin für das Ruhrgebiet. War Taz-Volontärin und arbeitet aktuell im Europateam. Schreibt in der Kolumne "Economy, bitch" über Popkultur und Wirtschaft.
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68 Kommentare

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  • #Gelatine-Beistandsklausel



    Dann können wir auch Zuhause bleiben, wenn sich Trump mit China vergalopiert.

  • Ich finde es geschickt und letztlich "alternativlos" Trump so zu hofieren. Trump mag sowas und ist jähzornig und nachtragend wenn man ihm Kontra gibt.

    Dass die europäischen Politiker sich dabei demütigen kann man natürlich peinlich finden. Aber wer das nicht will, muss eben was tun, um sicherheitspolitisch mündig zu werden.

    Aktuell müssen wir noch auf Knien betteln damit die USA uns weiterhin vor terroristischen Anschlägen in Deutschland(!) warnt oder unsere Handelswege schützt. Mit Art 5. des NATO-Vertrages fange ich gar nicht erst an.

  • Es hat weder mit einem Hofieren von Trump noch mit irgendwelchen Kniefällen vor amerikanischen Präsidenten zu tun, wenn die europäischen NATO-Staaten endlich erkennen, dass Russland mit friedlichen Mitteln und Diplomatie alleine leider nicht davon abzuhalten ist, sich fremdes Territorium gewaltsam unter den Nagel zu reißen. Bereits Obama hatte, bloß war das damals von den Europäern großzügig "überhört" worden, die NATO-Partner aufgefordert, mehr Verantwortung für die eigene Verteidigung zu übernehmen und nicht alleine auf die USA zu bauen. Trump fordert dies nunmehr sehr massiv ein, aber ganz ehrlich: vollkommen zurecht.



    Die Europäer tun verhältnismäßig wenig, um ihre eigene Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen, erwarten dann aber von US-Soldaten, dass sie für die Freiheit Europas ihr Leben einsetzen, während sie gleichzeitig die Hände in den Schoß legen. Das ist heuchlerisch und es ist höchste Zeit, dass auch die Europäer begreifen, dass sie selbst mehr tun müssen, wenn ihnen ihre eigene Freiheit mehr wert ist als bloß ein paar wohlfeile Worte auf irgendwelchen Gipfeltreffen.

  • Man kann es auch so sehen: Noch nie ist ein amerikanischer Präsident so nach Strich und Faden verarscht worden, ohne es zu bemerken. Und er musste sogar bei Königs schlafen, weil man ihn nicht auf die Straße schicken kann, ohne dass er irgendwelche Dummheiten macht.



    Insofern ist dem lieben Friedrich zuzustimmen: Historischer Gipfel.

  • Wenn man es nicht gewohnt ist, für die eigenen, unabhängigen Interessen einzutreten, dann wird man so lange Lehrgeld bezahlen, bis man es gelernt hat.



    Vorausgesetzt, man hat es tatsächlich vor und wartet nicht auf die Rückkehr alter Zeiten.



    "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. "

  • Die NATO: zer-trump-elt und zer-rutte-t.



    Ab jetzt gilt nur noch: Alle für einen.



    Und einer - der da nicht mitmacht.



    Keep smiling.

  • "Der Nato-Gipfel war ein einziger Kniefall vor Donald Trump."



    Das kann er besonders gut, der Friedrich Merz. Olaf Scholz war schon schlecht, aber der Merz übertrifft sogar dessen schlechte Eigenschaften.

  • Das orange Mimöschen wird wankelmütig bleiben, auch wenn Europa für Rüstung mehr ausgibt. Bei seinen WählerInnen wird ihm das allerdings mittelfristig auch nicht helfen, weil er im eigenen Land Probleme aufwirft, die mit Primadonnashow auf Gipfeln nicht zu lösen sind.

  • Ich würde mich gerne den eloquenten Ausführungen mancher Kommentare hier anschließen, allerdings fällt mir nichts ein außer: ,,Peinlich'' (bezogen auf Herrn Rutte)

  • ""...Hofieren Trumps fatale Folgen. Denn es wiegt die Europäer in falscher Sicherheit.""



    ==



    Es gibt wohl niemanden von den teilnehmenden Regierungen am NATO Gipfel die sich aufgrund von Trumps Auftritt in Den Haag nun in Sicherheit wiegt. Jeder weiss das die Gültigkeit von Trumps Aussagen -- wie Eintagsfliegen -- die nächste Nacht häufig nicht überdauern.

    Die Europäer befinden sich im Schwitzkasten Trumps - der ohne mit der Wimper zu zucken Fähigkeiten des US amerikanischen Militärs den Europäern versagen kann die überlebensnotwendig zum Erhalt der äusseren Sicherheit Europas sind.

    Auch die trügerische Sicherheit nach dem Natogipfel könnte die nächsten 7 Tage nicht überdauern wenn Trump auf die Idee kommen sollte Zollforderungen gegenüber der EU mit dem Hebel der Natobeistandsverpflichtung Artikel 5 zu erpressen.

    Was Europa hilft sich seine Unabhängigkeit zu erkämpfen ist die Zusage 5% (3,5%) des BIP`s künftig für die militärische Aufrüstung



    zu verwenden.

    Souveränität = Unabhängigkeit in der Frage der äusseren Sicherheit Europas kostet Geld - Souveränität und die Fähigkeit sich verteidigen zu können skizzieren Begriffe die untrennbar miteinander verbunden sind.

  • In der Natur und deswegen auch in der Welt der Menschen gibt es nur ein einziges relevantes Gesetz:



    Das Recht des Stärkeren

    Das mag man schlecht finden, unmoralisch und furchtbar aber am Ende ist es leider so

    Der zynische Donald Trump hat das natürlich erkannt und kostet es aus, dass er der stärkere ist

    Es gibt nur eine einzige Chance, dass Europa vor einem Donald Trump oder einem Putin sich nicht in den Staub werfen muss:

    Selber der stärkere werden aber das bedeutet leider Aufrüstung, Wehrpflicht und viele Zumutungen, die wir in unserer westlichen Pop Welt nicht so gerne hören, aber man wird eben nicht der stärkere, indem man im Minuten Takt auf Instagram oder TikTok Videos verbreitet, sondern nur in dem man Dinge tot, die wirklich unangenehm sind, zum Beispiel zur Bundeswehr gehen…

    • @Paul Rabe:

      Sie schieben die Aufklärung zur Seite und reden der selbstverschuldeten Unmündigkeit das Wort. Transzendentale Idealität scheint denkbar weit weg von empirischer Realität. Wir müssen uns aber nicht naturalisieren. Wir können uns zueinander als universale Wesen verhalten. Tiere nicht.

    • @Paul Rabe:

      Uff, das stimmt ja wohl nicht mit dem Recht des Stärkeren. Die Natur kennt viele Regeln. Die meisten und nachhaltig erfolgreichsten sie die der Kooperation und des friedvollen Miteinander. In dem die Regeln der Gewaltanwendung ständig reproduziert werden, kommen wir als Welt-Gemeinschaft nicht weiter. Im Gegenteil, wir werden viele Dinge die getan werden müssten nicht tun, weil der Gewalt Kontext zu viele Ressourcen bindet.

  • Peinlich für ihn. Aber ehrlich: schon, dass alles sofort ohne nachzudenken über Trumps Stöckchen gesprungen sind als er aus der hohlen Hand die 2% ins die Mikros gewabert hat, war auch nicht sonderlich souverän. Und das gleiche gilt natürlich für den Sprung mit wedelndem Schwanz als ihm die Zahl 5% eingefallen ist. Hätte er in dem Moment 10% gesagt, würden wir jetzt eben unseren gesamten Staatshaushalt für Rüstung raushauen.

    Das alles ist nur Zeichen dafür, welch treues Schoßhündchen wir für ihn doch sind. Dass natürlich nicht eine Sekunde nachgedacht wird, was tatsächlich sinnvoll wäre, oder gar was für die Volkswirtschaft stemmbar wäre ohne die innere Sicherheit (politisch und demokratisch) zu gefährden, ist dabei selbstverständlich.

    Es ist kein Wunder, dass die Menschen nicht mehr glauben, dass die Regierung "zum Wohle des Volkes" agiert. Und da geben sich die Ampel und die cdU nicht viel. Ich bin in den 80ern politisch aufgewachsen. Das erste Mal wählen durfte ich als die Grünen das erste Mal antraten (und da waren sie noch grün). Und ich dachte bei allen Demos gegen Kernkraft und Umweltzerstörung, für Frieden und Abrüstung, dass die damalige Zeit schon schlimm sei.

    • @Jalella:

      "Hätte er in dem Moment 10% gesagt, würden wir jetzt eben unseren gesamten Staatshaushalt für Rüstung raushauen."



      Na ja. Die NATO hat sich ja schon einmal auf die 2% geeinigt. Wie lange hat es dann gedauert, bis das tatsächlich getan wurde?



      Das gesprochene Wort verhallt, oder so. Europa muss nur dreieinhalb Jahre Trump im Glauben halten, dass es ihm willfährig ist.

    • @Jalella:

      Was wäre denn die Alternative? Trumps Forderungen brüsk zurückweisen, zuschauen, wie er daraufhin sofort Putin durchgibt, dass er bitte gerne in Europa machen soll, was er will, und DANN (für mindestens das gleiche Geld) eine Nato-ohne-USA-Verteidigungsbereitschaft herstellen?

      • @Normalo:

        Seh ich auch so

      • @Normalo:

        Dann sollte man nicht Trump hinterherrennen, der einen am Ende hängen lässt, sondern mit Putin ins Gespräch kommen, um nicht nur Vermutungen zu folgen sondern Fakten.



        Die Chance dabei besser weg zu kommen, ist nicht geringer als bei Trump.



        Das würde sicher die Rüstungslobby vor den Kopf stoßen, aber beim Sozialabbau stört es ja auch keinen, wenn Unzufriedenheit geschaffen wird.



        Ist alles nur eine Frage der Prämisse.

  • Klar, die Nato ist keine Wertegemeinschaft, sondern eine strategische Gemeinschaft. Aber es gibt unter den Nato-Ländern Staaten, die sich als liberaldemokratische Wertegemeinschaft verstehen. Die "fatale Folgen" sollten wir nicht nur aussenpolitisch sehen. Trump und Co. bauen die Demokratie in den USA weiter ab (Entliberalisierung bis Entdemokratisierung). Die Vertreter der liberaldemokratischen Wertegemeinschaft innerhalb der Nato haben mit dieser Sonnenkönig-Strategie den Kampf in der USA für die Demokratie massiv geschwächt. Überspitzt: eine Demokratie wird von Demokraten geopfert. Generell ist mir aufgefallen, dass niemand von den Vertretern der westlichen Demokratien Trump für seine antiliberale bis antidemokratische Agenda rügt (außer in Talkshows was feige ist). Wenn man Deals mit Trump macht, sollte eine Bedingung sein, dass er den Rechtstaat, die Demokratie nicht weiter abbaut).

    • @c. F:

      Bevor man über Bedingungen fabuliert, die man Trump in einen Deal zu diktieren gedenkt, sollte man sich gut überlegen, wer besser damit leben kann, wenn es KEINEN Deal gibt. Und das ist in der Sicherheitspolitik eindeutig Trump: Wir Europäer können aktuell (noch) nicht unsere eigene Schutzmacht sein, die USA sind sich da schon weit mehr selbst genug. Und unter Denen, die uns schützen können, sind die USA selbst unter Trump immer noch die am ehesten demokratische, rechtsstaatlich funktionierende Macht, VOR DER wir den wenigsten Schutz benötigen.

  • Zur vermeintlichen Selbstdemütigung der Nato gegen über Trump ist ja eigentlich bei der taz schon Alles gesagt - nur offenbar nicht von Allen. Jetzt also NOCH ein Kommentar, der sich echauffiert, wie klein die Nato-Granden sich vor dem wilden Elefanten aus Transatlantien gemacht haben - dankenswerterweise mal ohne Analmetaphern aber auch ohne neue Erkenntnisse.

    Merke: Solange die Sicherung der Nato gegen militärische Aggression von den Streitkräften abhängt, die dieser Typ befehligt, ist dieser Typ halt der wichtigste Mensch auf einem Nato-Gipfel. Und wenn er kindisch begeistert auf hemmungsloses Hofieren reagiert, dann ist das ein Hebel, den ein Profi der internationalen Politik gerne nutzt. Derweil arbeitet man daran, diese Abhängigkeit zu beenden, damit man diesen Typen in Zukunft auch mal abblitzen lassen ("aufstehen") kann - und verkauft ihm das als Sieg.

    Wenn Trump darauf reinfällt, ist das sein Fehler. Wenn wir es auch tun, unserer.

    • @Normalo:

      Natürlich war es richtig Trump Kiloweise Honig um den Mund zu schmieren um Zeit zu kaufen um militärische Fähigkeiten aufzubauen die in die Unabhängigkeit führen.

      Wobei das Honig schmieren teilweise so peinlich rüberkam das ich mich gefragt habe wie kaputt Trump eigentlich ist, da ihm offensichtlich sämtliche Antennen fehlen um Wertschätzung von Verarschung -- mit dem Ziel politische Zusagen zu erreichen -- nicht voneinander unterscheiden kann.

      Trump hat offenbar so viele Immobilienprojekte in seinem Leben gegen die Wand gefahren das er jetzt Kiloweise internationalen Honig als Streicheleinheit benötigt um sein Selbstbewußtsein aufzupolieren. Dieser Mann ist gefährlich - nicht wegen seiner fehlenden Kompetenz - sondern weil er offensichtlich ein Spielball unterschiedlicher extremistischer politischen Richtungen ist.

      • @zartbitter:

        Nein, Trump hat sich einfach mit zunehmendem Alter immer noch mehr mit Honigschmierern umgeben und hält solches verhalten für ernstgemeint und angemessen. Sie kennen das sicher von zuhause: Wenn man nur in genügend seiner Villen und Yachten massivgoldene Badezimmerarmaturen hat, denkt man irgendwann, die Leute mit denen aus Edelstahl haben keine Ahnung, was sie da tun... ;-)

  • "Auf den Knien bleiben oder sich erheben?"



    ... um sich zu erheben, braucht man Rückgrat — ich habe dort dies bezüglich nur "Espana" gesehen.

    Der Rest der "Von Uns Gewählten" fühlt sich da wohl, wo es 37 Grad warm und schön dunkel ist ...

  • Die Europäer müssten sich einmal entscheiden, ob sie ihren jeweiligen Regierungen freie Hand bei deren Machtspielen lassen oder ob sie „repräsentativ demokratische“ Mitbestimmung in der Außenpolitik im Allgemeinen und in der NATO im Besonderen einfordern. In der Außenpolitik hat die Bundesregierung das Primat. Sie informiert das Parlament, dessen Mitbestimmungsrechte sind aber eingeschränkt. Die einfache parlamentarische Mehrheit einer Regierung reicht in der Regel aus, auch tiefgreifende Entscheidungen durchzuwinken. Die NATO entscheidet nach dem sogenannten „schweigenden Verfahren“ im Konsens; Regierungen, die nicht ausdrücklich widersprechen, stimmen zu. Das Verfahren wird vom NATO-Generalsekretär moderiert, was bedeutet, dass evtl. noch nicht einmal Abstimmungen durchgeführt werden. Insgesamt bleiben die Entscheidungswege in der NATO intransparent, weil vieles als Geheimsache behandelt wird.

    Außenpolitische Entscheidungen wirken dann auf die Innenpolitik, wo z.B. EU-Schuldenbremse oder NATO-Beiträge als unabänderliche Sachzwänge zu berücksichtigen sind.

  • Ich denke das Diplomatie hinter den Türen gemacht wird und auch gemacht werden muss. Vertrauen wird nicht in kurzsätigen Auswürfen über "soziale Medien" erzeugt.

  • Das Anbeten von Politiker auf Internationaler Ebene zu Trump ist nicht nur ekelhaft , es ist auch ein Schlag ins Gesicht fuer Einwohner in den USA die nicht MAGA sind und sich noch fuer Freiheit, Menschenwuerde und Demokratie einsetzen.



    Jede Vergoetterung Im Ausland staerkt Seine Macht im Inland.

  • "Staatschefs wie Friedrich Merz nicht müde werden zu betonen, dass die höheren Verteidigungsausgaben keinen Gefallen darstellen, sondern aus dem Bewusstsein einer ernsteren Bedrohungslage heraus entschieden worden sind"

    Ich warte nach wie vor darauf dass mir ein Beweis für eine solche ernsthafte Bedrohungslage vorgelegt wird,die einzig mir bekannte Bedrohung, das Bündnisgebiet mit Waffengewalt anzugreifen,kam gerade von demjenigen dessen Forderung sie sich nun unterworfen haben.



    Es müsste also eher eine Brigade Gebirgsjäger in Grönland stationiert werden als eine Panzerbrigrade im Baltikum.



    Aber hey, wie gesagt Ihr habt es überwiegend so gewollt, um die AfD zu verhindern haben wir einen Kanzler der wie von mir vorausgesagt genau das macht was sie auch wollten,nur sehr viel geräuschloser,effektiver und ohne SPD Widerstand.

    Die Demokratiefeindlichkeit ist atemberaubend mit einer nicht öffentlich begründeten vermeintlichen Angriffsgefahr in 4-5 Jahren,eine nicht öffentlich bekannte Fähigkeitslücke zu deklarieren,die man schließen müsse (missile gap anyone?) mit 50% des Haushaltes pro Jahr.



    The Untold History of the United States Episode 4, 45-50 The Cold War,wiederholt sich seit 22.

    • @freedomrights:

      "Ich warte nach wie vor darauf dass mir ein Beweis für eine solche ernsthafte Bedrohungslage vorgelegt wird"



      Tagesschau dürfte reichen. Vielleicht noch eine kurze Internetrecherche, was Putin, Medwedew und Konsorten so zu diesem Thema gesagt haben.



      Dauert auch nicht lange.

      • @Encantado:

        Die Tagesschau weist meist darauf hin, dass z.B. Angaben aus dem Kriegsgebiet nicht verifiziert werden können.



        Welche der Meldungen sollte man da als verbindlich betrachten?



        Zerstörte Nuklearanlagen im Iran?



        "Ja, nein, vielleicht."



        Einige Ukraine im Krieg gegen Russland?



        90.000 Verfahren wegen Dissertation, brachiale Rekrutierungseinheiten auf den Straßen und tausende, die sich in den Untergrund begeben.



        Und während den Menschen in der Ukraine derartiges geschieht, redet man hier von weiterer militärischer Unterstützung.



        Man muss kein Pazifist sein, um das Übel zu finden.



        Selenskys Tribunal gegen Putin, wird an den traurigen Zuständen ganz sicher nichts ändern für die armen Schweine, die gegen ihren Willen, für unsere "Freiheit und Demokratie" an die Front gezwungen werden.

      • @Encantado:

        „Nun – und was sagt uns die Tagesschau?“

        Eindimensional, wie angedeutet? Dann geht’s tatsächlich schnell. Wenn man jedoch etwas tiefer einsteigt, dauert es ein bisschen länger – und lohnt sich.



        Aber warum herablassend sein? Das wäre ja… inhaltlich unterkomplex und kommunikativ ungeschickt, nicht wahr?

        Also die Tagesschau beiseite – mitunter selbst kritisiert für einseitige Perspektiven, etwa im Gaza-Konflikt.

        Ein Blick auf die Zahlen (die man dort selten vollständig bekommt):

        Die EU gibt 2025 rund 375–430 Mrd. USD für Verteidigung aus.

        Russland kommt auf 150–180 Mrd. USD – trotz Kriegswirtschaft und Mobilmachung.

        Ein Vergleich der Wirtschaftskraft? Geschenkt – die EU ist Russland da weit überlegen.

        Aber wie steht’s um das demografische Verhältnis, also das potenzielle „Kanonenfutter“?

        EU: ca. 450 Millionen

        Russland: ca. 140 Millionen

        Mit diesen Relationen im Kopf relativieren sich die oft zitierten „5 %“ ein gutes Stück.



        Sie würden auch weniger Dringlichkeit ausstrahlen – und vielleicht endlich zur demokratischen Debatte führen, die diese enormen Ausgaben verdienen.



        Denn am Ende geht’s ja um genau das, was da angeblich verteidigt wird: unsere demokratischen Werte.

        • @Stefan Schmitt:

          "Ein Blick auf die Zahlen (die man dort selten vollständig bekommt):

          Die EU gibt 2025 rund 375–430 Mrd. USD für Verteidigung aus.



          Russland kommt auf 150–180 Mrd. USD – trotz Kriegswirtschaft und Mobilmachung."



          Der Blick auf die scheinbare Beweiskraft der Zahlen ist tatsächlich immer wieder interessant. Nehmen wir doch einmal unsere Bundeswehr. Das waren 2024 knapp 80 Mio. EUR. Russland 150 Mio. Ja, das ist fast doppelt soviel. Dennoch sollte die Bundeswehr allein ohne Unterstützung von außen im Falle des Falles ein harter Brocken für Russland sein.



          Glauben Sie das?



          Ich würde eher bezweifeln, dass sich russische Raketen durch den Beschuss mit Euro-Scheinen abwehren lassen.



          Zahlen sind trügerisch. Das gilt für Ausgabenhöhen um so mehr, zumal die statistischen Grundlagen differieren.



          "...endlich zur demokratischen Debatte führen, die diese enormen Ausgaben verdienen."



          So viel wie in diesem Lande über Militärausgaben debattiert wird (im Gegensatz übrigens darüber, _wofür_ das Ganze nun genau ausgegeben werden soll), kann ich diese demokratische Lücke nicht recht erkennen. Zumal in einer repräsentativen Demokratie, in der eben nicht jedermann mitentscheidet.

        • @Stefan Schmitt:

          Und wenn Sie jetzt noch berücksichtigen, dass von Deutschlands jungen Menschen fast niemand mehr bereit ist, Freiheit und Demokratie notfalls auch mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, dann fängt man langsam an zu begreifen, was 35 Jahre "Friedensdividende" aus diesem Land (und auch anderen Staaten Europas) gemacht haben, nämlich ein Land voller ich-bezogener Opportunisten, mit denen man kein Land verteidigen kann, wenn eine Armee anrückt, die zu allem entschlossen ist. Im Gegensatz zu den Ukrainern sind wir nicht entschlossen, nicht verteidigungsfähig und vor allem auch nicht verteidigungswillig. Die Ressourcen und die Wirtschaftskraft nützen nichts, wenn niemand in der Lage und willens ist, sie gegen eine feindliche Invasion zu verteidigen.

          "Die EU" gibt übrigens keinen Cent für Verteidigung aus, denn die EU ist kein Militärbündnis mit einheitlichen Strukturen und einer koordinierten Führung. Unser Militärbündnis ist die NATO, und in dem bestimmen nun einmal diejenigen, die die höchsten Beiträge einbringen. Das sind und bleiben halt die Amerikaner. Und ganz ehrlich: Solange die NATO dafür sorgt, dass die Russen draußen bleiben, soll mir das recht sein.

        • @Stefan Schmitt:

          Der leider sehr UNfeine Unterschied ist, dass die russische Führung die Bevölkerung TATSÄCHLICH als (potenzielles) Kanonenfutter betrachtet und entsprechend rücksichtslos mit ihr umgeht - Zwangsverpflcihtung zum Kriegsdienst, kostengünstiges Material, teilweise aus Uralt-Beständen, menschenverheizende taktische Doktrin etc.. Man kann das als Niedertracht bezeichnen oder aber als "unbedingten Willen zum Sieg".

          Egal welches von beiden: Dass Putin willens und in der Lage ist, einen Krieg anzuzetteln und ad extenso weiterzuführen, dessen Bilanz in allen Belangen außer Territorialgewinn für Russland eigentlich nur negativ ausgehen KANN, hat er schon gezeigt. Der Sinn der Aufrüstung ist entsprechend auch nicht, Russland zu besiegen, sondern Putin (oder wen auch immer, der ihm nachfolgt) jenseits aller Zweifel davon zu überzeugen, dass weitere Eroberungskriege AUCH in territorialer Hinsicht keinen Gewinn bringen würden. Dafür reichen blanke Wirtschafts- und Bevölkerungszahlen nicht aus.

          • @Normalo:

            Das ist ein zentraler Punkt: Die russische Führung geht brutal mit der eigenen Bevölkerung um – und mit der ukrainischen noch viel schlimmer. Niemand sollte diese Rücksichtslosigkeit verharmlosen.

            Aber gerade deshalb sollten wir doppelt aufpassen, dass unsere Antworten nicht automatisch und kritiklos militärisch ausfallen. Dass Putin Kriege führen kann – geschenkt. Die Frage ist: Reicht es wirklich, ihn davon "überzeugen" zu wollen, dass ein Angriff keinen territorialen Gewinn bringt?

            Abschreckung funktioniert nur dann dauerhaft, wenn sie glaubwürdig, strategisch klug und demokratisch legitimiert ist. Und letzteres beginnt mit Öffentlichkeit, Diskussion und Transparenz – auch bei Zahlen, Strategien und Zielen.

            Wenn wir das ausblenden, verteidigen wir vielleicht unsere Grenzen, aber nicht mehr unsere Prinzipien. Und dann hätte Putins Zynismus schon mehr erreicht, als ihm geopolitisch zusteht.

            • @Stefan Schmitt:

              Realiter funktioniert Abschreckung gegenüber Autokraten eher besser, wenn sich die gegnerische Kommandoebene NICHT ständig vom demokratischen Souverän reinreden lässt. Das nur am Rande...

              Ansonsten hatten wir eine Wahl erst im Februar, und - entgegen der Unkenrufe all jener, die im Zweifel NICHT Union oder SPD gewählt haben - dass diese Koalition eher in Richtung "whatever it takes" abbiegen würde, dürfte deren Wählern eigentlich klar gewesen sein. Natürlich kann man bei jeder Änderung der äußeren Umstände nochmal lang und breit rumdebattieren, aber das ist nicht der Sinn einer repräsentativen Demokratie. Der ist Handlungsfähigkeit, und ganz ehrlich, wenn Sie meinen, wir hätten es jetzt nicht eilig, einen Rückstand aufzuholen, der schon in Jahrzehnten zu messen ist, dann haben Sie keine Ahnung vom Wehrbeschaffungswesen.

            • @Stefan Schmitt:

              Verstehe ich nicht. Die möglichen Szenarien sind x-fach beschrieben worden und auch leicht auffind- und nachlesbar. Also einen Mangel an Transparenz sehe ich da nicht.



              Es wird keinen Frontalangriff geben. Nach dem Muster Krim oder Donbass stehen dann eines Morgens kleine grüne Männchen in Estland (oder Litauen/Lettland) und irgendein bis dato unbekannter Hampelmann einer bis dato gleichfalls unbekannten Partei russischer Esten dankt Wladimir Putin für die Befreiung. Und dann?



              Um genau ein solches Szenario zu verhindern, muss der Gegenseite völlig klar sein, dass die NATO postwendend, und zwar geschlossen, militärisch reagieren würde. Das nennt man Abschreckung, und die basiert in der realen Welt auf militärischer Stärke. Was soll denn die Alternative sein? Und welche ominösen Prinzipien geben wir dafür auf?

          • @Normalo:

            Die Rekrutierungskommandos sind bekannte Beispiele aus der Ukraine.



            Auch die 90.000 Verfahren wegen Wehrdienstverweigerung sind offizielle Zahl der Ukraine.



            Sollte tatsächlich ein Interesse und Unterstützungswillen für die Ukraine bestehen, sollte man eher diese Menschen, statt der Russen betrachten, wenn man sich nicht nur hinter ihnen verstecken will.

  • "Die Europäer müssen sich jetzt entscheiden: Bleiben sie auf den Knien oder erheben sie sich, um über eine souveräne Nato mit Mittelpunkt in Europa zu sprechen?"

    Sprechen und Diskutieren ist ja eine Paradedisziplin der Europäer, aber nur selten erfolgt daraus auch eine Handlung. Nach 35 Jahren im Dornröschenschlaf fehlt jetzt die Zeit für eine Emanzipation vom Big Brother.

    Die EU kann schon froh sein, wenn sie auch nur die Hälfte ihrer militärischen Aufrüstungspläne umsetzen kann, bevor Putin auf die Idee kommt Art 5 einmal in der Praxis auszutesten.

    Denn klar ist auch, die USA unter Trump ist kein Partner mehr und Trump für jede Ausrede zu haben. Erfüllen die Europäer das 5% Ziel dürfte das Argument von Seiten der Amerikaner dann lauten, dass Europa nicht mehr auf die Unterstützung der USA angewiesen ist.

    Da kann Europa noch so viele Kniefälle machen wie es will, es bleibt von den Launen eines Egomanen noch eine ganze Weile abhängig.

    Eine derartige Fehleinschätzung der Weltlage, wie sie die Europäer in allen Belangen über die letzten zehn Jahre hingelegt haben, gab es seit 1905 nicht mehr von europäischer Seite. Naiv und fahrlässig reicht als Beschreibung dafür nicht aus.

    • @Sam Spade:

      Vielleicht sollten Sie, wenn Sie schon so weitreichend über europäisches Versagen seit 1905 sprechen, noch klarstellen, ob Kontinentaleuropäisches und/oder Britisch-Skandinavisches gemeint ist (weil Sie ja erst gestern an anderer Stelle und in anderem Kontext in der taz darauf bestanden haben, dass beides weit voneinander entfernt sei (im Blick aufTradition und Identität).

    • @Sam Spade:

      Die Forderung nach einer „souveränen NATO mit Mittelpunkt in Europa“ impliziert ein Missverständnis über die Struktur des westlichen Bündnissystems. Souveränität in der sicherheitspolitischen Dimension bedeutet nicht Autarkie, sondern die Fähigkeit zur selbstbestimmten Handlungsfähigkeit innerhalb kollektiver Ordnungen. Es stimmt, dass Entscheidungsprozesse innerhalb der EU oft Zeit benötigen – gerade weil sie demokratisch, pluralistisch und konsensorientiert sind. Doch daraus einen „Dornröschenschlaf“ abzuleiten, ist eine rhetorische Zuspitzung, die der Realität nicht gerecht wird. Die Behauptung, Europa habe „die Weltlage so falsch eingeschätzt wie seit 1905 nicht mehr“, ist historisch gewagt und analytisch schwach. Fehlentscheidungen gab es – wie überall. Aber sie mit Begriffen wie „naiv“ und „fahrlässig“ zu brandmarken, bringt keine Lösung, sondern befeuert nur populistische Narrative.

      • @Stefan Schmitt:

        "Doch daraus einen „Dornröschenschlaf“ abzuleiten, ist eine rhetorische Zuspitzung, die der Realität nicht gerecht wird"

        Wer nur auf kurze Sicht fährt gerät irgendwann ins Schlingern. Wer sehen wollte, der konnte sehen. Gilt besonders für Putin seit 2008. Nicht nur Tschetschenien oder Georgien haben da eine klare Sprache gesprochen.

        Wer aber nur auf den eigenen, wirtschaftlichen, Vorteil aus ist, der blendet auch gerne die Schattenseiten aus.

        Und wer vor diesem Hintergrund über Jahrzehnte auf eine einseitige Abhängigkeit setzt und kontinuierlich daran festhält, die eigene Armee zur Wüstentruppe umzubauen, der handelt in Fragen der nationalen Sicherheit äußerst fahrlässig und zwar gegenüber der eigenen Bevölkerung.

        Naiv ist es anzunehmen, die über Jahrzehnte aufgestauten Defizite durch horrende Militärausgaben kurzfristig ausgleichen zu können.

        Wer die Zeichen der Zeit kontinuierlich übersieht, gerät dann halt in eine derartige Lage. Darin besteht die Parallele zu 1905 in der die "Schlafwandler" letztlich sehenden Auges in die Katastrophe gerutscht sind, weil die realen Umstände über Jahre falsch eingeschätzt wurden. Wer sehen wollte, der hätte es auch damals erkennen können.

        • @Sam Spade:

          Das Bild vom „Dornröschenschlaf“ oder der „sehenden Schlafwandler“ wirkt eindrucksvoll – ist aber irreführend. Politik ist kein Planspiel mit perfekten Informationen, sondern ein ständiges Abwägen zwischen Risiko und Hoffnung, zwischen Abschreckung und Diplomatie.

          Ja, Putins Russland zeigte seit 2008 aggressives Verhalten. Aber viele entschieden sich bewusst für Dialog, für wirtschaftliche Verflechtung und politische Kanäle – nicht aus Naivität, sondern aus der Überzeugung, dass Verständigung und Kooperation stabiler sind als Konfrontation. Diese Haltung war geprägt vom europäischen Geist nach 1945 und 1990 – und keineswegs „fahrlässig“.

          Auch die Reduktion der Bundeswehr war Teil eines breiten gesellschaftlichen Konsenses, dass militärische Aufrüstung nicht mehr das vorrangige Mittel der Sicherheitspolitik sein sollte. Heute, im Angesicht neuer Bedrohungen, müssen wir diesen Kurs neu bewerten – aber rückblickend alles als Blindheit zu deuten, heißt zu vergessen, dass Vertrauen und Frieden immer eine bewusste Entscheidung waren.

          Wer heute sagt, „man hätte es sehen müssen“, blendet aus, dass viele es sehr wohl gesehen haben – und dennoch aus Verantwortung anders handelten.

      • @Stefan Schmitt:

        Wenn mir der stärkste Verbündete abhanden kommt, ich aber vermeintlich vor Russland fürchte, während ich weiter Waffen in diesen Konflikt schicke, dann ist Dornröschenschlaf schon sehr poetisch formuliert.



        Man könnte es auch als blinde Schockstarre bezeichnen, die sich, wieder darauf verlässt, dass Putin mit seiner Eroberung noch so lange wartet, bis wir ihm die Stirn bieten können.



        Nur weil das von 2014-2022 funktionierte, sollte man das nicht als verbindlich betrachten.

  • Wir wussten immer, dass der Preis für unsere Ukraine bzw. Russlandpolitik sehr hoch sein kann. Dazu gehört jetzt unter anderem auch Lobhudelei auf Trump und gigantische Verteidigungsausgaben. Vielleicht wäre eine andere Ukraine bzw. Russlandpolitik besser gewesen. Hätte man das Geld anstatt ins Militär in Klima gesteckt, hätten wir noch eine realistische Chance gehabt das Schlimmste zu verhindern. Aber man muss halt Prioritäten setzen! Der Klimawandel ist real und unausweichlich. Ob Russland jemals eine reale Gefahr sein wird für Europa (abgesehen vom Baltikum) ist hingegen hypothetisch.



    Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Menschen sich auf Russland fokussieren, um größere Gefahren wie zb den Klimawandel besser verdrängen zu können.

    • @Alexander Schulz:

      Die Ukraine ist ein europäischster Staat und Russland ist dort eingefallen; ganz real und nicht hypothetisch. Mehr braucht man zu Ihrem Beitrag eigentlich nicht sagen. Ihre ständige Relativierung der russischen Aggression und Verdrehung von Tatsachen ist schwer erträglich.

    • @Alexander Schulz:

      Ich denke die Einwohner von Butscha haben heraus gefunden, welche Gefahr größer ist.

      Auch interessant, dass Sie das Baltikum nicht als den Teil Europas betrachten, der unsere Aufmerksamkeit verdient. Und wenn Sie letztendlich sich auch noch ansehen, wie hoch global gesehen der Anteil Europas an den CO2 Emissionen ist und in welchem Maße man mit dem Geld, welches in die Rüstung fließt, ebendiese Emissionen hätte reduzieren können, frage ich mich wie Sie auf den Trichter kommen dass da irgendwo eine Chance gewesen sei etwas an der Entwicklung zu verändern.

    • @Alexander Schulz:

      "Vielleicht wäre eine andere Ukraine bzw. Russlandpolitik besser gewesen."

      Jawoll. Die Ukraine hätte spätestens nach der "Orangenen Revolution" in die Nato aufgenommen werden müssen. Deutschland und Frankreich sind damals - wie Sie wohl bis heute - der verqueren Ansicht Putins gefolgt, Russland hätte irgendein "Recht" auf eine Pufferzone zur Nato, auch wenn die Länder, die nach seinem Willen diese Pufferzone bilden sollen, sich sich in dieser Rolle höchst unwohl fühlen und lieber zur Nato als zum russischen Hegemonialgebiet gehören möchten. DAS war der Fehler.

      Natürlich hätte dann die Gefahr bestanden, dass sich Russland im Fall eines Angriffs auch seinen "weichen Bauch" sehr schnell nuklear gewehrt hätte. Aber ein solcher Angriff war nie eine realistische Möglichkeit. Im Gegenteil wäre es vemutlich leichter gewesen, Russland dauerhaft in ein auf Freundschaft basierendes gesamteuropäisches Sicherheitsgefüge einzubinden, wenn man ihm NICHT diese Sonderrolle eingeräumt hätte, die Hand in Hand mit Putins nationalistischer Großmannssucht geht.

      • @Normalo:

        Es gab klare Gründe, die Ukraine nicht aufzunehmen.



        Sie erfüllte und erfüllt bis heute nicht die Auflagen dafür.

        Die Ukraine, mit diesem Wissen darum, überhaupt in diese Richtung zu stoßen, war absolut verantwortungslos.

        Nichts hat sich seit 2014 zum Besseren gewandelt.



        Die Hoffnungen der Menschen nirgends erfüllt.

        Einige wenige verdienen sich wieder dumm und dämlich und der Rest kämpft an der Front.



        Für dich.



        Das ist ein absoluter Albtraum für jeden, der wirklich Solidarität im Sinn hat.

    • @Alexander Schulz:

      "Vielleicht wäre eine andere Ukraine bzw. Russlandpolitik besser gewesen."



      Ganz sicher sogar. Müsste man jetzt nur dem Wladi erklären.



      "Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Menschen sich auf Russland fokussieren, um größere Gefahren wie zb den Klimawandel besser verdrängen zu können."



      Möglich. Allerdings drängt sich Russland auch sehr stark in den Fokus, oder nicht?

      • @Encantado:

        Und der Klimawandel drängt sich nicht in den Fokus? Oder die Hunderte von Millionen Hungernden Menschen in dieser Welt? Wir bestimmen worauf wir den Fokus legen möchten. Selbst die Hardliner unter den Experten sehen als Worst Case "nur" den Verlust des Baltikums. Im Baltikum leben etwa halb so viele Menschen wie in Paris. Natürlich wäre es schlimm, wenn diese unter russische Herrschaft kommen sollte. Bisher ist das jedoch eine hypothetische Frage.



        Mir sind die Balten nicht egal, aber für mich hat der Klimawandel und hunderte Millionenen von hungernden Menschen keine geringere Priorität.



        Wir haben eine reale Gefahr, die Hunderte von Millionen Menschen betrifft und eine hypothetische Gefahr, die viel weniger Menschen betrifft. Ich bin nicht gegen eine Aufrüstung, aber bitte nur eine moderate Aufrüstung und den Rest für das dringendste Problem der Menschheit verwenden.

  • Sicher ist ein Kniefall vor Trump peinlich.



    Es ist allerdings auch eine unbestreitbare Tatsache, dass wir militärisch von den USA abhängig sind.



    Merz Wunschträume von der Bundeswehr als stärkster konventioneller Armee Europas sind noch fern der Realität.



    Auch wenn es Manchem nicht gefallen mag, ohne die US Armee ist Europa nicht verteidigungsbereit.



    Der Trick, aus 3,5 % des BIPs 5% zu machen, indem Infrastrukturmaßnahmen einbezogen werden, ist das Gegenteil eines Kniefalls.



    Es ist eine paradoxe Situation, dass die militärische Unabhängigkeit über mehr Investitionen ins Militär funktioniert und somit, kurzfristig betrachtet, trumps Wünschen entspricht.

    • @Philippo1000:

      So paradox ist es gar nicht. Auch Trump will ja erreichen, dass Europa sich militärisch unabhängig macht - nur halt aus der (vielleicht etwas eng gewählten) Perspektive, dass Europas Sicherheit dann nicht mehr das kostpielige Problem der USA ist.

      • @Normalo:

        Trump kann es schon aus innenpolitischen Gründen keinem US-Bürger vermitteln, warum amerikanische Soldaten notfalls ihr Leben für die Freiheit und Sicherheit Europas einsetzen sollen, während die Europäer selbst jede noch so billige Ausrede an den Haaren heranziehen, um sich um eben diese Verteidigung ihrer eigenen Länder und ihrer Freiheit herumzudrücken.

        Die 35 Jahre Dornröschenschlaf nach dem Ende des Kalten Krieges, deklariert als "Friedensdividende", waren der größte Selbstbetrug, den europäische Politiker je zu verantworten hatten. Das Problem ist, dass man diesen Unsinn den Menschen 35 Jahre lang eingetrichtert hat und inzwischen glauben alle Menschen unter 50 diesen Unsinn, dass man die Russen mit freundlichen Bitten und dem Angebot von Wirtschaftsbeziehungen davon abhalten könnte, sich einfach das mit militärischer Gewalt zu nehmen, was wir selbst offenbar ohne die USA weder militärisch verteidigen können noch überhaupt militärisch verteidigen wollen.

  • Ja, es ist unangenehm, dass Europa hier so auf Knie gehen muss. Nur leider ist es eine Folge davon, dass man in Europa sehr lange meinte nach dem kalten Krieg eine Friedensdividende einfahren zu können und seine Militärausgaben massiv zurückgefahren hat. Und natürlich mit den Ausgaben auch seine militärischen Fähigkeiten. Daher ist es vernünftige Realpolitik jetzt das Notwendige zu tun um einen Trump bei Laune und in der Nato zu halten, einfach da man sonst weitestgehend blank da steht gegenüber einem sich aggressiv gebärdenden Russland. Wenn die jetzt angeschobenen Militärausgaben in einer hoffentlich nicht allzu entfernten Zukunft die europäische Verteidigungsfähigkeit massiv erhöht haben werden, dann kann man auch gegenüber den USA wieder anders auftreten; so diese dann noch von Trump oder seinen Spießgesellen geführt werden sollten.

  • Sie haben völlig Recht, Frau Zejneli. Es bleibt nichts hinzuzufügen.

  • Fast, oder doch schon Sekte?



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    Das denkt sich auf "Postillion" niemand aus, was hier und heute in Den Haag passiert ist.

  • Wenn wir schon absurd viel Geld für Rüstung ausgeben, dann sollen wir es in ein Europäisches Verteidigungsbündnis von EU + Großbritannien stecken und nicht in die NATO. Von den USA ist außer Forderungen nichts zu erwarten. Die würden uns im Ernstfall bestenfalls dann verteidigen, wenn es für sie einen wirtschaftlichen oder strategischen Vorteil bedeuten würde.

    • @Karl Schmidt:

      "Wenn wir schon absurd viel Geld für Rüstung ausgeben, dann sollen wir es in ein Europäisches Verteidigungsbündnis von EU + Großbritannien stecken und nicht in die NATO."



      Also, primär werden Rüstungsausgaben für die Bundeswehr genutzt, würde ich behaupten.

    • @Karl Schmidt:

      Man darf sich nicht von Trumps Ungenauigkeit ("They gotta pay") anstecken lassen. Die Verteidigungsausgaben der europäischen sind im Wesentlichen keine Mitgliedsbeiträge an die Nato sondern Investitionen in die eigene, nationale Wehrhaftigkeit. Die so zu koordinieren, dass das Ergebnis auch ohne US-Beitrag funktionieren würde, kann unproblematisch auch unter dem Dach der Nato erfolgen.

      • @Normalo:

        Also 'alle für einen', aber nicht wirklich für 'den' einen (weil für 'den' ja im Präzedenzfall 'einer für alle' womöglich gar nicht gilt - ganz schön heikel, finden Sie nicht?

    • @Karl Schmidt:

      Langfristig betrachtet wäre ein Alternativbündnis mit weniger Mitgliedern eine gute Idee. Das jetzige Bündnis ist zu aufgebläht und dadurch gelämmt. Auch erhöhen aufgeblähte Bündnis historisch betrachtet die Gefahr für große Kriege durch Bündnisverpflichtung.

      • @Alexander Schulz:

        Naja, ein Vorschlag, der sich ja vollständig mit den Zielen Putins deckt. Eine kleinere (und damit zwangsläufig schwächere) Rest-NATO, abgekoppelt von den USA, damit die Sicherheitsarchitektur Europas komplett auf Russlands Wünsche zugeschnitten werden kann.

  • Man kann auch von unten auf jemanden herabblicken

    • @horsefeathers:

      Als Perspektive trotzdem stressig.

  • Wenn sie mit den 5% USA-zentrische Systeme kaufen, sind die im Kriegsfall ohne die USA nicht einsetzbar. Ich hoffe, die Europäer sind schlau genug, diese Unmengen Geld in die eigene Industrie (inklusive UK) zu investieren und nicht in die Technologie des sterbenden Riesen USA, welcher zu Fesseln führt.

    Trump führt sich auf wie ein Schutzgelderpresser.

    • @Deutschfranzose:

      Die USA sind ein "sterbender Riese"? Echt jetzt? Dann ist die EU, dann sind die Länder Europas nicht nur im Sterben begriffen, dann sind sie schon tot und verwest.

  • Kopflose Hühner, die einem aufgeplusterten Gockel nachrennen. Peinlich und gefährlich, denn die USA unter Trump sind kein zuverlässiger Partner mehr, egal wie viele Zugeständnisse man ihm macht. Er wird nur noch unerträglicher werden und unberechenbarer.