Mangel an Sozialwohnungen: Die Vermieter*innen freut’s
Weil der Staat den sozialen Wohnungsbau vernachlässigt hat, muss er oft überhöhte Mieten für Bedürftige auf dem freien Wohnungsmarkt übernehmen.
D er Mangel an Sozialwohnungen ist keine Neuigkeit. Die Wohnungsmisere wird seit Jahrzehnten in Zahlen festgehalten. Keine Bundesregierung, auch nicht die aktuelle, konnte bislang den Trend des schrumpfenden Bestands an Sozialwohnungen umkehren. Dabei ist das kein Naturgesetz, sondern auch eine Frage der politischen Prioritäten. Die Versorgung mit angemessenem Wohnraum darf kein Nice-to-have sein. Die Zahl der Wohnungslosen steigt dramatisch. Es fehlen vor allem bezahlbare Wohnungen. Doch das, was die Bundesregierung für den sozialen Wohnungsbau auszugeben bereit ist, ist angesichts der Dramatik nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die neue Studie des Pestel-Instituts ist insofern bemerkenswert, weil sie einen ziemlich unterbelichteten Aspekt in den Fokus rückt: Wie hoch sind eigentlich die Mieten, die der Staat richtigerweise für Bürgergeldempfänger*innen bezahlt? Und wie viel Geld gibt er für Wohngeld aus, also die Unterstützung von Menschen mit kleinem Einkommen? Das Ergebnis ist erschreckend.
Denn ausgerechnet die vom Jobcenter übernommenen Mieten übersteigen demnach die Durchschnittsmieten um ein Vielfaches. Sprich: Der Staat bezahlt überhöhte Mieten, weil er sich durch den vernachlässigten sozialen Wohnungsbau auf dem freien Wohnungsmarkt erpressbar gemacht hat. Er befeuert durch seine Versäumnisse im sozialen Wohnungsbau die Mietpreisspirale.
Freuen können sich die Vermieter*innen. Laut Studie gab der Staat 2023 20 Milliarden Euro für die Übernahme von Kosten der Unterkunft aus – dagegen in den vergangenen Jahren für den sozialen Wohnungsbau nur 2,5 Milliarden pro Jahr. Das ist ein Missverhältnis.
In der Wohnungspolitik berührt das den alten Streit, was eigentlich besser ist: Objektförderung, also neue bezahlbare Wohnungen bauen, oder Subjektförderung, Unterstützung von bedürftigen Haushalten durch Mietzuschüsse? Um dem langfristig entgegenzuwirken hilft nur eins: Ein befristeter Mietendeckel und mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau.
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