Kritik an Innenministerin Nancy Faeser: Gefährliche Geiferer
Das Gegeifer über einen Gastbeitrag von Innenministerin Faeser für ein antifaschistisches Magazin lässt die Brandmauer gegen rechts gefährlich wanken.
D er Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, ist unverdächtig, Linksextremen zu applaudieren. Dem antifaschistischen VVN-BdA aber bescheinigte er vor zwei Jahren, sich über Jahrzehnte für die Anerkennung und Entschädigung von NS-Opfern eingesetzt zu haben und bis heute „aktiv im Kampf gegen Rechtsextremismus“ zu sein. Die damalige Aberkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit – inzwischen widerrufen – nannte er „ein falsches Signal“.
Den rechtsradikalen Stichwortgebern einer Kampagne gegen die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist das schnuppe. Sie skandalisierten einen Gastbeitrag der Sozialdemokratin im VVN-BdA-Verbandsmagazin Antifa. Dabei ging es gar nicht darum, was Faeser letztes Jahr geschrieben hat, sondern wo. Im Magazin eines Verbandes nämlich, der vom bayerischen Verfassungsschutz als „linksextremistisch beeinflusst“ gebrandmarkt wird.
AfD & Co mögen hier eine Mission sehen. Gefährlich wird es, wenn Politiker:innen der Union Hand in Hand mit der Springer-Presse über das Stöckchen springen. Denn mit ihrem Gegeifer gegen die Antifa und deren vermeintliche Gesinnungsgenossin Faeser bringen sie die Brandmauer gegen rechts ins Wanken.
Ausgerechnet in der Jungen Freiheit warf ein CSU-Politiker der Bundesinnenministerin Fahrlässigkeit im Umgang mit linksextremen Medien vor. Die Bild-Zeitung sah Faeser „in Erklärungsnöten!“, weil sie in einem „Kampfblatt der DKP-Vorfeldorganisation“ publiziert habe, das „bis zum Untergang der DDR aus Ost-Berlin finanziert wurde“.
Völlig absurd wird es, wenn Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt in einem Kommentar gegen Faeser über „super Holocaust-Überlebende und deren PR-Abteilungen“ schwadroniert. Das nun war #mausgerutscht, Poschardt macht eine „junge Kollegin“ für einen „ärgerlichen Fehler bei der Digitalisierung“ verantwortlich. Seine wütenden Worte gegen couragierte und verdiente Antifaschist:innen aber bleiben. Für die bitter notwendige Bekämpfung des Rechtsextremismus lässt der Meinungskampf um Faeser nichts Gutes erwarten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was