Extremismus im Internet: Faeser will härter durchgreifen

Die neue Innenministerin will stärker gegen Hetze beim Messengerdienst Telegram vorgehen. Vor allem bei Coronaprotesten kommt es derzeit vermehrt zu Gewalt.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, legt im Bundestag bei der Vereidigung den Amtseid ab.

„Das wird diese Bundesregierung so nicht hinnehmen“, sagt Innenministerin Faeser über die Hetze Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN dpa/epd | Die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigt ein schärferes Durchgreifen gegen Hetze und Gewaltaufrufe beim Messengerdienst Telegram an. „Gegen Hetze, Gewalt und Hass im Netz müssen wir entschlossener vorgehen“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Bundesamt für Justiz habe gegen Telegram zwei Verfahren wegen Verstoßes gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geführt, auf die Telegram nicht reagiert habe. „Das wird diese Bundesregierung so nicht hinnehmen“, sagte Faeser.

Derzeit würden Messengerdienste vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht erfasst, soweit sie zur Individualkommunikation bestimmt seien. Mit Telegram könne man inzwischen aber Nachrichten in öffentlichen Gruppen mit bis zu 200.000 Mitgliedern schreiben. Öffentliche Kanäle können laut Faeser von einer unbegrenzten Anzahl an Personen abonniert werden.

Diese offenen Kanäle würden bereits heute den gleichen Regeln des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes unterliegen wie etwa Facebook oder Twitter. „Das bedeutet, dass offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden müssen, rechtswidrige Inhalte innerhalb von 7 Tagen“, so die SPD-Politikerin. Zudem gelte für die öffentlichen Kanäle die Meldepflicht an das Bundeskriminalamt.

Gewalt bei Coronaprotesten

Am Wochenende sind bundesweit Tausende Menschen aus Protest gegen die Coronaschutzmaßnahmen auf die Straße gegangen. Dass ein Teil von ihnen vor Gewalt nicht zurückschreckt und für extremistische Propaganda empfänglich ist, alarmiert die Politik. Angesichts wiederholter gewalttätiger Zwischenfälle bei den andauernden Protesten gegen die Coronamaßnahmen warnen mehrere Po­li­ti­ke­r*in­nen vor einer weiteren Radikalisierung. Nach den Worten des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) instrumentalisieren zunehmend Rechtsextremisten den Protest.

Am Rande von Protesten gegen die Coronamaßnahmen wurden am Sonntag im bayerischen Schweinfurt zehn Menschen vorläufig festgenommen. Acht von ihnen hätten mit Schlägen und Tritten Beamte attackiert, die ihre Personalien feststellen wollten, teile die Polizei in der Nacht zum Montag mit. Zwei hätten versucht, ein Zivilfahrzeug der Schweinfurter Polizei in Brand zu stecken.

Die Polizei sprach von „in der Hauptsache friedlichen und für polizeiliche Maßnahmen zugänglichen Protestlern“ bei der nicht angemeldeten Versammlung am Sonntag. In der Spitze hätten sich zwischen 1.800 und rund 2.000 Menschen daran beteiligt. Zum größten Teil seien diese ohne Maske auf zu engem Raum unterwegs gewesen. „Einige Dutzend aufwiegelnde Aggressoren“ hätten immer wieder weiter Gruppen zum Widerstand gegen die Polizei aufgerufen.

In Sachsen stoppte die Polizei am Sonntagabend mehrere Aufzüge von Kri­ti­ke­r*in­nen der Coronaschutzmaßnahmen im Vogtland. Am späten Nachmittag hatten sich bis zu 400 Personen an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet von Plauen versammelt, wie die Polizeidirektion Zwickau mitteilte. Im vogtländischen Auerbach kamen rund 150 Menschen zu Protesten zusammen.

Als Reaktion auf die Auflösung von Coronaprotesten mit Angriffen auf Po­li­zis­t*in­nen in Bennewitz nahe Leipzig haben am Sonntagabend erneut 350 Gegner von Coronamaßnahmen protestiert und randaliert. Dabei wurden nach Angaben der Polizei zwei Journalisten tätlich angegriffen, wie ein Polizeisprecher am Sonntagabend sagte. Die Ansammlung sei kurz nach Beginn aufgelöst worden. Von einem Teil der Gruppe seien Personalien aufgenommen worden, nachdem es zu Ordnungswidrigkeiten, Beleidigungen, Körperverletzungsdelikten und Widerstand gegen Polizeibeamte gekommen sei. Nähere Angaben sollten im Laufe des Abends folgen.

Zu den Protesten war in sozialen Medien aufgerufen worden, nachdem am Sonntagvormittag zwei Polizisten und zwei Demonstranten im Bennewitzer Ortsteil Schmölen verletzt worden waren. Dort hatten sich rund 25 Menschen versammelt, was nach der Corona-Notfallverordnung nicht gestattet ist. Die Polizei habe daraufhin die Identitäten der Teilnehmer festgestellt. „Diese verhielten sich äußerst unkooperativ, leisteten den Anweisungen keine Folge und griffen die Polizeibeamten an“, teilte Sprecher Chris Graupner mit. Nur durch „ein robustes Vorgehen“ der Einsatzkräfte habe die Lage unter Kontrolle gebracht werden können. Es seien drei Strafanzeigen gestellt worden.

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